Bereits im Jahr 2012 fand die Ubucon, die Konferenz für die deutschsprachige Ubuntu-Community, an der Hochschule für Wirtschaft und Technik (HWTK) in Berlin statt. Aufgrund mangelnder Bewerbungen für das Jahr 2015 waren die Organisatoren froh darüber, dass sich die HWTK erneut anbot. Und wie auch beim letzten Mal war das Treffen ein voller Erfolg.
Wissenswertes und Interessantes
Wie jedes Jahr hielt die Ubucon zahlreiche interessante Vorträge und Workshops bereit. Auf fünf Räumen verteilt gab es am Samstag und Sonntag insgesamt 32 Präsentationen. Von sehr Ubuntu-nahen Themen bis hin zu Community-Diskussionen war alles dabei.
Da aufgrund der Zeitgleichheit nicht alle Vorträge besucht werden konnten, gibt es hier nur eine kurze Übersicht über die, denen ich (zumindest zeitweise) beiwohnen konnte.
TCL vs. Python
In dem Vortrag zeigten Uwe Berger als Vertreter der TCL-Fraktion und Frank Hofmann als Python-Vertreter, was die beiden Programmier- und Skriptsprachen auszeichnet und wo sie sich unterscheiden.
Der sehr gute abgestimmte Vortrag ging dabei über bloße Foliensätze hinaus und zeigte konkrete Anwendungsfälle, die einmal in TCL und einmal in Python gelöst wurden: Listen und Sortierung gehören natürlich zum Standard-Repertoire, aber es wurde auch gezeigt, wie man ein Client-Server-Konzept umsetzt, sich dabei vor Code-Injection-Problemen schützen kann und am Ende sogar die serielle Schnittstelle eines Arduino Nano angesteuert.
Leider reichte die Zeit nicht aus, um alle vorbereiteten Beispiele zu zeigen, obwohl der Workshop bereits um 30 Minuten verlängert wurde. Reichhaltige Diskussionen und Fragen aus dem Publikum zeigten aber das Interesse an den Lösungen. Insgesamt machte der Vortrag sehr viel Spaß und ggf. gibt es demnächst wieder ein paar mehr TCL-Nutzer als den einen, der sich im Vortrag dazu outete.
Ubuntu Snappy Core
Das Team „DOS“ bestehend aus Ubuntu-Entwickler Daniel Holbach, Ubuntu-Entwickler Oliver Grawert und Ubuntu-Community-Mitglied Sujeevan Vijayakumaran erklärte den Zuschauer, wie Ubuntu Snappy Core funktioniert und was das System so besonders macht. Vor allem die neuen snap-Pakete, die transaktionale Updates und Rollbacks erlauben, sind eine
große Neuerung.
Von Drohnen und Kühlschränken über Mini-Computer wie Beaglebone und Raspberry Pi bis hin zu Wearables kann Ubuntu Snappy Core überall eingesetzt und entsprechend angepasst werden. Das System ist dabei stark architekturell geprägt und trennt die verschiedenen Bereiche, auf denen der Kernel, das Betriebssystem und die Apps lesen und schreiben können, sodass eine größere Sicherheit gewährleistet wird.
Besonders hervorzuheben ist noch die Anwendung Snapcraft, welche die Erstellung und Paketierung von Programmen übernimmt. Die Bedienung war bei der Live-Demonstration zumindest so einfach, dass ganz leicht beliebige Programme gepackt und veröffentlicht werden konnten.
„Prezis“ mit Inkscape
Prezi ist ein proprietäres Anwendungsprogramm für die Darstellung von Präsentationen mittels Adobe Flash, wobei der Fokus vor allem auf die Übergänge zwischen Inhalten gelegt wird. Ähnliche Effekte kann man mit Inkscape und den Plug-ins JessyInk oder Sozi erreichen, wie Matthias Baran in seinem
Workshop zeigte.
Schritt für Schritt führte er vor, wie man die Plug-ins bedient und einstellen muss, um in Inkscape mit Hilfe von Ebenen Präsentationen erstellen kann, die ebenfalls fließende Übergänge zeigen.
