Samstag, 10.10.2015
Es war das erste Jahr, dass wir auch noch am Samstag in Essen blieben. Diesmal war die Schlange vor dem Parkhaus länger als am Freitag und Donnerstag, aber dennoch kamen wir noch pünktlich in die Halle. Da wir noch zwei Termine hatten (siehe Vortage) konnten wir zumindest am Vormittag nicht wild durch die Gegend laufen.
Jolly Roger: The Game of Piracy & Mutiny
Das erste Spiel, das wir vor dem ersten Termin mitnehmen konnten, war Jolly Roger: The Game of Piracy & Mutiny. Hier mimt ein Spieler den Captain und einer den Quartermaster. Der Kapitän sucht sich ein Ziel aus (Fort, Handelsschiff, Stadt) und alle können dazu beitragen, das Ziel zu erobern. Dafür gibt es dann Schätze, die der Quartermaster verteilt.
Bei uns funktionierte das Spiel leider aufgrund der Meutereimöglichkeit nicht. Jeder Spieler kann nach einer Entscheidung gegen den Kapitän meutern. Bei uns führte das dazu, dass nur noch gemeutert, aber kein Ziel mehr angesteuert wurde. Das lag aber an einer falschen Erklärung. Zum einen spielten wir so, dass man während eines Kampfes meutern konnte. Dann hatte der Kapitän aber schon viele Handkarten für den Kampf aufgewendet, der Meuterer behielt einfach alle. Da man am Anfang der Runde neue Handkarten bekommt, ging dieses Spielchen endlos. Daneben spielten wir so, dass nach einer Meuterei das Ziel nicht angefahren sondern beiseite gelegt wurde. In der nächsten Runde wurde wieder gemeutert. Das ist falsch, das Ziel wird dennoch angefahren, es gibt eben nur einen neuen Kapitän. Vor allem hat man ggf. zu wenig Handkarten.
Alles in allem hat es keinen Spaß gemacht, obwohl alles danach schrie, dass es Spaß machen hätte sollen. Ich denke, mit korrekten Regeln ist es besser, aber ich weiß nicht, ob ich das Spiel noch einmal testen will.
Operation Kindergarten
Für Samstag hatten wir einen Termin für Operation Kindergarten ausgemacht. Schade war, dass der Erklärer das Spiel auch nicht vollends beherrschte und sehr oft in der Anleitung nach Details suchen musste bzw. Sachen überlas oder falsch verstand. So verzögerte sich der Spielablauf immer wieder, was den Spielfluss unterbrach.
Davon abgesehen war das Spiel gar nicht schlecht. Die ersten drei Runden kommen Kinder und Gefahren (Tote Tiere, Spielzeugroboter, Scheren) auf das Spielfeld. Die Kinder krabbeln oder laufen umher und streiten sich (wenn zu viele am gleichen Platz sind oder wenn das Spielzeug nicht für alle ausreicht). Das sorgt für Unmut und wird von der Direktorin des Kindergartens bestraft. In den letzten drei Runden muss man dann versuchen, seine Kinder in den eigenen Saal in Sicherheit zu bringen. Abgerechnet wird mit negativen Siegpunkten. Man startet bei 100 und verliert immer mehr im Laufe des Spiels.
Die Mechanik ist toll: der Würfeleinsetzmechanismus, die Bewegung der Kindern, die Aktionen der Kindergärtner. Was mir nicht gefallen hat, ist die Grafik des Spiels und die Regelerklärung. Ich denke, es handelt sich um ein sehr schönes, thematisches und strategisches Spiel, was ich mir aber nicht zulegen werde.
T.I.M.E. Stories
Dann war es auch schon 12 Uhr und wir hatten unseren Auftritt als Zeitagenten bei T.I.M.E. Stories. Nach einem kurzen Briefing (mit Video und allem) in der Kommandozentrale wurden wir in die Zeit-/Raumkapsel (d.h. an den Spieletisch) gebracht.
Jeder Zeitagent reist durch die Zeit und übernimmt den Körper eines Menschen aus der damaligen Periode. Ohne irgendwelche Hinweise kann man dann Räume betreten und diese durchsuchen. Dabei muss man Proben bestehen, die von Geschicklichkeit, Kraft oder Charisma abhängen.
