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(Neu) Gespielte Spiele im Juni 2022

Vital Lacerda ist ein sehr bekannter Brettspielautor aus Lissabon, Portugal. Im Juni habe ich einige seiner Spiele kennenlernen dürfen, darunter „Vinhos Deluxe Edition“, „Lisboa“ und „Bot Factory“. Daneben kamen noch „First in Flight“ und „Unlock! Secret Adventures – Die Abenteurer von Oz“ auf den (virtuellen) Spieletisch.

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(Neu) Gespielte Spiele im Mai 2022

Etwas verspätet kommen noch die im Mai gespielten Spiele. Es waren auch alte Bekannte wie „Arche Nova“ oder „Cascadia“ dabei. Und „Pandemic Legacy: Season 0“ haben wir endlich nach circa einem Jahr beendet. Aber neu gespielt wurden „Birds of a Feather: Western North America“, „Age of Comics: The Golden Years“ und „Nidavellir“.

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(Neu) Gespielte Spiele im Januar 2022

Im Januar konnte ich vor allem über Tabletopia einige neue Spiele kennenlernen. Das werde ich wohl auch in Zukunft beibehalten, soweit es die Zeit zulässt, dass ich mir dort pro Monat immer zwei bis drei neue Spiele vornehme. Aber auch offline am realen Tisch konnte ich etwas spielen. In Summe waren das „Encyclopedia“, „Tenpenny Parks“, „GigaWatt“ und „DinoGenics“.

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(Neu) Gespielte Spiele im Dezember 2021

Das Jahr 2021 ist vorbei und bot spielerisch wenig Neues, aber immerhin ein bisschen. Spielerische Vorsätze für 2022? Nein, das kommt, wie es kommt.

Now or Never (Red Raven Games, 2021)

„Now or Never“ ist das dritte Spiel von Ryan Laukat in der Arzium-Reihe, welche auch noch „Oben und Unten“ und „Nah und Fern“ umfasst. Die Hintergrundgeschichte ist einfach: Vor 20 Jahren schlug ein Meteorit in einem kleinen Dorf namens „Monument“ ein. Aus dem Meteorit kletterten Monster und vertrieben alle Bewohner. Jetzt, 20 Jahre später, werden die Monster schwächer und wir wollen das Dorf „Monument“ wieder aufbauen. Hierfür heuern wir Spezialisten an, die das Dorf aufbauen, reisen durch die Welt und erleben Abenteuer. Und natürlich kämpfen wir gegen Monster, um die Dorfbewohner zu befreien, die danach in unserem neu aufgebauten Dorf angesiedelt werden. „Now or Never“ stellt eine interessante Mischung aus Eurogame und Abenteuerspiel dar. Hierfür gibt es sogar zwei Spielmodi: Während der Standardmodus eher die Planer und Optimierer anspricht, ist der Story-Modus eher für Rollenspieler interessant, die mehr über die Welt und die Charaktere erfahren wollen. Ich habe auf Tabletopia den Standardmodus getestet (da der Storymodus dort nicht implementiert ist).

„Now or Never“ geht (im Standardmodus) sechs Runden („Seasons“ genannt), in welcher wir reihum Aktionen durchführen, bis alle gepasst haben. Es gibt zwei Arten von Aktionen: Entweder bewege ich meinen Helden auf der Weltkarte und agiere mit dieser oder ich nutze die Fähigkeit eines Spezialisten. Die Heldenbewegung kann ich dabei nur dreimal pro Runde vornehmen. Nach den Bewegung kann ich je nach Standort entweder Suchen (falls ein Suchplättchen ausliegt), ein Monster bekämpfen oder den Ort selbst nutzen. Die Nutzung einer Ortsaktion gibt mir ganz verschiedene Dinge. Meist tausche ich etwas gegen etwas anderes ein. Dabei kann es aber schon sein, dass ich auch mit Lebenspunkten bezahlen muss, um Geld zu erhalten. Wenn es ein spezieller, benamter Ort ist und ich eine entsprechende Abenteuerkarte auf der Hand habe, kann ich diese vorher noch ausspielen. Diese Karten bringen mir manchmal Ressourcen oder Siegpunkte am Spielende, manchmal aber auch dauerhafte Boni. Der Kampf gegen ein Monster ist recht simpel: Das Monster hat Lebenspunkt und Angriffsstärke. Ich würfel mit einem W4, der zufällig bestimmt, mit welchem meiner vier Waffen/Zauber ich angreife. Diese können im Laufe des Spiels ersetzt oder aufgelevelt werden, was auch notwendig ist, um gegen die stärkeren Monster auf der Karte eine Chance zu haben. Mein Angriff macht Schaden beim Monster, dann schlägt das Monster zurück und ich erhalte Schaden. Das wird wiederholt, bis ich das Monster besiegt habe, das Monster mich besiegt hat oder ich mich aus dem Kampf zurückziehe. Als Belohnung im Kampf winken mir Erfahrungspunkte und wichtiger noch gerettete Dorfbewohner, die ich bei mir ansiedeln will.

Dies führt dann zu den Spezialisten: Vier Stück kann ich davon gleichzeitig haben. Ich kann einen meiner Spezialisten nutzen (was Geld kostet), einen Spezialisten einer anderen Spielerin nutzen (was mich Geld kostet, das wiederum der andere teilweise erhält) oder einen neuen Spezialisten anheuern (was mehr Geld kostet) und gleich dessen Dienste in Anspruch nehmen. Die Spezialisten können mich heilen, geben mir Erfahrungspunkte und Ressourcen und, ganz wichtig, bauen Gebäude in mein Dorf. Hierfür stehen allen Spielerinnen die gleichen Gebäude in einem 5x4-Raster zur Verfügung, die aber bei allen zufällig angeordnet sind. Bauen darf ich erstmals nur vom Rand und danach nur von einem leeren Platz aus angrenzend, weswegen ich mir mein erstes Gebäude gut überlegen sollte. Mein Dorf besteht aus einem 4x4-Raster; ich kann also nicht alle Gebäude bauen. Das erste Gebäude muss in die unterste Reihe gebaut werden, danach immer angrenzend zu bestehenden Gebäuden. Wieso baue ich überhaupt Gebäude? Zum einen bringen mir diese am Rundenende Ressourcen oder am Spielende Siegpunkte, zum anderen kann jedes Gebäude einen Dorfbewohner beherbergen, die dann – und erst dann – für mich arbeiten und am Rundenende eine Ressource produzieren. Die Produktion aller Gebäude und beherbergter Dorfbewohner am Rundenende ist wichtig, denn nur dadurch erhalte ich Ressourcen, die ich auf dem Markt nach festen Vorgaben jederzeit verkaufen darf. Und das Geld davon benötige ich dringend, um meine Spezialisten zu bezahlen oder neue Gebäude zu bauen. Die wiederum brauche ich, um vor Monstern gerettete Dorfbewohner unterzubringen. Und das mache ich, um Ressourcen in der Produktion zu erhalten. So schließt sich der Kreis.

Das Spiel endet nach sechs Runden. Ein schöner Kniff: Vor der finalen Produktion verlieren aber die Spielerinnen alle Ressourcen und Geld, die sie bisher gehortet hatten. Es wird noch einmal produziert und auf dem Markt gegen Geld respektive Siegpunkte getauscht. Weitere Siegpunkte gibt es für volle Häuserreihen im eigenen Dorf oder unterschiedliche Dorfbewohner. Und auch die erfüllten Abenteuerkarten können ordentlich Siegpunkte abwerfen. Und wie üblich gewinnt die Spielerin mit den meisten Siegpunkten.

Anhand der immer noch kurzen Beschreibung (das Regelheft umfasst in Summe 28 Seiten) sieht man, dass „Now or Never“ das komplexeste der drei Arzium-Titel ist. War „Oben und Unten“ sehr gut mit jüngeren Kindern spielbar, „Nah und Fern“ dann eher mit älteren Kindern, würde ich „Now or Never“ eher im Kennerspielbereich ansiedeln. Die einzelnen Aktionen sind zwar nicht sehr kompliziert zu erfassen, das Zusammenspiel von Monstern, Dorfbewohnern, Spezialisten, Gebäuden und Abenteuerkarten erfordert aber schon Einiges an Denkarbeit, um effizient zu spielen. Die komplette und ausführliche Erklärung des Spiels hat deswegen bei mir 40 Minuten gedauert. Nach der Regellektüre war ich auch etwas überwältigt, bereits in der ersten Partie merkte ich aber, dass alles sehr gut und recht logisch zusammenspielt. Durch den Wegfall der Story-Elemente im Standardmodus fühle ich mich als Eurogamer auch viel mehr angesprochen. Ich fand „Oben und Unten“ nett, aber sehr tiefgründig waren die Geschichten nicht. „Nah und Fern“ machte das etwas besser, aber dennoch waren die Story-Elemente für mich eher Beiwerk. Daher finde ich es gut, dass Ryan Laukat jetzt zwei getrennte Modi entwickelt hat, sodass sich jeder genau das Spiel heraussuchen kann, das er spielen möchte. Dennoch eine kleine Warnung: Trotz Eurogame-Elementen lässt sich das Spiel nicht komplett durchplanen. Allein der Würfelwurf beim Kampf und beim Suchen (ich nehme zufällig 1-4 Schaden) lässt das Spiel nicht komplett berechenbar sein.

Als ich die Regeln las, staunte ich nicht schlecht über die Vielfalt: Aktionswahl über eigene und fremde Spezialisten, Plättchenlegen beim Gebäudebau, Produktion über Gebäude und Dorfbewohner, „Charakter“entwicklung über teilweise charakterspezifische Ausrüstungsgegenstände, Rasterbewegung auf der Karte, Kämpfe gegen Monster und ein bisschen Story-Aspekte durch die Abenteuerkarten. Nach drei Partien (zweimal solo, einmal zu zweit) kann ich aber sagen, dass „Now or Never“ im Kern etwas ist, was ich anfangs nicht erkannte, nämlich ein Engine-Builder. Zwar kann ich auf verschiedene Arten Siegpunkte im Spiel machen, es führt aber kein Weg daran vorbei, eine gute Produktion aus Gebäuden und Dorfbewohnern aufzubauen, die mir Ressourcen bringen, die ich dann in Geld wandeln muss, um mir damit neue Gebäude, Ausrüstung und Spezialisten zu besorgen, die dann wiederum dafür sorgen, dass ich Kämpfe gewinne, neue Dorfbewohner erhalte und somit noch mehr produzieren kann. Wenn man das im Übrigen wie ich nicht gleich erkennt, kann das mitunter frustrierend sein, da der Fluss des Spiels oft sehr ähnlich abläuft. In der ersten Runde baue ich ein oder sogar Gebäude und kann auch ein oder zwei Dorfbewohner ansiedeln. Deren Produktion reicht aber oft nicht aus, um in der zweiten und dritten Runde viel mehr zu aufzubauen. Erst ab Runde vier nimmt die Engine wirklich Fahrt auf, wenn die Produktion so viel Ressourcen/Geld abwirft, dass ich mir pro Runde mehrere Gebäude leisten kann und durch die stärkeren Monster auch mehr Dorfbewohner erhalte. Ohne Vorerfahrung ist dies in Runde 2 aber sehr frustrierend. So fragte ich mich auch, wie ich das Geld je zusammenbekommen soll, um 16 Gebäude zu bauen oder vier Spezialisten anzuheuern. Von den geforderten 100 Siegpunkten im Solo-Spiel ganz zu schweigen. Umso erstaunter war ich, dass ich in den letzten beiden Solo-Runden alle vier eigenen Spezialisten nutzte (eigentlich sogar noch mehr durch Zukauf neuer Spezialisten), die oberste Gebäudereihe erklomm und das Spiel mit 136 bzw. 113 Siegpunkte über der geforderten Marke beendete. Ich gebe zu, dass diese Lernkurve – wenn auch anfangs frustrierend – am Ende sehr befriedigend war. Auf der anderen Seite war es aber auch unbefriedigend gleich in der ersten Solo-Partie die Zielmarke zu reißen. Da ist der Anreiz auf eine weitere Runde mit einer reinen Steigerung der Punktzahl eher gering.

Das Thema des Spiels kommt so einigermaßen zur Geltung. Wie so oft passierte es mir als Eurogamer aber, dass ich die Gebäude, die Spezialisten, die Dorfbewohner und die Monster auf ihre Symbole reduzierte. Es war mir leider egal, wie die Dorfbewohner aussehen, Hauptsache sie produzieren die richtigen Ressourcen. Das war bei „Oben und Unten“ anders, da bekam jeder Dorfbewohner einen Namen und eine Hintergrundgeschichte von mir verpasst. Das wäre mir bei „Now or Never“ aber auch etwas zu viel des Guten gewesen. Unter Umständen kommt dieser Aspekt im Story-Modus aber besser zum Tragen. Einzig die Abenteuerkarten versprühten etwas mehr Thema, da ich dort immerhin den Kartentitel und den Ort (der ja bestimmt, wo ich die Karte ausspielen darf) las und mir die Grafik genauer anschaute. Grafisch hält das Spiel auch, was Ryan Laukat verspricht. Gefühlt wirkt die Karte, die Orte und die Personen etwas erwachsener, kantiger und dunkler. Mir gefällt der Grafikstil aber sehr gut. Vor allem passt die Karte auch sehr gut zur Hintergrundgeschichte, sodass sich beispielsweise um die Einschlagsstelle des Kristallmeteoriten stärkere Monster tummeln. Auch die Symbolik ist gut und leicht verständlich. Einzig beim Spezialisten-Symbol für den Kauf von Ausrüstungsgegenständen musste mir eine Mitspielerin erklären, dass dies ein Rucksack darstellen soll. Die Rückseite der Weltkarte zeigt die „Unterwelt“ als Variante, die bis auf leicht andere Belohnungen und drei ausgetauschte Monstertypen sich aber sonst identisch spielt. Die Symbolik und die Gestaltung der Karte ist auch so gut, dass ich kaum etwas in der Regel nachschlagen musste. Ein, zwei Dinge hätten zwar noch auf das Spielbrett beziehungsweise dem Rundentableau Platz gehabt oder hätten Erwähnung finden können, aber in Summe passte das schon. (Mir fehlte beispielsweise der Hinweis auf der Karte , dass ich beim Betreten von Gebirge einen Lebenspunkt verliere oder dass die Dorfbewohner-Auslage erst aufgefüllt wird, wenn sie leer ist – im Gegensatz zu den Spezialisten und Ausrüstungsgegenständen.) Auch die Regel liest sich sehr gut und verständlich. In meinen Partien blieben bis auf eine wenige Kleinigkeiten keine Regelfragen offen.

Now or Never – Spielertableau
Now or Never – Spielertableau

Der Automa als simulierter, zweiter Spieler fühlt sich ganz gut an. Durch ein Kartendeck wird jeden Zug entschieden, welche Aktion der Automa durchführt. Dabei sammelt der Automa aber kein Geld oder Ressourcen, er ist einzig dafür da, um Suchplättchen, Monster, Dorfbewohner, Aufträge, Ausrüstung und Abenteuerkarten aus dem Spiel zu nehmen und seine eigenen und meine Spezialisten zu erschöpfen. Vor allem das Erschöpfen meiner eigenen Spezialisten war mitunter eine schöne taktische Hoffnung, da ich dann Geld bekam, welches ich mitunter wieder sinnvoll einsetzen konnte. Und auch durch die Wegnahme der Dorfbewohner nach einer bestimmten Reihenfolge kam mir der Automa das eine oder andere Mal in die Quere. In der zweiten Partie gelang ich deswegen gerade einmal an einzigen Dorfbewohner mit Kristall, weswegen ich einige Punkte nicht erhielt. Ansonsten haben mich seine Aktionen aber wenig tangiert, vor allem ob irgendwelche Monster, Spezialisten oder Suchplättchen verschwinden, war mir ziemlich egal, da es genügend Alternativen gab. Die Spieldauer gegen den Automa lag in den zwei Partien bei 100-120 Minuten, wobei ein großer Teil der Zeit für die Navigation in Tabletopia veranschlagt wurde. Zum einen gibt es viele Token zum Bewegen, zum anderen ist das Spielbrett mit eigenem Tableau sehr groß, sodass viel Scrollarbeit angesagt war. Der Automa simuliert das Spiel zu zweit aber sehr gut, wie ich dann in der Zwei-Personen-Partie merken musste. Es war schade, aber auch hier interessierte es mich eher wenig, was meine Mitspielerin machte. Die Karte ist zu zweit auch groß genug und es gibt genügend Monster, sodass man sich nicht in die Quere kommt. Abenteuerkarten und Aufträge werden sowieso zufällig gezogen. Selbst der interaktive Aspekt, dass ich bei meiner Mitspielerin einen Spezialisten mit nutze, kam nicht zum Tragen, da sie keine (für mich sinnvollen) Spezialisten anheuerte, die ich nutzen wollte. Unter Umständen ändert sich das Spiel aber, wenn man zu viert über die Karte wuselt.

Zum Spielgefühl habe ich oben schon Einiges geschrieben, nach einer guten ersten Runde, wich in Runde 2 die Motivation der Frustration, um dann von Runde zu Runde wieder zu steigen, um am Ende ungläubig die Punkte zu zählen. Strategisch muss ich aufgrund der Zusammenhänge von allem etwas machen, dominiert hat aber der Dorfausbau. Dieser ist auch der zentrale Mechanismus, ohne den es im Spiel nicht vorwärts geht. Das ist in meinen Augen im Standardmodus aber völlig okay, im Storymodus könnte es vielleicht störend wirken. Was mir ab der nicht so guten Runde 2 geholfen hat, war ein gezogenes Auftragsplättchen. Damit hatte ich dann ein Ziel vor Augen, welche Ressourcen ich benötige. Dies hat mir am Anfang des Spiels gefehlt, da ich einfach alles machen kann und es keine Vorgabe gibt, was denn sinnvoll ist. Das Problem sah ich dann auch bei meiner Mitspielerin in der Zwei-Personen-Partie, da sie nicht wusste, was sie überhaupt tun soll. Diesen Weg muss man sich also erst selbst erarbeiten. Einzig durch die Abenteuerkarten gibt es bestimmte Ziele auf der Karte, die ich im Laufe des Spiels ansteuern möchte. Einige davon sind aber aufgrund der Bedingungen und verlangten Ressourcen erst viel später im Spiel anwendbar. Die Suche empfand ich anfangs sehr unattraktiv, da ich darüber 1-4 Lebenspunkte zufällig verliere, und nicht weiß, was ich erhalte. Hierfür eine von drei Heldenbewegungen auszugeben kam mir nicht lukrativ vor. In der zweiten Solopartie merkte ich aber, dass mir die Belohnung der Suche doch das ein oder andere Mal geholfen hätten.

Variabilität erhält das Spiel hauptsächlich durch den zufälligen Aufbau der Gebäude und der Charaktere. Diese spielten sich aber trotz ihrer Unterschiede in Laufgeschwindigkeit, Angriffsstärke, Ausrüstungsgegenstände, Mana-Poolgröße und Sonderfähigkeit doch sehr ähnlich. Vermutlich liegt das daran, dass das Spiel sehr stark vorgibt, was zu tun ist (Gebäudebau für Dorfbewohner, Ausrüstung für starke Monster, Dorfbewohner für Produktion). Zumindest habe ich in meinen drei Partien wenig Möglichkeiten erkannt, von diesem Schema abzuweichen. Die zufällige Verteilung bzw. Auslage von Auftragsplättchen, Abenteuerkarten, Suchplättchen, Ausrüstungsgegenständen, Dorfbewohnern und Spezialisten erzeugte dagegen bei mir keine Variabilität. Ich musste halt damit leben, was kam, was einige Möglichkeiten einschränkte, aber keine Alternativ-Strategien erzeugte. Insofern spielt sich eine Partie immer sehr ähnlich, was bei einer Partie pro Monat aber auch kein Problem darstellt.

Die 100-120 Minuten Spielzeit im Solomodus waren etwas lang, es handelte sich aber auch um die ersten zwei Partien und um Tabletopia. In der Realität denke ich, dass ich die Solo-Spielzeit sicherlich auf 80-90 Minuten verringern könnte. Die offizielle Spielzeit wird dagegen mit 45 Minuten pro Spielerin angegeben, was ich etwas schade finde, da ich noch nicht weiß, ob das Spiel tatsächlich 180 Minuten bei vier Spielerinnen trägt. Unser Zwei-Personen-Partie dauert dann – erneut aufgrund Erstpartie bei einer Spielerin und Tabletopia-Umsetzung – aber auch länger als die angegeben 90 Minuten. Nach den 40 Minuten Erklärung spielten wir 120 Minuten – und unterbrachen dann die Partie mitten in der fünften Runde. Eine Woche später folgt die Fortsetzung und in Summe spielten wir ca. 180 Minuten. Dabei gingen die ersten Runden noch sehr flott, da wir nur 3-4 Aktionen ausführen konnten. In den letzten zwei Runden sind es dann aber schon 8-9 Aktionen, was die Spielzeit natürlich vor allem im späteren Spielverlauf entsprechend erhöht. Zusätzlich versuchten wir in der letzten Runde noch einmal alles zu optimieren, damit möglichst viele Ressourcen/Geld in der letzten Produktion entstehen. Jedenfalls sind 180 Minuten definitiv zu lang und ich weiß nicht, ob das Spiel mit genügend Erfahrung und am realen Tisch tatsächlich in 90 Minuten spielbar ist. Im Storymodus soll eine Partie noch etwas mehr Zeit beanspruchen. Auch die Aufbauzeit, die digital dankenswerterweise entfällt, ist bei „Now or Never“ nicht ohne. Bei vier Spielen die 20 Gebäude zu mischen und in einem Raster auszulegen, sowie die Auslage von Abenteuerkarten, Auftragsplättchen, Ausrüstungsgegenständen, Dorfbewohnern und Spezialisten erfordert einiges an Zeit. Auf Englisch würde ich mir das Spiel sowieso nicht kaufen, da die Abenteuerkarten etwas Text enthalten und ich bei solchen Spielen Deutsch bevorzuge. Das restliche Spielmaterial ist bis auf einige Gebäude mit wenigen Worten und die Bezeichnung der Ausrüstung sprachneutral. Vor allem den Storymodus mit seinen Geschichten würde ich in einer deutsche Version bevorzugen.

In Summe hat mir „Now or Never“ trotz der Spielzeit ziemlich gut gefallen. Der Storymodus wurde ausgelagert und „stört“ den Eurogamer im Standardspiel nicht mehr. Ob der Storymodus analog dazu die immersiven Rollenspielgefühle befriedigen kann, kann ich aber nicht sagen, da ich diesen nicht gespielt habe. Sollte dieser aber irgendwann einmal auf Deutsch auf dem Tisch landen, bin ich bei einer Partie dabei. Und den Standardmodus spiele ich auf alle Fälle sehr gerne wieder mit, in der Hoffnung, dass sich die Spielzeit dann etwas verringert. Für mich ist „Now or Never“ der bisher beste Teil der Arzium-Reihe. (9,0)

Now or Never
Now or Never

Wertung: (9,0)

#NoworNever

Winter der Toten (Heidelberger, 2015)

„Fünf Jahre ist es nun her. Fünf sehr unschöne Jahre. Das Virus greift weiter um sich. Und nur wer sich völlig abschottet, wird diesen elenden Winter überleben. Wir haben uns verbarrikadiert und auf das Klopfen an der Tür reagieren wir schon seit Ewigkeiten nicht mehr. Ich weiß nicht, wie lange ich dies noch aushalten kann. Aber ich habe gehört, es gibt eine Heilung. Oder zumindest ein Mittel, was diesen ganzen Irrsinn eindämmen kann. Ich freue mich auf den Tag, an dem ich wieder ungestört und befreit vor die Tür treten kann.“ – So in etwa lautete die Einführung unseres Szenarios von „Winter der Toten“ (Nein, tat sie nicht.) Tatsächlich ist es exakt fünf Jahre her, dass ich „Winter der Toten“ zuletzt gespielt hatte. Und nach der Partie fragte ich mich, wieso eigentlich.

