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Steam oder kein Steam

Der Artikel erschien heute auch bei Ikhaya.

Rückblende

Erinnert sich noch jemand an das Jahr des Linux-Desktops? Wenn man den Suchbegriff in eine Suchmaschine seiner Wahl eingibt, wird jedes Jahr seit 2010 das Jahr des Linux-Desktops ausgerufen. Für mich zählt der Ausdruck deshalb bereits seit Längerem zum Unwort des Jahres. Dennoch könnte Valve, die Firma hinter Steam, genau dies für das Jahr 2013 erreichen.

Lange Zeit sah es mit Spielen unter Linux eher mau aus. Natürlich gab es Linux-Spiele wahrscheinlich schon mit dem ersten grafischen Linux-Desktop. Und wenn ich die Linux-Programmierer richtig einschätze, gab es davor auch schon Linux-Spiele ohne Grafik.

So unterhaltsam „Frozen Bubble“ und „TuxRacer“ aber auch sein mögen, es sind nun einmal keine Titel, die mit einer großen Spielwelt, zahlreichen Handlungsspielräumen, einer atemberaubenden Grafik, einer faszinierenden Geschichte oder tiefgründigen Charakteren glänzen. Eigenschaften, die vor einiger Zeit nur mit Triple-A-Titeln assoziiert wurden. Etwas, was es nur unter dem Spiele-OS Windows oder auf Konsolen gab.

Steam für Linux

Zuerst sei gesagt: Steam hat nicht das Spiele-Rad erfunden. Für Linux haben sie es aber etwas runder gemacht. Linux-Spiele gibt es wie gesagt schon länger. Und diverse Indie-Entwickler bieten ebenfalls seit Längerem ihre Spiele auch für Linux an. Das Humble Bundle ist seit Mai 2010 ein guter Beweis dafür, dass es auch „größere“ Titel unter Linux geben kann. Dennoch beschränkten sich die Indie-Spiele oft auf Jump'n'Run und Puzzlespiele oder waren mit Klötzchengrafik versehen (was jetzt keine Anspielung auf Minecraft sein soll).

Das Spiele-Portfolio von Valve dagegen ist von einem anderen Kaliber: Half-Life, Counter-Strike: Source, Team Fortress 2 sind die Namen der großen Titel. Und die Liste wird noch weitergeführt, wenn das geniale „Portal“ oder Half-Life 2 und Left 4 Dead 2 die Beta-Phase verlassen.

Außerdem ist die Benutzung von Steam so schön einfach: Paket herunterladen, installieren, Steam starten, Spiel kaufen, losspielen.

Dass es Valve mit Steam für Linux ernst meint, zeigen natürlich obige Portierungen. Zusätzlich gibt es Bestrebungen seitens Valve eine eigene Konsole auf den Markt zu bringen. Und der Clou: Auf der Konsole läuft Linux. Wenn Valve das Ziel der Konsole also weiter verfolgen will, müssen sie notgedrungen Steam noch attraktiver für Linux machen – was eben vor allem durch ein großes Spiele-Portfolio erreicht wird.

Warum doch nicht?

Wenn das alles so schön und toll ist, was ich da oben beschreibe, wieso nutze ich (immer noch) kein Steam? Der Grund sind drei Buchstaben: DRM. Das Kürzel DRM steht für Digitales Rechte-Management und wird aus Sicht von Urhebern, meist aber vor allem aus der Sicht von Publishern und Verwertern, die viel Geld damit verdienen, als notwendig beschrieben, um die Kreativen zu schützen. Aus Kundensicht ist DRM eine Einschränkung der Benutzung einer Sache, die man gekauft hat.

Gekauft? Ja, da ist das Problem. Beim Steam kauft man keine Spiele, sondern man kauft nur das Nutzungsrecht. Und der rechtliche Unterschied ist hier immens. Gekaufte Spiele gehen in den Besitz des Käufers über. Er hat (in Deutschland) dann auch das Recht, den Titel weiterzuverkaufen. Kauft man nur das Nutzungsrecht, hat man keinerlei Rechte am Titel selbst. Wenn ich ein Spiel also gespielt habe, ist es nach dem Durchspielen nichts mehr wert. (Und wie viele Spieletitel hat man daheim, die man wirklich mehrmals durchspielt?)

Abgesichert wird diese Regelung durch den Steam-Nutzungsvertrag (AGB), Abschnitt 2.A um genau zu sein. Interessanterweise streiten sich die Gerichte aber noch, ob solche Bedingungen einem Kunden wirklich zuzumuten sind. Entsprechende Urteile gibt es schon zugunsten des Verbrauchers, aber auch zu dessem Nachteil. Eine Klage gegen Valve diesbezüglich läuft immer noch.

Wenn man die AGB und die Datenschutzrichtlinien weiterliest, fallen einem noch andere Dinge auf, die für den Nutzer nicht so vorteilig ausgedrückt sind. So erhebt Valve Daten von Spielern und Käufen (noch legitim), kann diese aber auch an Dritte weitergeben.