Für alle Aktionen hat man ein gewisses Zeitkontingent. Ist dieses Kontingent abgelaufen wird man zurück in die Zeit-/Raumkapsel geschickt. Hier der Clou: Das Spiel ist nun vorbei! Man kann erneut starten, muss dann aber von vorne beginnen und alle Hinweise erneut sammeln, soweit sie wichtig waren. Immerhin gibt es wie bei einem Computerspiel Safe-Points, sodass man einige entdeckte Orte nicht erneut entdecken muss.
Das Spiel hat eine großartige Atmosphäre und ist mehr Rollenspiel als Brettspiel. Da es keinen Spielleiter gibt wie bei Rollenspielen, sind die Leitplanken natürlich sehr strikt, aber dennoch weit genug, um eigenständige Entscheidungen zu treffen und auch Fehler zu machen.
Wenn man das Rätsel einmal gelöst hat, ist das Spiel natürlich ausgespielt (außer man hat eine zweite Spielegruppe an der Hand). Hierfür gibt es dann Erweiterungen, die mit 20 Euro zu Buche schlagen. Das könnte für den einen oder anderen zu happig sein, auf der anderen Seite sitzt man auch ca. 8 Stunden an einem Fall. Daneben braucht man zwingend die gleiche Spielegruppe, da das Wissen aus vorherigen Sitzungen extrem wichtig ist. Ein neuer Spieler weiß eben nicht, was bereits entdeckt wurde und was zu tun ist.
Dennoch war T.I.M.E. Stories für mich das Highlight der Messe und wurde auch von einer Person bei uns gekauft. Ich freu mich wahnsinnig! (Kleiner Insider … ^^)
Fog of Love
Nach T.I.M.E. Stories waren uns die Hallen 1 bis 3 zu voll, sodass wir uns in Halle 7 zu den Independent-Verlagen verzogen. Hier war es wesentlich leerer (auch wenn immer noch gut gefüllt) und man konnte zahlreiche Spiele testen. Das erste davon war Fog of Love, was nächstes Jahr bei Kickstarter erscheint.
In dem Zweipersonenspiel mimt man ein Pärchen (Geschlecht egal), dass sich gerade frisch verliebt hat. Jede Person hat besondere Eigenschaften, die die eigenen Ziele angeben (z.B. ob man selbstsüchtig, extrovertiert oder arbeitswütig ist). Durch das Ausspielen von Karten, die Alltagssituationen beschreiben, können der Partner oder beide Spieler gemeinsam entscheiden, was sie tun wollen. Stimmt eine Entscheidung überein, steigt das Harmonie-Barometer. Im Laufe des Spiels kommen dann auch Drama-Karten ins Spiel, die brenzlige Situationen aus dem Leben darstellen. Zum Ende muss man sich eine Zielkarte wählen, die angibt, welches die eigene Siegbedingung ist und ob man als Paar zusammen bleibt.
Vom Prinzip her hat mir das Spiel gut gefallen. Wenn man böse sein will, könnte man sagen, dass man eine neue Beziehung auf die Art auf 90 Minuten abkürzen kann und sich so erspart, sich erst mühsam kennen lernen zu müssen. Dennoch kann das Spiel hier punkten. Was mich aber stört ist die Spielmechanik bzw. explizit die eigenen Ziele. Am Anfang wähle ich Eigenschaften, die mir Siegpunkte geben, wenn z.B. am Ende des Spiels mein Extrovertiert-Meter 6 Punkte mehr als mein Introvertiert-Meter beträgt. Also versuche ich alles, um dies zu erreichen. Damit werden die Entscheidungen und Aussagen auf den Entscheidungskarten hinfällig, da ich nur noch danach gehe, welche Skala die Entscheidung beeinflusst. Das ganze gute Thema war bei uns damit hinüber! Und wenn man nicht danach spielen soll, warum gibt es die Eigenschaftskarten dann? Und wozu hat jeder Spieler einen Beruf, der keine Rolle spielt?
Insgesamt war das Spiel also doch enttäuschend. Für mich will das Spiel etwas sein, was es nicht ist. Ohne die komplette Punktewertung wäre es dagegen ein sehr gutes Kennlernspiel für frisch Verliebte (die es danach hoffentlich auch noch sind). Ich versuch mich dann lieber an „And then we held hands“ vom Vortag.