In „Winter der Toten“ leben wir verbarrikadiert in einer Kolonie, die sich von der Außenwelt abgeschottet hat. Ein Winter zerrt an den Kräften und die Zombies vor den Toren wollen nichts Gutes. Jeder von uns kontrolliert eine kleine Gruppe von anfangs zwei Überlebenden. Zu Beginn eines Tages/Runde würfelt jeder eine Handvoll Würfel. Mit diesen kann ich bestimmte Aktionen ausführen, wie beispielsweise Barrikaden bauen, Zombies töten oder Orte suchen. Von den Orten gibt es sechs an der Zahl, die wichtige Dinge zum Überleben bringen: Nahrung, Benzin, Werkzeug oder Waffen. Aber auch weitere Überlebende finden sich manchmal dort, die dann zur Gruppe dazustoßen. Aber die Suche an den Orten kommt mit einem Preis. Der Weg zu einem Ort und zur Kolonie zurück ist gefährlich und auch die Suche kann neue Zombies anlocken. Überrennen sie einen Ort, ist das das Aus für den schwächsten Überlebenden. Bei der Bewegung und beim Kampf entscheidet ein Würfelwurf, ob und wie ein Zombie zurückschlägt. Eine einfache Wunde ist noch okay. Eine Frostwunde nervig, weil mein Überlebender dadurch im Laufe der Zeit weitere Wunden erhält. Und ein Zombie-Biss endet tödlich. Nicht nur das, die Infektion breitet sich dann an dem Ort weiter aus und mehr Überlebende könnten sterben. In unserem Szenario hatten wir sieben Tage Zeit, um die Zombiezahl an den Orten auf nahezu Null zu reduzieren, ohne dass die Moral auf 0 fällt. Und das geht sehr schnell, denn jede Runde werden wir uns neue Aufgaben (Krisen) gestellt, die die Abgabe von wertvoller Nahrung, Benzin oder anderen Gegenständen erfordert. Zusätzlich muss die Kolonie ernährt und manchmal sogar gesäubert werden, denn ansonsten sinkt die Moral ebenfalls. Und wenn ein Überlebender stirbt, trägt dies auch nicht zum Moralerhalt bei.

Auch wenn dies nach einem kooperativen Erlebnis klingt (wie man „Winter der Toten“ auch spielen kann), bevorzuge ich (in der richtigen Gruppe) die semi-kooperative Variante. Alle haben eine geheime Agenda und müssen bis zum Spielende des Szenarios zusätzlich noch Aufgaben erfüllen. Nicht nur das, es gibt gegebenenfalls auch einen Verräter in den eigenen Reihen. Dieser gewinnt nur, wenn die Moral auf 0 fällt (was eine Kleinigkeit ist), muss aber auch eine eigene Agenda erfüllen, um zu gewinnen. Gerade die eigenen Agenden lassen einen manchmal Dinge tun, die vielleicht nicht für das Wohl der Gruppe sorgen. Und so mache ich mich verdächtig, wenn ich an einem Ort wiederholt suche und Lärm mache, was Zombies anlockt, die wir gerade vermeiden wollen. Dieses Nicht-Wissen sorgt für eine großartige Spannung am Spieltisch.

Zusätzlich Stimmung kommt durch die Crossroads-Karten auf. Bei jedem Zug einer Spielerin wird eine Ereignis-Karte vom Nachbarn gezogen. Auf der Karte steht, wann bzw. ob der Kartentext wirkt. Es kann sein, dass ich mich dafür nur in der Kolonie aufhalten muss. Es kann aber auch sein, dass ich mit einem ganz bestimmten Charakter an einem ganz bestimmten Ort eine ganz bestimmte Aktion ausführen muss. Durch dieses System wird nicht immer ein Ereignis ausgelöst, aber wenn es einmal ausgelöst wird, passt es sehr gut zur aktuellen Spielsituation, was mir sehr gut gefällt. Der Nachteil des Systems ist, dass manchmal keine einzige Crossroads-Karte im Spiel vorgelesen wird, was schade ist. Um es noch stimmiger zu machen, lesen wir bei den Ereignissen nur die Handlungsmöglichkeiten vor (oft steht nur „links oder rechts“, „ja oder nein“ zur Wahl), aber nicht deren Auswirkung. So wird die Entscheidung einer Person oder der Gruppe oft eine moralische und keine spielmechanische, was mir sehr gut gefällt, das Spiel aber auch schwerer machen kann.

In unserer Partie gab es keinen Verräter, dennoch war das Vertrauen nicht unendlich hoch zwischen uns. Da hatten meine Mitspieler auch mal massig Karten auf der Hand und steuerten nichts zur aktuellen Krise bei, was sehr verdächtig war. Meine Agenda war es, zwei Waffen auszurüsten. Aus dem Grund ging ich in Runde 1 direkt zur Polizeistation. Meine Ausrede war, dass diese auch Benzin bringt, die wir für die Krise brauchten. Und tatsächlich fand ich in zwei Runden zwei Waffen. Zurück in der Kolonie verteilte ich die Waffen dann auf anderer, stärkere Charaktere, die vermutlich nicht so schnell von Zombies gefressen werden. Und so konnte ich mich ab Runde 2 fast völlig auf das Gesamtziel konzentrieren. Ein Mitspieler hatte das Ziel mindestens 12 Überlebende in der Kolonie zu haben (inkl. den hilflosen Überlebenden, die nichts beitragen können, aber trotzdem Nahrung brauchen und Zombies anlocken). Das Ziel erfüllte ich für diesen Mitspieler fast alleine mit, denn meine erste Crossroads-Karte bescherte mir einen neuen Überlebenden, der gleich seine ganze Familie als hilflose Überlebende mitbrachte. Der dritte Spieler am Tisch musste Benzin sammeln, was er aber heroisch in Runde 4 oder 5 aufgab, um die Krise zu meistern, deren Auswirkung wir moralisch nicht überlebt hätten. Durch das Opfer konnte der Mitspieler aber am Ende nicht mehr gewinnen. Ich gebe zu, dass dies ein Problem des Spiels sein kann, denn es gibt in solchen Fällen immer mal wieder Spieler, die dann auf den Modus „wenn ich nicht gewinnen kann, verlieren wir halt alle“ umschalten. Das ist dann zwar extrem nahe an der Realität, spielerisch kann es aber eine Partie vermiesen. Glücklicherweise trat dies bei uns nicht ein und der Mitspieler, der als Einziges nicht gewann, hatte trotzdem Gefallen am Spiel.

Mir gefällt „Winter der Toten“ immer noch sehr gut und ich bin froh, es behalten zu haben. Als besonders schön empfinde ich auch die Illustrationen, u.a. von Fernanda Suárez, die auch dieses Mal wieder zur sehr guten Stimmung bei mir beigetragen haben. Die Erweiterungen „Kampf der Kolonien“ und „Die lange Nacht“ benötige ich dabei nicht, auch wenn diese vermutlich gut sind. Zum einen halte ich Erweiterungen für ein Spiel, welches ich nur alle fünf Jahre einmal spiele, nicht für sinnvoll. Und zum anderen ist „Winter der Toten“ in der richtigen Gruppe bereits im Grundspiel ein richtig tolle Erfahrung. (9,0)

Winter der Toten
Winter der Toten

Wertung: (9,0)

#WinterderToten

Nine Tiles Panic (Oink, 2020)

Was passiert, wenn man „Galaxy Trucker“ in eine Schrottpresse wirft und den kleinen Quader, der dabei herauskommt, danach neu anmalt? Die Antwort lautet: „Nine Tiles Panic“. Wie bei Oink Games üblich, kommt das Spiel in einer sehr kleinen Schachtel daher und sieht erst einmal etwas unscheinbar aus. Wir haben alle die gleichen neun Plättchen auf der Hand. Auf der Vorder- und Rückseite sind Straßen, Häuser, Menschen, Hunde, Agenten, Aliens und Burger abgebildet. Es werden drei Aufgabenkarten ausgelegt, die es zu erfüllen gilt. Beispielsweise eine möglichst lange Straße zu haben, möglichst viele Paare an Hunde und Menschen oder möglichst viele Aliens zu fangen (wenn auf der gleichen Straße ein Agent auf ein Alien trifft). Gleichzeitig legen wir die neun Plättchen vor uns in einem 3x3-Gitter aus, wobei nur Wege passend gelegt werden müssen. Wer zuerst fertig ist, dreht die Sanduhr um. Alle anderen haben danach nur noch diese Sanduhr Zeit, ihre neun Plättchen anzuordnen. Danach werden die Ziele ausgewertet und Punkte verteilt. Dies wird wiederholt, bis jemand eine gewisse Anzahl an Punkten erreicht und damit gewonnen hat.

Das Spielgefühl von „Nine Tiles Panic“ ist tatsächlich sehr ähnlich zu „Galaxy Trucker“. Durch die weniger Plättchen und schlankeren Regeln haben auch Neulinge eine Chance. Wer „Nine Tiles Panic“ aber schon oft gespielt hat, hat definitiv einen Vorteil, da er die Plättchen sehr gut kennt und bereits weiß, welche er für welche Aufgaben wie hinlegen muss. Etwas gemein finde ich, dass bei einem Baufehler (nicht alle neun Teile verbaut oder Straße nicht richtig angebaut) es für die Person 0 Punkte gibt. Bei 3-4 Runden pro Spiel kann dies schon ein Viertel der Punkte ausmachen. Eine etwas sanftere Bestrafung hätte bei uns vermutlich dazu geführt, dass ein Mitspieler mit zwei Fehlbauten nicht so extrem auf dem letzten Platz landete. Dennoch ist „Nine Tiles Panic“ ein nettes, kleines Spiel mit netter Grafik und gutem Unterhaltungswert. (7,0)

Nine Tiles Panic
Nine Tiles Panic

Wertung: (7,0)

#NineTilesPanic

A.D.E.L.E. (Nice Game Publishing, 2021)

Wer den Film „2001: Odyssee im Weltraum“ gesehen hat, kennt auch schon die Geschichte von „A.D.E.L.E.“: Wir befinden uns auf einem Raumschiff auf dem Weg zum Mars. Gesteuert wird das Schiff von einer künstlichen Intelligenz namens A.D.E.L.E. Das wäre toll, würden in der letzten Zeit nicht ständig die Lebenserhaltungssysteme ausfallen oder es an allen Ecken und Ende zu brennen anfangen. Wir haben den Verdacht, dass A.D.E.L.E. uns an den Kragen will. Also haben wir zwei Optionen: das Raumschiff heimlich, still und leise in einer Rettungskapsel verlassen oder den Computer hacken. Also in echt. Mit einer Axt!

In „A.D.E.L.E.“ agieren ein bis vier Crew-Mitglieder gegen die KI, welche ebenfalls durch eine Person verkörpert wird. Zu Beginn des Spiels befinden wir uns als Crew auf einem Raumschiff mit 20 Räumen, in denen zufällig verteilt Gegenstände liegen. Das kann ein Raumanzug oder ein Feuerlöscher sein oder sieben der für die zwei möglichen Missionen notwendigen Gegenstände. Niemand – auch nicht A.D.E.L.E. – weiß, welcher Gegenstand sich wo befindet. Immerhin wissen einzelne Crew-Mitglieder, welche Missionsgegenstände in welchen Raum gebracht werden müssen. Auf welche der beiden Missionen sich die Crew einlässt, weiß A.D.E.L.E. auch nicht. Dummerweise weiß die Crew das ebenso wenig, da sie anfangs noch gar keinen Gegenstände in den Händen hält. Spielmechanisch passieren zuerst schlimme Dinge – durch eine Ereignis-Karte repräsentiert – die uns beispielsweise Leben oder Aktionspunkte verlieren lässt. Danach programmiert jedes Crew-Mitglied mit vier Aktionswürfeln geheim seine Aktionen. Wir können uns dabei zwar absprechen, aber A.D.E.L.E. hört natürlich die ganze Zeit mit. Danach ist A.D.E.L.E. am Zug und zieht aus einem Beutel Stör-Marker und legt sie auf ihre Konsole. Die Marken kosten Energie und damit kann sie diese auf Räume legen, beeinflusst durch Handkarten, welche die Raumnummern angeben. Auf die Art breitet sich das Feuer auf dem Schiff aus, die Luft geht aus oder Türen schließen sich plötzlich. Dann deckt die Crew ihre Aktionen auf und führt diese reihum aus – soweit dies jetzt noch geht. Ist die Tür des Raums plötzlich zu und ich habe keine „Tür öffnen“-Aktion programmiert, muss ich halt woanders lang laufen. Als Aktionen stehen mir neben Tür öffnen und Laufen auch das Suchen im Raum/Aufnehmen eines Gegenstandes und die Aktivierung eines Gegenstandes aus meinem Rucksack zur Verfügung. Die letzte Aktion „Terminal“ hat mehrere Bedeutungen und ist teurer (kostet mehr Aktionswürfel): Ich kann damit einen der gesuchten Missionsgegenstände im passenden Raum aktivieren, ich kann die Spezialfähigkeit mancher Räume nutzen (beispielsweise Heilen in der Krankenstation) oder einige der Stör-Marker entfernen, die A.D.E.L.E. zuvor in einen angrenzenden Raum gelegt hat. Dies geht so weiter, bis entweder die Crew eine der beiden Missionen erfüllt hat (also die richtigen Gegenstände in den richtigen Räumen aktiviert haben) oder bis A.D.E.L.E. sich eines Mannschaftsmitglieds entledigt hat oder das Schiff zu weit vom Kurs abgekommen ist, sodass es keine Rettung mehr gibt (umgesetzt durch einen simplen Rundenanzeiger).

Von der Story her habe ich mich echt auf das Spiel gefreut: Sci-Fi mit einer bösen KI? Das hat auch schon bei GLaDOS super funktioniert. Leider krankt „A.D.E.L.E.“ aber an zahlreichen Punkten. Zuerst ist da die Anleitung, die zum Lernen und Nachschlagen nicht hilfreich geschrieben ist. Wie die Crew gewinnt, ist klar in einem Absatz beschrieben. Wie A.D.E.L.E. gewinnt, findet sich aber in zwei unterschiedlichen Absätzen in Nebensätzen. Es war auch nicht ganz klar, wie die Anomalie-Plättchen ausgespielt werden und wie die Ereignis-Karten mit diesen zusammenspielen. Erst im Spiel fügte sich das zusammen. Das machte den Einstieg entsprechend holprig.

Die Symbolik des Spiels ist leider auch nicht sehr klar. Wir mussten auch in der vorletzten Runde immer noch nachschlagen, welche Auswirkungen diese oder jene Stör-Marker auf dem Schiff haben. Dabei gibt es eine A4-Seite mit einer Spielhilfe. Die ist aber nicht sehr hilfreich, da sie nicht das erklärt, was für das Spiel – vor allem in der Erstpartie – wissenswert wäre. Konkret: Es steht darauf, welche Sonderkarten A.D.E.L.E. ziehen könnte, was die Crew gar nicht interessiert, weil sie darauf nicht spekulieren kann. Es stehen die Fähigkeiten der Crew-Mitglieder darauf, was einmalig sinnvoll ist, ich aber nicht in jedem Zug brauche. Und es stehen die Fähigkeiten der Gegenstände erklärt, was tatsächlich hilfreich ist. Was aber fehlt: die Erklärung der Aktionen, vor allem des Terminals, da dieses multifunktional ist. Und es fehlt die Erklärung der Stör-Marker auf dem Spielbrett. Dass ein Feuermarker einen Schaden macht und man hierfür würfeln muss, konnten wir uns irgendwann merken, weil es zu viele davon gab. Dass ein Erstickungsmarker einen Aktionswürfel verlieren lässt oder Dunkelheit einen Aktionsmarker mehr für eine Aktion erfordert, ging nicht in unsere Köpfe rein. Und das ist schade, weil die A4-Spielhilfe zweiseitig ist. Und auf beiden Seiten steht exakt derselbe Text. Das ist vielleicht nur ein Druckfehler, aber die Spielhilfe in dieser Art ist wenig Hilfe gewesen.

Meine Motivationskurve beim Spiel war die ersten Runden nach der Erklärung sehr weit unten, stieg dann in der Mitte des Spiels leicht an und fiel dann wieder stark ab. Zur Begründung: Im ersten Teil weiß niemand, wo die gesuchten Gegenstände liegen. Jedes Crew-Mitglied weiß nur, wo es bestimmte Gegenstände hinbringen muss. Sprich, der erste Teil des Spiels besteht für die Crew nur aus dem stupiden Herumlaufen durch das Raumschiff und Aufsammeln beziehungsweise Anschauen von Gegenständen. Dadurch, dass ich nur vier Ausrüstungsslots habe, kann ich aber nicht alle Gegenstände mitnehmen, sondern muss manchmal welche abwerfen oder liegenlassen und mir dabei merken, welche Gegenstände in welchem Raum liegen. Mir machen Memory-Spiele aber nicht so viel Spaß. Ich konnte mir nicht einmal dauerhaft merken, welche Gegenstände ich in meinem Rucksack hatte und musste ständig nachschauen. Auch das ständige Nachschlagen in der Anleitung, weil die Symbolik für uns nicht intuitiv war, störte den Spielfluss am Anfang sehr. Der zweite Teil machte etwas mehr Spaß, als die Crew ein paar Missionsgegenstände im Rucksack hatte und A.D.E.L.E. durch Abhören herausfand, was die Zielräume für diese Gegenstände waren. Es ging jetzt also darum, die Gegenstände zum Zielort zu bringen, dabei die Stör-Marker zu beseitigen und nicht zu sterben. Das machte aber nur kurzzeitig Spaß, denn alsbald sah ich nicht mehr, wie wir das Spiel hätten gewinnen können. A.D.E.L.E. blockierte zwei Zielräume durch mehrere Stör-Marker. Einer davon verbietet die Terminal-Aktion in einem Raum, um die Missionsgegenstände dort zu aktivieren. Es gibt im Raumschiff aber nur einen einzigen Raum (Hauptcomputer-Terminal), der es erlaubt, diese Terminaldefekt-Marker durch eine Terminalaktion zu entfernen. Das heißt, eigentlich muss ein Crew-Mitglied zwingend in dem Raum stehen, um die Stör-Marker aus den Zielräumen zu entfernen, und die anderen Crew-Mitglieder müssen sich den Weg zu den Zielräumen bahnen. Das klingt also zumindest für eine Spielerin nicht sehr spannend. In unserem Fall waren wir nur zu zweit und auf die Art hätten wir ewig gebraucht, die Zielräume alle zu erreichen. Interessant im Sinne von „spielkaputtmachend“ wäre es gewesen, wenn A.D.E.L.E. auch noch den Terminaldefekt-Marker auf den Hauptcomputer-Terminal-Raum (Raum 20) gelegt hätte. Dann hätten wir nämlich bis zum Spielende keine Chance mehr gehabt, die Missionen zu erfüllen. Ich weiß aber nicht, ob diese Spielsituation tatsächlich eintreten kann, das heißt, ob es eine Raumkarte mit der Nummer 20 gibt.

Für die schlechte Spielerfahrung hat sicherlich auch die fehlende Kommunikation oder Kooperation gesorgt. Ich kann mich zwar mit meinem Mitspieler absprechen, aber das bringt nicht viel, wenn A.D.E.L.E. alles mitbekommt. Beispielsweise kann ich mit einer Drohne mir einen beliebigen Gegenstand im Schiff anschauen. Dann weiß ich zwar, ob dieser relevant ist oder nicht, aber wenn ich es meinem Mitspieler sage, wird A.D.E.L.E. den Raum abschotten. Bluffen bringt dabei auch nichts, denn dann verwirre ich auch meinen Mitspieler. Und geheime Absprachen in der Crew sind nicht erlaubt. Das führte dazu, dass wir zwei Crew-Mitglieder eben jeder auf dem Raumschiff seinen Weg ging und irgendetwas machten. Wir trafen uns ein einziges Mal für einen Gegenstands- und Wissensaustausch (es ist dann erlaubt, sich die Zielräume der anderen Missionsgegenstände anzuschauen). Da ich nicht mehr hoch motiviert war, machte ich mich einfach auf direktem Weg zu einem der Zielräume und starb dabei, weil überall Feuer lag und ich nur mit einer 1 hätte überleben können. Und so gewann A.D.E.L.E. das Spiel, was mir aber ziemlich egal war. Ganz im Gegenteil war ich froh, dass die Partie vorbei war.

Prinzipiell hätte ich Interesse, „A.D.E.L.E.“ noch einmal zu spielen. Diesmal etwas regelfester und mit mehr Mitspielern, sodass wir uns im Schiff besser aufteilen können. Aber so richtig glaube ich nicht, dass die langweilige Suchphase am Anfang des Spiels oder die Kooperation im Spiel wirklich besser wird. Ich werde es vermutlich nicht herausfinden. (4,5)

Wertung: (4,5)

A.D.E.L.E.
A.D.E.L.E.

#ADELE

Canvas (Road To Infamy Games, 2021)

Das Thema „Bilder malen“ in Spielen finde ich immer wieder attraktiv. Sei es als Arbeitereinsetzspiel wie in „Alte Meister“ oder als Sammelkartenspiel wie in „Kanagawa“ oder als schöne Panorama-Ansicht (wenn auch nicht als Gemälde) wie zuletzt in „Im Schatten der Pagode“. Mit „Canvas“ gab es dieses Jahr eine Kickstarter-Veröffentlichung, die auch im Laden erhältlich ist.

In „Canvas“ malen die Spielerinnen Gemälde. Hierfür kann ich in meinem Zug entweder eine Gemäldekarte aus der Auslage nehmen oder eines meiner drei Gemälde vollenden. Das Besondere: Die Gemäldekarten sind transparent und können übereinander gelegt werden. Drei Stück benötige ich für ein fertiges Gemälde. Was das bringt? Natürlich Punkte. Denn auf jedem Gemälde sind am unteren Rand fünf Farben mit jeweils unterschiedlichen Symbolen angegeben. Es liegen vier Zielkarten pro Partie aus. Diese erfordern beispielsweise ein Gemälde mit genau einem Farbkreis. Oder ein Gemälde mit allen fünf Farben. Oder ein Gemälde mit 3 gleichen und 2 gleichen Symbolen. Welche Farben und Symbole am Ende sichtbar sind, hängt also davon ab, wie ich meine drei Gemäldekarten übereinander lege. Wenn ich ein Gemälde vollende, erhalte ich je nach Erfüllung einer Aufgabe einen passenden Marker dafür. Wenn jeder drei fertige Gemälde vor sich liegen hat, werden Punkte verteilt in Abhängigkeit zur Menge der erhaltenen Marker.

Die Idee von „Canvas“ mit den transparenten Karten ist sehr nett, wenn auch nicht neu. Bereits in „Gloom“ hat mir dieses Spielprinzip gefallen, ebenso wie in „Mystic Vale“. Mitunter entstehen bei dem Übereinanderlegen sehr schöne Szenerien, manchmal aber auch nur Unsinn. Aber darauf kommt es leider gar nicht an. „Canvas“ ist ein rein abstraktes Spiel, welches auch ohne Gemälde auskommen würde. Nur die Farben und Symbole sind relevant für die Zielerfüllung.

Wir spielten zwei Partien zu viert. Die erste Partie mit den Einstiegswertungskarten verlief ganz gut. Es war fast immer möglich mehrere, wenn nicht sogar alle Wertungen mit einem Bild zu erfüllen. Die zweite Partie spielten wir mit zufälligen Wertungskarten und das machte das Spiel verkopfter. Fast jeder von uns stöhnte, wie man mal mehr als zwei Wertungen gleichzeitig erfüllen soll. Aber auch das war unterhaltsam, da sich mehr um konkrete Karten gestritten wurde. Das ist auch die einzige Form der Interaktion in „Canvas“: Wir nehmen uns Karten aus einer Auslage weg. Da ich ein Handkartenlimit von 5 habe und dann zwingend mit drei Karten etwas malen muss, lohnt es sich nicht, jemand anderem etwas wissend wegzunehmen. Aber zumindest hoffe ich auf die passenden Symbole und freue mich, wenn mir jemand eine Karte, die ich will, nicht weggenommen hat.

Mit 12-14 Runden spielt sich „Canvas“ recht flott, aber es hinterlässt auch keinen so bleibenden Eindruck. Vor allem die Abstraktion finde ich etwas schade. Da gefällt mir „Kanagawa“ wesentlich besser, welches die gesuchten Symbole direkt mit in die Bilder einbindet und so ein schöneres, nicht so abstraktes Bild entstehen lässt. (7,0)

Canvas
Canvas

Wertung: (7,0)

#Canvas

(Neu) Gespielte Spiele im Oktober und November 2021

Der Oktober stand natürlich im Zeichen der SPIEL.digital 2021, weswegen ich die restliche Zeit des Monats viel zum Spielen gekommen bin. Dennoch gab es einige Neuheiten, die ich mit den Spielen im November zusammenfasse.

Adventure Games – Die Vulkaninsel (Kosmos, 2019)

Der dritte Teil der Adventure-Games-Reihe verschlägt uns auf „Die Vulkaninsel“. Als Studenten unter Professor Abréu begeben wir uns auf eine Insel, auf der es einen Schmugglerring gibt. Da die Polizei alle Hände voll zu tun hat, sollen wir nach Ungewöhnlichem Ausschau halten. Und so werden wir in die Geschichte geworfen, in der wir in klassischer Computerspiel-Point'n'Click-Manier Orte erkunden, Gegenstände einsammeln und diese mehr oder weniger sinnvoll miteinander kombinieren.

