(Neu) Gespielte Spiele im Dezember 2022
Das Jahr ging zu Ende, die Spielezeit eher nicht. Es war wieder ein schöner verspielter Monat, vor allem aufgrund einer Besonderheit, die ich demnächst separat posten werde. Digital gespielt habe ich „Zoo Tycoon“ und real kamen „The Shipwreck Arcana“, „Barrage: The Nile Affair Expansion“ und „Deckscape: Im Wunderland“ auf den Tisch.
Zoo Tycoon (Treecer, 2023)
Auf „Zoo Tycoon“ bin ich über die Previewliste der SPIEL'22 aufmerksam geworden. Die Spielbeschreibung las sich sehr ähnlich zu „Arche Nova“, was nicht verwunderlich ist. Schließlich bauen wir einen Zoo auf, in dem wir die Tiere gut unterbringen wollen, damit sie glücklich sind und Attraktivität erzeugen. Und am Ende winken Artenschutzpunkte, wenn wir die richtigen Tiere im Zoo halten. Im November 2022 wurde das Spiel erfolgreich via Kickstarter-Kampagne finanziert. Immerhin eine halbe Million Schweizer Franken (ein bisschen mehr in Euro) wurden von 5000 Unterstützern eingesammelt. Via Tabletop Simulator konnte ich jetzt eine Partie online anspielen.
Gespielt wird über acht Runden. In jeder Runde gibt es vier Phasen (mit Ausnahme der ersten und letzten Runde), die nach den Jahreszeiten benannt sind. Im Frühling erzeugen die Tiere im eigenen Zoo Nachwuchs. Das hängt davon ab, ob die richtigen Tiere im Gehege sind (Männchen und Weibchen) und ob die Tiere dort glücklich genug sind (ausreichend Platz, ausreichend Rückzugsorte, richtige Tieranzahl). Ein Würfelwurf entscheidet darüber, ob es Nachwuchs gibt. Zufällig wird männlicher und weiblicher Nachwuchs aus einem Beutel gezogen und kann später zu erwachsenen Tieren werden. Im Sommer können auf einem Markt, auf dem alle 22 Tierarten des Spiels zur Verfügung stehen, Tier abgegeben und besorgt werden. Dabei hat jede Tierart ein individuelles Angebot und Nachfrage, welche sich jede Runde ändert. Im Herbst wird gebaut und die Tiere ziehen in den Zoo ein. Neben den obligatorischen Gehegen gibt es auch Fokus-Häuschen (zu denen die Rückzugsorte zählen) und andere Gebäude, die mir einen Bonus bringen. Im Winter wird dann aufgeräumt und ich erhalte Einkommen. Dieses wird durch die Attraktivität meines Zoos bestimmt, welche durch die Tiere, Nachwuchs und Bauten steigt. Zusätzlich stehen mir jede Runde bis zu drei Arbeiter zur Verfügung, die ich in den ersten drei Jahreszeiten für Hilfsaktionen einsetzen kann, aber nicht muss. Durch Erforschung der Tiere kann ich auf der Forschungsleiste nach oben gehen. Wichtig sind noch die Artenschutzpunkte, die ich ein wenig im Spiel, aber größtenteils zum Spielende erhalte, wenn ich bestimmte Projekte (erfordern hauptsächlich unterschiedliche Tiere im Zoo) zum Spielende erfülle. Gewonnen hat, wer von den beiden niedrigsten Werten aus Attraktivität und Artenschutz den größten Wert hat.
Die thematische Ähnlichkeit zu „Arche Nova“ ist bei „Zoo Tycoon“ definitiv gegeben. Wir bauen Gehege plus Sondergebäude auf unserem Plan. Die Tiere kommen aus einer Auslage und haben Anforderungen an die Unterbringungen und Haltung. Damit erzeuge ich Attraktivität, welches mein Einkommen bestimmt. Und am Ende bestimmen Artenschutz und Attraktivität, wie hoch ich punkte. Damit sind beide Spiele exakt gleich beschrieben. Aber: Beide Spiele fühlen sich grundverschieden an. „Arche Nova“ ist Spaß und auch für Gelegenheitsspieler noch einigermaßen leicht zugängig. „Zoo Tycoon“ dagegen ist Arbeit. Und leider nicht, weil das Spiel komplex ist, sondern ich finde, es ist kompliziert. Nach unseren zwei Testrunden wüsste ich nicht, wie ich das Spiel innerhalb von weniger als einer Stunde jemandem beibringen soll. Ich wüsste nicht einmal, wo ich mit der Erklärung sinnvoll starten kann. Die volle Regelerklärung auf YouTube durch den Autor Marc Dür dauert immerhin 93 Minuten.
