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Netzzensur beschlossene Sache

Heute wird/wurde ja über den neuen Gesetzesentwurf zur Internetzensur ("Gesetz zur Erschwerung des Zugangs zu kinderpornographischen Inhalten in Kommunikationsnetzen") abgestimmt. Die Diskussion läuft gerade live - und sehr stockend - im Netz. Manche Aussagen sind da echt haarsträubend. Beispiel "Wir wollen nur kinderpornographische Seiten sperren - was die anderen später damit machen, ist nicht unsere Sache." (Ich sehe leider nicht, wer das gesagt hat, weil ich nur Ton habe.)

Auch wenn der erste Gesetzesentwurf geändert wurde, gibt es noch zahlreiche Defizite, wie man bei heise nachlesen kann. Vor allem die Datenerfassung sehe ich wieder als sehr kritisch an. Auch wenn die Daten (angeblich) nur anonymisiert an das BKA weitergeleitet werden, fühle ich mich von meinem Internet-Provider überwacht.

Der (also mein Internet-Provider) hat mit einer neuen Aussage eh wieder den Bock abgeschossen: Egal, ob das Gesetz für Internetsperren kommt oder nicht, Vordafone/Arcor sperrt auf alle Fälle - am liebsten schon ab nächsten Monat. Keine Ahnung, nach welcher Liste die arbeiten, sollte das BKA keine Liste herausgeben. Vielleicht suchen sie selbst nach "bösen Seiten". Meine Kündigung an Arcor geht dann morgen raus.

So ... Abstimmung läuft ... Keine Ahnung, was die da genau abstimmen, aber so wie ich das verstanden habe, wurde der Entwurf akzeptiert. Na, Prost Mahlzeit!

Wer sich im Übrigen gegen weitere Verbote, Einschränkungen und Eingriffe in die Freiheit wehren möchte, sollte sich auch die E-Petition gegen Paintballverbot anschauen. Nach der letzten Petition, die trotz 128.000 Stimmen von der Regierung ja konsequent ignoriert wird, frage ich mich dann aber auch etwas, was so etwas überhaupt bringen soll. Die Kasper da oben tun ja eh, was sie wollen. Es gibt zwar auch vernünftige Menschen im Bundestag (die Abschiedsrede von Tauss ist gerade sehr gut, kommt in meinen Augen aber viel zu spät), aber die sind leider in der Minderheit.

Gut, machen wir einen Kreuz im Kalender und tragen die Informationsfreiheit in Deutschland zu Grabe. Wie Tauss gerade schön sagte: "Das sind die ersten staatlichen Kontrollmaßnahmen in Deutschland seit 1949" ... und die werden weitergehen, das ist sicher.

Oder wie deings bei identi.ca gerade sagte: "Irgendwie ist es auf eine schreckliche Art und Weise faszinierend, den Untergang der Demokratie in Deutschland zu erleben."

Ach, das es in anderen europäischen Ländern ähnlich schlimm zugeht, sieht man an einem Gerichtsurteil aus Frankreich. Da wurde - soweit ich das verstehe - ein Newsportal dazu verdonnert, einen Bericht gegen P2P zu schreiben, weil sie zu viel pro P2P berichteten. Das ist so, als verklagt Microsoft freiesMagazin, weil die zu viel und zu positiv über Linux berichten.

Ist die ganze Welt eigentlich wahnsinnig geworden? Oder anders: Wer hat den Wahnsinnigen diese Macht zur Entscheidung gegeben?

Nachtrag: Gerade entdeckt ein schöner Beitrag von Anke Gröner. Recht hat sie damit, dass "das der erste mögliche Schritt in eine Diktatur sein kann".

Ich habe gewählt

Wie ich bei meinem Eintrag Wen wähle ich nur? in Aussicht stellte, will ich nun die Antworten der einzelnen Parteien kurz veröffentlichen. Ich werde dabei mit Absicht keine Namen nennen und auch nicht die Antworten in Gänze wiedergeben. Es soll reichen, wenn man einen groben Überblick erhält.

Zu meinen damaligen Fragen muss ich sagen, dass diese weniger kommunalpolitische Themen betrafen, sondern eher bundespolitische Themen. - Was mich aber nicht davon abgehalten hat, sie zu stellen. *g* Zusätzlich sei gesagt, dass die Antworten von einzelnen Personen kommen, die (hoffentlich) eine eigene Meinung zu den Themen haben. Das unten stehende kann nicht als offizielle Aussage einer Partei gewertet werden.