Das Spiel besteht aus vier Kapiteln, wobei die Kapitel 1, 2 und 4 ca. 75 Minuten dauern und das dritte Kapitel 150 Minuten. Insofern erhielten wir für recht wenig Geld sehr lange Unterhaltung. Dies war aber auch ein bisschen das Problem, da sich das Spiel zum Ende hin eher wie ein Abarbeiten anfühlte und nicht wie Spielspaß. Sechs Stunden Spielzeit in Summe waren uns einfach zu lang für das Gebotene, denn es gibt nur wenig echte Rätsel. Oft ist es sehr offensichtlich, was wir womit kombinieren mussten, um zum Ziel zu gelangen. Wenn die Rätsel nicht fordern sind, dann sollte aber zumindest die Story herhalten. und diese trug bei uns einfach nicht, weil sie uns zu konfus vorkam. Das fängt schon damit an, dass vier Studenten Polizeiarbeit leisten sollen, um einen Schmugglerring auszuhebeln. Es zieht sich aber auch durch das Spiel bis zum Ende hin durch, welches wir nicht verstanden. Uns fehlten offensichtlich einige ganz wichtige Informationen, die wir nicht mitgenommen hatten. Und so war die Auflösung der Geschichte für uns absolut unverständlich. Mitunter sorgen natürlich Spielabläufe und Aktionen dafür, dass etwas unlogisch erscheint. So werkelte ein Charakter an einem Ort herum, während der andere keine fünf Meter davon entfernt durch einen Schlag ohnmächtig wurde und dort die ganze Nacht liegen blieb, ohne dass der erste Charakter irgendwelche Hilfe leisten konnte. Ziemlich unrealistisch ist auch der Zeitverlauf in Kapitel 1. Durch das Betreten neuer Orte schreitet die Zeit voran und nach sechs Stunden war das erste Kapitel zu Ende. Von der Mechanik her ist es gut, das Spiel zu bestimmten Zeitpunkten weiter laufen zu lassen. Aber wieso die erste in der Gruppe eine Stunde braucht, um einen Ort zu betreten, alle anderen danach aber ohne Zeitverlust hingehen können, erschließt sich mir nicht. Ein ähnliches Phänomen gab es auch in Kapitel 3, als wir mit einem Auto von Ort zu Ort reisen konnten. Dabei kostete aber nur die allererste Fahrt einen Kanister Benzin, danach konnten wir uns ohne Einschränkung über die Orte hinweg bewegen.

Aufgrund der langen Spielzeit mussten wir das Spiel auf fünf Spieleabende aufteilen, die terminbedingt teilweise acht Wochen auseinander lagen. Auch das tat dem Spiel nicht gut, da wir uns oft nur rudimentär an das Geschehene erinnern konnten. An einer Stelle mussten wir sagen, welcher Charakter im letzten Kapitel eine bestimmte Aktion durchgeführt hatte. Das hatten wir uns natürlich nicht gemerkt und es stand auch nirgends im Text, dass wir uns das merken sollten. Nach zweimonatiger Pause haben wir also zufällig einen Charakter ausgelost, was unbefriedigend war. Noch blöder war, dass dieser Charakter dann direkt außer Gefecht gesetzt wurde und nicht mehr mitspielen durfte. Das ist in einem kooperativen Spiel natürlich nicht ganz so schlimm, aber für die Spielerin, die jetzt nur noch mitdiskutieren, aber nicht mehr mitagieren durfte, war dies unbefriedigend. Das war auch deshalb unglücklich, weil es wieder die Spielerin erwischte, die bereits in „Die Monochrome AG“ an einen Stuhl gefesselt war und zahlreiche Runden einfach nur zuschauen durfte. In Hinblick auf die Spielzeit ziehe ich andere Exit– und Escape-Games vor, die an einem Abend durchgespielt werden können.

Sehr schön fand ich, dass es manchmal einen Unterschied machte, wer wo welche Aktion ausführt, da die vier Studenten andere Studienfächer und damit anderes Wissen haben. Ich hätte mir das sogar noch etwas häufiger gewünscht, aber das wäre dann schon fast ein Rollenspiel. Und vermutlich könnten wir damit in Sackgassen laufen, in denen das Spiel nicht weitergeht. Ebenfalls positiv möchte ich die App hervorheben, denn es gibt viele Orte zu erkunden und viel Geschichte zu hören. Das war auch der Hauptgrund, wieso wir die App nutzten. Der sehr gute Erzähler setzt das Geschehen wesentlich stimmungsvoller in Szene als wir das könnten. Und ständig im Abenteuer-Buch blättern und lesen und zuhören ist auf Dauer auch anstrengend.

In Summe hat „Die Vulkaninsel“ uns eher enttäuscht zurückgelassen. So sehr, dass wir vorerst keine „Adventure Games“ mehr spielen wollen. Die sehr lange Spielzeit, die uns unverständliche Story, dazu auch noch wenige Rätsel sprechen einfach nicht für das Spiel. (5,5)

Wertung: (5,5)

#AdventureGamesDieVulkaninsel

Lovecraft Letter (Pegasus, 2017)

Von dem erstklassigen, minimalistischen Spiel „Love Letter“ gibt es inzwischen zig Varianten in bekannten Universen: Batman, Avengers, Star Wars, Herr der Ringe. 2017 gesellte sich der Cthulhu-Mythos von H.P.Lovecraft mit „Lovecraft Letter“ dazu.

Das Kernprinzip des Spiels bleibt gleich: Jede Spielerin hat eine Karte auf der Hand. Wenn ich dran bin, ziehe ich eine Karte und muss dann eine der beiden ausspielen. Die Karten haben Funktionen wie mir die Handkarte einer Mitspielerin anzuschauen, deren Karte abzuwerfen, Karten zu tauschen oder die Karte einer Mitspielerin zu erraten. Durch manche Aktionen kann ich ausscheiden bzw. andere aus der laufende Runde rausschmeißen und wer bis zuletzt in der Runde ist, gewinnt. Gehen vorher die Karten aus, gewinnt die Spielerin mit dem höchsten Kartenwert auf der Hand.

„Lovecraft Letter“ kopiert alle diese Karten und fügt ihnen eine Wahnsinnsfunktion hinzu. Wir spielen also erst einmal ganz normal „Love Letter“. Sobald eine Wahnsinnskarte vor mir liegt (aus einer vorherigen Runde), bin ich wahnsinnig. Ab dann kann ich beim Ausspielen einer Wahnsinnskarte die normale Funktion oder die Wahnsinnsfunktion nutzen. Die Wahnsinnsfunktionen sind zwar stärker, aber am Anfang meines Zuges muss ich so viele Karten vom Stapel aufdecken, wie ich bereits Wahnsinnskarten ausliegen habe. Ist bei den aufgedeckten eine Wahnsinnskarte dabei, scheide ich sofort aus.

Mir hat „Lovecraft Letter“ aus zwei Gründen nicht so gut gefallen: Zum einen ist „Love Letter“ ein minimalistisches Spiel mit wenig Material, wenig Regeln und sehr viel Spielspaß. „Lovecraft Letter“ verkompliziert das eigentlich simple Spielprinzip durch die Wahnsinnskarten und ihre Doppelfunktionen. Zum anderen führen die Wahnsinnskarten zu einer Zufälligkeit, die mir zu viel ist. Auch in „Love Letter“ kann es passieren, dass ich mich selbst aus dem Spiel schmeiße, weil ich zweimal die gleiche Karte auf der Hand habe, deren Auswirkung dann zum Ausscheiden führt. In „Lovecraft Letter“ kommt noch das zufällige Ziehen von Karten dazu, durch die ich dann ohne Zutun ausscheiden kann. Wenn das bei uns passierte, fühlte sich das irgendwie unschön an.

Ich bevorzuge daher lieber das Original und werde „Lovecraft Letter“ von jetzt an meiden. (6,0)

Lovecraft Letter
Lovecraft Letter

Wertung: (6,0)

#LovecraftLetter

Dungeon Guilds (Moaideas Design, 2013)

„Dungeon Guilds“ ist eines der Spiele in meiner Sammlung, die nicht überragend sind, aber dennoch von Zeit zu Zeit viel Spaß machen. Dazu kommt, dass kaum jemand das Spiel kennt oder hat (laut BGG-Statistik nur 242 Besitzer, „Love Letter“ haben 96.000 Personen eingetragen), weswegen es mich auch nicht verlassen wird. Ich habe es auf der SPIEL '13 erstanden und nun kam es wieder einmal auf den Tisch.

Da kaum jemand das Spiel kennt: In der Mitte liegen Dungeons nach Anzahl der Spielerinnen aus. Auf jeder Dungeonkarte steht die mögliche Stärke des dahinter befindlichen Monsters (z.B. 3-6) und die Anzahl möglicher Münzen, die als Belohnung winken (z.B. 10-15). Aus fünf Heldinnen mit der Stärke 1-5 haben alle jede Runde nur drei zur Verfügung, die anderen zwei sind erschöpft. Reihum legen die Spielerinnen jeweils eine Heldin an einen Dungeon an, an dem aber nur zwei Heldinnen beliebiger Spielerinnen stehen dürfen. Stärkere Heldinnen dürfen schwächere (auch eigene) gegen einen kleinen Obolus an Bank und Mitspielerin vertreiben. Erreichen zwei Heldinnen in einem Dungeon die Mindeststärke des Monsters, ist der Dungeon geschlossen und niemand kann dort vertrieben werden. Wenn alle Dungeons geschlossen sind und jede Spielerin exakt zwei Heldinnen gelegt hat, werden die Dungeons einzeln geprüft. Wenn die Stärke beider Heldinnen in Summe der Stärke des Monsters entspricht, ist das Monster besiegt und die beiden Spielerinnen teilen sich die Belohnung gerecht auf (ist nur eine Spielerin beteiligt, erhält sie den ganzen Schatz für sich). Falls die Stärke nicht ausreicht, gehen die Spielerinnen leer aus und müssen ggf. sogar noch Heilungskosten zahlen. Kleiner Kniff: Auch alle Dungeons darunter haben automatisch verloren. Nach X Runden (X = Anzahl Spielerinnen) ist das Spiel vorbei. Bosse, die jede Runde neu aufgedeckt werden, verändern dabei die Stärke der Monster oder die Schatzausbeute minimal.

„Dungeon Guilds“ ist schnell erklärt und hat eine süße Chibi-Grafik, die aber nicht jedem gefällt. Das Thema ist natürlich fast egal, da es nur um Zahlwerte geht, aber dafür finde ich es immer noch stimmig umgesetzt. Die starken Vorteile des Spiels sehe ich in der Vertreibung, die bei „Evo“ oder „Sechsstädtebund“ (und zahlreichen anderen Spielen) ähnlich funktioniert. Die Abwägung, wann ich jemand vertreibe und dafür Geld zahle, ist sehr spannend. Ebenfalls die Frage, wann ich einen Dungeon schließe, indem ich eine starke Heldin dort auslege, ist oft nicht einfach zu beantworten. Denn wenn ich mich auf die tollen Dungeons weiter unten konzentriere, muss nur weiter oben jemand absichtlich das Vorhaben torpedieren (durch das Legen schwacher Heldinnen, die die Minimalstärke des Monsters erreichen, aber es wahrscheinlich nicht besiegen werden) und ich gehe sogar mit Schulden aus dem Dungeon heraus.

Leider haben wir das Spiel falsch gespielt, weil ich die Regeln nach der letzten Partie vor circa vier Jahren nicht mehr korrekt wiedergeben konnte. Das „schnelle“ Überfliegen der Anleitung hat dabei nicht gereicht. Spaß gemacht hat es dennoch, es wäre nur anders ausgegangen. Schade war, dass bei der Minimalbesetzung von drei Spielerinnen das Spiel innerhalb von 15 Minuten schon vorbei ist (wobei man natürlich auch einfach mehr Runden spielen könnte) und die Vertreibung kaum zum Einsatz kommt, da es zu wenig Interessenkonflikte gibt. Mit mehr Personen ist das Spiel sowohl von der Dauer als auch Interaktion besser. (7,5)

Dungeon Guilds
Dungeon Guilds

Wertung: (7,5)

#DungeonGuilds

Messina 1347 (Delicious Games, 2021)

Messina im Jahr 1347. In der Stadt legen Schiffe an, die neben neuen Bürgern auch Ratten und die Pest nach Europa bringen. Unsere Aufgabe ist es, die Passagiere in Empfang zu nehmen, sie, wenn nötig, in Quarantäne zu stecken oder bei uns arbeiten zu lassen, die Pest zu bekämpfen und die Stadt wieder aufzubauen.

Der Kern von „Messina 1347“ ist ein Arbeitereinsetzmechanimus, der in der Folge weitere Aktionen erlaubt. Die Stadt Messina besteht aus mehreren sechseckigen Plättchen (Orte), die je nach Spieleranzahl anders ausgelegt werden. Daneben gibt es noch vier Häfen, über welche am Anfang jeder Runde ein oder zwei Schiffe in der Stadt anlegen. Diese bringen zum einen die Pest in Form schwarzer Würfel und neue Bürger in die Stadt (zumindest habe ich das so verstanden). Über das Bevölkerungsrad wird auf eine clevere Art und Weise bestimmt, auf welche Orte in dieser Runde Pestwürfel und Bürgerplättchen gelegt werden (unter Umständen sind das auch schon Einwohner der Stadt, die nur gerade jetzt vor die Tür gehen und von uns gesehen werden). In meinem Zug setze ich entweder einen meinen Arbeiter (Leutnant) auf ein noch nicht belegtes Stadt- oder Hafenplättchen beziehungsweise bewege ich in den Folgerunden bereits eingesetzte Arbeiter auf benachbarte Orte. Liegt ein Bürger auf dem Plättchen nehm ich diesen zu mir. Wenn auch ein Pestwürfel an dem Ort liegt, muss der Bürger für zwei Runden in Quarantäne. Wenn kein Pestwürfel an dem Ort liegt, leg ich den Anwohner auf mein eigenes Spielertableau passend zum Typ (Handwerker, Aristokrat oder Nonne). Dann kann ich die Pest bekämpfen, indem ich ein Feuerplättchen abgebe. Falls ich nicht kann oder will, kommt eine Ratte zu mir, die am Ende des Spiels Minuspunkte bringt. Danach kann ich entweder die Aktion des Ortes nutzen, was mir meist Ressourcen wie Holz, Geld oder Feuer bringt, aber meine Marker auch auf den diversen Leisten vorrücken lässt. Oder ich baue den Ort wieder auf und muss dafür neben einigen Ressourcen auch Bürger von meinem Tableau abgeben.

Nach sechs Runden (also mindestens 18 Aktionen, weil natürlich kann ich noch bis zu zwei weitere Arbeiter über Leisten freischalten) ist das Spiel vorbei und es gibt noch einmal eine Menge an Siegpunkten für die drei Leisten, dann für den vordersten Platz auf einer bestimmten Leiste, für die aufgebauten Orte, für ein weiteres Tableau, auf dem ich durch Schriftrollen vorwärtsgehen kann und für restliche Marker. Aber das ist ja noch nicht alles. Es gibt auch noch die drei Vorsteher, die auf meinem eigenen Tableau umherlaufen und die eingesetzten Bürger aktivieren. Natürlich ist jeder der drei nur für einen Bereich zuständig, später beim Laufen dann aber auch für mehr Bereiche. Und hatte ich schon erwähnt, dass …

Vladimír Suchý hat einige großartige Spiele veröffentlicht, zuletzt das in meinen Augen sehr gute „Praga Caput Regni“. und „Underwater Cities“ spiele ich gerne mit, auch wenn es etwas länger dauern kann. Daher war ich auch auf „Messina 1347“ gespannt, dessen Prototyp „La Peste Negra, Mesina 1347“ von Raúl Fernández Aparicio stammt, sodass Suchý eigentlich eher der Co-Autor des Spiels ist. Bereits bei der zwanzigminütigen Erklärung merkte ich aber, dass das Spiel nicht meinen Geschmack trifft. Das hat mehrere Gründe.

Zum einen wurde zwar versucht sehr viel des Themas umzusetzen, aber für mich blieb davon sehr wenig übrig. Das „Anwesen“ (mein Spielertableau), auf denen ich die Bürger einsetze, ist für mich kein Anwesen, sondern wirkt eher wie ein Labyrinth mit seinen Linien und Gängen und Symbolen. Die Orte der Stadt bestehen für mich nur aus Aktionssymbolen und darauf liegenden Bürgerplättchen, die Grafik auf den Plättchen tritt total in den Hintergrund. Hätten die Orte Bezeichnungen gehabt, dann hätte man über die zugehörige Aktion sicherlich noch einen thematischen Bezug herstellen können (siehe die Plättchen von „Suburbia“, was das thematisch großartig macht). Und ob die Bürger mit dem Schiff ankommen und ziellos durch die Straßen wandern, wo sie von uns aufgesammelt werden, oder ob sie nur unvorsichtig vor die Tür gehen und von uns gekidnappt werden, ist nicht klar. Und wieso wird die Stadt schon aufgebaut, obwohl die Pest noch wütet (was dem Erbauer eines Ortes später sogar Ratten bringen kann)? Ich habe auch nicht verstanden, wieso ich zum Wiederaufbau einen Wagen brauche. Vermutlich um die Beschäftigten aus meinen Anwesen auf einen Wagen zu laden und in die Stadt zu fahren. Thematisch erklärt wird es aber nicht in der Anleitung und es war mir im Endeffekt auch egal. Ich habe nur geschaut, welchen Typ Plättchen und welche Aktionen ich brauche und wie ich mit meinem Arbeiter dort am besten hinkomme.

Kommen wir zum anderen, denn das Dahinkommen ist gar nicht so einfach, wenn man an der kurzen Seite des Tisches – also etwas weiter entfernt – sitzt. Es war für mich sehr oft schwer zu erkennen, wo überhaupt noch Bürgerplättchen liegen, da sich diese sehr gut in die Hintergrundgrafik der Orte integrieren. Und es war auch schwer zu sehen, wo überhaupt noch gültige Orte sind, auf die ich meine Arbeiter bewegen darf. Denn bereits benutzte Arbeiter stehen und besetzen einen Ort, liegende aus der vorherigen Runde kann ich aber ignorieren. Und dazwischen gibt es auch noch Orte, auf denen sich kein Arbeiter befindet. Dies auf eine gewisse Entfernung zu erkennen fiel mir jedenfalls schwer und ich musste mich einige Mal dichter über das Spielbrett beugen.

Mechanisch funktioniert „Messina 1347“ super und trotz der Regelfülle fand ich sehr leicht hinein. Sogar so leicht, dass ich nicht die meiste Bedenkzeit im Spiel hatte (was selten vorkommt), sondern sehr gut aus dem Bauch heraus meine Entscheidungen treffen konnte. Das hat mir gut gefallen, musste ich kein schlechtes Gewissen haben, dass die anderen auf mich warten. Arbeiter bewegen, Bürgerplättchen nehmen, Pest bekämpfen, auf Leiste vorrücken, Aktion ausführen, was dann vielleicht den Aufseher bewegt, der dann Aktionen auslöst, womit ich was bauen kann, was mir wieder etwas anderes ermöglicht. Das greift alles sehr schön ineinander und war die etwas mehr als zwei Stunden Spielzeit recht unterhaltsam. Während der Erklärung musste ich aber mehrfach grinsen, weil nach jedem Block mit Erklärung, bei dem ich dachte, es wäre der letzte, ein „Und das hier gibt es auch noch.“ kam. Das fühlte sich so an, als wollten beide Autoren noch eine weitere Leiste und noch eine weitere Verzahnung einbauen, einfach nur, weil sie es können. Und obwohl die Regeln eingängig sind, gab es dann im Detail immer wieder Sonderregeln, die nicht sofort ersichtlich waren (z.B. die Punkte für die Gebäudenutzung und nicht den Bau, die Siegpunkte beim Produzieren der aufgewerteten Bürger, die Kosten beim Vorrücken für die Arbeiter, die man bereits abgegeben hat oder die Aktionen von Leisten, die manchmal erst in der nächsten Runde oder auch gar nicht ausgeführt werden).

Bis auf den Schlussspurt fand ich „Messina 1347“ recht unterhaltsam. In der letzten Runde versuchten aber alle mit ihren drei bis fünf Aktionen noch den letzten Siegpunkt herauszuholen, was in viel Rechnerei und Wartezeit ausartete. Unsicher bin ich, ob das Bevölkerungsrad bei Spielerinnen, die „Messina 1347“ öfters spielen, nicht irgendwann auswendig gelernt werden würde. Für unsere Runde wäre das kein Problem, da wir Spiele nicht so oft auf den Tisch bringen. Ob „Messina 1347“ dort überhaupt noch einmal landen wird, weiß ich nicht. Ich würde es vermutlich wieder mitspielen, auch wenn es mich thematisch leider gar nicht mitgenommen hat. (7,0)

Messina 1347
Messina 1347

Wertung: (7,0)

#Messina1347

Spicy (HeidelBÄR Games, 2020)

„Spicy“ ist Mäxchen mit Karten. Da aber nicht jeder Mäxchen kennt, eine kurze Beschreibung des Spiels: In „Spicy“ hat jede Spielerin sechs Handkarten in drei Farben und Werten von 1 bis 10. Die Startspielerin spielt verdeckt eine Karte und sagt an, was diese darstellt (beispielsweise „eine blaue Zwei“). Reihum müssen die nachfolgenden Spielerinnen jeweils immer eine Karte mit gleicher Farbe, aber höherem Wert als ihre Vorgänger verdeckt ausspielen. Auf eine 10 darf eine 1,2 oder 3 folgen. Das Besondere: Niemand muss die Wahrheit sagen. Und je weniger Handkarten jemand hat, desto eher lügt diese Person. In dem Fall darf jeder am Tisch die gespielte Karte anzweifeln – ich muss aber sagen, ob die Farbe oder der Wert inkorrekt ist. Falls ich Recht beim Anzweifeln habe, erhalte ich die gespielten Karten als Siegpunkte und die Lügnerin zwei Strafkarten auf die Hand. Umgekehrt genauso, wenn ich zu Unrecht gezweifelt habe. Das Spiel endet, wenn es dreimal geschafft wurde, alle Handkarten auszuspielen oder wenn die Spielende-Karte im Nachziehstapel gezogen wird.

„Spicy“ ist eine nette Abwandlung von Mäxchen. Vor allem, dass ich beim Anzweifeln noch Farbe oder Wert sagen muss, offenbart mir beim Lügen eine 50:50-Chance, dass ich damit durchkomme. Gut Bluffen sollte man aber können, vor allem wenn man die Mitspielerinnen trotz korrekt angesagter Karte zum Anzweifeln bringen will. Mir war das Spiel aber zu zufällig und zu beliebig, wer gewinnt. Wir haben zwei Partien gespielt, da diese sehr schnell vorbei sind, und in beiden hatte ich keinen wirklichen Spaß. Da haben auch die edel aussehenden Karten mit Goldrand und der interessante Grafikstil der Karten nicht geholfen. (5,0)

Spicy
Spicy

Wertung: (5,0)

#Spicy

Poule Poule (Game Factory, 2020)

Gleich danach gab es ein weiteres, schnelles Kartenspiel. In „Poule Poule“ mimen wir abwechselnd einen Regisseur, dessen Filmrollen durcheinander gekommen sind. Wir wissen nur noch, dass am Ende fünf Eier vorkommen. Und so spiele ich als Regisseur einfach nacheinander beliebig Karten aus, auf denen Eier, Hühner und Füchse abgebildet sind. Wenn eine Spielerin denkt, dass es fünf Eier sind, haut sie mit der Hand auf den Stapel und erhält theoretisch einen Punkt … wenn niemand anderes das Ergebnis anzweifelt. Dann wird ausgezählt und wenn es tatsächlich fünf Eier sind, bekommt die Spielerin, die unterbrochen hat, einen Punkt und die Zweifler verlieren einen. Haben die Zweifler aber recht, erhalten sie einen Punkt. Wer zuerst drei Punkte hat, gewinnt.

Ein wichtiges Detail habe ich absichtlich ausgelassen, denn bis fünf (Eier) können die meisten zählen. Die ausgespielten Karten interagieren miteinander. So setzt sich ein Huhn auf ein Ei und das Ei ist weg. Kommt dann ein Fuchs, verjagt er das Huhn und das Ei ist wieder sichtbar. Wird also ein Ei, ein Ei, ein Huhn, ein Fuchs, ein Fuchs und ein Huhn gespielt, ist nur ein Ei im Film vertreten. Und gerade dieses mitzählen macht den Spaß aus – denn irgendwann kommt man auf alle Fälle durcheinander und versucht zu schätzen und sich von seinem Bauchgefühl leiten zu lassen. Es war sehr witzig, als jemand ganz schnell einen Film abspult, das heißt Karten ausspielt und jeder versucht noch mitzukommen. Interessanter wird es mit Erweiterungskarten wie Bauer, Huhn, verkleidetem Fuchs etc., die für noch mehr Durcheinander sorgen (bis auf die Ente, die mag ich nicht). In unserer Runde (die normalerweise so etwas wie „Anachrony“, „Underwater Cities“ oder „Wasserkraft“ spielt) ging es jedenfalls sehr heiter zu, was ausspielen, ansagen und anzweifeln anging.