Erschwert wurde mir das Erlernen des Spiels durch die – in meinen Augen – schwer verständliche Anleitung. Ich habe schon sehr viele Anleitungen in meinem Spielerleben gelesen, aber selten ist mir eine so unstrukturiert und schwer erlernbar vorgekommen. Als „Zoo Tycoon“ bei Kickstarter erschien, setzte ich mich daran, eine Kurzregel zu erstellen, damit ich das Spiel testen kann. Leider kam ich nur bis Seite 4 (von 24) und brach dann ab, weil ich zu viele Fragen hatte. Für die Online-Testpartie fing ich noch einmal an, kam aber nur bis Seite 7 und brach wieder ab, weil vieles keinen Sinn ergab. Das Problem sind dabei teils unsinnige Angaben. Beispiel im Frühling: „Der Startspielermarker wird im Uhrzeigersinn oder im Gegenuhrzeigersinn weitergegeben.“ Wenn ich das lese, nehme ich an, dass beides in einer Partie möglich ist und durch irgendetwas beeinflusst werden kann – was aber nicht der Fall ist. Anderes Beispiel: Der Marktplan aus 3x9 Feldern wird jede Runde um einen Schritt verschoben. Anstatt vorzugeben, wie das Schieben erfolgt, zeigt die Anleitung fünf mögliche Wege auf. Mir sagt insgesamt der Aufbau und die Struktur der Anleitung nicht zu. So wird beispielsweise der Frühling mit seinen drei Schritten erklärt. Mittendrin erscheint dann ein Block, der „Mitarbeiteraktionen im Frühling“ erklärt. In dem Block wird aber vor allem wider meines Erwartens überhaupt erst erklärt, was Mitarbeiteraktionen sind. Leider nur nicht, wann ich diese ausführe. Das andere Problem ist die Kleinteiligkeit der Regeln. Für das Nehmen von Tieren vom Markt muss ich drei Bedingungen prüfen. Verfügbarkeit und Platz sind noch übersichtlich. Dann gibt es aber die Tiere in Stufe 0 bis III, die teilweise andere Anforderungen für das Nehmen haben. Und gleich danach wird Ausnahme I und II formuliert, um die Regeln wieder in manchen Fällen aufzuheben. Zu der Aufnahme von Tieren in den Zoo gibt es aber weiter hinten in der Anleitung beim Bau von Gehegen noch weitere Details. Diese umfassen erneut fünf Punkte, die sich teilweise untergliedern. Nach der Online-Testpartie bin ich mit sehr sicher, dass wir das nicht alles beachtet haben, was dazu in der Anleitung steht.