Vor allem sollte man nicht vergessen: Kauft man bei Steam ein, begibt man sich komplett in die Hände von Valve. Ein falsche Handlung kann zum kompletten Bann des Steam-Kontos {en} führen. Alle Spiele sind dann weg. (Wer den Thread komplett liest, wird aber feststellen, dass der Zugang zu den Spielen nach etwas hin und her zumeist doch wieder hergestellt wurde.) Gleiches Schicksal erleidet man, wenn Valve auf die Idee käme, dass sich Linux-Spiele doch nicht lohnen und 2014 seinen Dienst für Linux wieder einstellen würde. Und durch den Jugendschutz in Deutschland kann man auch das ein oder andere Spiel bei Steam verlieren. Ebenso kann es auch zu Bugs in Steam kommen.

Noch mehr Kritik findet man in der Wikipedia.

Fazit

Es gibt sicherlich Vor- und Nachteile, die Steam für Linux mit sich bringt. Ich freue mich für jeden Linux-Nutzer, der sein Windows endlich nicht mehr booten muss, um ein „ordentliches“ Spiel in den Händen halten zu können. Für mich sind die Geschäftsbedingungen und die DRM-Geiselung von Steam aber nicht hinnehmbar und das wird sich wohl auf Dauer auch nicht ändern. Ich bevorzuge da lieber die Humble-Spiele. Hier bekommt man für sein Geld etwas geboten, kann die Spiele DRM-frei auch weiterverkaufen und ist nicht vom Gutdünken einer Firma abhängig.

Trackbacks

deesaster.org am : Update: Diverse Steam-Ankündigungen diese Woche

Vorschau anzeigen
Wie bereits bei der Veröffentlichung von SteamOS angekündigt, wollte Valve diese Woche weitere Steam-bezogene Nachrichten veröffentlichen und hat Wort gehalten. Nummer 2: Steam Machines 2014 bietet Valve nicht nur eine Dampfmaschine an, sondern gleich m

Kommentare

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Gyges am :

Nun das DRM-Gedöns ist wohl ein notwendiges Übel, wenn man AAA-Titel spielen möchte. Zumindest bis alle großen Publisher überzeugt sein werden, dass DRM keine gute Idee ist. Und bis dahin dürfte wohl noch viel Wasser den rhein hinunter fließen.

Dee am :

Da bin ich nicht so sicher, ob das wirklich notwendig ist. Über die Kommentare bei Ikhaya bin ich auf einen Foreneintrag aufmerksam gemacht worden:

http://www.gog.com/forum/general/list_of_drmfree_games_on_steam/page1

Das ist die Liste der (angeblich) DRM-freien Spiele auf Steam. Konkret, die man bei Steam einmalig herunterladen, danach aber ohne Steam auf zig Computern spielen kann. Und in der Liste tauchen auch Triple-AAA-Titel auf wie Dungeon Siege 2, Fable, Fallout 3.

Aber natürlich sind das alles ältere Titel. Für neuere Titel werden die großen Publisher alles tun, damit man das Spiel nicht einfach so spielen kann. Da gibt es ja unabhängig von Steam noch schlimmere Lösung von EA oder Ubisoft.

Leser am :

Naja - ist ein zweischneidiges Schwert. Es hat sine Vorteile, wenn ein Spiel einfach auf den PC zu bringen ist. Keine Trickserei mit Bibliotheken, Installern ... Wobei ich den "schwierigeren" Weg für mich als gangbarer erachte. Ich lade mir die Pakete aus den Humble Indie Bundles - ganz selten gehe ich über Steam. Eigentlich nur, wenn ein Titel (z.B. The Cave) nicht anders zur Verfügung steht.

Johannes R am :

Steam oder kein Steam

Für mich ganz klar - erstmal auf jeden Fall Steam - wenn es sich besser etabliert hat bin ich mich auch nicht sicher ob ich es noch nutzen werde (nicht verraten) aber jetzt stehe ich erstmal voll dahinter...
Und Half-Life2 freue ich mich ganz besonders...

GamingTUX am :

Ich glaube Steam für Linux kann sehr positiv sein. Die dazu gekommene Aufmerksamkeit wird helfen, auch anderen ( nicht Steam Titel ) den Weg nach Linux zu ebnen. So hat Bizzard zum Beispiel einen Linux-Client für dieses Jahr angekündigt.

Ich kaufe mir die meisten Spiele lieber DRM Frei und hab dich nach einem "Redem" dann auch auf Steam. Steam ist ja auch eine Community und ich finde es schön zu wissen, wer zoggt gerade was, dann kann man einfach mitmachen.

Vorraussetzung ist, das mehr Leute erstmal Steam nutzen. Die Zahlen sind nicht rückläufig. Denn wenn Steam scheitert, scheitert auch Tripple A unter Linux!

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