Die grafische Gestaltung ist recht niedlich mit den Tieren und den etwas psychedelischen, übergroßen Augen. Und das Spiel ist wirklich schnell gespielt, sodass reihum jeder einmal Regisseur sein kann. Für ein Zwischendurch-Spiel, auch für Kinder jüngeren Alters, hat mir „Poule Poule“ („Poule“ heißt Henne auf Französisch) wirklich sehr gut gefallen. (8,0)

Poule Poule
Poule Poule

Wertung: (8,0)

#PoulePoule

Furnace (Kobold Spieleverlag, 2021)

Das Spiel „Furnace“ stand bereits auf meiner Interessenliste zur SPIEL.digital'20. Ich kam damals aber nicht zum Spielen bei Hobby World. Inzwischen ist das Spiel auf Deutsch beim Kobold Spieleverlag erschienen und ich konnte eine Partie zu viert spielen.

Das Thema von „Furnace“, dass wir Kapitalisten im 19. Jahrhundert sind und versuchen lukrative Produktionsketten aufzubauen, ist nicht falsch, aber auch irrelevant. Mechanisch teilt sich das Spiel in vier Runden auf, die aus drei Phasen bestehen. In der ersten Phase setzen wir reihum auf eine Handvoll ausliegender Karten Chips mit Werten von 1 bis 4 ein. Auf jede Karte dürfen nur verschiedenfarbige Chips (also von verschiedenen Spielerinnen) mit unterschiedlichen Wertengelegt werden. Wenn alle ihre vier Chips eingesetzt haben, wird in Phase 2 jede Karte ausgewertet. Die Person mit dem höchsten Wert erhält die Karte für ihre Produktionskette. Alle anderen erhalten die auf der Karte angegebenen Ressourcen multipliziert mit dem Wert des Chips. In Phase 3 bauen alle ihre erhaltenen Karten in ihre bestehende Produktionskette ein und lassen die Produktion einmal von links nach rechts durchlaufen. So wird dann hoffentlich lukrativ aus Kohle Eisen gemacht, aus dem dann Öl wird und das wird dann in Geld gewandelt. Nach vier Runden ist Schluss und die Person mit dem meisten Geld gewinnt.

„Furnace“ bricht Auktionsmechanismus und Engine-Building auf das Notwendigste zusammen. Dabei wächst die Engine stetig von Runde zu Runde an und entsprechend wachsen die Ressourcen und das Vermögen, was natürlich ein schönes Gefühl hinterlässt. Die Produktionskarten hängen dabei voneinander ab. Das heißt, eine Karte gibt vielleicht Kohle und wandelt Eisen in Geld. Eine andere gibt Eisen und wandelt Öl in Kohle. Und so muss ich mich entscheiden, welche Produktionsreihenfolge ich auslösen möchte, denn beide Resultate (Öl und Geld) werde ich mit den beiden Produktionen nicht in einem Zug erreichen können. Diese Entscheidung, wo die Produktion in meiner Kette eingegliedert wird, fand ich sehr spannend. Dabei ist dies „nur“ eine Variante in der Anleitung. Eigentlich ist angedacht, dass bei jeder Produktionsphase jede Spielerin ihre Produktionen neu anordnen kann. Das würde aber dazu führen, dass einige durchrechnen wollen, was die beste Kombination ist und das Spiel unnötig in die Länge ziehen.

Bereits auf die von uns gespielte Art habe ich auf das Durchrechnen verzichtet und aus dem Bauch heraus Karten ersteigert, Ressourcen genommen und diese irgendwie in meine Produktionskette eingebaut. Das Schöne ist, dass auf die Art vielleicht kein Optimum erzielt wird, aber auf die eine oder andere Art entsteht dennoch eine sinnvolle Kette. Ich denke, dass selbst Einsteiger ins Engine Building ziemlich schnell verstehen, welche Ressource in welche andere gewandelt wird und wie sich mit einer anderen Karte daraus dann Geld machen lässt. Schwierig fand ich beim Einstieg in das Spiel nur die Unterscheidung der Angaben für Ressourcen, die ich als Überbotener erhalte (oben auf der Karte), und die, die meine Produktion betrifft (unten auf der Karte). Ab Runde 2 war dies dann aber auch verinnerlicht. Dafür sind die Karten grafisch schön gestaltet, vor allem weil sich die Vorderseite und die aufgewertete Rückseite grafisch etwas unterscheiden und die Industriegebäude auf der aufgewerteten Seite etwas besser ausgebaut sind.

Den Bietmechanismus fand ich ebenfalls sehr schön, da er zwar simpel, aber für alle gewinnbringend ist. Auch als Überbotener erhalte ich Ressourcen beziehungsweise spekuliere ich irgendwann sogar darauf, dass mich jemand überbietet, weil ich gar nicht die Karte, sondern die Ressourcen haben will. Umso lustiger ist es, wenn dann jemand mit einem 2er-Chip eine Karte erhält und dann der Satz „Die wollte ich doch gar nicht.“ fällt. Insofern erinnert mich das Bieten auch an „Vegas“, denn hier weiß ich am Anfang einer Runde auch nie, welche Karten ich am Ende bei der Auswertung erhalte. Spielt bei „Vegas“ aber der Zufall eine große Rolle, kann ich es in „Furnace“ aktiv steuern – auch wenn meine Mitspielerinnen dann meine Pläne doch wieder durchkreuzen.

Problematisch fand ich hauptsächlich die geringe Interaktion in Phase 3 und 4, die parallel durchgeführt werden. In Phase 1 ist der Bietmechanismus sehr interaktiv. Ich schaue immer, welche Marker meine Mitspielerinnen schon gelegt haben und wäge ab, wo sich vielleicht jemand anderes noch draufsetzen könnte. Und auch in Phase 2 beim Verteilen der Ressourcen und Karten sind alle involviert. Phase 3 und 4 tüftelt aber jeder vor sich hin, nimmt sich Ressourcen, wandelt diese um und erhält gegebenenfalls auch Geld. Da alle parallel spielen, bekomme ich also gar nichts davon mit, was die anderen tun. Und auch nicht, ob sich dort unabsichtlich Fehler beim Ressourcenwandel einschleichen. Am Ende jeder Runde beziehungsweise am Ende des Spiels hat jeder eine Menge Geld vor sich liegen. Wie diese Menge zustande gekommen ist, weiß ich nicht. Umgekehrt wäre es aber auch keine Freude, wenn ich einer Mitspielerin bei der Auswertung ihrer Produktion zuschauen müsste, denn für meine Produktion ist dies nicht mehr relevant.

„Furnace“ ist sehr solide und fast schon minimalistisch. Ich bin sicherlich bei einer Runde wieder dabei, aber ich würde das Spiel vermutlich nicht noch einmal vorschlagen. Mir ist es zu wenig, was passiert, auch wenn das Bieten und Ausbauen der eigenen Produktion Spaß macht. (7,0)

Furnace
Furnace

Wertung: (7,0)

#Furnace

Belratti (Games 4 Gamers, 2019)

Das Thema von „Belratti“ lasse ich einfach mal unter den Tisch fallen, denn es ist nicht relevant. Wichtig ist, dass wir in einer Gruppe gemeinsam gegen das Spiel bestehen müssen und es einen Stapel mit Gemäldekarten gibt, auf denen jeweils ein Gegenstand abgebildet ist. Jede Runde werden zwei Gruppen von Käufern und Malern gebildet. Die Käufer sagen an, wie viele Gemäldekarten sie von den Malern erwarten. Zwei aufgedeckte Gemäldekarten geben vor, welche passende Karten die Maler ausspielen müssen. Die Maler legen nur mit Absprache der Anzahl die gewünschte Anzahl Karten verdeckt in die Mitte. Es kommen vier Karten vom Stapel dazu und alles wird gemischt. Die Karten werden aufgedeckt und die Käufer müssen dann die gewünschte Anzahl an Karten den beiden Ausgangsgemälden zuordnen. Wenn also ein Gemälde Gummistiefel zeigt, und in den Malerkarten eine Regenjacke zu sehen ist, ist die Chance sehr hoch, dass diese zusammengehören. Dann wird aufgelöst und für jede richtige Zuordnung erhält die Gruppe einen Punkt. Karten, die vom Zugstapel (vom Fälscher „Belratti“) kamen und zugeordnet wurden, werden aussortiert. Nach sechs solcher falschen Zuordnungen ist das Spiel vorbei und die Punkte werden gezählt.

Ehrlich gesagt sind die Punkte irrelevant, denn es geht nur um den Spaß am Spiel. Und der ist definitiv da. Die Ansage der Käufer fand ich etwas langweilig, weil irgendwie sagt man halt eine hohe Zahl wie 5 oder 6 und das wird schon irgendwie passen. Das Heraussuchen der Handkarten als Maler wiederum ist schon ein spaßiger kreativer Prozess. Am meisten hat mir aber die Rolle als Maler gefallen, wenn die Käufer versuchen, die Karten zuzuordnen. Das hat mich sehr an „Mysterium“ erinnert, sodass ich mehrfach innerlich den Kopf schütteln musste, welche Verbindungen die Käufer denn da alles sehen. Immerhin sind die Karten bei „Belratti“ sehr schlicht (in meinen Augen aber auch sehr langweilig) gehalten, sodass Verbindungen meistens sehr direkt gezogen werden. Wären es solche vielfältigen Karten wie bei „Mysterium“, wäre eine korrekte Zuordnung vermutlich extrem schwer.

In Summe spielt sich „Belratti“ ganz witzig. Und da der Weg das Ziel ist, ist die Punkteauszählung mit Bewertung im Gegensatz dazu etwas witzlos und unnötig. Dennoch macht es Spaß und hat uns den Abend gut unterhalten. (7,5)

Belratti
Belratti

Wertung: (7,5)

#Belratti

City of Angels (Pegasus, 2021)

Los Angeles, 1940. Am Ufer wurde die Leiche einer Frau gefunden, Zeugen berichten von zwei Personen, die vom Tatort geflüchtet sind. Als Ermittler beim LAPD wollen wir den Mordfall aufklären. Und das natürlich vor unseren Kollegen, die ebenfalls nach Beweisen suchen. Wer Täter, Tatwaffe und Tatmotiv zuerst errät, gewinnt „City of Angels“.

Mechanisch handelt es sich um Deduktionsspiel, in dem eine Person den Gegenspieler („Stichel“ genannt) mimt. Der Stichel agiert mit dem Spiel und versucht die Ermittler auf falschen Fährten zu locken. Die Ermittler agieren dabei nicht kooperativ, sondern jeder ist sich selbst am nächsten. Da ist es auch nicht ungewöhnlich, dass wir unsere Kollegen bespitzeln oder bestechen können, um an deren Informationen zu kommen. Jede Runde, die einem Tag entspricht, habe ich vier Aktionen zur Verfügung. Ich kann mich in der Stadt von Ort zu Ort bewegen, Zeugen und Verdächtige zu bestimmten Dingen befragen oder diese gleich durchsuchen oder Orte durchsuchen. Sehr inspirierend fand ich die Aktion „Nachdenken“, die mir 1 Dollar einbringt. Da wird man tatsächlich mal fürs Denken bezahlt … Das Durchsuchen von Personen und Orten ist hilfreich, denn es verschafft mir neue Informationen und Beweise. Bei der Befragung dagegen kommt der Stichel ins Spiel. Je nachdem, wen ich nach etwas frage, liefert der Stichel mir eine mehr oder weniger hilfreiche Antwort. Diese akzeptiere ich oder ich zweifel sie an. Liege ich beim Anzweifeln richtig, bekomme ich eine bessere Antwort. Liege ich dagegen falsch, erhält der Stichel ein Druckmittel gegen mich und kann später im Spiel auch einmal die Aussage komplett verweigern. Wenn ich meine vier Aktionen durchgeführt habe, ist die nächste Spielerin an der Reihe. Wenn alle dran waren, ist der Tag zu Ende. Im Einstiegsfall hatten wir nur fünf Tage Zeit, um den Fall zu lösen. Und sind dabei mehrfach gescheitert …

Das Spielprinzip von „City of Angels“ gefällt mir gut. Durch die Stadt fahren/laufen, Orte durchsuchen, Personen befragen. Selbst in dem sehr einfachen Einstiegsfall gibt es aber vor allem bei der Befragung eine sehr hohe Kombinatorik. Drei Personen kann ich zu sieben Dingen etwas fragen. Wenn ich tatsächlich alles abfragen will, kostet mich das 21 Aktionen (ohne die Bewegung zum Ort, an dem sich die jeweilige Person aufhält). Da ich aber nur 20 Aktionen im Einstiegsfall habe, funktioniert es auf die ganz stupide Art nicht. Ich muss also schon überlegen, wo ich hingehe und wen ich zu etwas befrage. Und dann kann der Verdächtige (in Vertretung durch den Stichel) auch noch lügen, was es noch ein bisschen schwieriger, aber auch ansprechender macht. Dennoch hatten wir ein Problem: An Tag 3 hatten wir geglaubt, alle Informationen zusammengetragen zu haben. Am Anfang meines Zuges kann ich einmalig im Spiel den Fall lösen. Der Stichel sagt mir dann, was von den drei Angaben zu Täter, Tatwaffe und Motiv korrekt ist. Und leider lagen wir zwei Ermittler beide voll daneben. Und dummerweise wussten wir nicht, wieso. Wir versuchten die letzten zwei Tage noch das eine oder andere herauszufinden, aber es war wie ein Stochern im Nebel. Echte Detektivarbeit halt! Am Ende des Spiels, wenn der Fall nicht gelöst wurde, dürfen alle Ermittler noch einmal raten. Aber auch das ging schief, da wir keine neuen Informationen erhielten.

Schön ist, dass es eine Auflösung am Ende des Falls gab. Stimmungsvoll, aber in meinen Ohren auch zu lang, hört man über eine App die sehr ausführliche Vorgeschichte, die zum Mordfall führte. Wir erkannten dabei, dass uns eine sehr relevante Information im Laufe der Partie fehlte. Nicht nur das, wir wussten davor nicht einmal, dass diese uns fehlte. Das ist etwas, was ich bei verschiedenen anderen Detektivgeschichten auch erlebte. Ich recherchiere, deduziere und liegen falsch, denn am Ende löst sich alles ganz anders auf, weil ich nicht auf die (hier frei erdachte) Idee kam, in die Mülltonne vor dem Haus eines Verdächtigen zu schauen. Und das fand ich etwas schade, dass uns das Spiel nicht ein bisschen in die richtige Richtung geschubst hat. Der Stichel als Gamemaster hat dabei auch keine Chance zu unterstützen, wenn er sieht, dass die Ermittler nicht vorwärtskommen. Schließlich darf er nicht sagen: „Befragt doch mal genau diesen Typ nach diesem Gegenstand.“ Im Nachhinein betrachtet hätten wir über einen Nebensatz auf einer Karte tatsächlich ein bisschen auf den richtigen Weg kommen können. Aber der Nebensatz las sich schnell und kann später auch nicht mehr nachgeschaut werden, sodass wir daran scheiterten.

Beim Lösen des Falls fand ich die Mechanik des Tatmotivs eher seltsam. Die Anleitung gibt an, dass in den meisten Fällen mehr als ein Motiv gilt. Das kann in der Realität sogar der Fall sein, aber das Spiel vermischt hier das Tatmotiv mit dem Tathintergrund. Denn (erneut frei ausgedacht), wenn eine drogenabhängige Prostituierte aus Eifersucht eine Nebenbuhlerin um die Ecke bringt, ist das Motiv „Eifersucht“, aber nicht „Prostitution“ oder „Drogensucht“, die im Spiel ebenfalls gelten würden. Das fand ich spielmechanisch natürlich verständlich, weil es sonst sehr schwer wird, aber thematisch eher schwach. An dem Beispiel sieht man auch, dass das Spiel nicht für Kinder geeignet ist oder zumindest nicht ohne Beisein von Erwachsenen, die das Geschehen erläutern können, gespielt werden sollte. Die Sprache des Spiels ist teilweise sehr rau, dadurch aber auch sehr stimmig.

Nicht stimmig bzw. aus dem Thema herausreißend fand ich die Befragungen und Durchsuchungen. Auf die Aussage an den Stichel (wieder ausgedacht) „Ich befrage Gangster Loui nach dem Chevy.“ kommt vom Stichel zurück „Sag mir mal die Buchstaben dazu, sonst finde ich das hier nicht.“ Und während des Spiels haben wir unter anderem Aussagen getroffen wie „Ich suche mal bei 42.“, „Was hat G denn zu C zu sagen?“ oder „Ich filze F.“ Auch hier ist es mechanisch verständlich, dass man keine lange Suche nach Namen haben will und auch nicht jedem Ort auf dem Spielplan einen aufgedruckten Namen geben kann, aber es bricht mit dem Thema und reißt mich aus der Welt heraus.

Hilfreich (oder sogar Pflicht?) ist es, in victory points for completed quest carwenn der Stichel den Fall kennt. Ansonsten kann es eine sehr lange Partie werden, da sich die Spielerin erst während des Spiels in alle Antwortmöglichkeiten und Vorkommnisse einlesen muss. Das ist natürlich etwas schade, da zumindest für den Stichel der Fall bereits Geschichte ist und es zu keinen Überraschungsmomenten kommt. Einzig die Freude darüber, dass die Ermittler im Dunklen tappen oder auf eine falsche Fährte gelockt werden konnten, trägt da zum Spielspaß auf des Stichels Seite bei.

Alles in allem war mein Spielerlebnis von „City of Angels“ eher durchwachsen. Wir können den Fall natürlich nicht in der gleichen Spielrunde wiederholen, da wir die Auflösung kennen. Der Wiederspielwert eines Falls ist also gleich Null, dafür gibt es aber mehrere Fälle im Spiel. Wir hätten gerne noch einen zweiten Fall drangehängt, aber der Spielbesitzer kannte nur den ersten, weswegen auch das nicht ging. Insofern würde ich zwar gerne noch einmal einen Fall spielen, aber ich fände es auch schlimm, wenn es aus irgendwelchen Gründen nicht dazu kommt. (6,0)

Wertung: (6,0)

#DetectiveCityOfAngels

Paleo (Hans im Glück, 2020)

Die Steinzeit war wahrlich eine beschwerliche Zeit. Wenn ich am Fluss fischen will, läuft mir ein Nilpferd über den Weg. Bei der Suche nach Beeren im Wald stolpere ich über eine Schlange. Und diese niedlich aussehende Ziege in den Bergen hat sicherlich auch nichts Gutes vor. Da bleib ich doch lieber daheim und vergrößere meinen Stamm oder baue mir ein Floß. Oder noch besser eine Waffe, damit ich endlich dieses Mammut, welches mich jeden Morgen um 6 Uhr aus dem Bett trampelt, erlegen kann. Wenn wir es schaffen zu überleben, malen wir ein hübsches Bild an die Wand, sodass in ca. 45.000 Jahren unsere Nachfahren noch davon berichten werden. Oder es eben wie in „Paleo“ nachspielen werden – als wäre das Überleben ein Spiel.

„Paleo“ ist ein kooperatives Spiel, in dem wir als Steinzeitmenschen gemeinsam gewinnen, wenn wir so lange überleben, bis wir eine Höhlenmalerei bestehend aus fünf Teilen fertiggestellt haben. Das Spiel besteht aus einer Reihe an Modulen, von denen zwei für eine Partie kombiniert werden. Dadurch entsteht eine gewisse Vielfalt und Abwechslung. Wer die einzelnen Module aber kennt, weiß auch grob, worauf man sich in Kombination mit anderen Modulen einstellen muss. Wir spielten in unseren beiden Partien mit „Mammuts“ (Modul A) und dem „Großen Fluss“ (Modul H).

Wir teilen uns ein Stapel an Karten, in denen die Basiskarten und manchmal auch Modulkarten stecken. Jeder erhält ungefähr die gleiche Anzahl an Karten. Von den obersten drei Karten meines verdeckten Stapels suche ich mir eine Karte aus – ohne deren Vorderseite anzuschauen! Das geht, da die Rückseiten der Karten anzeigen, wo ich hingehe: Fluss, Berg, Wald, Lager, Gefahr oder zu einer Sonderkarte. Die Auswahl geschieht (hoffentlich) in Absprache mit den Mitspielerinnen, sodass wir uns beim gleichzeitigen Aufdecken der Karten gut aufteilen oder unterstützen können. Die Vorderseite der Karte verrät mir dann, ob ich Nahrung, Holz oder Steine sammeln kann. Hierfür benötige ich aber entsprechende Handwerker (in Form von Karten) in meinem Stamm (Auslage). Andere Spielerinnen können mich mit ihrer Aktion aber oft – sofern es deren ausgespielte Karte erlaubt – unterstützen und ich kann ihre Handwerker mit benutzen, falls ich keine oder zu wenige habe. Manchmal springt aber auch ein gefährliches Tier hinter einem Busch hervor oder ich stelle mich direkt einer Gefahr. Dann helfen meist Späher und Jäger, bei denen mich die anderen ebenfalls unterstützen können. Daheim kann ich je nach Vorderseite der Karte neue Stammesmitglieder anwerben oder neues Werkzeug bauen, welches ich für manche Szenarien benötige. Wenn mein Kartenstapel durchgespielt ist oder wenn ich mich entscheide, aufzuhören, endet der Tag für mich. Wenn alle Spielerinnen sich zur Ruhe gelegt habe, kehrt die Nacht ein, wir müssen die Aufgaben der Modulkarten erfüllt haben und ein neuer Tag beginnt – wieder mit dem Mischen und Aufteilen des gemeinsamen Kartenstapels. Wir gewinnen, wenn wir die Höhlenmalerei beendet haben, deren Teile es als Belohnung auf einigen Modulkarten gibt. Oder wir verlieren, wenn wir zu viele Totenköpfe erhalten haben, die es für gestorbene und hungernde Stammesmitglieder sowie unerfüllte Aufgaben in der Nacht gibt.

Die Ungewissheit, was auf der Rückseite einer Karte kommt, macht die Spannung von „Paleo“ aus. Ich kann mir einfach nicht sicher sein, dass ich im Gebirge einen Stein finde, den ich für den Speer brauche. Es führt aber natürlich auch zu einem gewissen Frust, wenn wir unbedingt Holz für unser Floß benötigen, ich dreimal in den Wald gehe, und dreimal nur Beeren oder schlimmer irgendein Tier finde. So ist eine grobe Absprache zwar in jeder Runde möglich, aber das genaue Ergebnis zeigt sich erst nach dem Aufdecken. Optimal läuft es, wenn alle Spieler ihre gewählte Aktion ausführen können. Meistens ist es aber so, dass mir irgendeine Profession fehlt und dann entweder ich meine Aktion aufgebe und den anderen helfe, die das gleiche Problem haben, oder jemand unterstützt mich. Die Abstimmung und Diskussion dabei machte für mich einen großen Teil des Spielreizes aus.

Besorgt war ich nach der Erklärung, ob sich das Spiel nicht endlos ziehen kann. Das heißt, wenn wir jede Runde nur unseren Stamm ernähren und die Modulaufgaben erfüllen, würden wir ewig spielen. Der Besitzer und Erklärer des Spiels, der bereits alle Module gespielt hatte, musste dabei grinsen und versicherte mir, dass dies nicht der Fall sein wird. In der Tat verloren wir die erste Partie in Runde 3. Nur, wenn es optimal läuft, können wir alle Vorgaben erfüllen und erhalten keine Totenköpfe. In unserem Fall war dies aber fast immer ausgeschlossen. Aus dem Modul „Mammut“ benötigten wir jede Runde 3 Nahrung und 1 Fell. In Fellen schwammen wir, aber die Nahrung ging eigentlich immer für den Stamm drauf, sodass uns jede Runde ein Totenkopf sicher war. Für das Modul „Der große Fluss“ halfen uns die Felle, in denen wir schwammen nicht, wir mussten stattdessen jede Runde ein Floß bauen und abgeben. Ich habe ehrlich gesagt nicht verstanden, wieso unser Floß jede Nacht den Geist aufgibt und wir ein neues bauen müssen, aber es hatte sicherlich einen Sinn. Das Modul „Fluss“ selbst kam kaum zum Tragen. In der ersten Partie zogen wir nur eine oder zwei Karten, die unser Verderben waren. In der zweiten Partie war es nur eine, die dann auch gleich ein Glücksgriff war und den Sieg mit dem letzten Höhlenmalerei-Plättchen bedeute, da wir bereits alle Mammuts erlegt und damit vier Teile der Höhlenmalerei zusammenhatten.

Hat mir „Paleo“ gefallen? „Naja“ trifft es wohl am besten. Die Komponenten und Grafik sind gut, das Spielprinzip leicht verständlich und die Kommunikation klasse. Dennoch stellte sich bei mir nach den zwei Partien ein „Andor“-Gefühl ein. Ich muss ein Modul oder eine Modul-Kombination mindestens einmal spielen und daran scheitern, damit ich weiß, auf was ich im zweiten Versuch alles achten muss. Und das gefällt mir nicht, weil es sich nach einer Zwangswiederholung anfühlte. Schlimmer eigentlich noch: Bei „Andor“ wusste ich genau, wieso wir verloren haben (zu viele Monster getötet, weil man das ja halt normalerweise macht). Bei „Paleo“ hatte ich nach der Partie keine wirkliche Idee, was wir genau falsch gemacht haben. Ja, wir waren nicht effizient und halfen uns zu oft. Aber die Karten gaben es auch oft nicht anders her. Und wir versuchten in der ersten Partie alle Vorgaben der Module zu erfüllen. In Partie 2 sparten wir uns das Mammut-Ziel und kassierten dafür lieber Totenköpfe, was sich für mich auch irgendwie wie am Spiel vorbeigespielt anfühlte.