FDP

Die FDP ließ sich etwas Zeit mit der Antwort, was aber daran lag, dass die Fragen an den Bundestagsabgeordneten weitergeleitet wurden, der sehr ausführlich und kompetent antwortete. Insgesamt sprach er sich gegen Netzzensur aus, gegen Killerspielverbote, gegen ein Paintballverbot, gegen Datenspeicherung bzw. für Datenschutz und für die Auflösung der GEZ. (Wäre die Endung der angehängten Datei noch .ODF anstelle .DOC gewesen, wäre alles super. ;))

Freie Wähler

Die Freien Wähler erschreckten mich etwas. Auf meine Fragen ging man nicht ein, weil sie bundes- bzw. landespolitisch waren. Man sprach sich nur gegen Paintball und Killerspiele aus. Da kann ich nur den Kopf schütteln und das Kreuz woanders setzen.

Grüne

Die Grünen der Region Stuttgart beantworteten leider gar keine Frage, sondern verwiesen nur auf andere Stellen, die sich mit den Themen auseinandersetzen. Schade.

ödp

Der Herr bei der ödp antwortete schnell und ausführlich. Medienkompetenz bewies er nur in den Grundsätzen, Schlagworte wie "E-Sport" oder "Three-Strikes-Gesetz" sagten ihm nichts. Insgesamt blieb ein durchwachsenes Bild, denn er ist für Netzsperren, gegen "Killerspiele", aber auch wiederum gegen Datenspeicherung und für die Auflösung der GEZ.

SPD

Hier wollte man meine Fragen an den Bundestagsabgeordneten der SPD weiterleiten. Leider hat sich dieser bisher bei mir nicht gemeldet. Bis zur Wahl am Sonntag wird das wohl auch nix mehr, fürchte ich.

Fazit

Obige Antworten sind nur ein kleiner Teil des jeweiligen Parteiprogrammes und man kann nur ganz grob von Bundes- auf Kommunalebene abstrahieren. Ich möchte keinerlei Meinung beeinflussen (soweit diese fundiert ist *g*), sondern jeder sollte das wählen, was er für richtig hält. Ich bin schon gespannt, was (vor allem bei der Europawahl) rauskommt. Wichtig ist aber vor allem: Geht wählen! (Wer hätte gedacht, dass ich das mal sage?)

Generationenkonflikt

Bei Spiegel-Online gibt es einen sehr guten Artikel zum Thema Netzzensur: Die Generation C64 schlägt zurück. Darin wird erklärt, dass der aktuelle Streit zwischen unverständlichen Politikern und der Netzwelt in Bezug auf die Netzsperren größtenteils daher stammt, dass beide Seiten aus verschiedenen Welten/Zeiten stammen.

In der Tat sind viele Politiker ahnungslos, was die Jugend beschäftigt und zielen mit ihren Entscheidungen sehr oft auf andere Bevölkerungsgruppen - oder Sie verfolgen einfach nur ihre eigenen Ziele. Der Artikel trifft daher voll ins Schwarze und ehrlich gesagt baue ich auch darauf. Ich habe die Hoffnung, dass die aktuellen Amtsinhaber der Regierung irgendwann einmal zu alt sind und ihr Amt niederlegen (müssen), sodass jüngere Menschen mit etwas mehr Sachverstand nachrücken. Wie wäre eigentlich eine Pflichtrente für Politiker ab 50?

Natürlich werden auch die Jungen nicht alle Probleme lösen können, denn nicht jeder 20-jährige kann mit Computerspielen oder dem Internet etwas anfangen und das Wort "frei" assoziiert er eher mit dem Wort "Freibier" anstatt "Freiheit". Aber je jünger unsere Volksvertreter werden, desto besser (zumindest in Hinblick auf die genannten Themen). In ca. 20 Jahren, wenn die heutigen Jungen ("Jungen" im Sinne des Alters, nicht des Geschlechts) an der Macht sind, wird es aber sicher auch wieder passieren, dass Gesetze beschlossen werden, die der zukünftigen Jugend gegen den Strich gehen. Aber auch die werden dann hoffentlich dagegen kämpfen und ihre Meinung sagen.

Und die aktuellen Innenminister bestätigen wieder einmal, dass sie von absolut Nichts beim Thema Computerspiele eine Ahnung haben. Ich hoffe, dass die Jugend zur Wahl geht und denen die Wahlergebnisse dann rechts und links um die Ohren geschlagen werden. Auch lesenswert dazu: Law Blog und Kaliban.