10 Minutes to Kill
Zufällig sind wir über 10 Minutes to Kill gestolpert. Auf dem Spielfeld stehen ca. 20 Charaktere. Jeder Spieler erhält einen Charakter, der den Attentäter spielt und drei Ziele. Ziel des Spiels ist es, die gegnerischen Attentäter oder die eigenen drei Zielpersonen auszuschalten.
Das Spiel ist extrem spannend, da man mit jeder Bewegung und jedem Auftrag etwas mehr über sich verrät. Vor allem die Grafik macht das Spiel aber besonders. Die Charakter sind keine Menschen, sondern Tiere in Menschengestalt, die sehr gut von Pauline Detraz illustriert wurden.
Wir konnten es nur zu zweit testen, ich bin gespannt, wie es sich zu viert spielt.
Super Motherload
Super Motherload ist ein abgewandeltes Deckbauspiel. Das Spielfeld zeigt ein Bohrfeld. Hier kann man mit seinen Charakteren auf der Hand Bohrungen durchführen und dadurch Kristalle ernten, die sofort Geld einbringen. Das Geld verteilt man auf Charakterkarten, die man kaufen und seinem Deck hinzufügen will. Dabei hat jeder Spieler sein individuelles Set an Karten, die sich leicht unterscheiden.
Wir haben nur zwei, drei Runden gespielt, daher kam bei uns der Deckbaupart nicht wirklich zur Geltung. Ich konnte gerade mal eine Karte meinem Deck hinzufügen. Das Bohren ist okay, aber irgendwie auch nicht so spannend. So richtig begeistert hat mich das Spiel beim Anspielen nicht. Ich würde aber ein komplettes Spiel mitspielen, um zu sehen, ob es dann mehr Reiz hat.
Magecraft
Magecraft ist ein Bagbuilder, bei dem man Kristalle aus seinem Beutel zieht. Diese kann man auf seinem Tableau einsetzen, um damit Zauber zu wirken oder neue Zauber zu kaufen. Mit den Zaubern kann man neue Kristalle kaufen, Gegner angreifen, Lebenspunkte heilen oder Siegpunkte generieren.
Mir hat das Spiel extrem gut gefallen und ich hätte es gerne mitgenommen, wenn es gerade nicht erst noch auf Kickstarter laufen würde. Die Spielumsetzung, Kristalle für die Anzeige von Lebenspunkten, Siegpunkten, Schilden und Mana zu nutzen, ist sehr gut gelungen. Daneben gibt es andere nette Effekte, wie die Reihenfolge von Zaubern und mehr, die eine schöne strategische Komponenten einbringen.
Gegen den Vergleich mit Puzzle Strike sträube ich mich mit Absicht, weil Puzzle Strike bei mir nach dem ersten Spiel durchgefallen war. Mir kam das mit den Scheiben in den Beuteln zu umständlich vor. Magecraft lässt sich eher mit Hyperborea von der Mechanik vergleichen.
Ich mache bei Kickstarter nicht mit, aber vielleicht kommt das Spiel ja noch einmal so in die Läden. Ein Kauf lohnt sich in meinen Augen, auch wenn es per Standard nur für zwei Spieler ist. Mit zwei Editionen kann man es zu viert spielen.
Dungeon Busters
Der letzte Stand des Tages war der von Korea Boardgames. Das erste Spiel war Dungeon Busters. Die Spieler kämpfen gemeinsam im Dungeon gegen mehrere Monster. Jede Runde legen sie dafür Kampfkarten. Wenn die Gesamtkampfkraft größer ist als die Stärke des Monster, wird der Schatz in Form von Edelsteinen aufgeteilt. Der Spieler mit dem niedrigsten Betrag darf zuerst wählen. Besiegt man das Monster jedoch nicht, muss der Spieler mit dem niedrigsten Wert alle Edelsteine der Farbe, von der er am meisten hat, abgeben. Zusätzlicher Clou: Gleichwertige Karten zweier Spieler heben sich auf.