In Summe würde ich „Paleo“ sicherlich noch einmal mitspielen, wenn es denn irgendwie sein muss, aber ich würde es nicht vorschlagen. Ich bin auch kein Fan von modularen Spielen. Ich bevorzuge einen ähnlichen Aufbau und die gleichen Regeln, wenn ich ein Spiel mehrfach spiele. Module mit neuen Regeln, die ich bei einer Folgepartie erst neu erlernen muss, sind da weniger etwas für mich. (6,0)

Paleo
Paleo

Wertung: (6,0)

#Paleo

Der Fuchs im Wald (Schwerkraft, 2019)

„Der Fuchs im Wald“ ist ein kleines Stichspiel für genau zwei Personen. 33 Karten gibt es im Spiel, drei Farben und Wert 1 bis 11. Beide Spielerinnen erhalten 13 Karten auf die Hand, eine Karte wird vom Stapel aufgedeckt, die Trumpf bestimmt. Danach geht es mit normalen Stichregeln weiter: Farbe muss bedient werden. Wenn das nicht geht, irgendeine andere Farbe spielen. Die Person mit dem höchsten Kartenwert oder Trumpf gewinnt den Stich und kommt neu raus. Zwei Besonderheiten gibt es: Zum einen haben alle ungeraden Karten eine Sonderfähigkeit beim Ausspielen. So verliere ich mit einer 1 sicher den Stich, dafür darf ich danach aber rauskommen. Andere Karten tauschen die Trumpffarbe aus oder lassen Handkarten tauschen. Zum anderen gilt es nicht die meisten der 13 Stiche zu holen. Optimalerweise bin ich bescheiden und gewinne nur 0 bis 3 Stiche oder ich bin siegreich und erhalte 7 bis 9 Stiche. Denn beides gibt mir 6 Siegpunkte. Alles dazwischen gibt nur 1 bis 3 Siegpunkte. Und wenn ich zu gierig bin und 10 bis 13 Stiche mache, gehe ich komplett ohne Punkte vom Feld. Wir spielten eine kurze Partie, bei der nach 15 Siegpunkten Schluss ist.

„Der Fuchs im Wald“ spielt sich ganz nett. Anfangs fand ich die Sonderfähigkeiten zu viel und nervig („Fluxx“ mit sich ändernden Regeln fand ich zu chaotisch), aber nach einer Runde gewöhnte ich mich daran, dass die Trumpffarbe sich ändern kann. Das lässt sich auch strategisch ausnutzen, was ich aber nicht gut beherrsche. Stichspiele spiele ich meistens eher aus dem Bauch heraus. Sehr gut und kniffelig fand ich, die richtige Anzahl an Stichen zu machen. Wenn die Mitspielerin schon drei Stiche hat, wie kann ich ihr dann einen vierten überlassen, den sie nicht will? Und wie erhalte ich alle restlichen Stiche danach? Das waren wirklich interessante Fragen.

Besonders hervorheben will ich die Grafik von Jennifer L. Meyer. Die Illustrationen auf den ungeraden Karten (die geraden haben nur Zahlwerte) gefallen mir sehr gut und unterstützen die Geschichte, die im Regelheft in Auszügen erzählt wird, großartig. Was dafür schade ist: Wie lautet die vollständige Geschichte vom „Fuchs im Wald“? Das Regelheft gibt Auszüge von einer Hexe, die Tränke verkauft, eine Holzfällertochter, die ihrem Vater in den Wald folgt, einem Fuchs, der sie dort begleitet, einer Königin, die ein Monster besiegt haben möchte, und ein Schwan, der die Holzfällertochter vor der Königin beschützt. Nachtrag: Auf der Webseite von Foxtrot Games gibt es die Geschichte auf Englisch zum Lesen. :)

Die Geschichte vom „Fuchs im Wald“ habe ich sehr gern gelesen, sogar noch lieber als das Spiel zu spielen. Dennoch hat das Spiel die kurze Zeit, die es dauert, Spaß gemacht und ich kann mir weitere Runden vorstellen, wenn wir mal wieder nur zu zweit sein sollten. (7,5)

Der Fuchs im Wald
Der Fuchs im Wald

Wertung: (7,5)

#DerFuchsImWald

Bericht von der SPIEL.digital 2021 (und AwSHUX'21) – Teil 2

Und nun der zweite Teil …

Termite Towers (Bright Eye Games, 2021)

Insektenspiele interessieren mich grundsätzlich sehr. An „Myrmes“ ist bisher noch kein anderes Insektenspiel herangekommen, auch wenn „Honey Buzz“ (siehe oben) sicherlich nicht schlecht ist. Aus dem Grund habe ich mir auf Tabletopia die Solo-Variante von „Termite Towers“ angesehen.

In „Termite Towers“ steuert jede Spielerin ihr Termitenvolk und versucht durch den Einsatz von Termitenarbeitern und -soldaten (in Form von Würfeln) als erste eine Mauer (in Form eines Tetris-Puzzles) zu bauen. Am Anfang einer Runde würfelt jede Spielerin ihre Würfel. Danach werden diese reihum auf die sieben verschiedenen Aktionsfelder eingesetzt und dann die Aktionen der Reihe nach ausgeführt. Die Aktionen sind eigentlich recht einfach: Ein Ei nehmen. Aus einem Ei (aus einer früheren Runde) einen neuen Arbeiter (Würfel) schlüpfen lassen. Eine Blaupause für die Mauer nehmen, die ein Polyomino (Tetris-Block) zeigt. Oder die eigene Mauer anhand einer Blaupause bauen. Für die Mauer kann ich mir noch verschiedenfarbige Holzwürfel nehmen, die ich aber erst durch weiteres Graben finden muss. Für die Ressourcengewinnung gibt es eine Mehrheitenwertung, die bestimmt, wie viele Ressourcen ich erhalte.

Thematisch gefällt mir das Spiel ganz gut. Es gibt Termitenarbeiter und -soldaten, auch wenn sich die Soldaten nur bei den Mehrheiten auswirken. Ich kann neue Arbeiter erhalten. Ich muss mir Holz besorgen, um meine Mauer zu bauen. Einzig die Blaupausen wirken aufgesetzt, schließlich bauen Termiten nicht nach Vorlage und auch nicht mit tetrisartigen Formen. Die Mechanik wurde dagegen von „Waggle Dance“ (was auch nur eine Neuauflage von 2014 ist) übernommen, war aber auch dort nicht neu. Sowohl Würfeleinsetzspiele gibt es schon einige auf dem Markt und auch das „Erst einsetzen, dann auflösen“ ist keine neue Erfindung. Dazu kommt noch das genannten Puzzlen der Mauer mit Polyominos und die Mehrheitenwertung bei den Ressourcen, was es beides schon in diversen Spielen gab. In Summe scheint die Verzahnung dieser Mechanismen gut zu funktionieren …

Ich kann aber leider nur „vermutlich“ sagen! Ich habe es auf Tabletopia nicht geschafft, mehr als eine Runde (von sechs bis acht Runden) zu spielen. Hierfür gibt es drei Gründe: 1. Die Online-Umsetzung ist teils schwierig und aufwändig in der Handhabung. 2. Der Solo-Automa ist ebenfalls aufwändig in der Handhabung, vor allem online. 3. Es gibt einige Designentscheidungen, die auch das reale Spiel treffen würden, und den Einstieg erschweren. Vor allem in Hinblick auf den Solo-Automa.

Am umständlichsten fand ich den Spielaufbau von „Termite Towers“. Das Spiel hat kein Spielbrett, auf dem die sieben Aktionen dargestellt sind. Es gibt stattdessen Aktionskarten A-G, die in einer langen Reihe untereinander ausgelegt werden. Aktion D besteht dabei aus sechs Einzelkarten, die im Kreis in der Tischmitte angeordnet werden. Das fand ich – vor allem online auf Tabletopia – sehr unübersichtlich. Ich musste sehr viel scrollen, ziehen und zoomen, um an die richtigen Stellen zu kommen. Im Design ist das Problem, dass die Aktionskarten leider nicht mit Buchstaben bedruckt sind und auch vom Bild her nicht so eindeutig aussehen. So musste ich bei einer Referenz auf Aktion F zum einen den Anfang (also A) finden und von dort abzählen. Das ist bei dem Spiel gegen den Solo-Automa leider bei jeder Aktion notwendig.

Der Solo-Automat („Autermites“ genannt) simuliert ziemlich gut einen echten Mitspieler. Das gibt es aber nicht kostenlos, sondern nur gegen viel Aufwand. Für jede Aktion, die der Automa ausführt, ziehe ich eine Automa-Karte. Auf der ist symbolisch beschrieben, welche und wie viele Würfel ich nehme und für welche Aktionen ich sie einsetze. „Aktionen“ in Mehrzahl deshalb, weil, wenn eine Aktion nicht möglich ist (was an bestimmte Bedingungen gekoppelt ist), werden der Reihe nach andere Aktionen geprüft. Diese Entscheidungslogik ist sehr ausgeklügelt, aber komplizierter als mein eigener Zug. Für ambitionierte Solo-Spielerinnen ist das sicherlich etwas. Ich fand es zu aufwändig und umständlich. Der „Autermites“ erleidet bei mir damit das gleiche Schicksal wie schon der Automa in „Barrage“, den ich nach anderthalb Runden mit einem (versehentlichen) Tableflip abgebrochen habe.

Der dritte problematische Punkt ist für mich die Symbolik, die ich nicht auf Anhieb erfassen konnte. Ich musste bis zum Ende meiner Testrunde immer noch in der Anleitung nachschauen, welche Aktionskarte eigentlich was genau macht, da dies nicht aus der Karte selbst für mich hervorging. Ebenso hatte ich Probleme, die Arbeiter- von den Soldatenwürfeln zu unterscheiden. Die Soldatenwürfel sind minimal größer, zählen bei der Mehrheitenwertung für die Ressourcen aber doppelt. Leider habe ich das oft nicht erkannt. Der Größenunterschied fiel eigentlich nur auf, wenn ich sehr nah herangezoomt habe und einen normalen Arbeiterwürfel zum Vergleich daneben lag. Die Anleitung hat dann an einigen Stellen auch noch Fragen offen gelassen. Ob ich die Mauern wie bei Tetris zwingend von unten nach oben auffüllen muss oder auch zwischendrin auffüllen darf, ist mir nicht klar. Auch das eigene Spielbrett wird nicht erklärt und ich musste mir dieses durch die verschiedenen Aktionen erst erschließen. Und wie der Autermite gräbt, um an neue Ressourcen zu kommen, habe ich auch nicht verstanden.

In Summe haben diese Probleme dazu geführt, dass ich nach etwa 45 Minuten in der ersten Runde aufgehört habe zu spielen. Die restlichen fünf bis sieben Runden wären vermutlich schneller gegangen, aber ich hatte wenig Lust darauf. Mich würde „Termite Towers“ in real wirklich sehr interessieren, online würde ich eher Abstand davon nehmen. (ohne Wertung)

Termite Towers (Online auf Tabletopia)
Termite Towers (Online auf Tabletopia)

#TermiteTowers

Pachamama (Sit Down!, 2022)

„Pachamama“ hat mich aufgrund des Spielecovers interessiert. Es suggerierte Abenteuer und Berge und eine fremde Kultur. In „Pachamama“ mimen die Spieler Anden-Völker, welche die umliegende Gegend erforschen und im Einklang mit der Natur auf Diversität achten. Das Thema ist aber zweitrangig, hauptsächlich handelt es sich um ein abstraktes Deduktions- und Knobelspiel.

Das Spielbrett umfasst (im kurzen Spiel) 25 Felder, von denen anfangs fünf mit einer Landschaft (Berg, Tal, Wald und Wüste) und einer Pflanzenart (Süßkartoffel, Coca, Chili, Mais und Quinoa mit den Wertigkeiten 1 bis 5) belegt sind. In meinem Zug setze ich einen Arbeiter am Rand des Spielfeldes ein und bewege diesen oder bewege einen bereits auf dem Spielfeld befindlichen. Die Bewegung ist dabei nur horizontal und vertikal erlaubt, dafür beliebig weit. Die Bewegungsrichtung darf ich ändern, sobald ich auf ein Feld mit einem meiner Arbeiter oder auf ein bereits erkundetes Feld mit Landschaft und Pflanze stoße. Wenn ich den Arbeiter auf ein leeres Feld oder eines ohne Pflanze bewege, endet meine Bewegung. Wenn das Feld ganz leer ist, wird durch einen besonderen Mechanismus aufgedeckt, um welche Landschaft es sich handelt. Hierfür wandere ich auf der zu der Landschaft gehörigen Leiste nach oben und erhalte Punkte. Alternativ zur Bewegung kann ich für alle meine Arbeiter, die auf einem Landschaftsfeld ohne Pflanze stehen, raten, welche Pflanzenart dort wächst. Liege ich richtig, erhalte ich Punkte und einen Würfel in der entsprechenden Pflanzenfarbe. Falls nicht, verliere ich Punkte. Sollte ich richtig geraten haben, darf ich zusätzlich unterschiedlich farbige Würfel abgeben, um weitere Siegpunkte zu erhalten.

Als ich die Anleitung bis hierhin gelesen hatte, dachte ich, es handelt sich um ein reines Ratespiel. Das ist aber nicht der Fall, da ich deduzieren kann, welche Pflanzenart wo wächst. Das Spielfeld und damit auch die Landschaft und Pflanzen sind jede Partie nach einem festen Schema aufgebaut. Gleiche Landschaftsfelder hängen orthogonal zusammen und bestehen aus einem Block von eins bis fünf Feldern. Zusätzlich befinden sich auf den Landschaftsfeldern eines Blocks immer unterschiedliche Pflanzenarten, beginnend bei der niedrigsten (Süßkartoffel mit Wert 1). Das heißt, eine Berglandschaft aus drei Plättchen hat auf alle Fälle eine Pflanzenart von Wertigkeit 1, 2 und 3 auf den Feldern. Die letzte Bedingung ist, dass niemals zwei gleiche Pflanzenarten nebeneinander liegen, auch nicht diagonal. Wenn also zu einem Feld benachbart eine Pflanzenart mit Wertigkeit 1, 3 und 5 liegt, weiß ich, dass es nur eine 2 oder 4 sein kann. Wenn ich dazu noch sehe, dass die Landschaft nur aus zwei Plättchen besteht, muss es die Pflanzenart mit Wertigkeit 2 sein.

Das Ganze klingt ein bisschen wie eine Mischung aus „Sudoku“ und „Minesweeper“. Zuerst muss ich herausfinden, welche Landschaft sich wie weit erstreckt und aus wie vielen Plättchen sie besteht. Danach muss ich aus den bereits offen liegenden Pflanzen deduzieren, was auf den Landschaftsplättchen wächst. Und das geht mehr oder weniger gut. Da das Spielfeld fest aufgebaut wird (es gibt 20 Szenarien mit 10x25 und 10x45 Feldern, sodass man den Aufbau nicht auswendig lernt), gibt es immer eine eindeutige Lösung. Ich nehme sogar an, dass der Startaufbau mit offenliegenden Landschaften und Pflanzen so gewählt ist, dass die Spielerinnen sich die Lösung eindeutig Stück für Stück erarbeiten können. Mir ist das aber leider nicht gelungen.

Ich habe zwei Partien gegen den sehr einfach handhabbaren Solo-Automa gespielt. Dieser bewegt seine Spielfiguren auf eine zufällige, aber doch sinnvolle Art und Weise und setzt mich auf die Art unter Druck, da er die Pflanzenart immer richtig rät und entsprechend Punkte bekommt. Die erste Partie habe ich mit 64:41 Punkten verloren, da ich einmal falsch deduziert habe. Die zweite Partie spielte ich mit „offenen Karten“. Sprich, ich wusste, auf welchem Feld welche Landschaft liegt und welche Pflanze wächst, sodass ich immer richtig geraten habe. Und dennoch habe ich 64:57 verloren. Um zu gewinnen, reicht es also nicht, immer nur richtig zu deduzieren. Vermutlich muss ich auch noch die richtigen Landschaftstypen und die hochwertigen Pflanzenarten wählen. Und vermutlich muss die zufällige Bewegung der Bot-Arbeiter diesem nur die niedrigwertigen Pflanzen zulosen. Da ich im normalen Spiel ohne offene Information spiele, sehe ich nicht, wie ich gegen den Automa gewinnen kann.

Eine Besonderheit des Spiels ist noch das Pachamama-Rad. In dieses wird eines der 20 Szenarioscheiben gelegt. Durch das Einstellen der zwei Koordinaten eines Feldes verrät die Scheibe, welche Landschaft beziehungsweise welche Pflanzenart auf dem eingestellten Feld liegen. Ich finde die Lösung erst einmal ganz clever, um ein vordefiniertes Spielfeld zu haben, welches die Spielerinnen aber nicht sehen können. Wie sich die Handhabung des Rades in der Realität anfühlt, kann ich aber nicht sagen. Auf Tabletopia konnte das Rad nicht umgesetzt werden, sondern es gibt ein identisches, kleineres Spielfeld, auf dem alle Felder abgedeckt sind. Wenn ich eine Landschaft entdecke, decke ich das Plättchen auf dem entsprechenden Feld auf und es verrät mir die Landschaft. Und wenn ich die Pflanzenart deduziere, entferne ich das Plättchen komplett und die Pflanze kommt zum Vorschein. Das funktionierte in meiner Solo-Partie sehr gut.

Abgesehen davon, dass ich nicht weiß, wie ich den Automa in „Pachamama“ schlagen kann, hat mir das Spiel ganz gut gefallen. Das Thema kann wie gesagt ignoriert werden, es geht nur um (Landschafts-)Farben und (Pflanzen-)Werte, die deduziert werden müssen. Auch die Grafik versucht gar nicht groß ein Thema einzufangen, sondern ist eher minimalistisch, aber in meinen Augen sehr angenehm und unaufgeregt. Das Spiel kann wie andere Deduktionsspiele sehr grübellastig werden, wenn unbedingt das Richtige deduziert werden soll. Und ich bin unsicher, ob zum Anfang des Spiels wirklich alles korrekt deduziert werden kann oder ob Informationen fehlen. (6,0)

Noch ein Hinweis: Das Spiel sollte bei Gamefound per Crowdfunding finanziert werden, wurde vom Verlag aber vorzeitig abgebrochen, da das Finanzierungsziel vermutlich nicht erreicht worden wäre. Die Kampagne soll Anfang 2022 neu gestartet werden. Es ist aber noch nicht klar, was bis dahin geändert wird.

Pachamama (Online bei Tabletopia)
Pachamama (Online bei Tabletopia)

Wertung: (6,0)

#Pachamama

Settlement (IGAMES, 2021)

In „Settlement“ erkunden wir neues Land, kämpfen gegen Drachen, errichten Außenposten zum Schutz und heuern neue Helden an. Und das alles nur, um am Ende über die Siegpunkte den erfolgreichsten Siedleranführer zu bestimmen.

In der zentralen Auslage liegen Gebäude, verdeckte Landschaften und Helden aus. Wenn ich dran bin, setze ich mit einen oder mehrere meiner Arbeiter auf meinem eigenen Tableau für sieben verschiedene Aktionen ein. Ich kann die Landschaft erkunden, was mir Rohstoffe bringt, aber auch Drachen anlockt. Ich kann einen Außenposten bauen, der mich vor Drachen schützt. Ich kann ansonsten aber auch gegen die Drachen kämpfen, was mir Belohnungen bringt. Oder ich kauf mir ein Gebäude. Die Landschaften und Gebäude lege ich auf mein Tableau in jeweils drei Reihen je drei Plättchen aus. Ich kann meine Arbeiter auch einsetzen, um eine Gebäude- oder Landschaftsreihe zu aktivieren, was mir entsprechende Rohstoffe bringt. Durch die Drachenkämpfe, aber auch die entfernteren Landschaften und Gebäude erhalte ich besondere Rohstoffe wie Gold und Edelsteine, mit denen ich mir Helden anwerben kann. Diese bringen manchmal einen kleinen Bonus mit, hauptsächlich aber Siegpunkte. Haben alle Spielerinnen ihre Arbeiter reihum eingesetzt, ist die Runde vorbei. Nach sechs Runden endet die Partie und die Person mit den meisten Siegpunkten, bestimmt durch die Helden und zwei Gebäudetypen, gewinnt.

„Settlement“ stellt keine großartige Innovation dar. Arbeitereinsatz mit Ressourcentausch gegen Siegpunkte gab es schon oft. Das Spiel fasst dies aber mechanisch in einer so kompakten Form zusammen, dass mir das Spiel Spaß macht. Es gibt nur sechs Arbeiter für den Einsatz, was echt eine Einschränkung ist, weswegen ich jede Runde schauen muss, wie ich an zusätzliche Hilfsarbeiter komme, die mich nach dem Einsatz aber wieder verlassen. Auch die Ressourcen wollen gut gehortet sein, denn am Ende einer Runde muss ich überschüssige Standardressoucen (Holz, Stein, Lehm) ungenutzt abwerfen (Außenposten lassen mich eine Ressource behalten). Durch die Entdeckung neuer Landschaften und den Kauf neuer Gebäude entsteht bei der Aktivierung einer Reihe im Laufe des Spiels eine kleine Engine. So gewinne bei ersten Gebäude gegen Abgabe von Gold zwei Edelsteine. Das nächste Gebäude gibt mir für zwei Edelsteine zwei Hilfsarbeiter. Und das letzte Gebäude für einen Edelstein Siegpunkte. Und die zwei Hilfsarbeiter kann ich dann wiederum einsetzen. Das macht mir, obwohl es eher simple Aktionen und Tauschprozesse sind, über sechs Runden lang Spaß.

Auch grafisch gefällt mir das Spiel sehr gut. Die Ressourcen sind nicht nur Würfel, sondern haben die Form, die ich als Holt, Stein oder Lehm (Tropfen?) wiedererkenne. Die vier verschiedenfarbige Drachen sehen anders aus. Die Gebäude und Landschaften sind sehr schön illustriert, ebenso wie die Helden. Die Symbolik des Spiels ist dabei sehr eingängig und leicht verständlich, sodass ich nach dem Lesen der Anleitung diese nicht mehr in die Hand nehmen musste. Obwohl die Mechanik eher simpel ist, sorgt unter anderem die grafische Gestaltung auch dafür, dass das Thema der Siedlung und Erkundung – wenn auch stark heruntergebrochen – übermittelt wird.

Auf Tabletopia habe ich eine Solopartie gespielt und vermutlich könnte ich dies auch als Kritikpunkt anbringen. Das Spielgefühl allein oder mit mehreren am Tisch ist vermutlich nicht sehr unterschiedlich. Jeder baut seine eigene Siedlung auf und niemand kommt sich in die Quere. Einzig die Gebäude oder die Helden könnten von jemand anderem weggeschnappt werden, wobei im späteren Spielverlauf identische Gebäude gestapelt werden, sodass es eigentlich immer genug Auswahl vom gleichen Gebäudetyp gibt. Ich persönlich finde das nicht schlimm, weil „Settlement“ auch nicht suggeriert, dass es ein konfrontatives Spiel sein will. (8,0)

Settlement (Online bei Tabletopia)
Settlement (Online bei Tabletopia)

Wertung: (8,0)

#Settlement

Squaring Circleville (Spielworxx, 2021)

Die Story hinter „Squaring Circleville“ klingt schon fast filmreif: 1810 wurde der Ort Circleville in Ohio gegründet und die Straßen kreisförmig zu einer darunter befindlichen Wallanlage gebaut. Die Bürger protestierten aber dagegen und nur 27 Jahre später übernahm die „Circleville Squaring Company“ die Aufgabe, die Straßen in ein rechteckiges Raster umzubauen. Im Spiel arbeiten wir für diese Company und wollen aus dem runden Straßennetz ein eckiges machen.

Für den Abriss und Neubau der Stadt stehen uns verschiedene Aktionen zur Verfügung: Eine Straße abreißen (eigenen Marker auf ein rotes Feld legen), eine Straße bauen (eigenen Marker auf ein blaues Feld legen) oder ein Gebäude abtragen (Gebäude auf separate Leiste stellen und eigenen Marker auf den freien Platz legen). Sobald in einem Segment des Stadtplans alle Plätze mit Markern belegt sind (durch Straßenabriss, Straßenneubau und Gebäudeabtrag), findet eine Wertung statt. Wer die meisten Marker in dem Segment hat, bekommt die meisten Punkte und nachfolgende Spielerinnen entsprechend weniger. Danach wird das Segment mit einem neuen Stadtplanteil überbaut, welches rechteckige Straßenzüge zeigt. Ab dann kann ich als Aktion nur noch ein oder mehrere Gebäude wieder aufbauen und lege erneut einen meiner Marker unter das Gebäude. Neben diesen vier Grundaktionen gibt es noch Sonderaktionen, die mich beispielsweise Gebäude verbessern lassen (ich lege einen Marker an ein wieder aufgebautes Gebäude) oder einen Park anlegen (einen eigenen Marker auf den Spielplan legen). Jeder Aufbau in einem Segment eines der vier Stadtviertel lässt mich einen weiteren Marker vorrücken, der für das Spielende wichtig ist.

