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Cryptonomicon

Titel

Cryptonomicont

Autor

Neal Stephenson

Sprache

Englisch

Genre

Historiendrama

Herausgeber

Avon Book, 2002

Seitenanzahl

1152

Der zweite Weltkrieg wütet in Europa. Noch sind Lawrence Pritchard Waterhouse, Rudolf von Hacklheber und Alan Turing Freunde an der Uni, aber bald schon trennen sich ihre Wege. Rudolf muss zurück nach Deutschland, Lawrence tritt der Armee bei und Alan arbeitet weiter an der Uni. Eines haben sie aber gemeinsam: Alle drei kennen sich sehr gut mit Kryptographie aus.

Auf der amerikanischen Seite kämpft Corporal Bobby Shaftoe in Shanghai, wo er die schlimmste Zeit des Krieges erlebt. Zurück in den Staaten als einziger Überlebender einer grausamen Schlacht wird er er einer Geheimgruppe zugeordnet, die Lawrence P. Waterhouse unterstützen soll.

Ca. 60 Jahre später findet sich Randy Waterhouse nach der spontanen Trennung von seiner Freundin Charlene in Manila wieder, wo er mit seinem Freund Avi und einigen anderen Hackern eine neue Firma namens Epiphyte gründen will, die sichere Datenübertragung für andere anbieten will. Dort lernt er die junge Taucherin und Nebenbei-Schatzjägerin America Shaftoe kennen, die mit ihrem Vater zusammen die Datenleitungen für Epiphyte im Meer legen soll.

Fast drei Monate habe ich an „Cryptonomicon“ gesessen und nebenbei andere, leicht verdaulichere Bücher gelesen. Den Grund, wieso es so lange gedauert hat, kann ich nicht direkt erklären. Natürlich hatte ich auch wenig Zeit, aber insgesamt hat es auch länger gedauert, das Gelesene zu verstehen. Bei dem ähnlich langen World without end von Ken Follett war ich in zwei Wochen durch.

Man kann Stephenson nicht einmal langweilig nennen, die Geschichte selbst ist sehr spannend und man wartet als Leser nur darauf, wann sich die Erzählstränge verbinden. Dennoch verliert sich der Autor an einigen Stellen in sehr langen und extrem ausführlichen Beschreibungen. Drei Seiten Erklärung, welche Konsistenz Frühstücksflocken haben müssen, sind einfach übertrieben.

Auf der andere Seite gibt es daneben wieder sehr kurzweilige, interessante und lustige Passagen. Zum Beispiel, wenn Lawrence P. Waterhouse eine Formel dafür aufstellt, wie sehr seine Aufmerksamkeit mit dem letzten Geschlechtsverkehr korreliert. Da kann man auch als Nicht-Mathematiker drüber lachen. Ein weiteres Beispiel ist die mathematische Anordnung von Gegenständen in einer Einfahrt, bei der die X-Achse den materiellen und die Y-Achse den ideellen Wert angibt, nur um das Erbe gemäß einer gerechten Verteilungsfunktion aufzuteilen.

Wer sich auch nur ein bisschen für die Kryptographie-Systeme des zweiten Weltkriegs interessiert (wie z.B. Enigma), findet die ganzen Sicherheitsmechanismen, die damals eingehalten werden mussten, damit der Feind nicht an den Code kommt, sicher faszinierend. Extra für das Buch hat Sicherheitsguru Bruce Schneier einen neuen Verschlüsselungsalgorithmus namens Solitaire entwickelt, was sehr gut für analoge Verschlüsselung geeignet ist.

Neben Mathematik und Kryptographie ist aber natürlich auch der historische Teil des Buches sehr interessant. Durch zahlreiche historische Personen wie Alan Turing, Karl Dönitz, Douglas MacArthur, die alle nicht nur in einem Nebensatz erwähnt werden, oder Orte wie Bletchley Park wird das Buch mit einer gewissen Note Realität angereichert. So gewinnt man einen tieferen Einblick in die damalige Zeit und Geschehnisse. Dabei wird sich aber nicht nur auf Europa beschränkt, die Philippinen, vor allem die Hauptstadt Manila, spielen eine sehr große Rolle im Buch.