Die Spielmechanik von Dungeon Buster hat mir sehr gut gefallen, es ist ein tolles, kleines Ärger- und Bluffspiel. Vor allem das Ausstechen bei gleichen Werten ist witzig – vor allem, wenn man sich gut kennt und das die ersten drei Monster passiert. Enttäuscht hat mich etwas die Aufmachung. Die süße Manga-Grafik hat keinerlei Bedeutung, da es sich nur um die Rückseite der Karten handelt. Auf der Vorderseite sind nur „lieblos“ Zahlen abgebildet. Im Prinzip handelt es sich also um ein rein abstraktes Spiel, die Grafik dient nur der Zierde.
H.I.D.E.: Hidden Identity Dice Espionage
Kaum waren wir aufgestanden und bedankten uns bei der Spielerklärerin, setzen wir uns an den Nachbartisch, um H.I.D.E. zu spielen. Es handelt sich um ein nettes Bluff- und Deduktionsspiel.
In jeder Runde wählen alle Spieler ein Beutestück, das sie stehlen wollen. Dann würfelt der Startspieler die Würfel, die farblich und per Symbol markieren, welches Beutestück man stehlen will. Jeder Spieler wählt einen Würfel und legt diesen vor seinem Sichtschirm oder auf seinem Sichtschirm ab. Davor bedeutet, dass er weder diese Würfelfarbe noch das Symbol gewählt hat. Oben drauf bedeutet, dass er entweder die Würfelfarbe und/oder das Symbol gewählt hat. Danach darf man bei einem Spieler raten, was dieser als Würfel gewählt hat. Liegt man richtig, ist der Spieler ausgeschieden. Die übrig gebliebenen Spieler teilen sich die Beute am Ende auf oder würfeln noch einmal darum.
Ich fand 27 Euro etwas zu viel für das Spiel, aber das Prinzip fand ich toll. Vor allem für jüngere Spieler sehe ich hier einen sehr guten Einstieg in das Genre von Logikspielen. Man kann anhand der herausgelegten Würfel und vorherigen Rateversuchen sehr gut kombinieren, was ein Spieler wohl hinter seinem Sichtschirm liegen hat.
Crazy Coconuts
Muss ich zu Crazy Coconuts noch etwas schreiben? Man legt eine kleine Kokosnuss in die Hände seines Affen, drück die Arme des Affens herunter und lässt los. Und schon fliegt die Kokosnuss in einen Becher, den man damit als Siegpunkt gewonnen hat. Die Chance ist natürlich größer, dass man eher den Mitspieler, die Tischkante oder den Fußboden trifft und das macht tierisch viel Spaß – auch für ältere Semester. Ich finde, es ist ein großartiges Kinderspiel, was man auch auf Partys spielen kann. Mit zwei Sets sogar mit 8 Spielern.
Monster My Neighbor
Was könnte ausschlaggebend sein, ein Spiel auf der Messe zu spielen? Sicherlich die grafische Aufmachung des Spiels. Miniaturen sind auch immer toll. Lautes Gelächter deutet auf Spaß hin. Oder eine riesige Menschentraube. In unserem Fall war es eine Zeichnung im Inlay des Spielkartons, dass uns zu Monster My Neighbor gebracht hat.
Fünf Runden lang spielen die Mitspieler jeweils vier Karten aus und befolgen was drauf steht. Ziel ist es, das Monster in der Runde zu finden, das ein Spieler auf der Hand hat, und es zum Beispiel mit dem Jäger abwerfen muss. Das Monster will natürlich bis zur vierten Karte überleben, um dann siegessicher die Monsterkarte auszuspielen. Durch Tausch- und Diebstahlkarten kommt natürlich einiges an Unordnung in das Spiel. Zu viert machte es sehr viel Spaß. Zu siebt (am heimischen Spieletisch) war es etwas zu chaotisch, wobei wir wohl zu wenig kommuniziert haben, wer das Monster ist bzw. sein könnte.
Zum Kauf angeregt hat aber auch die Tatsache, dass Sunju Choi, die Künstlerin des Spiels, am Stand war und jedem Käufer auf Wunsch eine Karte in den Spielekarton zeichnete. Das führte zu einer langen Schlange, während Sunju versuchte, in Ruhe zu malen. Es war einfach großartig zu sehen, wie so ein Bild entsteht – zumal ich mir ein Motiv ausgesucht hatte, was laut ihrer Aussage bisher niemand sonst gewählt hatte.