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Rückblick: DANTE-Tagung 2013 in Gießen

Auch dieses Jahr fand eine Frühjahrstagung des DANTE e.V. statt, bei der sich zahlreiche TeX-Anwender trafen, um sich über das Textsatzsystem und dessen Unterarten auszutauschen. Ich war sowohl als Zuhörer als auch als Teilnehmer dabei und auch wenn der Veranstaltungsort Gießen nicht zu den schönsten Orten Deutschlands zählt („Die Stadt ist abscheulich … eine hohle Mittelmäßigkeit in allem.“, Georg Büchner), habe ich dort studiert und mich auf ein Wiedersehen gefreut.

Mittwoch, 6. März 2013

Nach dem Vorabendtreff am Dienstag (siehe unten) wurden alle Teilnehmer um 9 Uhr am Interdisziplinären Forschungszentrum in Gießen vom lokalen Organisator Günter Partosch, dem Vorsitzenden des DANTE e.V. Martin Sievers und dem Direktor des HRZ Dr. Michael Kost begrüßt. Dr. Kost erzählte in seiner Einleitung, dass man sich im Gegensatz zu anderen Dokumentenausgabeprogrammen bei TeX nicht um das Layout kümmern muss, sondern sich auf den Inhalt konzentrieren kann. Die Aussage war eine sehr gute Überleitung zum ersten Vortrag, den ich zum Thema „Bilder bei der Magazingestaltung“ hielt. In dem Workshop ging es nämlich gerade um das Gegenteil, das heißt, dass man bei freiesMagazin selbst bestimmen muss, wo Bilder bei einem mehrspaltigen Layout positioniert werden. Auf das Gezeigte gab es viel Rückmeldungen, sodass ich so viele Ideen mitnehmen konnte, um mindestens ein Jahr gut beschäftigt zu sein.

Vorsitzender Martin Sievers bei der Eröffnungsrede.

Vorsitzender Martin Sievers bei der Eröffnungsrede.

Danach gab es eine sehr gute Einführung in MetaPost von Walter Entenmann. Sehr anschaulich stellte er anhand der Arbeit des Malers Wassily Kandisky „Punkt und Linie zu Fläche“ das MetaPost-Paket vor, mit dem man grafische Elemente wie Punkte, Linien und Flächen in LaTeX zeichnen kann. Er ging dabei auch auf die Interna der mathematischen Berechnungen und Approximation mittels Bézier-Kurven ein, was den einen oder anderen ggf. etwas erschreckte. Auch ist die Anwendung mit pdflateX nicht ohne weiteres möglich, ebenso wie es mit Unicode-Zeichen und Umlauten Probleme gibt. Hier bieten sich alternative Pakete wie PSTricks oder TikZ an.

Nach dem Mittagessen in der Uni-Mensa ging es mit MetaPost weiter. Mari Voipio zeigte eine kleine Einführung zum Zeichnen von Linien und komplexeren Mustern, was dann später in die Erstellung von Strickmustern mündete. Nach ihrer Aussage, fördere MetaPost die Kreativität, da es für sie nun viel einfacher sei, schnell ein Muster am PC zu testen als dies langwierig auf Papier zu zeichnen. Eine Aussage gefiel mir besonders: Als (LaTeX-)Anfänger sucht man sich verschiedenen Code aus dem Netz zusammen und bastelt so lange daran herum, bis er tut, was man erwartet. Man versteht anfangs nicht, wieso er funktioniert, aber im Laufe der Zeit lernt man immer mehr über die Hintergründe. Genauso geht es den meisten Programmierern in jeder Sprache.

MetaPost trifft auf Kandinsky. (C) Uwe Ziegenhagen, CC-BY-SA-Lizenz

MetaPost trifft auf Kandinsky.
(C) Uwe Ziegenhagen, Lizenz: CC-BY-SA

Bernd Militzer hielt einen extrem spannenden Vortrag, der am Anfang ziemlich wenig mit TeX zu tun hatte. Es ging darum, dass er ein Ahnenbuch mit ConTeXt schreiben wollte und berichtete über seine Forschungsergebnisse. Dabei lernte man interessanterweise viel über Geschichtsschreibung und Aufzeichnungen, die im Laufe der Jahre schwer zu interpretieren sind. Am Ende kam ein dickes Buch mit allen Verwandten von Bernd Militzers Großmutter, die in den Jahren 1650 bis 1900 gelebt haben, heraus.

Ebenso spannend ging es mit Leo Arnolds UniFlow-Vortrag weiter. Effektiv ging es darum, wie man mittels des write18-Befehls aus einem LaTeX-Dokument heraus wieder eine LaTeX-Übersetzung anstoßen kann. Durch diese Rekursion ist es möglich, mit einem normalen pdflatex und ohne zusätzliche Dateien (wie Skripte oder Makefiles) mehrere Dokumente zu erzeugen. Dafür gibt es viele sinnvolle Anwendungszwecke, auch wenn write18 ein Sicherheitsrisiko darstellt und daher per Standard nicht aktiviert ist.