Die Online-Testpartie sah dann auch eher so aus, dass wir hauptsächlich jeden Schritt einzeln durchgegangen sind und gemeinsam in der Anleitung gesucht haben, wie der Ablauf gemeint ist. Ein richtiger Spielfluss entstand dadurch leider nicht. Aber fast jeder Schritt fühlte sich nach Arbeit mit der Abarbeitung einer ganzen Liste von Bedingungen an, auf die es zu achten gilt. Ich vermute, dass es mich mindestens drei volle Partien Zeit kosten würde, ehe ich sagen würde, dass ich einigermaßen die groben Abläufe verinnerlicht haben. Und das finde ich sehr schade, denn im Kern fand ich „Zoo Tycoon“ ein sehr interessantes Spiel. Die Eigenschaften der Tiere mit Anforderungen an Gehegegröße, Rückzugsorte und Gruppengröße fand ich spannend zu managen. Dazu kam dann aber noch die Anzahl der Tiere pro Feld, die ich beachten muss, oder ob es sich um Alpha-, Beta- oder normale Tiere handelt. Und bei den Platzierungsregeln gibt es dann wieder Sonderfälle für Zusatztiere (haben keine eigene Karte, keine Tiermeeple und keine so spezifischen Anforderungen) und Fokus-Häuschen, dass es mir wieder keinen Spaß macht, auf all das zu achten. Auf Anhieb fand ich es auch schwer, einen roten Faden zu erkennen. Das heißt, welche Aktionen muss ich wie machen, um eine funktionierende und spaßbringende Partie zu spielen, auch wenn ich nicht das Optimum erreiche. So etwas fiel mir zuletzt im stark verzahnten „Unconscious Mind“ wesentlich leichter, da sich durch klare Regeln und Symbolik vieles sofort für mich erschloss. „Zoo Tycoon“ kam mir vor, als wäre es einer Aneinanderreihung von einzelnen Aktionen, die nichts miteinander zu tun haben – was natürlich nicht stimmt. Die Einstiegshürde würde ich also als entsprechend hoch ansetzen – zumindest wenn man sich das Spiel selbst erarbeiten muss. Dabei steckt mechanisch sehr wenig Komplexität dahinter. Ein bisschen Marktaktion, um Tiere zu holen, Plättchenlegen für die Gehege und Gebäude und auf drei Leisten nach oben gehen. Dazu gibt es noch ein bisschen Aktionswahl durch Arbeiter, wobei dies optional ist und das ganze Spiel auch ohne einen einzigen Arbeiter bestritten werden könnte. Und zu Beginn einer Runde gibt es noch die Verwaltung des Nachwuchses durch Würfel.
„Zoo Tycoon“ entstammt der Feder der beiden Autoren Marc Dür und Samuel Luterbacher. Geschmückt ist das Ganze mit der Lizenz zur gleichnamigen Computerspielreihe „Zoo Tycoon“ von Microsoft. Grafisch sieht das Spiel entsprechend gut aus und fühlt sich vermutlich in der Realität auch so an. Allein die Tiermeeple sehen großartig aus und toppen die Tiermeeple aus „Wilde Serengeti“ noch einmal. Wenn ich aber das ganze Material aus Karten, Plättchen, Token, Würfeln und Meeple zusammenzähle, sind dies über 1000 Elemente. 1000 Elemente, die ich irgendwie aufbauen, wieder abbauen und auch auf dem Tisch unterbringen muss. Auch in TTS waren die Scrollwege sehr lang und vermutlich passt das Spiel zu viert nicht auf meinen Esstisch.
Zur realen Spielzeit kann ich nur Vermutungen anstellen. Wie gesagt, spielten wir die ersten zwei Runden und brachen dann ab. Hierfür benötigen wir circa anderthalb Stunden, wobei wir einen Großteil der Spielzeit mit Blättern in der Anleitung verbracht haben. Ich nehme an, dass wenn man das Spiel beherrscht, man zu viert tatsächlich bei drei Stunden Spielzeit landen könnte. Aber in einer vollen Erstpartie würde ich von weit über vier Stunden ausgehen. Immerhin entstand bei uns keine Downtime, weil wir grundsätzlich die Aktionen des anderen überprüften und parallel in die Anleitung schauten. Die Phase zum Gehegebau haben wir wie in der Anleitung empfohlen in der zweiten Runde parallel ausgeführt, was die Wartezeit noch einmal reduziert. Ich denke, dass das Spiel mit seinen zahlreichen Stellschrauben zwar zum Denken anregt, aber keine Langeweile aufkommen lässt. Das Mikromanagement der Tiere und Gehege überträgt das Thema einer Zooverwaltung auch sehr geht gut. Noch einmal der Vergleich zu „Arche Nova“: Dort muss ich nur beim Ausspielen eines Tieres die Bedingungen prüfen und bin fertig. Danach schaue ich auf die Tiere nur noch, wenn ich mich die Symbole interessieren oder ich das Tier auswildern will. In „Zoo Tycoon“ muss ich mit jeder Veränderung des Geheges (Gebäude, Zusatztiere, Gehege-Erweiterungen) oder des Tierbestandes (Nachwuchs oder Hinzufügen von Tieren) die Bedingungen prüfen und auf der Tierkarte auf vier Skalen abtragen. Damit muss ich jede Tierart immer genau im Blick haben, auch was die Vermehrung angeht. Denn Nachwuchs ist nicht immer gut, da erwachsene Tiere Geld kosten, aber nicht mehr Attraktivität bringen. Insofern transportiert „Zoo Tycoon“ das Management eines Zoos sehr gut.