Das Mitmachen bei JessyInk stellte für die meisten Teilnehmer kein Problem dar, zumal das Plug-in standardmäßig mit Inkscape installiert ist. Bei Sozi stellte sich das Problem, dass die Version auf dem Rechner des Referenten Fehlermeldungen zeigte und nicht immer korrekt funktionierte, was den Ablauf etwas störte.
Insgesamt war es aber ein sehr interessanter Vortrag, der dazu animierte, die nächste Präsentation versuchsweise mit Inkscape zu erstellen statt wie gewohnt mit LaTeX Beamer.
Google-freies Android
Passend zum Kauf eines neuen Android-Smartphones vor zwei Wochen gab es einen Vortrag von Alexander Rudolf, wie man sein Android-Gerät ohne Google betreiben kann. Interessanterweise benötigte man für die Lösung ein Google-Konto.
Der Referent zeigte auf zahlreichen Folien die Theorie, wie man mittels eines Zweitsmartphones und einem Google-Konto, dass nur dort eingerichtet ist, Apps aus dem Google PlayStore installieren kann, um dann die zugehörigen APK-Dateien mittels einen F-Droid-Servers, der auf einem Raspberry Pi läuft und per cron-Jobs synchronisiert wird, auf das eigentlich genutzte Smartphone zu verteilen.
Leider handelte es sich (zumindest in der ersten Stunde, die zweite konnte ich nicht verfolgen) nur um die Theorie. Diese ist aber für normale Nutzer alles andere als trivial und so hätte es geholfen, wenn man die entsprechende Einrichtung am lebenden Beispiel zeigt. Dies hätte dann aber vermutlich einen Vier-Stunden-Workshop erfordert.
Insgesamt war der Vortrag etwas enttäuschend, da er sehr theorielastig war. Darüberhinaus konnte der Titel in die Irre führen, da nicht gezeigt wurde, wie man allgemein sein normales Android-Handy ohne Google-Dienste benutzt, auch wenn es zumindest Tipps bezüglich der Nutzung von F-Droid als App-Store, OSMand als Kartendienst oder Browser wie Firefox statt Chrome gab.
And the winner is …
Gleich dreimal gab es etwas auf der Ubucon 2015 zu gewinnen. Zum ersten wurde Dank des Einsatzes von Simon Raffeiner, Sujeevan Vijayakumaran, Daniel Holbach und David Planella ein UbuContest veranstaltet. Bei dem Wettbewerb sollten die Teilnehmer aus dem In- und Ausland Apps für das mobile Ubuntu-Betriebssystem schreiben. Insgesamt 25 Einsendungen gab es. Die Gewinner wurden zwar schon Anfang Oktober bekannt gegeben, zur Ubucon wurden sie aber eingeladen, um ihre Preise (ein Ubuntu Phone) persönlich in Empfang zu nehmen. So gewann in der Kategorie „Beste Einzelleistung“ Simon Stürz, der leider nicht anwesend sein konnte, mit seinem Spiel „Monster Wars“. Als Ausgleich war dafür der junge Niederländer Jorik van Nielen als Zweitplatzierter mit seiner App „Click the Cookie“ anwesend. Als beste Teamleistung wurde das Spiel „Falldown“ von Riccardo Padovani aus Italien und Michał Prędotka aus Schottland prämiert.
Wie (beinahe) jedes Jahr gab es zum zweiten auch wieder ein Linux-Quiz. Adrian Böhmichen stellte als Quizmaster den jeweils zwei Konkurrenten verschiedene Fragen aus den Bereichen Linux, Ubuntu und Open Source. Immerhin ging kein Teilnehmer leer aus, da beide Plätze ein Buch, welches von den Verlagen mitp, O'Reilly und Rheinwerk gesponsort wurden, mitnehmen konnten. Das letzte Duell fochten dann Ubuntu-Entwickler Daniel Holbach und Ubuntu-Community-Team-Manager David Planella aus, um ihr Wissen in den Bereichen Ubuntu und Ubuntu-Community auf die Probe zu stellen. Beide konnten ihre volle Wissensbandbreite leider nicht ausspielen, was natürlich nur daran lag, dass das Quiz-Programm zum Ende der Ratestunde immer wieder abstürzte. Immerhin sorgte dies für einige heitere Momente, als es mit einem t<sudo mono quiz.exe> neu gestartet werden musste.