Zum Abschluss des Tages zeigte Martin Schröder den aktuellen Stand von TeX im 21. Jahrhundert. Wer letztes Jahr bereits auf der DANTE-Frühjahrstagung 2012 war, hatte sicherlich ein Déjà-vu, aber für die neuen Teilnehmer auf der Tagung gaben seine Folien einen sehr guten Überblick über den aktuellen Stand bei LaTeX, LuaTeX, ConTeXt und Co.

Donnerstag, 7. März 2013

Der Donnerstagvormittag war durch die Mitgliederversammlung des DANTE e.V. geprägt. Es wurden die aktuellen Geschäfts- und Mitgliederzahlen vorgestellt, sowie aktuelle Förderprojekte. Daneben wurde aber auch ein Problem diskutiert, was viele andere Open-Source-Communitys auch trifft: die sinkende Bereitschaft, etwas beizutragen. Bei TeX kommt zwar noch das Alter der Software hinzu, die dazu führt, dass der Altersdurchschnitt sehr hoch ist, dennoch kommen zu wenig junge Leute nach. Die Arbeit, die in der Community getan wird, verteilt sich oft auf sehr wenige und vor allem immer auf die gleichen Schultern. Leider gibt es hierzu keine allgemeingültige Lösung.

Nach dem Mittagessen plauderte Herbert Voß etwas aus seiner TeX-Sprechstunde, die er an der Uni Berlin hält. Er zeigte ein paar interessante Probleme, mit denen Studenten zu ihm kommen.

Ebenfalls interessant ist der Einsatz von TeX am Centrum für bessere Übergänge und Studienbedingungen der FH Stralsund. Christina Möller erzählte über ihre Tätigkeit dort und wie man den Studierenden LaTeX näher bringen will. Vor allem der Einsatz von Formeln auf der eingesetzten e-Learning-Plattform ist ein problematischer Punkt, auch wenn es verschiedene Lösungen (jsMath, tth, MathJax) gibt.

Christina Möller berichtet von ihrer Arbeit an der FH Stralsund. (C) Uwe Ziegenhagen, CC-BY-SA-Lizenz

Christina Möller berichtet von ihrer Arbeit an der FH Stralsund.
(C) Uwe Ziegenhagen, Lizenz: CC-BY-SA

Arno Trautmann zeigte dann ein extrem interessantes Thema, was man beim Titel „Randausgleich in TeX“ nicht unbedingt vermuten würde. So zeigte er die verschiedenen Absatztypen (Flattersatz, Blocksatz, Rauhsatz) im Laufe der Jahrtausende der menschlichen Geschichte. Als Beispiel wurden unter anderem Auszüge aus der Gutenberg-Bibel gezeigt und wie Gutenberg vor über 500 Jahren einen einheitlichen Blocksatz zustande brachte. Weiter ging es bis ins Hebräische, bei dem die Wortabstände fest sind, dafür aber einige Buchstaben gedehnt werden können, um einen Blocksatz zu erreichen. Mit Hilfe des Pakates chickenize kann man sehr viele der vorgestellten Absatzprobleme nachstellen.

Der Vortragstag wurde von Uwe Ziegenhagen beendet, der das Programm Sphinx vorstellte. Es handelt sich dabei um ein Open-Source-Werkzeug, mit dem man mit Hilfe einer eigene Metasprache viele verschiedene Dokumente (z.B. als HTML, LaTeX, Manpages etc.) erstellen kann. Der Anwendungsfall von Sphinx ist eigentlich die Dokumentation für verschiedene Plattformen, aber da es LaTeX als Ausgabe beherrscht kann man damit auch einfache LaTeX-Dokumente erstellen.

Uwe Ziegenhagen hilft LaTeX-Neueinsteigern. (C) Linda Prüß, CC-BY-SA-Lizenz

Uwe Ziegenhagen hilft LaTeX-Neueinsteigern.
(C) Linda Prüß, Lizenz: CC-BY-SA

Freitag, 8. März 2013

Der letzte Tag wurde wieder von Uwe Ziegenhagen eingeläutet, der ein paar LaTeX-Pakete vorstellte, die auf CTAN (Comprehensive TeX Archive Network) herumschwirren. Dabei waren einige interessante Pakete, um z.B. Tasten und Menü-Befehle besonders darzustellen oder um Gantt-Diagramme zu zeichnen. Es gab aber auch Kurioses zu sehen, z.B. ein Paket, mit dem man Bäume zeichnen kann (die biologischen, mit Stamm und Blättern und was so dazu gehört).