Wo ich bauen kann, bestimmt mein Bauleiter, der sich auf dem Stadtplan bei jeder Aktion von einem Segment zu einem benachbarten bewegen darf. Dadurch kann ich nicht wild überall mitmischen, sondern muss mir langsam meinen Weg bahnen. Der eigentliche Clou ist aber, dass ich nicht jede Aktion frei ausführen darf. Auf einem Aktionsrondell hat jede Spielerin einen Assistenten stehen. Das Rondell hat acht farbige Segmente, jeweils zwei mit gleicher Farbe, wobei jede Farbe für eine der oben genannten Bauaktionen steht. Neben jedem der acht Segmente steht ein Stapel an Scheiben, die ebenfalls in den vier Farben der Bauaktionen gehalten sind. In meinem Zug darf ich mit meinem Assistenten bis zu zwei Felder weit im Uhrzeigersinn laufen und dabei belegte Felder überspringen. Auf dem Feld, auf dem mein Assistent stehen bleibt, führe ich die Aktion des Rondells und die Aktion der obersten Scheibe aus, je nachdem welche zwei Farben zu sehen sind. Danach nehme ich mir die Scheibe und lege sie auf mein eigenes Tableau. Dies zeigt vier Slots in den vier Farben. Ich lege die Scheibe farblich passend und verstärke damit für zukünftige Runden die jeweilige Bauaktion (ich darf mehr Marker auf einmal legen) und schalte Sonderaktionen frei.

Das Spiel endet, sobald alle zwanzig Segmente des Stadtplans vollständig umgebaut worden sind. Für die vier Stadtviertel wird geprüft, wer die Mehrheit an Baufortschritt hat und entsprechend gibt es noch einmal Punkte für die jeweiligen Plätze. Daneben gibt es im Spiel noch Bonusplättchen, die mir weitere Siegpunkte am Spielende bringen können.

Grafisch ist „Squaring Circleville“ nicht unbedingt eine Augenweide. Die Gestaltung wirkt etwas monoton und funktional. Das macht es zwar übersichtlich, aber leider auch etwas leblos. Während der Partie fühlte ich mich nicht wie ein Stadtplaner, der Straßen verändert und Häuser versetzt. Ich fühlte mich eher wie jemand, der farbige Klötzchen auf einen Spielplan stellt und wieder wegnimmt. Obwohl das Thema von den Aktionen her zwar sehr gut eingefangen ist, gibt das das Spiel weder optisch noch spielerisch wieder.

Das Aktionsrondell hat mir ganz gut gefallen. Anfangs dachte ich, dass es zu viele Optionen und Möglichkeiten sind, die zu Analyse-Paralyse führen können. Aber eigentlich gibt der eigene Bauleiter vor, in welchem Bereich ich etwas machen kann. Dann suche ich mir aus, ob ich lieber etwas aufbaue oder abreiße und führe die Aktionen aus. Dabei missfällt mir, dass die Aktionen spieltechnisch keine großen Auswirkungen haben. Ob ich Straßen aufbaue, abreiße oder ein Haus versetze – am Ende geht es nur um die Mehrheit der Marker. Wie diese auf das Spielbrett gekommen sind, ist irrelevant. Das lässt die unterschiedlichen Aktionen ein bisschen egal wirken. Hauptsache, ich setze irgendwie Marker auf ein Segment.

Ein weiteres Problem ist auch, dass es keinen großen Steigerungseffekt im Spiel gibt. Die Aktionen werden mit mehr Scheiben zwar etwas stärker, sodass ich im späteren Spielverlauf mehr Marker setzen kann. Aber dennoch muss ich zwanzig Stadtsegmente lang Marker darauf setzen, Häuser wegnehmen, das Segment durch ein neues ersetzen und wieder Marker legen und Häuser zurückstellen. Das trägt in meinen Augen keine Spielzeit von 90 bis 120 Minuten.

Ich habe nur zwei Solospiele auf Tabletopia gewagt. In der Anleitung gibt es mehrere verschiedene Sologegner, mit denen man sich messen kann. Ich wählte „Denzel“ aus, da dieser von der Handhabung am einfachsten aussah. Dennoch machen alle Automa-Gegner zahlreiche Aktionen und müssen verwaltet werden, was Zeit und auch etwas Überlegung kostet. Die erste Partie brach ich nach etwa 90 Minuten zur Hälfte des Spiels ab, weil es zum einen sehr wenig Abwechslung bot, der Automa aber auch mit uneinholbaren 127:9 führte. Nachdem ich den Regelfehler gefunden hatte, wiederholte ich die Partie. Die Monotonie blieb leider die gleiche, der Bot führte bei Abbruch der Partie nach 60 Minuten und ein Drittel des Spiels nur noch mit 45:20. Unter Umständen habe ich bei der zweiten Partie immer noch etwas falsch gespielt, aber das monotone Spielgefühl vermittelte der Automa dennoch gut.

Mich hat „Squaring Circleville“ deshalb gar nicht überzeugt – mindestens nicht als Solospiel. Aber auch mit echten Mitspielerinnen stelle ich mir den Ablauf nicht viel spannender vor. Sicherlich kann man es spielen und es funktioniert mechanisch auch, aber ohne jeden Spannungsbogen würde ich keine zwei Stunden an einem Spiel sitzen wollen. (4,5)

Squaring Circleville (Online auf Tabletopia)
Squaring Circleville (Online auf Tabletopia)

Wertung: (4,5)

#SquaringCircleville

Verdant (Flatout Games, 2022)

Pflanzen sucht man in meiner Wohnung vergeblich. Hier steht nur ein Stoffkaktus in einem Übertopf, auf dem „I will survive!“ geschrieben ist. Dementsprechend kann ich mit dem Thema „Topfpflanzen“ eher wenig anfangen. Flatout Games hat nun genau zu diesem Thema ein neues Spiel über „Kickstarter“ finanziert. Da der Verlag auch die bereits guten, wenn für mich auch nicht so interessanten Spiele „Calico“ und „Cascadia“ veröffentlicht hat, habe ich mir dessen neues Spiel „Verdant“ dennoch angesehen.

In einer zentralen Auslage liegen fünf Pflanzenkarten, darunter fünf kleine Bonusmarker und darunter fünf Raumkarten. In meinem Zug suche ich mir entweder eine Pflanze oder einen Raum aus und nehme mir auch das zugehörige Bonusplättchen. Auf die nicht gewählte, gegenüberliegende Raum- oder Pflanzenkarte kommt ein Wachstumsmarker („Verdancy token“ im Englischen). Die Karte, die ich gewählt habe, baue ich in meine eigene Auslage ein. Diese fängt immer mit einem Raum und einer dazu benachbarten Pflanze an. Die Bedingungen für die Auslage sind einfach: Keine zwei gleichen Karten nebeneinander, also ein Raum grenzt an vier Pflanzen und eine Pflanze an vier Räume. Und die Höhe und Breite sind auf drei mal fünf Karten beschränkt, darüber hinaus darf nichts auslegen.

Auf jeder Pflanzenkarte sind die Lichtbedingungen der Pflanze dargestellt (sonnig, halbschattig, schattig). Jeder Raum hat an den vier Kartenrändern eine Lichtangabe aufgedruckt. Wenn ich eine Pflanze lege, wird geprüft, ob benachbarte Räume die Lichtbedingungen erfüllen. Falls ja, erhält die Pflanze für jede Erfüllung einen Wachstumsmarker („Verdancy token“ im Englischen). Umgekehrt prüfe ich für einen neuen Raum alle benachbarten Pflanzen, ob diese weiter wachsen. Die Bonusmarker kann ich entweder auf Räume (als Gegenstände und Haustiere) legen oder sie bieten mir in meinem Zug einen Vorteil („Nurture token“ im Englischen) wie beispielsweise das Wässern einer Pflanze mit 3 Wachstumstoken, das Düngen von drei verschiedenen Pflanzen oder das Gießen eines Raumes und damit aller angrenzenden Pflanzen.

Wenn eine Pflanze ihr Wachstumslimit erreicht hat, also die auf der Pflanzenkarte angegebene Menge an Wachstumsmarkern auf ihr liegen, wird sie eingepflanzt. Dafür nehme ich mir einen Topf aus der Auslage. Die Pflanze und der Topf sind am Spielende Siegpunkte wert. Und so bauen die Spielerinnen reihum ihre Räume und Pflanzen aus. Am Spielende gibt es sieben verschiedene Siegpunkte-Arten, unter anderem für eingetopfte Pflanzen, für die Töpfe, für Räume, deren Nachbarpflanzen einem bestimmten Typ entsprechen, für die Bonusmarker und für verschiedene Räume und Pflanzen. Und wie üblich gewinnt die Spielerin mit den meisten Punkten.

Eigentlich wollte ich das Spiel auf „Tabletopia“ testen, dort gibt es in der Anleitung aber noch keine Solo-Regeln. Glücklicherweise hat Flatout Games aber eine Solo-Version online gestellt, über die ich das Spiel dann ein paar Partien testen konnte. Und dort spielt es sich auch sehr schnell innerhalb von 15 Minuten herunter, schließlich muss ich mich dreizehn Runden lang nur für eine Karte entscheiden und diese in meine Auslage legen. Entsprechend wird die Spielzeit bei fünf Spielerinnen ungefähr bei 75 Minuten liegen, auch wenn 45 Minuten seitens des Verlags angegeben sind.

Das Thema von „Verdant“ scheint durch die sehr schöne grafische Illustration von Beth Sobel (die auch schon „Calico“ und „Cascadia“ illustriert hat, sich aber auch für „Flügelschlag“ und das sehr schöne „Arboretum“ verantwortlich zeichnet) ein bisschen hindurch. Sehr gut ist es, dass die Pflanzen verschiedene Lichtanforderungen haben und man sie zu den passenden Räumen stellen muss. Dabei bricht die Mechanik aber mit dem Thema, denn selten werden Pflanzen von vier Räumen aus in einem Haus mit Licht und Schatten versorgt. Ich hätte es als thematischer empfunden, wenn ich ein Haus mit Räumen aufbaue (Südseite mit viel Sonne, Nordseite im Schatten, Innenräume ohne Licht) und in diese Räume dann Pflanzen mit besonderen Anforderungen stelle. Durch das abwechselnde Legen von Räumen und Pflanzen entsteht zwar ein schönes und spielmechanisch funktionierendes Muster, aber dieses verfehlt das Thema in meinen Augen etwas.

Entgegen der schönen Illustrationen war die Symbolik der Umwelt-Bonusmarker nicht hilfreich. Es gibt davon zwar nur drei, aber diese sind recht generisch mit Gießkanne, Düngemittel und Schaufel dargestellt, sodass ich mir einfach nicht merken konnte, was diese tun. Online hilft eine Kurzerklärung, wenn ich mit der Maus über den Marker fahre, aber in der Realität hätte ich immer in den Regeln nachschauen müssen. Eine hilfreichere Symbolik hätte ich besser gefunden. Auch sind in der Anleitung auf Tabletopia die Pflanzenkarten nicht beschrieben, deren Bedeutung ergibt sich dann erst durch das Lesen der ganzen Anleitung. Es handelt sich aber auch nur um eine Vorabversion der Anleitung, da Solo-Modus und Varianten nur mit „In Development“ beschrieben sind.

Den Punktesalat am Ende des Spiels empfand ich als etwas zu viel des Guten. Gefühlt gibt es für alles Punkte, was man irgendwie machen kann. Eine Konzentration auf die Pflanzen und Räume hätte ich als geradliniger und eleganter empfunden. Online nimmt einem glücklicherweise die Webseite das Zusammenrechnen ab.

Am Ende bleibt ein leicht thematisch, aber im Kern abstraktes Knobelspiel zurück. In etwa das Gleiche habe ich auch bei „Cascadia“ und „Calico“ geschrieben. Und wie bei den beiden Spielen ist auch „Verdant“ eher ein solitäres Puzzlespiel und damit eine gute Ergänzung der Reihe. Das Wegnehmen von Räumen und Pflanzen geschieht eher zufällig nebenbei, aber nicht, weil ich damit meinen Mitspielerinnen aktiv etwas verwehren möchte. Insofern spielt es sich ganz nett und ist online solitär ein netter Zeitvertreib, aber mehr sehe ich in dem Spiel nicht. Für Familienmitglieder oder Freunde, die einen grünen Daumen haben, könnte das Spiel (in einer deutschen Version) aber ein sehr schönes Geschenk sein. (6,5)

Verdant (Online)
Verdant (Online)

Wertung: (6,5)

#Verdant

The FOG – Escape from Paradise (XOLLOX Games, 2022)

Über das unknows-Forum bin ich auf das Spiel „The FOG – Escape from Paradise“ aufmerksam geworden. Spieleautor Robert Müller-Reinwarth hat das Spiel dort vorgestellt, vor allem die Entwicklungsnotizen und die Entstehung der Grafiken fand ich interessant. Robert und sein Verlag XOLLOX Games waren auch auf der SPIEL'21 in Essen. Die Präsenz bei der SPIEL.digital beschränkte sich auf den Verweis auf das Spiel auf Tabletopia. Während der Messe hatte Robert als Ein-Mann-Verlag logischerweise keine Zeit, das Spiel zu erklären. Es ergab sich aber anderthalb Wochen später die Möglichkeit, das Spiel mit ihm und einer dritten Person auf Tabletopia kennenzulernen.

Ein mysteriöser Nebel bedroht eine große Insel. Aus dem Landesinneren treibt er die Menschen Richtung Küste. Wer nicht entkommt, wird verschluckt und ward nie wieder gesehen. In „The FOG“ treffen drei Stämme der Insel an einem Küstenabschnitt zusammen. Die Boote für die drei Stämme sind gebaut und liegen bereit. Doch plötzlich kommt der Nebel schneller näher als gedacht. Alle Menschen fliehen voller Panik in die Boote. Unsere Aufgabe ist es, die Insulaner sicher zu ihren Booten zu bringen, wobei dabei auch unfreundlich gezerrt und geschubst werden darf. Das Spielbrett von „The FOG“ zeigt den Strandabschnitt und die drei Boote. Die Menschen der drei Stämme werden nicht ganz, aber teils zufällig auf dem Strand verteilt, ebenso wie einige Hindernisse, die das Weiterkommen behindern.

„The FOG“ teilt sich in zwei Phasen. In Phase 1 wählen die Spielerinnen mit der letzten beginnend umgekehrt reihum nacheinander einen Inselbewohner am Strand aus und legen einen Marker unter das jeweilige Insulanerplättchen. Im Spiel zu dritt sind mir am Ende von Phase 1 zehn Inselbewohner zugehörig und diese versuche ich in die Boote zu retten. Phase 2 geht im Spiel zu dritt über maximal zehn Runden. Jede Runde führen die Spielerinnen reihum ihre Aktionen aus, die hauptsächlich aus der Bewegung der Inselbewohner bestehen. Am Ende der Runde bewegt sich der Nebel ein Stück auf dem Strand vorwärts und verschluckt die Menschen, die es nicht rechtzeitig weiter nach vorne geschafft haben. Danach wechselt der Startspielermarker nach rechts, sodass die letzte Spielerin immer einen Doppelzug hat. Nach zehn Runden hat der Nebel den Strand eingenommen und es wird gewertet, wer es auf die Boote geschafft hat. Dabei gibt es mehr Punkte, je weiter vorne meine Inselbewohner im Boot sitzen, wobei einige Sitzplätze exklusiv für bestimmte Menschen (es gibt die fünf Kategorien Anführerin, Seemann, Krieger, Ältester und Zivilistin) reserviert sind. Extra Punkte gibt es auch, wenn ich die Mitglieder eines Stammes in das richtige Boot gebracht habe.

Die Bewegung der Menschen fühlt sich (bis auf eine Ausnahme) sehr natürlich an: Ein Insulaner kann rennen. Er kann den Vordermann nach hinten ziehen und so die Plätze tauschen. Er kann mit voller Kraft bis zu zwei Menschen vor sich herschieben. Er kann ein Hindernis überqueren. Er kann sich zwischen zwei Menschen oder zwischen Hindernissen hindurchzwängen. Und zu guter Letzt kann er jemand vor sich durch eine Art Bocksprung überspringen. Die letzte Aktion ist auch die, die ich mir bei einem echten Gedränge nicht wirklich vorstellen kann. Ein Vorbeihechten (ähnlich dem Zwängen) wäre da irgendwie sinnvoller – und mechanisch identisch.

Die Insulaner haben neben der Stammeszugehörigkeit und der Kategorie noch eine Fähigkeit auf den Plättchen dargestellt. Durch die Fähigkeit kann eine Person eine der genannten Bewegungsaktionen besonders gut ausführen, was bedeutet, dass ich weniger Bewegungspunkte ausgeben muss. Denn die Bewegungen kosten mich Punkte, von denen ich in meinem Zug immer 7 zur Verfügung habe und auch keine (à la „Flash Point“) aufsparen kann. Rennen kostet beispielsweise nur 1, Schieben schon 3 und Durchzwängen 4 Bewegungspunkte. Ein Insulaner, der besonders schmal ist und sich gut durchzwängen kann, benötigt dann nur 2 Bewegungspunkte.

Ich hatte mir die Anleitung bei Tabletopia durchgelesen und hatte vorab etwas Bedenken, was die Optionsvielfalt angeht. In meinem ersten Zug habe ich zehn Personen zur Auswahl, werde von denen nur etwa drei bewegen können (aufgrund der Einschränkung auf 7 Bewegungspunkte) und haben sechs mögliche Bewegungen zur Auswahl. Rein rechnerisch wären das 6000 mögliche Optionen, was sogar die über 3000 Möglichkeiten des ersten Zuges bei „Five Tribes“ schlägt. Glücklicherweise stellte sich im Spiel sehr schnell heraus, dass ein Großteil der Optionen wegen Blockade durch andere Insulaner gar nicht infrage kommt. Und ein weiterer Großteil fiel weg, weil er einfach nicht sinnvoll war. Dementsprechend schnell habe ich ins Spiel gefunden.

Dennoch ist das Spiel für Analyse-Paralyse anfällig. Vor allem, wenn der Nebel gegen Mitte des Spiels so nah kommt, sodass ich mir wirklich Gedanken machen muss, wie beziehungsweise ob ich alle meine Inselbewohner retten kann. Dann beginnt nämlich das Rechnen, welche Möglichkeiten mir die sieben Bewegungspunkte geben, um eine weitere Runde zu überleben. Das führt dann bei den Mitspielern zu einer kleinen oder größeren Wartezeit. Da ich leider auch erst überlegen kann, wenn ich am Zug bin, weil sich die Situation am Strand sehr stark verändert hat, vergrößert sich diese Wartezeit dann leider etwas. Deswegen gefällt mir zumindest die Variante, die in den Regeln angegeben ist, dass ich nicht ewig über meinen Zug brüten darf, sondern nur eine Minute Zeit dafür habe. Dieser Zeitdruck entspricht in meinen Augen dann auch viel mehr der Hektik, in denen die Insulaner Entscheidungen treffen müssen.

Obwohl es viele Bewegungsoptionen mit verschiedenen Bewegungskosten gibt, sind diese wirklich sehr schnell verinnerlicht. Nur selten habe ich auf der Spielhilfe die Bewegungspunkte nachschlagen müssen. Was öfters vorkam war, dass ich nachschauen musste, wofür die Symbole auf den Insulanern stehen, was also deren Fähigkeit ist. Vor allem das Dreieck als „Hindernis überqueren“ wollte sich bis zum Spielende einfach nicht einprägen. Ansonsten ist die Symbolik aber eingängig. Gefallen hat mir auch die Aufmachung des Strandes. Durch die variablen Hindernisse entsteht wirklich jedes Spiel an anderen Stellen eine Engstelle, was für etwas Varianz sorgt. Die Grafik der Insulaner ist sehr klar und gut erkennbar, fühlt sich dadurch aber auch ein bisschen wie ein Fremdkörper auf dem Spielplan. Dies soll aber noch verbessert werden.

Wie schon geschrieben fühlen sich die Aktionen und auch die Mechanik thematisch sehr gut an. Bis auf den Bocksprung ergeben die Bewegungen der Insulaner einen Sinn und auch die Verteilung auf die Boote passt da sehr gut. Einzig die Auswahl der Insulaner in Phase 1 empfand ich als etwas zu abstrakt. Laut Regel sind wir Hüter und koordinieren die Flucht. Wieso wir aber die Hüter für drei verschiedenen Stämme sind und nicht ein Stamm zu uns gehört, wird nicht erklärt. Aber das sind Kleinigkeiten, denn im Kern handelt es sich natürlich um ein abstraktes Optimierspiel, welches aber sehr gut von einem Thema umrandet wird.

Und bei dieser Optimierung gibt es viele kniffelige und spannende Entscheidungen zu treffen: In Phase 1 ist es wichtig, welche Insulaner ich mir sichere. Natürlich die weiter vorne und die näher an ihrem Boot stehen. Aber ich muss dabei auch auf die Kategorie der Insulaner achten und deren Sonderfähigkeiten wollen auch gut genutzt werden. In Phase 2 fand ich die spannendste Entscheidung, als ich zwei Insulaner dem Nebel überließ, um andere in die Boote zu retten. Denn die zwei waren so weit hinten, dass ich das Unvermeidliche vermutlich nur eine oder zwei Runden hinauszögern hätte können. Die Doppelzüge können taktisch sehr gut genutzt werden, um meine Insulaner im ersten Zug gut in Stellung zu bringen. Die Idee, dass zwar in jedes Boot eines Stammes alle Stammesmitglieder passen, manche davon aber ins Heck (für weniger Siegpunkte) müssen, hat mir gut gefallen. Vor allem in Hinblick darauf, dass gegebenenfalls auch ein Mitglied eines anderen Stammes den Platz im Boot besetzt, denn dann geht die Rechnung nicht mehr exakt auf.

Mir hat „The FOG“ sehr gut gefallen. Es gibt spannende Entscheidungen, eine schöne Grafik und ein Thema, welches ein abstraktes Puzzle sehr gut umrandet. Natürlich ist es kein freundliches Nebenher-Spiel. Die Züge wollen gut überlegt sein und das Ärgerpotenzial ist sehr groß. Vor allem, wenn meine Mitspielerin meinen Insulaner nach hinten schubst und damit dem Nebel üerlässt. Wer sich nicht gerne ärgert, sollte also von „The FOG“ besser die Finger lassen. Allen anderen, die dazu auch noch gerne knobeln, kann ich „The FOG“ zumindest zum Anspielen empfehlen. (8,5)

Hinweis: Der Kickstarter für das Spiel soll demnächst beginnen und es soll dann auch nichts mehr an der Mechanik geändert werden. Andere Hinweise, die das Spiel verbessern können, nimmt der Autor gerne entgegen.

The Fog (Online auf Tabletopia)
The Fog (Online auf Tabletopia)

Wertung: (8,5)

#TheFogEscapeFromParadise

Weitere Berichte von SPIEL'21-Neuheiten

Hier habe ich nicht die Berichte aus den den vergangenen Wochenthreads mühsam herausgesucht, sondern verlinke lieber direkt auf meinen Blog.

Bericht von der SPIEL.digital 2021 (und AwSHUX'21) – Teil 1

Einleitung

Nachdem letztes Jahr die Internationalen Spieletage 2020 (SPIEL'20) in Essen nicht stattfinden konnten, wurde ein digitales Programm auf den Weg gebracht, welches ich letztes Jahr zumindest an einem Tag nutzte. Dieses Jahr fand die SPIEL'21 in analoger Form in Essen wieder statt. Ich war nicht vor Ort, wollte am Wochenende aber das digitale Angebot wahrnehmen.