Zum dritten gab es erstmals auch eine Verlosung auf der Ubucon. Für einen Euro konnten die Teilnehmer Lose kaufen und als Hauptpreis ein Ubuntu Phone gewinnen, welches von Freie Computer aus der Schweiz gesponsort wurde. Daneben gab es auch noch weitere Bücher und T-Shirts zu gewinnen. Ca. 120 Lose wurden verkauft und am Ende freuten sich ca. 15 Teilnehmer über ihre Gewinne – manche sogar mehrfach.
Soziales und Plaudereien
Neben den Vorträgen standen natürlich auch wieder die persönlichen Gespräche und Diskussionen im Vordergrund. Bereits der Vorabendtreff im „Story of Berlin“ brachte die ersten Gesprächspartner zusammen, als man gemeinsam einen Atomschutzbunker besuchte und etwas über die Geschichte von Berlin erfuhr. Für manche standen die sozialen Kontakte sogar so sehr im Vordergrund, dass sie kaum einen der Vorträge besuchten. Vor allem die Social Events am Freitag und am Samstag dienen immer wieder intensiven Gesprächen, die sich nicht nur um Ubuntu oder Linux drehen, sondern auch alltägliche Dinge als Thema haben.
Interessant war es unter anderem mit den beiden Gewinnern des UbuContest zu reden. Sei es über die verschiedenen Berliner Sehenswürdigkeiten, über Deutschland im Allgemeinen oder die Ubuntu-Communitys in deren Ländern. Dies gab völlig neue Einsichten und vernetzte die europäische Ubuntu-Gemeinschaft wieder ein Stückchen mehr.
Deutsch und Englisch
Aufgrund des internationalen Publikums gab es 2015 auf der Ubucon vermehrt englische Beiträge. So wurden beispielsweise die neuesten Informationen zum Thema „Ubuntu und Konvergenz“ von David Planella in Englisch gehalten – auch wenn David, gebürtiger Spanier, derzeit in Deutschland lebt und fließend Deutsch sprich.
Aufgrund des Ausfalls eines Referenten wurde auch einer der zahlreichen ownCloud-Vorträge spontan von einem anderen Referenten übernommen, dessen Muttersprache aber nicht Deutsch war und so auf Englisch gewechselt wurde.
Auch der Ubuntu-Snappy-Core-Vortrag wurde, obwohl auf Deutsch angekündigt, in Englisch gehalten. Dies wiederum sorgte zumindest bei einigen deutschsprachigen Teilnehmern für Unmut, da sie so nicht folgen konnten. Die Veranstalter/Referenten wollen aber daraus lernen und zukünftig Vorträge in der Sprache halten, in der sie angekündigt wurden.
Gedanken zum Schluss
Insgesamt 115 Teilnehmer zählte die Ubucon. Von den 105 angemeldeten Personen fanden immerhin 90 letztendlich auch den Weg nach Berlin. Dazu kamen aber wiederum 25 Teilnehmer, die sich für einen spontanen Besuch am Samstag und/oder Sonntag entschließen konnten. Damit sind es etwas mehr Besucher als im letzten Jahr in Katlenburg.
Hauptorganisator Sujeevan Vijayakumaran und der Vereinsvorsitzende des ubuntu Deutschland e.V., Torsten Franz, hielten am Sonntag Nachmittag noch die Schlussworte und dankten allen Beteiligten, bevor sie die Verlosung anstießen.
Wie immer waren die Vorträge gut, wie immer waren die Gespräche sehr interessant und lustig und wie immer gab es zu viele Brötchen. Es können bereits jetzt Wetten darauf abgeschlossen werden, ob bei der Ubucon 2016 das Motto wieder „Eat more buns“ sein wird.
Die Ubucon 2016 soll im Übrigen als „ubucon Europe“ erstmals alle europäischen Ubuntu-Communitys unter einem Dach zusammenbringen. Hierzu laufen bereits die Planungen, das Treffen selbst wird voraussichtlich im September des nächsten Jahres in Essen stattfinden. Wie immer gilt: Es werden Helfer gesucht und sich über jeden gefreut, der (zumindest virtuell) mit anpacken will. Hauptorganisator und damit auch Ansprechpartner wird wie nächstes Jahr ebenfalls Sujeevan Vijayakumaran sein.