Danach zeigt Martin Sievers eine LaTeX-Klasse, mit der man Bewerbungsanschreiben gestalten kann, die sich optisch gut mit moderncvvertragen. Die Dokumentenklasse war leider eine Auftragsarbeit und steht daher nicht öffentlich zur Verfügung. Eine Alternative (Anschreiben und Lebenslauf in einem) habe ich vor längerer Zeit selbst einmal erstellt, aber es gibt auch sonst zahlreiche Pakete, die versuchen, einen guten Lebenslauf darzustellen. In der Regel ist der Inhalt aber wichtiger als das Aussehen …

Die Pause und die zwei Vorträge danach habe ich genutzt, um mich eingehend mit Freunden und anwesenden Bekannten zu unterhalten, sodass ich nichts zu den Vorträgen von Jena-Michsel Hufflen und Herbert Voß sagen kann.

Da Günther Partosch am Sonntag krank war, fiel sein Vortrag zum Thema „Anforderungen an wissenschaftliche Abschlussarbeiten“ leider aus. Glücklicherweise sprang Patrick Gundlach ein, der ein Problem, das bei meinem Vortrag am Donnerstag aufkam, aufgriff. Er zeigt, wie man (mit etwas Handarbeit) dafür sorgen kann, dass bei mehrspaltigem Satz die Zeilen benachbarter Spalten immer auf einer Höhe liegen. (Etwas, was bei freiesMagazin noch nicht umgesetzt ist, aber zu den Aufgaben zählt, die ich mir vorgenommen habe.)

Parallel dazu hielt Uwe Ziegenhagen vor einer Gruppe von ca. 10 Studierenden eine dreistündige Einführung in LaTeX. In dem Workshops wurden einfache Fragen besprochen, wie man mit LaTeX umgeht und die sich bei der ersten Arbeit vor allem bei Neueinsteigern ergeben.

Zum Schluss gab es noch etwas Biologie, denn der Gärtner des IFZ führte die Teilnehmer durch die drei hängenden Gärten des Gebäudes, die sich über mehrere Stockwerke erstrecken und verschiedene Klimazonen nachbilden.

Der Uni-Campus der Naturwissenschaften und das IFZ-Gebäude.

Der Uni-Campus der Naturwissenschaften und das IFZ-Gebäude.

Und Rundherum

Neben den Vorträgen ist vor allem der Kontakt mit Gleichgesinnten ein wichtiger Aspekt der DANTE-Tagungen. In den ausreichend großen Pausen zwischen den Vorträgen, aber vor allem bei den Abendveranstaltungen hat man sehr viel Gelegenheit, mit anderen TeX-Nutzern zu sprechen, Probleme vorzutragen und Lösungen zu erhalten. Natürlich ist und war es keine Pflicht, den ganzen Abend über TeX zu reden. Und so kam auch die Sprache auf Linux, Google, Facebook, E-Book-Reader, Raspberry Pi und alles andere, was irgendwie interessant ist. Sehr positiv an den Abendveranstaltungen war das wechselnde Programm. So wurde an jedem Abend eine andere kulinarische Region aufgesucht – von Deutschland über Indien nach Kroatien bis hin zu Äthiopien.

Von der Gemeinschaft her ist eine DANTE-Tagung sehr ähnlich zu diversen anderen Linux-Tagungen in Deutschland wie z.B. der Ubucon. Das ist aber nicht verwunderlich, schließlich ist TeX ebenfalls Open Source und die Community treibt ein ähnliches Ziel an: die Verbreitung einer guten Freien Software. Der Altersdurchschnitt ist zwar etwas höher als bei Linux-Veranstaltungen, aber es „verirren“ sich glücklicherweise auch immer wieder junge Menschen dorthin. Der Geschlechtervergleich geht klar zu Ungunsten der Damen aus, auch wenn welche vor Ort waren und sogar Vorträge hielten. Dennoch erfordert TeX immer noch einen Hang zur Programmierung, woran scheinbar eher Männer Interesse haben als Frauen.

Wie man am obigen Programm sieht, muss man nicht der absolute TeX-Crack sein, um bei einer DANTE-Tagung Spaß zu haben. Es gab zahlreiche Vorträge, deren Einleitung interessanter war als so mancher Geschichtsunterricht in der Schule. Und selbst als Nicht-Profi kann man Vorträge halten. Sei es nur, um seine eigenen Erfahrungen den anderen mitzuteilen oder um wertvolles Feedback zu erhalten. Insofern sollte jeder, der mit TeX, LaTeX und Co. zu tun hat, überlegen, ob er nicht für eine der kommenden Tagungen auch etwas präsentiert. Ich bin auf alle Fälle wieder dabei!

Die Vortragsfolien können zu den meisten Vorträgen auf der DANTE-Webseite heruntergeladen werden.