Alles in allem war „Zoo Tycoon“ ein Flop mit Ansage. Nach der für mich unverständlichen Anleitung mit sehr vielen kleinen Regeldetails habe ich genau das in der Testpartie wiedergefunden. Zu viele Fragen blieben dabei offen, zu oft mussten wir Abläufe nachschlagen und Wort für Wort durcharbeiten. Das machte mir sehr wenig Spaß. Eine erwartete Gesamtlänge jenseits der vier Stunden, zusammen mit einer Fülle an Material, die mich erschlägt, werde ich die Erfahrung mit dem Spiel ad acta legen und nicht weiter darüber nachdenken. Vermutlich steckt in „Zoo Tycoon“ ein gutes Spiel für Verwalter. Und wer sich durch die Anleitung kämpfen oder 90 Minuten Erklärvideo anschauen mag, kann versuchen, dies zu entdecken. Mein Spiel ist es definitiv nicht. (3,5)
Wertung:
#ZooTycoon
The Shipwreck Arcana (Meromoph Games, 2017)
Mit der Print'n'Play-Version eines 2017 erfolgreich auf Kickstarter finanzierten Spiels starteten wir zu zweit den Spieleabend: „The Shipwreck Arcana“. Ich hatte das Spiel schon auf Tabletopia gesehen, aber mich nicht näher damit beschäftigt.
Die thematische Einbettung des Spiels spare ich mir, denn die ist so etwas von aufgesetzt und nicht existent. Im Kern ist „The Shipwreck Arcana“ ein kooperatives Deduktionsspiel mit Matheaufgaben. Wir spielen reihum und zu Beginn meines Zuges ziehe ich aus einem Beutel auf zwei Marker auf. Auf den Markern stehen Zahlwerte von 1 bis 7. In der Tischmitte liegen vier Karten mit Bedingungen aus und einen meiner beiden Marker muss ich zu einer Karte mit passender Bedingung anlegen. Bedingungen sind zum Beispiel „Die Summe beider Marker ist 7 bis 9.“, „Der Wert eines Markers ist 1, 2 oder 3, der andere nicht.“ oder „Beide Markerwerte sind identisch.“ Durch das Auslegen meines Markers gebe ich den Mitspielerinnen damit einen Hinweis, welchen Wert ich noch auf der Hand habe. Als Hilfsmittel liegen vor mir Plättchen mit Werten 1 bis 7, die meine Mitspielerinnen umdrehen dürfen, um sich die Tipps zu merken. Wenn die Mitspielerinnen zu wissen glauben, welchen Wert ich noch auf der Hand habe, können sie diesen raten. Ist es korrekt, läuft ein Punktemarker ein Feld vor. Wenn nicht, läuft ein Negativmarker ein Feld vor. Auf die Art wäre das Spiel eher langweilig, weil irgendwann der Wert sicher genannt wird. Deswegen gibt es auf jedem Marker noch ein bis drei Punkte aufgedruckt. Analog haben die Bedingungskarten 1-5 Punkte. Wenn die Anzahl der Punkte der Marker neben einer Bedingungskarte größer oder gleich zur Karte sind, muss diese abgelegt werden. Wenn zu diesem Zeitpunkt die Mitspielerinnen den Wert der aktiven Spielerin richtig erraten, wird die Bedingungskarte umgedreht und zeigt einen Bonuseffekt, der später genutzt werden kann. Falls sie nicht richtig raten, dann rückt der Negativmarker zwei Felder vor – zusätzlich zu dem einen Feld für das falsche Raten. Wenn der Punktemarker zuerst die 7 erreicht, haben die Spielerinnen gewonnen. Wenn zuerst der Negativmarker dort ankommt, verlieren sie.