Mein größter Kritikpunkt im letzten Jahr war, dass die SPIEL.digital-Seite mich nicht dabei unterstützte, virtuelle Spieletische bei Tabletopia oder Board Game Arena zu finden. Das hat sich dieses Jahr leider nicht groß geändert. Über die BGG-GeekPreview-Liste filterte ich mir vorab die Spieler heraus, die mich interessierten. Dann suchte ich jedes einzeln auf der SPIEL.digital-Seite und setzte diese auf meine Merkliste. Und von der Merkliste klickte ich dann jedes Spiel einzeln an, um von dort aus ggf. den Hinweis auf einen Discord-Kanal oder virtuelle Spieletische zu finden. Sehr oft waren diese Informationen aber gar nicht auf der Spieleseite selbst, sondern nur auf den Verlagsseiten ausgeschrieben. Also habe ich auch noch einmal alle Verlagsseiten der interessanten Spiele geöffnet. Es hätte für die Verlage auch noch die Möglichkeit gegeben, die virtuellen Spiele als Aktionen und Events anzubieten, hiervon hat aber nur Pegasus Gebrauch gemacht. Am Donnerstagabend hatte ich dann zumindest eine Liste mit den Verlagen, die virtuelle Spiele anboten …

… und diese Liste war sehr übersichtlich. Der Grund ist auch sehr simpel und liegt an den Vorgaben des Veranstalters (Friedhelm Merz Verlag GmbH & Co KG): Nur die Verlage, die physisch auf der SPIEL'21 in Essen vertreten waren, durften auch digital ihr Angebot einpflegen. Vor allem bei kleineren Verlagen mit wenigen Mitarbeitern lag der Fokus dann aber verständlicherweise auf der realen Messe und so konnte nur sehr wenige Verlage ein digitales Spieleprogramm anbieten, konkret nur Hans im Glück, Pegasus, Kosmos, Skellig Games, Board Game Circus und Feuerland. Teilweise aber auch nur mit sehr wenigen Erklärern, wohingegen aber auch nicht sehr viele digitale Messebesucher unterwegs waren. Das lag in meinen Augen aber auch daran, dass die SPIEL.digital bei der ganzen Vorberichterstattung meist nur eine Fußnote abbekommen hat. Durch die Parallelität, Unattraktivität der Seite und schlechter Werbung ist es klar, dass die digitale Messe kein so großer Erfolg war. Zusatz: Bereits zwei Wochen nach der SPIEL.digital wurde die Webseite und alle Inhalte offline genommen, was in meinen Augen ebenfalls kein gutes Licht auf die Betreiber wirft, da ich keine Inhalte mehr für den Bericht nachschlagen kann.

Anders war dies bei der Online-Spielemesse AwSHUX'21. Die SHUX ist die Shut up & Sit down Games Expo, die seit 2017 jährlich in Vancouver stattfindet. Aufgrund der gleichen Umstände wie in Essen, fiel die Messe 2020 aus und auch 2021 gab es keine. Dafür gab es aber die AwSHUX, kurz für „Away SHUX“, die dieses Jahr eine Woche nach der SPIEL'21 stattfand. Von Freitag bis Sonntag, jeweils von 17 bis 1 Uhr (MEST) konnten Brettspielbegeisterte auf der ganzen Welt (dann logischerweise zu anderen Uhrzeiten) über den AwSHUX-Discord-Kanal mit den Verlagen kommunizieren und an zahlreichen Online-Tischen auf Tabletopia, Tabletop Simulator oder Board Game Arena Platz nehmen. Der Aufbau des Discord-Servers war so, wie ich mir das auch für die SPIEL.digital gewünscht/vorgestellt hätte. Die Verlage waren alphapetisch sortiert und hatten ihre eigenen Räume und Sprachchats. Meist gab es einen Raum zur Mitspielerfindung für ein bestimmtes Spiel oder es wurden zu festen Zeiten Online-Demos abgehalten. Ein bisschen war es wie in der Realität in Essen, wo ich von Verlagsstand zu Verlagsstand laufe und mir Spiele erklären lassen oder eben sogar mitspiele, wenn ein Tisch frei ist. Die Online-Teilnehmerzahl kam mir sehr klein vor, zumindest bin ich nicht über Massen an Menschen gestolpert. Aber da ich auch nur am Sonntag Abend kurz reinschaute, war der größte Ansturm vielleicht schon wieder vorbei.

Von Freitagabend bis Sonntagabend konnte ich also auf der SPIEL.digital'21 einige Neuheiten bei den genannten Verlagen spielen. Vielen Dank daher hier an dieser Stelle an alle digitalen Erklärer und Erklärerinnen sowie meist gleichzeitig auch Mitspieler und Mitspielerinnen! Von den Verlagen, die keinen digitalen Verlagsauftritt hatten, aber interessante Neuheiten auf Tabletopia anboten, habe ich die Regeln der Spiele selbst gelesen und Solopartien gespielt. Zusätzlich füge ich am Ende noch eine Liste älterer Berichte von SPIEL'21-Neuheiten an, die ich bereits zuvor in diesem Jahr spielen konnte.

Ultimate Railroads/Asian Railroads (Hans im Glück, 2021)

„Ultimate Railroads“ ist eine große Sammelbox, die das Spiel „Russian Railroads“ und dessen zwei Erweiterungen „German Railroads“ und „American Railroads“ zusammenfasst und um eine neue Erweiterung „Asian Railroads“ ergänzt. Letzteres konnte ich auf Board Game Arena zu zweit spielen.

Das Grundspiel und alle Erweiterungen funktionieren sehr ähnlich. Ein kurzer Abriss: Jede Spielerin hat ein eigenes Gleistableau vor sich liegen, auf denen meist drei Strecken eingezeichnet sind. Diese gilt es durch Schienen zu erschließen, die es in verschiedenen Wertigkeiten gibt (Schwarz, Grau, Braun, Beige, Weiß). Die höherwertigen Schienen darf ich dabei nur legen, wenn ich die Schienen darunter bereits gebaut habe. Um richtig zu punkten, müssen an jeder Strecke auch noch ein oder mehrere Loks angelegt werden, die es in den Werten 1-9 gibt und bestimmen, bis zu welcher Schiene gewertet wird. An allen Schienensträngen gibt es Punkte und/oder Boni, wenn ich eine bestimmte Reichweite mit denen Schienen oder zusätzlich mit meiner Lok erreiche. Zum Schluss enthält jedes Spielbrett noch eine Fabrikleiste, an der ich Fabriken bauen (auf der Rückseite der Lokplättchen) und mit einem Marker aktivieren kann. Mechanisch handelt es sich um ein Arbeitereinsetzspiel, bei dem alle Spielerinnen auf einem zentralen Tableau ihre Aktionen auswählen (Gleise bauen, Loks und/oder Fabriken bauen etc.) und ausführen.

„Russian Railroads“ besticht durch seine recht einfachen Regeln und Aktionen. Durch die Gleisboni entsteht aber ein sehr angenehmes Belohnungssystem, das mitunter auch mehrfach triggert und kleinere Kettenzüge erlaubt (mein Gleis spielt einen Bonus frei, dadurch kann ich mehr Gleise woanders legen, die wiederum einen Bonus freispielen, was mich eine Lok bauen lässt, wodurch ich wieder einen Bonus bekomme etc.). Zusätzlich ist das exponentielle Wachstum der Punkte zu erwähnen, die es jede Runde gibt. Erhalte ich in Runde 1 vielleicht mal 10 Punkte, in Runde 2 dann auch schon 20, ist es nicht seltsam, wenn ich in der letzten Runde über 100 Punkte mache. Auf die Art entsteht ein interessanter Aufholeffekt, da die führen Spielerin immer noch verlieren kann, wenn sie ihre Punkteproduktion in der letzten Runde nicht mehr ausbauen kann.

„Ultimate Railroads“ fasst das Grundspiel plus Erweiterungen zusammen. Ganz neu und nicht separat erhältlich ist dabei die Erweiterung „Asian Railroads“. Das eigene Tableau zeigt wieder drei Strecken, die ich ausbauen kann: Beijing -> Baotou, Seoul -> Vladivostok und Tokyo -> Kyoto. Die Tokyo-Strecke hat die Besonderheit, dass ich durch ein Bonusplättchen die Strecke ersetzen kann. Ich fahre dann zum einen einen Schritt weiter bis nach Osaka, die Boni ändern sich leicht und ich kann nur dadurch auf der Strecke höherwertige Gleise bauen. Neu sind die Lokbaustellen. So erlaubt mir die Beijing-Route drei Loks (die auch auch benötige, um die Gesamtlänge von 21 erreicht zu können), ich muss die zwei Lokplätze aber erst durch das Erreichen bestimmter Felder auf anderen Gleisstrecken freischalten. Das hat mir gefallen, weil ich dadurch nicht nur eine Strecke ausbaue, sondern zumindest alle ein bisschen angehen muss. Die Fabrik hat sich komplett geändert, da nicht mehr jeder seine eigenen Fabriken ausbaut und aktiviert. Es gibt dagegen ein zentrales Fabriktableau, auf der alle Spielerinnen ihre Fabriken legen. Das führt dazu, dass aber auch alle anderen diese aktivieren können. Theoretisch erhöht das die Interaktion zwischen den Spielerinnen etwas, aber zumindest in meiner Partie zu zweit wirkte sich das Tableau nur sehr wenig auf meine Spielweise aus. Neben noch ein paar kleineren Besonderheiten wurden in der Ultimate-Edition die Gleisfarben ersetzt in Beige, Grün, Braun, Grau und Gelb (und ja, ich weiß, dass Bronze, Silber und Gold sein soll). Das ändert am Spiel aber rein gar nichts und spielt sich genauso wie vorher.

Wie spielt sich die Erweiterung „Asian Railroads“ nun? Kurz gesagt: Genauso wie die Vorgänger. Das Belohnungssystem ist immer noch klasse, vor allem wenn es im eigenen Spielzug zu einer Kaskade kommt. Und auch die Punkteausschüttung steigert sich von Runde zu Runde, sodass immer die Hoffnung besteht, den Führenden einzuholen. Die neuen Strecken mit dem Freischalten der Loks ist nett, aber auch keine große Änderung. Einzig das geänderte Fabriktableau sticht als wirklich neu heraus. Aber ob es das braucht, kann ich nach einer Partie nicht sagen. Ich weiß zumindest, dass es die Extremstrategie über die Ingenieur-Fabrik-Wertung in unseren Runden nicht mehr erlauben würde, was ich als positiv ansehe. Brauche ich also „Asian Railroads“? Nein, vor allem weil ich die anderen Erweiterungen auch nicht besitze. „Russian Railroads“ genügt mir als Grundspiel. Wenn es einmal pro Jahr auf den Tisch kommt, ist dies auch ohne Erweiterung Spiel genug. Trotzdem hatte ich 90 Minuten Spielspaß zu zweit. (9,5)

Ultimate Railroads/Asian Railroads (Online auf BGA)
Ultimate Railroads/Asian Railroads (Online auf BGA)

Wertung: (9,5)

#UltimateRailroads #AsianRailroads

Savannah Park (Pegasus, 2021)

Bei „Savannah Park“ handelt es sich um ein eher abstraktes Knobelspiel, auch wenn Tiere auf den Plättchen abgebildet sind. Jede Spielerin hat ein eigenes Savannen-Tableau, auf dem sechseckige Tierplättchen liegen. Auf den Plättchen sind manchmal einzelne Tiere, manchmal mehrere Tiere der gleichen Art oder auch gemischte Tierarten zu sehen. Zusätzlich gibt es auf manchen Plättchen eine Wasserstelle. Neben den Tierplättchen zeigt das eigene Tableau noch einige Bäume, Gräser und drei Buschbrände. Wenn ich an der Reihe bin, wähle ich ein noch nicht umgedrehtes Plättchen auf meinem Tableau aus, lege dieses an eine freie Stelle (frei bedeutet in dem Fall komplett leer oder mit Baum oder Gras bewachsen) und drehe es um. Alle anderen Mitspielerinnen müssen das gleiche Plättchen auswählen und ebenfalls bei sich irgendwo hinlegen und umdrehen. Dies geht reihum, bis alle Plättchen umgedreht wurden. Bei der Wertung laufen zuerst manche Tiere aufgrund der Buschbrände weg, dann gibt es Punkte für übrige Gras- und Baumfelder und abschließend wird für jede Tierart die größte zusammenhängende Gruppe gewertet und mit der Anzahl an Wasserstellen in dieser Gruppe multipliziert.

„Savannah Park“ spielt sich sehr unaufgeregt und solitär. Ja, manchmal fluche ich, wenn meine Mitspielerin ein Plättchen wählt, das mir gar nicht passt, ich nun aber zwingend einen Platz finden muss. Mehr Interaktion gibt es aber nicht, jeder spielt für sich. Im Solo-Spiel spiegelt sich das auch wider, denn dort wählt man nacheinander alleine Plättchen aus, verschiebt sie und dreht sie um. Da alle Informationen offen liegen, könnte man also im Kopf durchrechnen, wie die Partie ausgehen wird. Zu zweit ist da zumindest ein bisschen Unwägbarkeit mit drin, zu viert könnte das vielleicht schon wieder zu viel Durcheinander sein. Ein bisschen reiht sich das Spiel bei mir daher bei „Calico“ und „Cascadia“ ein, die trotz Tierthema ebenfalls eher abstrakte Knobelspiele sind. „Savannah Park“ spielt sich aber wesentlich einfacher.

Das Spiel richtet sich damit eher an Familien und Kinder. Allein das Weglaufen der Tiere bei Buschbränden wird bei den meisten etwas erfahreneren Spielerinnen nie vorkommen, da ich bereits im Spiel sehe, ob die Tiere am Ende des Spiels weglaufen würden oder nicht. Für Familien spricht auch die recht geringe Spieldauer von 30 Minuten, zumal die Spielzeit unabhängig von der Spielerinnenanzahl ist. Etwas missfallen hat mir, dass mir während des Spiels unklar ist, wie ich gerade gegenüber den anderen Spielerinnen abschneide. Das heißt, eigentlich puzzelt jeder vor sich hin, am Ende wird gewertet und es gewinnt jemand. Viel mehr will das Spiel aber nicht sein und dafür ist es ganz gut. Die beiliegenden Variationen, die das Spiel beispielsweise über einen Löwen noch etwas abwechslungsreicher machen sollen, habe ich nicht getestet. (7,0)

Savannah Park (Online auf Tabletopia)
Savannah Park (Online auf Tabletopia)

Wertung: (7,0)

#SavannahPark

Die rote Kathedrale (Kosmos, 2021)

In „Die rote Kathedrale“ bauen wir gemeinsame eine Kathedrale nach bestimmten Vorgaben des Zaren auf. Auch wenn die Spielerinnen gemeinsam am gleichen Objekt bauen, ist es ein rein kompetitives Spiel, bei dem am Ende nur die Person gewinnt, die am meisten zur Kathedralenerstellung beigetragen hat.

In der Mitte des Tischs liegt ein zentraler Spielplan, über den die Spielerinnen ihre Ressourcen erhalten. Dies geschieht über einen Würfelauswahlmechanismus. In meinem Zug wähle ich einen der fünf Würfel aus und ziehe diesen so viele Segmente weiter, wie die Augenzahl angibt. Aus dem Segment, in dem der Würfel liegen bleibt, erhalte ich so viele Ressourcen, wie dann Würfel dort liegen (ein Segment hat maximal Platz für drei Würfel). Alternativ zur Ressourcenwahl kann ich mir auch ein Teilstück der Kathedrale (bestehend aus Toren, Fassadenstücken und Türmen) reservieren oder Waren liefern, um ein reserviertes Teilstück zu bauen. Ein eigenes Spielertablau hält dabei noch Boni bereit, die ich erhalte, wenn ich eine bestimmte Würfelfarbe bewege. Das Spiel endet, wenn eine Spielerin sechs Teilstücke der Kathedrale fertiggestellt hat. Zum Abschluss gibt es eine Mehrheitenwertung pro Kathedralenbereich (ein Bereich geht senkrecht von Tor bis Turm).

„Die rote Kathedrale“ ist ein eher klassisches Eurogame. Das Thema schimmert ein bisschen hindurch, aber ob ich jetzt eine Kathedrale baue oder Kleider an einen Ball liefere (Anspielung auf „Rokoko“), es fühlt sich halt wie eine normale Mehrheitenwertung an. Und entsprechend trat bei mir das Thema auch eher in den Hintergrund. Das fand ich aber nicht schlimm, denn die Mechanik hat mir gefallen. Die Würfelauswahl ist spannend, da ich unterschiedlich viele Ressourcen bekomme. Dabei darf ich in Summe nur maximal zehn Ressourcen und Reservierungsmarker auf meinem Tableau lagern und auch nichts freiwillig abschmeißen. Somit ist die Entscheidung wichtig, dass ich frühzeitig etwas reserviere und mir die richtigen Ressourcen dazu nehme. Auch wenn das Thema bei mir nicht so stark herauskommt, die Kathedrale, die entsteht, ist schön anzusehen. Besonders hervorzuheben ist die Grafik auf dem zentralen Tableau, die in einem russischen Stil die vier Jahreszeiten darstellt und sehr schön aussieht.

Auch wenn die Mechanik gut war, fühlte sich das Spiel recht wiederholend an. Ich erhalte zwar durch die Reservierung in der Kathedrale Boni auf manche Würfel, aber dennoch mache ich am Ende des Spiels genau das gleiche wie am Anfang: Teilstück(e) reservieren, Ressourcen sammeln, Ressourcen ausliefern für den Bau. Es ist zwar irgendwie unterhaltsam, aber ein Spannungsbogen entsteht dabei nicht. Spannend war dagegen die Endwertung. Beim Bau der Kathedrale kann jedes Teilstück (Tor, Fassade, Turm) auch noch mit Verzierungen verschönert werden, unabhängig davon, wer das Teilstück gebaut hat. Auf die Art konnte ich zum Ende des Spiels noch einmal ordentlich punkten. Obwohl ich gerade einmal drei Teilstücke an der Kathedrale gebaut hatte, erhielt ich durch vier Verzierungen in einem großen Turm die Mehrheitenwertung und entsprechend viele Punkte, sodass ich am Ende nur aufgrund eines Tie-Breakers den zweiten Platz einnehmen musste.

„Die rote Kathedrale“ hat mich nicht umgehauen, aber es ist definitiv ein solides Spiel, das ich wieder mitspielen würde. (7,5)

Die rote Kathedrale (Online auf Tabletopia)
Die rote Kathedrale (Online auf Tabletopia)

Wertung: (7,5)

#DieRoteKathedrale

Honey Buzz (Skellig Games, 2021)

Als ich mir „Honey Buzz“ das erste Mal anschaute, fiel mir natürlich die niedliche Grafik auf. Süße Bienenlarven mit Schlafmützen auf dem Kopf, Nektarsammelbienen mit Fliegerbrille oder die Währung in Form von Blättern, Haselnüssen und Bärentatzen. Nach genauerem Hinsehen entpuppt sich aus der schönen Larve aber ein nicht zu simples Kennerspiel. Das Thema des Spiels ist dabei, dass wir uns als Bienenvolk selbstständig machen wollen und den Honig auf dem lokalen Tiermarkt an Bären verkaufen möchten. Mechanisch steckt im Kern ein Arbeitereinsetzmechanismus gepaart mit Aktionswahl und Markttableau.

Wenn ich an der Reihe bin, kann ich meine Arbeiterbienen auf sechs Feldern einsetzen. Liegen in einem Feld bereits Arbeiterbienen, muss ich entsprechend eine Arbeiterbiene mehr dort einsetzen (der erste also eine Biene, der zweite zwei, der dritte drei etc.). Über die Felder führe ich keine Aktionen aus, sondern wähle mir nur ein Plättchen, das ich an meine bestehende Bienenwabe anlege. Die Plättchen bestehen aus zwei Hex-Feldern, von denen ein Feld eine von sechs Aktionen abbildet. Sobald ich eine Wabe schließe, sodass nur ein einziges leeres Feld in der Mitte übrig bleibt, führe ich alle Aktionen aus, die Teil dieser Wabe sind. Im besten Fall schaffe ich es also, sechs Aktionen mit dem Schließen einer Wabe zu erreichen. Die Aktionen sind dabei nicht schwer: neue Arbeiterinnen nehmen, auf der Wiese Pollen oder Nektar sammeln, Honig aus meinen Nektarplättchen produzieren oder auf dem Markt Pollen und Honig verkaufen oder dort Aufträge der Bären erfüllen.

Die Plättchenwahl und der Einbau, um damit dann Aktionen auszuführen, hat mir im Kern sehr gut gefallen. Ich kenne bisher kein Spiel, welches eine Aktionswahl auf diese Art und Weise ermöglicht. Diese Innovation kommt aber mit einem Preis. Und der heißt Downtime. Der innovative Mechanismus sorgt dafür, dass ich bei Abschluss einer Wabe 0-6 Aktionen ausführen kann. In unserem Testspiel auf Tabletopia mit vier Spielerinnen konnten wir aufgrund des Startaufbaus alle mit dem ersten Plättchen eine Wabe schließe und vier Aktionen ausführen. Und obwohl die Aktionen sehr einfach sind, dauert es einfach seine Zeit, bis eine Person diese Aktionen ausgeführt hat. Das fällt vor allem dann ins Gewicht, wenn ich in einer Runde einmal als Einziger keine Wabe abschließen kann und somit mein Zug nach zehn Sekunden vorbei ist. Dann danach zehn Minuten auf meinen nächsten Zug warten, kam mir etwas länglich vor. Aus dem Grund bin ich unsicher, was ich genau von dem Mechanismus halten soll, denn eigentlich habe ich keine Lust, „Honey Buzz“ auf die Art noch einmal zu spielen.

Dazu kam aber natürlich auch die umständliche Handhabung in Tabletopia. Es ist einfach aufwändig, die sechseckigen Plättchen korrekt auszurichten und in die eigene Wabe einzubauen. Wir haben deswegen nach etwa 45 Minuten Spielzeit das Spiel abgebrochen, da es vermutlich mindestens noch zweimal so lange gedauert hätte. In der Realität ist dies sicherlich einfacher und die angegebene Spieldauer von 90 Minuten vermutlich erfüllbar. Aufgrund des Abbruchs konnte ich das volle Potenzial des Spiels sicherlich nicht ausschöpfen. Überzeugt haben mich aber definitiv die Grafik und das Thema. Endlich ergibt es einmal in einem Spiel einen Sinn, dass ich sechseckige Plättchen lege. Und das Sammeln von Pollen und Nektar und produzieren von Honig passt sehr gut in die Verwaltung eines Bienenvolkes.

Sehr schön ist auch, dass mit mehr geschlossenen Waben und damit mehr Nektarplättchen auch mehr Honig bei der Produktion in meiner Bienenwabe landet. Da ich je nach Struktur der geschlossenen Wabe (abhängig von der Farbe der Ränder der umliegenden Plättchen) auch noch andere Honigsorten produziere, die unterschiedlich viel wert sind am Markt, gibt es einiges zu beachten. Und durch neue Arbeiterinnen kann ich auch noch mehr Plättchen kaufen und damit mehr Aktionen auslösen. Es entsteht somit ein (sehr) kleine Engine, die dafür sorgt, dass ich im Laufe des Spiels immer mehr machen kann und mehr erhalte.

Die Interaktion mit den Mitspielerinnen ist eher indirekt, aber dennoch gegeben. Zum einen verteuern die anderen Mitspielerinnen mir die Einsatzfelder, dann kämpfen wir auf der Wiese um die begehrte Pollen und den Nektar und auch auf dem Markt gilt es, nicht zu spät anzukommen, da der Preis für den Honig sonst schon zu weit gefallen ist. In unserer Testpartie habe ich innerlich einige Mal geflucht, weil mir jemand das letzte freie Plättchenfeld (ich hatte nur noch eine Biene zum Einsetzen) oder einen bestimmten Nektar vor der Nase weggeschnappt hat.

Mich würde „Honey Buzz“ in der Realität noch einmal interessieren. Da ich aber mit „Myrmes“ ein wirklich großartiges Insektenspiel besitze, gebe ich keine 60 Euro für ein Spiel aus, von dem ich nicht im Vorfeld hundertprozentig überzeugt bin. (8,0)

Honey Buzz (Online auf Tabletopia)
Honey Buzz (Online auf Tabletopia)

Wertung: (8,0)

#HoneyBuzz

Im Schatten der Pagode (Board Game Circus, 2021)

„Im Schatten der Pagode“ (auf Englisch „Four Gardens“ und vom Cover bitte nicht mit „Eternal Palace“ verwechseln) ist ein Familienspiel aus Südkorea. Das zentrale Element und Hingucker des Spiels ist eine vierstöckige Pagode, die so ausgerichtet wird, dass jede Spielerin auf eine der vier Wände blickt. An den vier Wänden jedes Stockwerks sind die Ressourcen Stein, Wasser, Holz und Gras – jeweils in der Anzahl 0 bis 3 – abgebildet. Die Stockwerke lassen sich einzeln, aber mit jeweils alle anderen Stockwerken darauf um 90 Grad drehen.

In „Der Schatten der Pagode“ wollen wir die Nachfolge der Königin antreten und müssen dafür den schönsten Garten rund um die Pagode anlegen. Hierfür haben wir Karten auf der Hand, welche auf der Rückseite einen Teil des Gartens zeigen. Die Rückseiten gibt es in verschiedenen Farben und (2 bis 5) verschiedenen Ausschnitten. Die richtigen Ausschnitte der gleichen Farbe zusammengelegt ergeben ein schönes Panorama. Auf der Vorderseite der Karte stehen die Baukosten in Form der Ressourcen Stein, Wasser, Holz und Gras. Zusätzlich sind jeweils zwei Aktionen abgedruckt: Einmal das Liefern von Ressourcen für ausgespielte Karten und daneben entweder das Drehen der Pagode und Erhalten von Ressourcen oder das Nehmen einer beliebigen Ressource.

