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Review: To The Moon – Reise zum Mond

Die meisten Menschen haben Träume, die sie in ihrem Leben verwirklichen wollen. Als Kind möchte man Astronaut, Feuerwehrmann oder Superheld werden. Je nachdem, wie man die Jugend verlebt hat, festigt sich dieser Wunsch oder man schlägt eine ganze andere Richtung ein. Manchmal spielt das Leben aber anders als man es gerne hätte und so bedauert man auf dem Sterbebett, was man alles nicht erreicht hat. Wäre es nicht schön, wenn man zurück reisen und sein Leben ändern könnte, um seine Träume zu verwirklichen?

John schaute als Kind schon gerne die Sterne und den Mond an.

John schaute als Kind schon gerne die Sterne und den Mond an.

Zurück in die Vergangenheit

Dr. Neil Watts und Dr. Eva Rosalene sind zwei bei Sigmund Corp angestellte Wissenschaftler, die genau dies leisten sollen. Auch wenn sie nicht in die Vergangenheit reisen können, können sie sich zumindest in die Gedanken einer Person einschalten und bis in deren Kindheit zurück reisen, um dort Änderungen an deren Erinnerungen vorzunehmen.

John Wyles ist ein solche Person. Er liegt im Sterben und hat nur noch wenige Stunden zu leben, als Dr. Watts und Dr. Rosalene in seinem Haus, neben einem riesigen Leuchtturm eintreffen. Sie wurden einige Wochen zuvor von John Wyles beauftragt, seinen sehnlichsten Wunsch zu erfüllen – zum Mond zu reisen.

Dr. Rosalene und Dr. Watts haben eher unglücklich geparkt.

Dr. Rosalene und Dr. Watts haben eher unglücklich geparkt.

Den beiden Wissenschaftlern stellt sich nur das Problem, dass sie Beweggründe für Johns Wunsch nicht kennen. Und ohne den können sie auch keine Veränderungen in seinen Erinnerungen vornehmen, da der Wunsch, den eigenen Traum umzusetzen, immer noch vom Kunden selbst kommen muss.

Also reisen Dr. Watts und Dr. Rosalene in kleinen Schritten in Johns Erinnerungen zurück. Dabei lernen sie John und seine Frau River, die bereits einige Jahr zuvor verstorben ist, immer mehr kennen und bauen eine Beziehung zu ihm auf, auch wenn sie normalerweise die Distanz zu einem Kunden wahren sollten.

Am Ende finden beide heraus, wie sie Johns Wunsch erfüllen können. Die Änderung der Erinnerung hat aber einen hohen Preis …

In der Zeitleiste am oberen Rand sieht man, wo man sich in Johns Erinnerungen befindet.

In der Zeitleiste am oberen Rand sieht man, wo man sich in Johns Erinnerungen befindet.

Spielgefühl

Noch nie hat das Wort „Spielgefühl“ so gut auf einen Titel gepasst wie bei „To The Moon“, denn genau darum geht es in dem Spiel – um Gefühle. Träume, Wünsche, Hoffnungen, Tod, Trauer, Enttäuschung, Liebe, Krankheit, Schmerz … „To The Moon“ bietet dem „Spieler“ all das.

Das Wort „Spieler“ steht mit Absicht in Anführungszeichen, denn sehr oft ist man eher Zuschauer als aktiver Teilnehmer. Man kann Dr. Rosalene und Dr. Watts zwar durch die Level bewegen, Gegenstände aufheben und auf die Art kleinere Rätsel lösen, aber die stehen gar nicht im Vordergrund. Auch die kleinen Puzzlespiele, die zwischen jeder Erinnerungsebene auftauchen, sind keine Herausforderung, wirken manchmal sogar etwas deplatziert.

Es gibt auch ein ausgeklügeltes Kampfsystem. ;)

Es gibt auch ein ausgeklügeltes Kampfsystem. ;)

Das Herz von „To The Moon“ ist vor allem die Geschichte um John und seine Frau River. Man begleitet die beiden vom Sterbebett rückwärts durch die Johns Erinnerungen bis zu Johns Kindheit. So ergeben sich beim Spielen sehr oft Fragen, was einige Gespräche oder Ereignisse in Johns Erinnerungen bedeuten, da man deren Ursache noch nicht kennt. Und genau das reißt den Spieler mit, weil man unbedingt erfahren möchte, wie die Geschichte ausgeht – oder besser gesagt, wie sie anfing.

Und obwohl John und River nur zwei kleine Pixelpersonen sind, kann man sich in sie hinein versetzen und mitfühlen, wenn man ihre Erinnerungen teilt. Auch die beiden Wissenschaftler sind keinen weißen Blätter, sondern Menschen mit Persönlichkeiten und eigenen Problemen. In zahlreichen Zwischensequenzen und Dialogen erhält man somit nicht nur über die Hauptperson John Wyles mehr Informationen, sondern auch über die beiden Doktoren, was einem später im Spiel noch mehr leiden lässt.

Schade ist, dass es keine echten Entscheidungen gibt. So hat man keine Wahl,wie das Spiel ausgeht. Das heißt, auch wenn man als Spieler bzw. als Menschgerne anders handeln würde, lässt dies das Spiel nicht zu.

John und River an „ihrem“ Leuchtturm.

John und River an „ihrem“ Leuchtturm.