Wie gesagt, ist die thematische Einbettung absolut irrelevant. Die Benennung der Komponenten und Aktionen mit „Schicksalsmarker“, „Stunden-Karte“, „Arcana-Karte“, „Untergangsleiste“ und „Verblassen“ hilft bei der Erklärung des Spiels nicht wirklich. Davon abgesehen spielt sich eine Partie recht schnell. Wir waren in beiden Partien in circa 20 Minuten durch.
Zu zweit gibt es leider keinerlei Kommunikation. Die aktive Spielerin darf nichts zu ihren Markern sagen, bis auf die offiziellen Tipps. Und so legt eine Person einen Marker hin, die andere überlegt laut, dreht Kärtchen um und rät vielleicht und erst dann gibt es eine Kommunikation bei der Auflösung und Erklärung. Sprich, zu zweit funktioniert das Spiel zwar, aber der Spaß kommt durch das gemeinsame Knobeln mit mehr Menschen.
Wir haben zwei Partien gespielt. Die erste nach obigen Regeln (der Negativmarker startet bei 2) haben wir ganz knapp mit etwas Risiko beim Raten gewonnen. Die zweite Partie haben wir mit einer offiziellen Variante verloren. Hier gibt es keinen Negativmarker. Stattdessen werden 15 Bedingungskarten zu Spielbeginn abgezählt. Jedes Mal, wenn wir falsch raten oder eine ausliegende Bedingungskarte abgelegt wird, müssen wir entsprechend 1 oder 2 Bedingungskarten vom Nachziehstapel entfernen (anstatt dass ein Negativmarker vorwärts rückt). Gewonnen hätten wir wieder bei 7 Punkten, aber uns gingen die Bedingungskarten vorher aus, was zur Niederlage führte. Alternativ kann man den Schwierigkeitsgrad auch steuern, indem man den Negativmarker einfach näher an der Zielpunktzahl 7 starten lässt.
Vom Prinzip her funktioniert das Spiel, hat aber drei seltsame Effekte, die ich nicht mochte. Einmal ziehe ich zwar immer auf zwei Marker auf, aber damit die Deduktion funktioniert, muss ich zwingend den zuvor behaltenen Marker erneut behalten und darf nur mit dem neuen etwas signalisieren. Sobald ich mittendrin die Marker wechsel, für die ich Tipps gebe, kommen die Mitspielerinnen durcheinander. Im besten Fall sehen sie aufgrund eines Widerspruchs, dass sie neu mit der Deduktion starten müssen. Im schlechtesten Fall deduzieren sie falsch. Und leider kann es sein, dass mich das Spiel dazu zwingt, dass ich den behaltenen Marker ablegen muss, wenn der andere Marker auf keine Bedingung passt. Diesen Chaos-Faktor fand ich für ein Deduktionsspiel unschön. Als Zweites bin ich irgendwann gezwungen zu raten, wenn sonst eine abgelegte Bedingungskarte zu zwei Negativpunkten führt. In den seltensten Fällen habe ich genau dann das Ergebnis haarscharf eingrenzt. Oft hatten wir die Wahl zwischen zwei Möglichkeiten. Und dann ist es keine Deduktion mehr mit eindeutiger Lösung, sondern ein simples Raten mit 50:50-Chance. Zum Schluss hat sich gezeigt, dass eine sichere Lösung nicht einfach genannt werden sollte, auch wenn damit der Punktemarker vorrückt. Grund ist, dass irgendwann alle Bedingungskarten gefährdet sind, abgelegt zu werden. Wenn ich in so einem Fall nur richtig rate, erhalten wir zwar einen Punkt, aber in der nächsten Runde müssen meine Mitspieler bei Null anfangen zu deduzieren. Dann wird eine Bedingungskarte aber sicher abgelegt und gibt Negativpunkte. Also ist es zu zweit besser, die Lösung erst zu sagen, wenn eine Bedingungskarte das Spiel verlassen würde, um damit den negativen Effekt zu verhindern und sogar noch einen Bonuseffekt abzustauben.
