Konsumgeile Community?
Ich wollte eigentlich schon letzte Woche etwas dazu schreiben, die aktuelle Ausgabe vom Yalm hat mich aber wieder daran erinnert. Frank Brungräber beklagt dort im Editorial die Beteiligung der Community, wobei es dem Magazin nicht einmal an Autoren mangelt (Okay, das scheinbar auch.), sondern einfach nur an Leserzuschriften und einem Schulterklopfen á la "Gut gemacht!" oder "Nicht gut gemacht!" Da auch freiesMagazin erwähnt wird, muss ich ja gerade etwas dazu sagen.
Zuerst: Auch freiesMagazin hat sich vor fast genau einem Jahr über die geringe Leserresonanz beschwert. Das Resultat waren zahlreiche Leserbriefe in den nachfolgenden Monaten; der Strom versiegte aber recht schnell. Letzten Monat hatte das Magazin nur einen Leserbrief veröffentlicht, woraus Frank Brungräber schloss, dass auch freiesMagazin unter dem geringen Feedback zu leiden haben. Dazu sei gesagt, dass die Redaktion ein paar Leserbriefe mehr erhält, diese aber seit geraumer Zeit (seit der Umfrage, um genau zu sein) nicht mehr abdruckt, sollten diese keinen Mehrwert für die Linux-Community haben. Sprich, Lob für einen Artikel oder das Magazin selbst werden positiv aufgenommen und man freut sich auch immer darüber. Jeder Schreiber erhält eine Antwort, aber eben keine Veröffentlichung im Magazin mehr.
Auch Magdriva hat dieses Problem - aber mehr mit den Autoren - wie wobos Posting vom Anfang des Monats zeigt. Viele Autoren haben dort wohl Artikel versprochen und zugesagt, dann aber nicht geliefert - ein einziger Artikel ist zustande gekommen. Dadurch kommt es bei Magdriva (wieder mal, muss man leider sagen) zur Verzögerung der ersten Quartalsausgabe.
Die Frage, die sich stellt, ist, wie man mit diesen beiden Punkten umgeht: Fehlende Leserbeteiligung und fehlende Autoren. Um ehrlich zu sein: Ohne das Erste kann ein Magazin überleben, ohne das Zweite nicht. (Diese Aussage habe ich mir in abgewandelter Form von Umberto Eco geliehen.) Das heißt, die zweite Frage stellt sich nicht, bedeutet sie doch den Tod eines Magazins. Wie Frank Brungräber in seinem Editorial aber annimmt, kann das Erste gegebenenfalls zum Zweiten führen. Es ist also nur die Frage, wie die Autoren mit dem fehlenden Feedback umgehen.
Hier unterscheiden sich die Typen sicherlich stark. Ich kann nur für mich sprechen, aber ich schreibe meist um des Schreibens Willen, um mich selbst zu verwirklichen und um der Community in manchen Fällen etwas zu geben. (Auf das Wörtchen "zurück" vor dem "zu geben" habe ich bewusst verzichtet.) Über Rückmeldungen von Lesern freue ich mich immer sehr - aber wenn diese ausbleibt, stecke ich sicher nicht frustriert den Kopf in den Sand. Aber hier gibt es sicher auch einige Autoren, die auf eine Rückmeldung hoffen und denken, dass Ihr Artikel schlecht ist, weil keine Resonanz dazu kommt. Wer so denkt, den kann ich beruhigen: Zuerst wird gemeckert, dann lange Zeit einfach nicht geschrieben und nur in Ausnahmefällen gibt es mal ein Lob. Kein Feedback (vor allem bei 12.000 Downloads) heißt also, dass der Artikel nicht so schlecht gewesen sein kann.
Auch wenn man aus der Linux-Community (vor allem von den Anfängen) sicher anderes gewöhnt ist, sollte man sich mit dem Gedanken abfinden: Linux ist Mainstream. Nein, nicht so wie Tokio Hotel und LaFee, sondern Mainstream in der eigenen kleinen Nische der Informationstechnologie. Im Zuge dieser Umstellung wächst die Zahl der Konsumenten sehr stark an, die Zahl der Teilnehmer bleibt in den meisten Fällen aber konstant. Ein schönes Beispiel dafür ist ubuntuusers.de, die immer größer werden, wohingegen das Team eher mäßig wächst.
Ich fürchte also fast, dass man sich damit abfinden muss, dass man auf seine getane Arbeit keine oder nur wenige Rückmeldungen erhält. Wen es beruhigt: Das gleiche Problem haben auch alle anderen Zeitschriften - egal ob kommerziell oder nicht, groß oder klein.
Bei Pro-Linux ist im Übrigen eine (teilweise) interessante Diskussion zu dem Thema entstanden, in der einige Schreiber z.B. vorschlagen, Yalm und freiesMagazin zusammenzulegen. Keine Sorge: Das wird höchstwahrscheinlich nicht geschehen. Beide Projekte haben einen anderen Stil und vor allem eine andere Arbeitsweise. Da gibt es sicherlich keinen großen Nenner, ohne dass eine der Parteien einen zu großen Kompromiss eingehen müsste.
Im Übrigen finde ich das aber sogar sehr gut, wenn es zwei Lösungen gibt: Würde es nur eine Lösung geben, wäre die Beteiligung der Autoren nicht wie die Summe der beiden, sondern eher wie das Maximum beider Magazine. Und mehr Leserzuschriften gibt es damit sicher auch nicht, denn die Schnittmenge der jeweils 12.000 Leser ist extrem hoch.
Comments
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Ritze on :
Das, was du da schreibst, trifft es genau ins Schwarze. Ein anderes Paradebeispiel wäre der UWR von ubuntuusers.de. Schon oft wurde die Community um Unterstützung aufgerufen. Mittlerweile arbeiten wieder nur die Ikhaya-Leute daran (und das nur mit durchschnittlichen vier Leute). Was der UWR jedoch hauptsächlich braucht, sind Links von Webseiten, die in einer Woche gesammelt werden, damit man etwas hat, worüber man schreiben könnte. Ab und zu bekommt man mal einen Link von einem Benutzer. Das war es aber dann auch schon wieder.
Ich will nicht undankbar sein, aber würden nur zehn Prozent der ubuntuusers einen Link pro Monat schicken, würde der UWR regelrecht "platzen" vor Links.
An dieser Stelle passt es wohl am besten, mal einen Dank für deine Blogeinträge auszusprechen.
MfG Ritze
Dee on :
> An dieser Stelle passt es wohl am besten, mal einen Dank für deine Blogeinträge auszusprechen.
Gern geschehen. :)
Wie der UWR funktioniert, weiß ich ja selbst aus meinen Ikhaya-Tagen. Es war damals auch meist eine "One-Man-Show" (an der dann auch gerne mal zwei oder drei gesessen haben), aber aus der Community gab es da kaum Resonanz. Am Anfang, als nur das Ikhaya-Team dafür zuständig war, war das aber okay, da diese für den Inhalt sorgten. Durch das neue Modell mit Nutzer-Beteiligung ist man eben drauf angewiesen, dass diese sich auch wirklich beteiligen. Das ist also vergleichbar mit den fehlenden Autoren eines Magazins.
Aber auch das ist wie oben geschrieben keine Besonderheit. Schau Dir einfach an, welche Länder z.B. die erste Ausgabe von "Full Circle" übersetzt haben und wie viele es heute sind. Gleiches gilt für den "Ubuntu Weekly Newsletter", der ja auch in Deutschland eingegangen ist, bevor es ein Wiederaufleben in Ikhaya gab.