Ich kann die über 1000 Seiten beim besten Willen hier nicht sinnvoll zusammenfassen, dazu passiert einfach zu viel in „Cryptonomicon“. Stephenson versteht es zahlreiche Handlungsstränge und Nebenstränge aufzusammeln, miteinander zu verknoten und wieder aufzulösen. Manchmal kommt es einmal vielleicht etwas zu viel vor, in der Regel kann man der Geschichte aber folgen.

Abschließend kann ich keine allgemeine Empfehlung geben. Wer Interesse am zweiten Weltkrieg, an Verschlüsselung oder an Datensicherheit hat, der sollte sich das Buch sicherlich ansehen. Wer Englisch aber nicht sehr gut beherrscht, sollte sich definitiv die deutsche Übersetzung holen, da die Sprache doch recht anspruchsvoll ist.

Trackbacks

deesaster.org am : Bücher bringen Freude 2

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Da ich relativ viel lese, sammeln sich hier immer mehr Bücher an. Ich könnte mir zwar einfach mehr Regale kaufen, aber in der Regel lese ich Bücher doch kein zweites Mal. Was liegt da näher als die Bücher wegzugeben. Das geht dann entweder gegen Bares bei

Kommentare

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Dirk Deimeke am :

Ich bin durch das Buch - ich habe es in deutsch gelesen - ein Fan von Neal Stephenson geworden. Mich hat es richtig begeistert.

Christian Imhorst am :

Nach oder mit Snow Crash ist Cryptonomicon das beste Buch von Neal Stephenson. Während Snow Crash reine SciFi ist, hat Cryptonomicon viele reale Bezüge zur Geschicht, was Stephenson im Barock-Zyklus fortführt. So wie es dir mit Cryptonomicon ging, ging es mir mit Quicksilver, an dem ich lange gesessen habe. Anathem habe ich deshalb noch immer ungelesen im Bücherregal stehen, und es wird auch vermutlich noch eine ganze Weile ungelesen bleiben.

Cryptonomicon dagegen habe ich verschlungen (sogar 2 oder 3 Mal), weil es eine unheimlich spannende Geschichte ist, die sich über mehrere Jahrzehnte und über die ganze Erde erstreckt. Außerdem sind die Hauptpersonen alle durch Raum und Zeit hindurch miteinander verbunden. Und man gewinnt nicht nur "einen tieferen Einblick in die damalige Zeit und Geschehnisse" des 2. Weltkriegs, man gewinnt auch einen Einblick in die kalifornische Hackerszene und ihrer Ideologien um die letzte Jahhundertwende herum, der aber immer noch recht aktuell ist. Nicht nur, was das Essen von Frühstücksflocken angeht, was ich großartig beschrieben fand ;-), sondern auch über amerikanische Nerds der 90er, kalifornische Laptop-Cowboys, über Europäer in der kalifornischen Hackerszene, aber auch über das Verhältnis von Technik begeisterten jungen Männern zu Sozialwissenschaften ("Krieg als Text" oder war es "Text als Krieg", ich weiß es nicht mehr...). Wie du siehst, bin ich ein riesen Fan des Buchs. Wenn man Technik cool findet, ist das Buch sowieso voller Anregungen und Ideen wie Verschlüsselung mit Emacs unter Finux (Linux), die Technik von Novus Ordo Seclorum (PGP), Cypher Punks und ihre Server-Technologien, das Kopfbildprogramm von Randy, das Van Eck phreaking, Randys Werdegang als Unix-Guru, weil er dieses Spiel programmiert hat, und so fort. Der Verschlüsselungsalgorithmus auf Basis von Solitaire, falls man mal keinen Computer zur Hand hat, ist einfach der Hammer, vergleichbar gut wie das Bibelschach-Spiel zwischen Adriaan und Anton in der Jakobsleiter von Maarten ´t Hart. Ich wünschte ich hätte solche Ideen. :-)

Viele Grüße
Christian

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