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1984 lässt grüßen - Überwachung im IRC

Freiwillig geben viele Menschen heute ihre persönlichsten Daten im Internet preis und mitunter wissen sie nicht einmal, dass sie sich dadurch schaden können. Vor allem junge Menschen neigen in Zeiten von YouTube, MySpace und Co. dazu, sich zu prostituieren, wo sie nur können.

Ausgenutzt wird dies unter anderem von Google, wovor sogar einige Forscher warnen. Auch die beliebte deutsche Studenten-Plattform StudiVZ geriet wieder einmal letzten Monat in die Kritik, weil sie die Daten der Studenten für Marketingzwecke missbrauchen will. Dass eine derarte Öffnung wirklich negative Auswirkungen haben kann, zeigt der Bericht einer 25-jährigen angehenden Lehrerin aus den USA, die keine Lehrerlaubnis erhielt, weil ein Foto von ihr mit dem Untertitel "Betrunkener Pirat" im Internet zu finden war und dies ein schlechtes Vorbild für ihre Schüler sei.

Überrascht hat mich, dass anscheinend auch in der Open-Source-Szene, deren Anhänger meist solche Datensammlungen etwas kritischer sehen, diese Sammelwut um sich greift. Die neue Seite Ubuntu IRC Statistics listet viele IRC-Kanäle auf und präsentiert einige Statistiken. Neben einigen einigermaßen sinnvollen und harmlosen Angaben wie Anzahl der Besucher und der zugehörigen Zeit, findet man aber auch eine Liste der aktivsten Benutzer, mitsamt deren Anwesenheitszeiten und sogar einiger Zitate. Es ist fraglich, ob wirklich allen dort aufgeführten Personen bewusst ist, dass sie derart überwacht werden. Der deutsche IRC-Channel #ubuntu-de ist glücklicherweise noch nicht gelistet.

Gleiches Problem zwang im übrigen den Dienst IRSeek zur (temporären) Abschaltung. IRSeek speicherte alle Gespräche der öffentlichen Channel, u.a. auch die mit #ubuntu beginnenden auf Freenode, und bot einen Suchdienst hierfür an. Daraufhin beschwerten sich viele Benutzer und äußerten Sorge, dass dies mit einer absoluten Gesprächsaufzeichnung in einer Kneipe vergleichbar wäre. Als Lösung schaltete man die Suche ab und überarbeitet aktuell den Dienst. So werden die Benutzer über die Log-Funktion informiert und es ist es möglich, Nicknames zu anonymisieren oder eigene Beiträge zu löschen.

In seinem Kabarett-Programm beschreibt Florian Schroeder als Wolfgang Schäuble das Problem sehr gut:

Die jungen Leute heute, das ist doch grandios, was die machen. Die filmen sich gegenseitig bei YouTube, MySpace, beim Koma saufen, Amok laufen, masturbieren. Alles wird gefilmt, online gestellt, mit Name und Adresse. Also für mich ein Traum. Eine schönere Form für aktive Sterbehilfe des Grundgesetzes kann ich mir gar nicht wünschen.

(aus "Neues aus der Anstalt", Folge 10, vom 18.12.2007, zdfMediathek)

In Zeiten von Vorratsdatenspeicherung, Bundestrojaner und totaler Überwachung sollte sich jeder Leser wirklich genau überlegen, wo er seine persönlichen Daten hinterlässt. Oft kann man sich ja nicht einmal dagegen wehren, wie man oben sieht. Man kann aber versuchen, es einzuschränken, ansonsten wird 1984 doch noch wahr.

Dieser Artikel wird am 6. Januar 2008 in freiesMagazin erscheinen.

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Kommentare

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Peter am :

Hallo dee,

der Link "Neues aus der Anstalt" auf dei zdf Mediathek ist falsch.
Folgender dürfte der richtige sein:
http://www.zdf.de/ZDFmediathek/content/384412

Peter

Dee am :

Jein. http://www.zdf.de/ZDFmediathek/content/9602?inPopup=true ist die Hauptseite der ZDFmediathek. Ich traue es den meisten Lesern zu, eigenständig auf "Sendungen -> Neues aus der Anstalt" zu klicken. ;)

Dein Link bewirkt bei mir die Meldung: "Sie haben die ZDFmediathek durch Eingabe der Adresse mediathek.zdf.de in die Browser-Adresszeile aufgerufen. Die ZDFmediathek ist als Pop-up-Fenster konzipiert. Diese Seite dient zum Aufruf des ZDFmediathek Pop-up-Fensters, um das Layout der ZDFmediathek optimal darzustellen.

Man kann es aber per http://www.zdf.de/ZDFmediathek/content/384412?inPopup=true aufrufen. Dann bleibt obige Fehlermeldung aus und das Video wird normal geöffnet. Ich ändere das einmal, danke. :)

Peter am :

Gebe dir vollkommen recht. Hätte besser schauen/prüfen sollen.
Wollte dir nicht mehr Arbeit machen. Sorry!

Dee am :

Keine Sorge, war nicht mehr Arbeit. :) Ich hatte den Link zur Sendung direkt nur einfach nicht eher gefunden. *g*

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