Etwas Technik

„To The Moon“ stammt vom Indie-Entwicklungsstudio Freebird Games und hat zahlreiche Preise erhalten, vor allem eben für die erzählte Geschichte. Das Spiel wurde 2011 für Windows veröffentlicht und schaffte es Anfang 2014 in das zehnte Humble Bundle und war damit auch für Linux erhältlich. Inzwischen ist das Spiel für Linux nur auf Steam erhältlich.

Wer das Spiel herunterlädt und installiert, erhält normalerweise die englische Version. Es gibt aber eine offizielle Übersetzung, die man im Freebird-Games-Forum findet. Effektiv muss man die Datei Deutsch.zip nur herunterladen, entpacken und die beiden Ordner Data und Graphics im Spiele-Installationsverzeichnis ersetzen. Danach sind alle Dialoge und Anzeigen im Spiel in Deutsch.

Haushälterin Lily begrüßt die beiden Doktoren.

Haushälterin Lily begrüßt die beiden Doktoren.

Wichtig ist, dass das ganze Spiel über nicht gesprochen wird. Alle Dialoge gibt es nur als Texte zum Durchklicken, sodass „To The Moon“ für manch einen eher wie ein interaktives Buch wirkt. Die Texte sind dafür aber immer passend zur aktuellen Situation; mal traurig, mal witzig, mal ernst. Und wie bei einem Buch, ist man nach ca. 4 bis 5 Stunden fertig. Was sehr kurz klingt, bietet dafür aber auch ein intensives Spielgefühl.

Was das Spiel trägt, ist dabei aber die Musik von Kan R. Gao, der das Spiel auch entwickelt hat. Das Hauptthema, welches in verschiedenen Variationen immer wieder im Spiel zu hören ist, untermalt die träumerische und teilweise traurige Stimmung der Geschichte sehr. Aber auch alle anderen Titel unterstreichen die einzelnen Passagen im Spiel sehr gut. Die 31 Titel kann man auf Bandcamp anhören und für 5 US-Dollar oder mehr als Digital-Download kaufen. Die Besonderheit ist, dass 50% der Einnahmen für wohltätige Zwecke gespendet werden.

John Wyles liegt im Sterben und will noch einmal zum Mond.

John Wyles liegt im Sterben und will noch einmal zum Mond.

Zu „To The Moon“ erschien Ende Dezember 2013 noch eine kleine Mini-Episode, die man kostenlos bei FreeBird-Games herunterladen kann. Daneben ist mit „A Bird Story“ Ende 2014 auch eine Nachfolge-Geschichte erschienen, die aber fast ohne Dialoge auskommt und auch nur eine Stunde Spielzeit hat.

Fazit

„To The Moon“ ist vielleicht kein perfektes Adventure, da die Rätsel viel zu simpel sind, aber das Spiel besticht durch eine großartige Geschichte, die ebenso großartig umgesetzt wurde. Handlungen, Dialoge, Personen, Musik – es stimmt einfach alles – und reißt den Spieler wirklich in allen Belangen mit.

Auch wenn man keine eigenen Entscheidungen treffen kann, ist es interessant, dass man sich dennoch Gedanken darüber macht, wie man selbst handeln würde. Allein die Entscheidung, die Erinnerungen einer Person zu beeinflussen, um deren Wünsche wahr werden zu lassen, wirft zahlreiche moralische Fragen auf. Sollte jemand wirklich diese Macht haben, das Leben derart zu beeinflussen? Auch wenn es der letzte Wunsch des Patienten ist? Macht einen Menschen nicht gerade dessen Erfahrungen und Erinnerungen aus? Was bleibt, wenn man ihm diese nimmt und durch etwas anderes ersetzt?

Wer „To The Moon“ spielt, wird das Spiel vermutlich nicht mehr vergessen und an zahlreiche schöne, aber auch traurige Momente im Spiel erinnern.

Hasen sind sehr wichtig …

Hasen sind sehr wichtig …

Trackbacks

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Kommentare

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Georg am :

Wenn dir dieses Spiel gefällt, ist vielleicht Broken Age auch etwas für dich:
http://www.brokenagegame.com/
Nicht, dass diese Spiele sehr ähnlich wären, aber ich könnte es mir einfach gut vorstellen.

Ich finde To The Moon auch sehr schön, gerade weil es etwas anderes ist. Mich persönlich stört mangelnde Entscheidungsfreiheit im Spiel auch nicht, wenn man dafür eine gute Story vorgesetzt bekommt, in der man versinken kann. In vielen europäischen Medieval-RPGs gehört es z.B. ja auch einfach dazu, dass man sich kreuz und quer durch die Welt schnetzeln kann, in japanischen Pendants würde so ein Verhalten die Story auch oft zerstören...

Es ist tatsächlich faszinierend, wie gerade so kleine Indie-Spiele einen storytechnisch oft ganz besonders berühren können. Ich habe es selber auch schon oft erlebt. Und gerade die Soundtracks sind oftmals ganz fantastisch, Bandcamp ist voll von super Musik, die ursprünglich durch Indiegames (relativ) bekannt geworden ist.

Dee am :

Schau mal da: http://www.deesaster.org/blog/index.php?/archives/2458 :)

Und ja, hat mir auch sehr gut gefallen, vor allem von der Story.

march am :

Es gibt übrigens eine weitere Minisode zu dem Spiel:
* http://freebirdgames.com/2015/02/18/sigmund-minisode-2-released/

Die Holiday Special Minisode wird wahrscheinlich schon bekannt sein, da sie schon älter ist:
* http://freebirdgames.com/2013/12/31/to-the-moon-holiday-special-releas/

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