Wenn ich am Zug bin, spiele ich entweder eine Karte in meinen Garten mit der Bauseite nach oben, sodass ich später die Ressourcen liefern und den Gartenabschnitt fertigstellen kann. Oder ich werfe eine Karte ab und führe eine der beiden auf ihr abgebildeten Aktionen aus. Bei der Pagode drehe ich nur das Stockwerk (und wie erwähnt automatisch alle darüber befindlichen) um 90 Grad, das auf der Karte abgebildet ist. Ich muss danach die Ressourcen nehmen, die auf der Pagodenseite zu sehen sind, die zu mir zeigt. Zusätzlich ist auf der Karte vorgegeben, ob ich die Ressourcen von oben nach unten oder umgekehrt nehmen muss. Da auf meinem Tableau nur Platz für vier Ressourcen sind und ich für die Gartenabschnitte oft verschiedene und nicht die gleichen Ressourcen benötige, ergibt sich durch das Ausspielen einer Pagodenkarte eine spannende Entscheidung, die auch die Mitspielerinnen betrifft. Wenn ich durch die Lieferung von Ressourcen einen Teil des Gartens beende, drehe ich diese Karte um und erhalte hierfür in einer von vier Farben (die für vier Gottheiten stehen) einen Punkt. Diese Punkte erhalte ich nachträglich auch immer wieder erneut, wenn ich den Garten in dieser Farbe erweitere. Beende ich ein Panorama durch die letzte Karte einer Reihe, erhalte ich einen kleinen Bonus. Das Spiel endet, wenn jemand eine gewisse Anzahl an Gartenkarten gebaut hat. Für jede der vier Gottheiten werden die Gunstpunkte addiert und wer am meisten Gunst erworben hat, gewinnt.

Ein bisschen erinnert mich das Spiel an „Die rote Kathedrale“ (siehe oben). Ich sammel Ressourcen, dabei ist der Lagerplatz beschränkt. Ich reserviere mir Teilstücke (eines Gartens/einer Kathedrale) und liefere die Ressourcen dann aus. Dennoch spielt sich „Im Schatten der Pagode“ einfacher und nicht so verkopft. Zusätzlich ist die Interaktion wesentlich niedriger. Durch die Pagodendrehung ergibt sich zwar oft eine neue Situation, wenn ich an der Reihe bin und natürlich kämpfen wir ein bisschen um die Gunst der Götter, aber es ist kein Wettrennen und es gibt auch keine Mehrheitenwertung, sodass ich meinen Garten so gestalten kann, wie ich mag. Was die anderen Mitspielerinnen tun, ist für mich eher zweitrangig.

Ebenfalls erinnert hat mich das Spiel an „Kanagawa“. Auch hier befinde ich mich in Japan und male/erschaffe Landschaften, aber ich finde „Kanagawa“ das abwechslungsreichere und interessantere Spiel. „Im Schatten der Pagode“ ist eher ein ruhiges, entspanntes Spiel, welches ich nebenher mit Freunden spielen kann, während wir über dies und das reden. Damit ist es sicherlich auch für Familien und Spieleeinsteiger empfehlenswert. Die Regeln finde ich für das Selbstlernen aber teilweise etwas seltsam geschrieben. Denn für jede Aktion gibt es die eigentlichen Regeln und dann folgt manchmal ein Kasten mit „Zusätzlichen Regeln“. Durch die Abhebung mit einem Rahmen wirkt es noch einmal wie eine besondere Herausstellung. Aus anderen Spieleanleitungen bin ich eher gewöhnt in solchen Kästchen Beispiele zu finden, weswegen es am Anfang passierte, dass ich wichtige Passagen überlas. Warum diese „zusätzlich“ sind und nicht einfach Teil der „normalen“ Regeln und auch entsprechend dargestellt werden, erschloss sich mir nicht.

Was ich schade fand, war, dass die Erklärerin des Spiels nur eine Kurzübersicht der Regel hatte, die nicht von ihr geschrieben war und auch noch einige ihr unbekannte Messemodifikationen enthielt. Das führte bei mir zu „kleinen“ Konflikten, da so gut wie jede erklärte Aktion der Anleitung widersprach. Das hemmte leider etwas den Spielfluss. Normalerweise finde ich es – vor allem auf Messen – gut, wenn auf irgendeine Art und Weise das Spiel beschleunigt wird, um es kennenzulernen. Dann sollte dies aber auch vorab gesagt werden, da sonst entweder bei Mitnahme des Spiels dieses daheim komplett falsch gespielt wird. Oder die Verwirrung sehr groß ist, wenn die Käuferin die Regeln liest und ein ganz anderes Spiel entsteht. Und ja, die Regeländerungen auf der Messe waren schon gravierend und niemand sollte mit diesen real spielen. (Beispiele: Die Pagode konnte beliebig, auch 180 Grad gedreht werden. Beim Legen von Karten in meinen Garten habe ich zusätzlich noch eine der Aktionen ausgeführt, ich konnte also eine Gartenkarte legen und gleichzeitig Ressourcen damit nehmen. Das Spiel sollte nach neun offenen Gartenkarten in Summe über alle Spielerinnen enden und nicht erst, als eine Spielerin neun Gartenkarten hatte. Damit war das Spiel aber viel zu schnell vorbei und kaum jemand konnte ein Panorama beenden.)

„Im Schatten der Pagode“ ist definitiv kein schlechtes Spiel, nur fehlt mir etwas die Besonderheit. Die Pagode zur Ressourcenwahl sticht logischerweise heraus, aber der Rest ist dann ein eher normales Set-Collection-Spiel. Zugutehalten muss ich dem Spiel, dass es schön aussieht. Nicht nur die Pagode, sondern auch die Gartenkarten sind sehr schön gezeichnet. Die Pagode hat nur das gleiche Problem wie der Baum in „Everdell“: Das, was hinter der Pagode liegt, sehe ich nicht. Und so musste ich in Tabletopia mehrmals die Ansicht wechseln, damit ich sehen konnte, welche Karten in der offenen Auslage zum Nachziehen lagen. Bei „Everdell“ kann ich den Baum zumindest weglassen. Die Pagode ist aber das zentrale Spielelement. Es wäre dem Verlag natürlich möglich gewesen, den Mechanismus durch eine simples Rad mir vier Scheiben, von denen ich eine und alle darauf befindlichen drehe, umzusetzen. Die Pagode macht optisch natürlich mehr her. Die Optik schlägt aber nicht die einfachere Spielmechanik. Daher würde ich bei einem ähnlichen Thema immer „Kanagawa“ bevorzugen. (6,5)

Im Schatten der Pagode (Online auf Tabletopia)
Im Schatten der Pagode (Online auf Tabletopia)

Wertung: (6,5)

#ImSchattenDerPagode

Arche Nova (Feuerland, 2021)

Eines der vorab am meisten erwarteten Spiele der SPIEL'21 war „Arche Nova“. Ein Zoo aus Plättchen bauen und darin Tiere ansiedeln klingt nicht allzu spektakulär oder gar neu, die Mechanik beziehungsweise die Verzahnung verschiedener Mechanismen ist aber das, was „Arche Nova“ glänzen lässt.

Alle Spielerinnen bauen in „Arche Nova“ einen Zoo auf. Dabei ist es nicht nur wichtig, attraktive Tiere zu präsentieren, um Besucher anzulocken, sondern auch viel für den Artenschutz zu tun, denn nur auf die Art kann ich gewinnen. Für das Spiel stehen mir fünf Aktionen zur Verfügung, die durch fünf Karten in fünf nummerierten Plätzen repräsentiert werden. Wenn ich eine Aktion ausführen möchte, hat die Karte eine bestimmte Stärke, je nachdem, an welchem Platz sie liegt. Nach der Nutzung schiebe ich sie wieder nach vorne auf den ersten, schwächsten Platz. Das Prinzip ist nicht neu, aber dennoch spannend, auch wenn natürlich sehr oft die Wahl auf die Aktionen mit der Stärke 3, 4 oder 5 fällt. Es kann aber spielentscheidend sein, eine schwächere Aktion zum richtigen Zeitpunkt auszuführen.

Eine der Aktionen erlaubt mir meinen Zoo mit weiteren Gehegen zu vergrößern. Die Gehege kommen mit 1 bis 5 Hex-Feldern daher und müssen entsprechend auf mein Zoo-Tableau eingebaut werden. Mit einer anderen Aktionskarte kann ich dann ein Tier in einem der Gehege ansiedeln, dessen Karte ich zuvor mit einer weiteren Aktion auf die Hand genommen habe. Für das Ausspielen bringt jede Tierkarte einige Voraussetzungen mit: Neben der Gehegegröße können das auch benachbarte Stein- oder Wasserfelder sein. Aber auch Anforderung an befreundete Zoos anderer Kontinente oder andere Tiere im Zoo sind möglich. Eine ausgespielte Tierkarte bringt mir neben der Attraktivität, die auch mein Einkommen am Rundenende bestimmt, manchmal auch Artenschutzpunkte und andere Aktionen. Eine weitere Aktionskarte lässt mich Sponsorenkarten ausspielen, die Einmal-, Dauer- oder Spielendeeffekte haben. Und mit der letzten Aktionskarte kann ich mich mit Zoos anderer Kontinente anfreunden, in die Universität investieren oder etwas zu Artenschutzprojekten beisteuern.

Das Spielende wird eingeläutet, sobald die zwei gegenläufigen Marker für Attraktivität und Artenschutz sich treffen. Dies ist vielen schon aus „Rajas of the Ganges“ bekannt und funktioniert genauso gut. In der Regel muss ich beide Marker voranbringen, aber dennoch kann ich meinen Fokus mehr auf Artenschutz oder mehr auf die Attraktivität meines Zoos richten, was mir sehr gefällt. Nachdem jeder (außer der Spielerin, die das Spielende provoziert hat) noch einmal dran war, gibt es noch Artenschutzpunkte durch Sponsorenkarten und geheime Zielkarten. Und wessen beiden Marker nun am meisten auseinander liegen, hat gewonnen.

Die obige Beschreibung ist nur eine kurze Zusammenfassung. Die komplette Spielerklärung hat bei uns 45 Minuten gedauert und ich vermutete, dass dies auch nicht kürzer wäre, wenn ich das Spiel jemanden neu beibringen müsste. Trotz der vielen Regeln und der starken Verzahnung spielt sich „Arche Nova“ von Anfang an recht intuitiv. Auch wenn mich die Symbole auf den Karten zuerst erschlagen haben, sind sie so eingängig, dass es nach zwei Runden keine Fragen mehr gab. Und auch das Zusammenspiel der anderen Karten und Boni im Zoo ist ziemlich schnell erfasst, was die Einstiegshürde trotz der Komplexität des Spiels doch niedrig hält. Erschlagen könnte den einen oder die andere die Tischpräsenz. Die Dimension des Spielbretts für die Kartenauslage und Marker plus Zusatzbrett für den Artenschutz und Projekte mitsamt vier Spielertableaus und den ganzen ausgelegten Karten verlangt einen großen Tisch. Leider einen so großen, dass ich gar nicht daran denken muss, mir „Arche Nova“ zuzulegen, weil ich es sonst nur auf dem Fußboden spielen könnte.

Die Interaktion im Spiel hält sich stark in Grenzen. Es gibt Karten, die sich auf meine Mitspielerinnen beziehen („Erhalte 3 Geld, wenn irgendjemand einen Vogel spielt.“) und manchmal nahmen wir uns aus der offenen Auslage oder bei den Artenschutzprojekten etwas weg. Ansonsten baut aber jeder für sich seinen eigenen Zoo auf, was zumindest mir sehr gefallen hat. Es ist zwar teilweise etwas schade, dass ich nur ganz wenig auf den Zoo und die Tiere meiner Mitspielerin geschaut habe, aber ich war meist mit meiner eigenen Planung beschäftigt. Und die beschäftigt einen wirklich. Zu zweit haben wir etwas mehr als 3 Stunden gespielt, was neben der Tischgröße mein zweiter Kritikpunkt ist. Wichtig: Ich sehe das nicht kritisch, weil es langweilig gewesen ist. Ganz im Gegenteil! Nach etwa anderthalb Stunden überlegten wir, aufzuhören. Aber wir beide wollten dann doch noch nur diese paar Tiere von der Hand ansiedeln (und nicht „bauen“, wie es uns mehrfach herausrutschte). Und als das geschehen war, wollten wir nur noch kurz das und das erledigen. Es spricht sehr für das Spiel, dass wir mehrmals überlegten aufgrund der Spieldauer aufzuhören, aber einfach nicht wollten. Die Kritik betrifft also die Spieldauer als Ganzes, denn abends mal kurz eine Partie „Arche Nova“ einzuschieben, ist nicht möglich. Es sollte schon bis Mitternacht eingeplant oder lieber tagsüber gespielt werden.

Da es eine geringe Interaktion gibt, spielt sich „Arche Nova“ solitär ebenfalls sehr gut. 27 Züge habe ich Zeit, damit sich der Attraktivitäts- und der Artenschutzmarker treffen, um das Spiel zu gewinnen. Über den Startwert der Attraktivität kann ich das Spiel schwerer oder leichter machen. Dadurch, dass so gut wie nichts am Spiel verändert werden muss (einzig die Pause wird etwas anders gehandhabt), gibt es auch kaum neue Regeln zu erlernen, was mir sehr gefallen hat. Für meine erste Solopartie habe ich circa 90 Minuten gebraucht und bin leider gescheitert, da ich kaum Artenschutzpunkte generieren konnte. Daran habe ich auch gemerkt, dass das Spiel sehr vom Kartenglück abhängt, vor allem bei weniger Spielerinnen, wenn weniger Karten vom Stapel im Durchlauf sind. Wenn aber als Artenschutzprojekte nur Australien, Pflanzenfresser und Fleischfresser ausliegen, in den ersten 20 Zügen aber nur jeweils ein Tier mit eine der Bedingungen in der Auslage erscheint, dann kann ich wenig zum Artenschutz beitragen. Dennoch hat es auch allein Spaß gemacht, den Zoo aufzubauen.

Wie geschrieben ist die Symbolik sehr leicht eingängig. Die X-Marker, um eine Aktion zu verstärken, hätte ich vermutlich noch mit einem kleinen „+1“ versehen und an einer Stelle kam ich bei den befreundeten Zoos bei der Farbgebung durcheinander, da sowohl ein Kontinent als auch das Symbol „Partnerschaft“ die gleiche Hintergrundfarbe haben. Sehr gut gefallen haben mir auch die Tierfotos und anderen Darstellung auf den Karten. Dadurch bekommt das Spiel mehr Realitätsnähe und wirkt nicht zu künstlerisch künstlich. Lustig ist natürlich auch, wenn auf den Karten „bekannte“ Personen wie Elizabeth Hargrave (Autorin von „Flügelschlag“) als Ornithologin oder Christian Hildenbrand (Redakteur bei Amigo, aber gelernter Tierarzt) mit Schlange in der Hand auftauchen. Ich gebe aber zu, dass ich diese kleinen Gags ohne die Erklärerin von Feuerland nicht gefunden hätte. Ein kleiner Kritikpunkt ist noch die Ablagefläche für Geld und X-Marker: Diese war bei uns sehr oft zu klein, aber natürlich konnten wir das Geld einfach neben dem Spieltableau stapeln.

Der Elefant im Raum wurde noch nicht angesprochen: der Vergleich von „Arche Nova“ zu „Terraforming Mars“. Die Ähnlichkeiten, die ich sehe, sind, dass ich Karten in meine eigene Auslage spiele, die Anforderungen an vorher ausgespielte Karten haben, und, dass wir Hex-Plättchen auf ein Tableau legen. Die Spielmechanik und die Aktionen sind gänzlich anders und nicht vergleichbar. Auch die Interaktion ist eine ganz andere, gibt es in „Terraforming Mars“ doch noch einen Area-Control-Aspekt, da alle auf dem gleichen Tableau den Mars besiedeln. Was noch ähnlich ist: Sowohl bei „Terraforming Mars“ als auch bei „Arche Nova“ verliere ich vor lauter Karten ausspielen, weil das alles so schön zusammenpasst, das Spielziel aus den Augen. Aber das spricht wohl eher für die Spiele als dagegen.

Mir haben die bisherigen zwei Partien „Arche Nova“ sehr gut gefallen. So gut, dass ich zwischendurch trotz der Spiellänge nicht aufhören wollte. So gut, dass ich gerne noch mehr Partien spielen würde. Und so gut, dass ich nach Schreiben dieses Textes das Spiel bestellt habe, obwohl ich es tatsächlich nicht auf meinen Tisch bekommen werde – also nicht zeitlich, sondern wegen der Spielplandimension. Ich habe aber die Hoffnung, dass den Mitspielerinnen es auch auf dem Fußboden gefällt. (9,5)

Arche Nova (Online auf Tabletopia)
Arche Nova (Online auf Tabletopia)

Wertung: (9,5)

#ArcheNova

Paint the Roses (North Star Games, 2022)

„Paint the Roses“ ist ein gerade auf Kickstarter laufendes Projekt, welches mich aufgrund der Thematik sehr interessiert hat. Wir sind die Gärtner der bösen Herzkönigin in „Alice im Wunderland“. Die Königin hat immer neue Wünsche, wie der Garten gestaltet werden soll. Gemeinsam bauen wir den Garten auf und versuchen die geheimen Wünsche der Königin, die jede Spielerin auf der Hand hält, zu erraten. Wenn wir das aber nicht schaffen, holt uns die Königin ein und es heißt „Kopf ab!“ Im Kickstarter gibt es auch noch eine Erweiterung, die ich aber nicht anspielen konnte.

Mechanisch handelt es sich bei „Paint the Roses“ um ein kooperatives Deduktionsspiel. Alle Spielerinnen haben eine Wunschkarte der Königin verdeckt auf der Hand. Auf dieser sind zwei Farben (aus den vier Farben Gelb, Lila, Rosa und Rot) oder Symbole (die bekannten vier Standardfarben in Kartenspielen: Karo, Herz, Pik und Kreuz) abgebildet. Je nach Schwierigkeitsstufe der Karte kann es dann auch zur Kombination Farbe/Symbol kommen. Wenn ich an der Reihe bin, wähle ich eines der vier ausliegenden, sechseckigen Gartenplättchen, auf denen immer ein Symbol plus Farbe abgebildet ist, und lege es auf einen freien Platz im Garten. Danach markieren alle Spielerinnen inklusive mir mit kleinen Marker, wie viele Übereinstimmungen das neue Plättchen mit den bis zu sechs umliegenden bezogen auf die eigene Wunschkarte hat. Wenn meine Wunschkarte beispielsweise „Herz/Pik“ zeigt und jemand legt ein rotes Herz-Plättchen neben ein lila Pik-Plättchen, ein gelbes Pik-Plättchen und ein lila Karo-Plättchen, dann lege ich zwei Marker auf das gelegte Plättchen, da Pik zweimal neben Herz liegt. Meine Mitspielerinnen können nun aus meinen zwei Markern schließen, dass ich entweder die Kombination Herz/Pik habe oder vielleicht auch Rot/Lila oder – wenn ich eine schwere Wunschkarte genommen habe – auch Herz/Lila oder Rot/Pik.

Wenn alle ihre Marker gelegt haben, müssen die Spielerinnen eine Wunschkarte erraten. Liegen sie richtig, gehen sie entsprechend viele Felder auf einer Leiste voran. Die Leiste stellt keine Punkte im eigentlichen Sinne dar. Sie hat aber zwei Funktionen: Zum einen verfolgt uns die rote Königin. Sie läuft anfangs immer einen Schritt. Wenn wir falsch raten, doppelt so weit. Zusätzlich können wir als Gärtner das weiße Kaninchen einholen, welches dann aber zur nächsten Basis vorläuft. Immer, wenn wir das Kaninchen erreichen, beschleunigt die Königin und läuft ab da einen Schritt mehr. Je weiter wir also im Spiel vorankommen, desto schneller wird die Königin und holt uns vor allem bei Fehlrateversuchen sogar ein. Das Spiel endet und die Spielerinnen haben gewonnen, sobald der ganze Garten mit Plättchen vollgepuzzelt wurde.

„Paint the Roses“ ist im Kern ein abstraktes Spiel, welches ich dafür thematisch aber gut umgesetzt finde. Die Herzkönigin, die uns verfolgt. Das weiße Kaninchen, das wir nie wirklich einholen können, weil es immer wegläuft. Die Anspielungen der Spielkarten und Farben im Garten der Königin. Die drei Figuren sind dabei auch noch schön anzusehen, auch wenn ich das Kaninchen mit Schnurrbart irgendwie seltsam finde. Die restliche Grafik ist für das eigentliche Spiel funktional, aber dennoch hübsch anzusehen. Schade finde ich natürlich, dass wir nicht Alice den Garten gestalten und vor der Herzkönigin davon laufen lassen. Dadurch, dass es aber ein kooperatives Mehrpersonenspiel ist, sind die zwei Gärtner als eine Figur auch passend.

Das Gefühl im Spiel war ein Auf und Ab der Emotionen. Ich fange mit dem Höhepunkt an: Wir legen das letzte Gartenplättchen. Die Herzkönigin ist sechs Schritte hinter uns. Wir haben von keinem von uns Dreien einen exakten Tipp. Wenn wir falsch liegen, holt uns die Königin ein und wir verlieren. Für meine einfache Wunschkarte haben meine zwei Mitspielerinnen immerhin „nur“ noch vier Kombinationen als mögliche zur Auswahl. Da wir raten müssen, wird bei mir geraten. Bei einer 25% Chance! Und? Es passt tatsächlich. Wir gehen zwei Schritte vor, die Königin vier, also immer noch zwei Abstand. Und wir gewinnen das Spiel. Das war wirklich großartig und spannend! Die eine Stunde davor gestaltete sich aber manchmal sehr frustrierend, manchmal sehr langatmig. Die Langatmigkeit kommt aus einem Phänomen, das mir zuerst bei „Codenames“ aufgefallen ist und mich heute noch stört. Wenn bei „Codenames“ der Agentenchef einen Tipp überlegt, heißt es Warten für die ganze Gruppe. Natürlich soll der Tipp gut sein und so dauert das eine Weile. Das gleiche Problem gibt es bei „Paint the Roses“. Ich möchte meinen Mitspielerinnen einen guten Tipp geben, der viel verrät. Also gehe ich die vier zur Verfügung stehenden Plättchen durch, prüfe die X freien Plätze im Garten und markiere mir im Kopf, welchen neuen Informationen es dadurch gibt. Und das dauert je nach Spielerin recht lange. In dieser Zeit sitzen die anderen nur da und warten. Im Gegensatz zu „Codenames“ kann ich hier aber wenig Smalltalk machen, weil das die aktive Spielerin zu sehr ablenkt. Das zweite Problem war mein Frust aus zwei Gründen: Zum einen war es frustrierend zu sehen, wenn eine Mitspielerin ein Plättchen legt, was keinerlei neue Informationen hervorbringt. Oder wenn (in meinen Augen) das falsche Plättchen gewählt wird, weil ein anderes an einer anderen Stelle viel mehr verraten hätte. Und das ist frustrierend, weil ich nicht einmal darauf hinweisen darf. Zum anderen hatte ich als Wunschkarte von Anfang an Rosa/Rosa auf der Hand. Leider kamen sehr lange keinerlei rosa Plättchen zum Hinlegen, was dazu führte, dass ich nie einen Würfel als Tipp legen konnte. Die zwei Mitspielerinnen konnten also nur durch das Nicht-Vorhandensein meiner Würfel über zig Runden hinweg einzelne Kombinationen abkreuzen, bis es am Ende noch eine 50:50-Chance gab.

Allgemein gibt es zwei Möglichkeiten für den Verlauf beim Raten: Entweder jemand legt Würfel und man hat eine gute Ausgangsbasis für mögliche Kombinationen (meist sind das maximal vier Stück). Oder jemand legt mehrere Runden keine Würfel und man kann nur sehr mühsam im Ausschlussverfahren die richtige Kombination herausfinden. Das erste fand ich zwar sehr logisch, aber auch teilweise zu leicht. Das letzte wiederum wie oben geschrieben eher frustrierend und langatmig. Für diese Fälle liegen dem Spiel Notizblöcke bei, auf denen man für jede Spielerin ankreuzen kann, welche Möglichkeiten es gibt oder definitiv nicht gibt. Und irgendwie war es ein wenig langweilig, die Wunschkarten auf diese Art und Weise zu deduzieren. Ich gebe aber zu, dass es bei den schweren Wunschkarten mit 36 möglichen Kombinationen schwer wird, diese im Kopf abzuhaken.

In Summe heißt das für mich, dass ich das Spiel nicht unterstützen werde. Ich würde es vermutlich wieder mitspielen, aber ich denke, nur wer solche Logikrätsel mit Ankreuzen spannend findet, hat an „Paint the Roses“ langfristig seine Freude. Es gefällt mir ungefähr gleich gut wie „Cryptid“, aber definitiv besser als „Die Alchimisten“. Sehr schön ist, dass es meist keine Denkfehler durch den kooperativen Aspekt und die Diskussion gibt. Das fand ich bei den vorgenannten kompetitiven Titeln oft frustrierend. (7,5)

Paint the Roses (Online auf Tabletopia)
Paint the Roses (Online auf Tabletopia)

Wertung: (7,5)

#PaintTheRoses

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