Diese Punkte haben mir nicht so wirklich gefallen. Aus dem Grund würde ich „The Shipwreck Arcana“ sicherlich noch einmal mitspielen, wenn ich gerade Lust auf etwas Knobelei habe, aber das wird nicht oft der Fall sein. Interessant wäre vor allem eine Partie mit mehr Mitspielerinnen. (6,0)
Wertung:
#TheShipwreckArcana
Barrage: The Nile Affair Expansion (Cranio Creations, 2022)
„Barrage“ (oder „Wasserkraft“ auf Deutsch) zählt zu einem meiner Lieblingsspiele. Ein Spiel, welches ich in der ersten Partie extrem hoch mit 37 Punkten verlor und es mir dennoch sehr viel Spaß machte. Im letzten Kickstarter von Cranio Creations wurde auch die Erweiterung „Barrage: The Nile Affair Expansion“ vertrieben und konnte auf der SPIEL'22 in Essen mitgenommen werden. Jetzt endlich kam die Erweiterung auf den Tisch – nachdem die letzte „Barrage“-Partie schon wieder über 14 Monate zurück lag. Scheinbar gab es aber nicht viele Käufer der Erweiterung, zumindest scheine ich der erste im unknows-Forum zu sein, der dazu etwas schreibt (@Matze hat es zumindest laut Messethread kaufen wollen).
Zum „Barrage“-Grundspiel schreibe ich nicht viel, das habe ich bereits getan. „The Nile Affair Expansion“ kommt mit einem neuen Spielbrett daher. Hauptänderung ist, dass es in allen dreien Bereichen (Berge, Hügel und Ebene) jeweils zwei Staudämme gibt, die eine Bewässerung erlauben. In jedem Bereich befinden sich je zwei neue Aktionsfelder (eins gegen 3 Geld Aufpreis), mit dem ich aus einem eigenen Staudamm 1 Wasser für die Bewässerung des Nil-Delta ausgeben kann. Dies erlaubt mir das Nehmen eines Bonusplättchens, welches ich später in einem Zug zusätzlich einsetzen kann. So erhalte ich ggf. nur Geld oder Ressourcen. Manchmal kann ich aber auch mein Baurad weiterdrehen oder Wasser fließen lassen. Oder noch stärker: Ich darf Energie produzieren, Aufträge erfüllen oder etwas bauen. An jedem Rundenende findet eine Wertung statt, wer die hochwertigsten Bewässerungsplättchen (sie haben einen Wert von 1 oder 2) besitzt. Die Person erhält einige Siegpunkte, ebenso wie der Zweitplatzierte. Wichtig: Der oder die Letztplatzierten verlieren 2 Siegpunkte. Daneben gibt es noch drei neue Auftragsplättchen, eine Rundenwertung und eine Endwertung und auch für die Erweiterung „Barrage: The Leeghwater Project“ sind Plättchen enthalten.
„Barrage: The Nile Affair Expansion“ spielt sich schon etwas anders als das Grundspiel. Gar nicht wegen der Bewässerungsaktion, sondern aufgrund der Karte und des Wasserflusses. Im Grundspiel floss fast jede Runde Wasser, dafür aber nur 1 oder 2 Tropfen. Im Nil-Delta ist es aber lange Zeit trocken und dann regnet es enorme Mengen. Dadurch haben sich Dammerhöhungen besonders gelohnt – etwas, was ich sonst so gut wie nie baue. Insgesamt verlief mein Spiel ganz anders als sonst. So unglaublich es klingen mag, am Spielende hatte ich immer nur noch meine Startressourcen (6 Bagger und 4 Betonmischer), weil ich während der Partie nicht mehr benötigte. Ich spielte natürlich auf die Endwertung (die meisten Staudämme plus Erhöhungen zur Bewässerung zu haben), aber ich baute nur ein einziges Kraftwerk. Über zwei eigene Staudämme mit vollem Dammausbau trieb ich dieses Kraftwerk ab der zweiten Runde fleißig an. Mithilfe meines Execution Officer Wu Fang durfte ich das Wasser dann auch einmal pro Runde in Energie umwandeln ohne es zu verbrauchen. Durch den Nichtausbau meiner Kraftwerke konnte ich zwar keine hohen Energiemengen produzieren, dafür aber viele kleinere Aufträge erfüllen. Nach zweieinhalb Stunden belegte ich mit dieser Strategie den zweiten Platz mit 119:108:95 Punkten. Der Erstplatzierte konzentrierte sich extrem auf die Bewässerungsplättchen und die darüber erhaltenen Siegpunkte (in der letzten Rundenwertung waren das bereits 9). Zusätzlich hatte er im Gegensatz zu mir einen guten Wasserlauf, der das Wasser von einem eigenen Damm zu einem anderen eigenem Damm fließen ließ.
Mir hat die Karte von „Barrage: The Nile Affair Expansion“ sehr gut gefallen. Die Bewässerungsoption und vor allem die Rundenwertung hätte ich nicht benötigt, die neue Karte allein wäre mir genug. Aber die neue Option verkompliziert das Spiel nicht wirklich und kann so auch mitgenommen werden. Das Grundgefühl der Enge und sehr hohen Interaktion bleibt gleich. (9,5)
Wertung:
#BarrageNileAffair
Deckscape: Im Wunderland (Abacusspiele, 2022)
Ich schrieb es schon Juni 2022: „Alice im Wunderland“ und „Der Zauberer von Oz“ gehen bei mir als Spielethema immer. Zumindest, um mein Interesse zu wecken. Solche Spiele sind nicht zwingend gut. Entsprechend habe ich mich gefreut, dass „Deckscape: Im Wunderland“ unter dem Weihnachtsbaum für mich lag.
Zuerst sei gesagt, dass ich von den vielen Exit-/Escape-Arten die „Deckscape“-Reihe nicht zu meinen Lieblingen zähle. Der Grund ist hauptsächlich, dass es ein fast rein lineares Vorgehen ist, Karte für Karte umzudrehen. Und daneben muss ich bei allen Rätseln eine Antwort geben und erfahre dann die korrekte Lösung. Sprich, es gibt im Regelfall kein mehrfaches Versuchen. Dafür wiederum ist die Lösung immer gut begründet und man steckt auch niemals fest.
Das konkrete Abenteuer im Wunderland hat mir gut gefallen. Das Thema wird gut durch die Rätsel und Illustrationen herübergebracht. Einige Rätsel sind schön abstrus und wir mussten für die Lösung um die Ecke denken. Vor allem gibt es zahlreiche Wortspiele. Ganz wichtig ist, dass sich alle Rätsel auch ohne Wissen über die Bücher oder Filme lösen ließen.
Es gibt aber auch ein paar Kritikpunkte. Zuerst: Anfangs im Spiel werden wir ins Wunderland eingeführt und leider wird der englische Begriff benutzt. Es reißt mich einfach aus der Welt, wenn ich „Kein Ort gleicht dem Wonderland.“ lesen muss. Interessanterweise wurde das nur am Anfang des Spiels so gemacht, später ist ganz normal vom Wunderland die Rede. Mein zweiter Kritikpunkt ist die Schrift: So werden sechs verschiedenen Schrifttypen benutzt (wenn ich richtig gezählt habe), was in Summe sehr zusammengewürfelt aussieht. Daneben ist die Schrift teils so klein, dass ich sie aus 50 cm Entfernung nicht lesen konnte. Besonders blöd, wenn man wie wir zu viert spielt und die Karten in der Tischmitte liegen, damit auch alle eine Chance habe, sie sehen zu können.
Von den Rätseln her gibt es keine richtigen Kopfnüsse zu knacken. Vieles hatte ich schon gesehen oder erschloss sich mir direkt ohne nachzudenken. Vor allem das Endrätsel fand ich sehr enttäuschend und antiklimaktisch. Es gab aber auch ein, zwei gute Rätsel, auf die ich hier natürlich nicht eingehen kann. Trotz der eher einfacheren Rätsel haben wir 80 Minuten gebraucht, um uns zu viert durch die 64 Karten zu rätseln. Es war aber ein schöner Zeitvertreib für den Abend. (8,0)
Wertung:
#DeckscapeImWunderland
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