Neu gespielte Brettspiele im Dezember 2019
Die Nachwehen SPIEL'19 in Essen halten nach wie vor an. Das heißt, es trudeln immer noch Spiele auf den Spieletisch, die in Essen herausgekommen sind und mich interessiert haben. Wenn nicht im Oktober, dann gab es zumindest jetzt die Chance sie zu testen.
Dicetopia (All Or None Games, 2018)
„Dicetopia“ ist ein Spiel mit Würfeln, bei denen der Zufall nicht durch die Würfel kommt. Am Anfang des Spiels werden die Würfel gewürfelt und auf dem Tableau in der Spielmitte zufällig verteilt. Das Tableau unterteilt sich in sechs Bereiche, wobei jeder Bereich für eine andere Aktion steht. Die Spieler haben sechs Aktionen im Spiel. Zum Ausführen nehmen sie sich einen beliebigen Würfel aus einem Bereich und legen einen einen kleinen farbigen Marker an diese Stelle. Danach führen sie die entsprechende Aktion aus wie z.B. Würfel vertauschen, Marker und Würfel vertauschen oder eine neue Zielkarte ziehen. Nach sechs Runden wird gewertet. Jeder Spieler bekommt die Augenzahl seiner gesammelten Würfel als Punkte. Zusätzlich gibt es fünf Punkte plus die Augenzahl der verbliebenen Würfel in jedem Bereich für die Person mit den meisten Markern. Zielkarten geben bei Erfüllung Punkte.
„Dicetopia“ ist sehr schnell erklärt. Die sechs Aktionen sind eingängig und müssen nicht besonders nachgeschlagen werden, auch wenn Übersichtskarten beiliegen. Das Spiel ist nicht sehr tiefgängig, was auch am hohen Zufall liegt. Die Zielkarten am Spielanfang geben zwar die Richtung vor, aber durch das Austauschen von Würfeln, u.a. auch vom Tableau der Spieler, kann man anfangs gar nicht auf ein bestimmtes Ziel sicher spielen. Je weniger Würfel und je weniger Aktionen es gibt, desto planbarer wird es aber.
Ich fand „Dicetopia“ ganz nett. Aber es hat mich auch nicht umgehauen. Es gibt andere, kleine, schnelle Spiele, die mir da mehr zusagen und entweder mehr Spaß bringen oder mehr Tiefgang haben, wie z.B. „Love Letter“, wenn ich zufällig eins nennen soll.
Wertung:
Dicetopia: Roll with the Punches (All Or None Games, 2019)
Deshalb haben wir uns auch gleich an der Erweiterung versucht, ob diese das Spiel interessanter macht. „Dicetopia: Roll with the Punches“ bringt ein neues Board mit drei neuen Aktionen ins Spiel. Eine Aktion lässt die Spieler einen orangen Würfel nehmen, der nicht verändert oder geklaut werden kann. Eine andere Aktion lässt einen Würfel schützen oder Startspieler werden. So richtig wahnsinnig anders spielt sich das Spiel dadurch nicht. Die dritte Aktion war mir zu zufällig, daher erkläre ich die hier nicht.
Was die zweite Partie mit Erweiterung besonders gemacht hat, war die Szenariokarte, von der zufällig eine (auch schon beim Grundspiel) gezogen wird. Im Grundspiel hatten wir nur zwei offen ausliegende Zielkarten, was nicht viel änderte. Im zweiten Spiel durften wir unsere Marker aber nicht neben fremde Marker legen, solange man noch woanders legen konnte. Das hat mehr zum Grübeln angeregt, weil es nun möglich war, bestimmte Aktionen für einen selbst zu reservieren. Die Mehrheiten in den Bereichen zu bekommen war teilweise sehr leicht bzw. von der anderen Seite her teilweise unmöglich. Das hat mir ganz gut gefallen, da man viel stärker in Konflikt gerät.
Das lag wie gesagt an der zufällig gezogenen Szenariokarte, nicht an der Erweiterung. Die verändert das Spiel so wenig, dass es sich kaum lohnt, diese zu holen.
Wertung:
Die Tavernen im Tiefen Thal (Schmidt Spiele, 2019)
Auf der Stuttgarter Spielemesse 2019 konnte ich „Die Tavernen im Tiefen Thal“ bereits einmal spielen. Die Partie war aber „kaputt“ weil wir nicht genug Bier hatten, um uns die recht teuren Gäste zu holen, was wiederum kein Geld brachte, sodass wir kaum Sachen aufwerten konnten, wodurch wir nicht genug Bier hatten etc.
Im Dezember konnte ich das Spiel noch zweimal spielen. Dieses Mal waren wir gewappnet und das erste, was ich tat, war den Bierkeller auszubauen, sodass ich 5 statt 2 Bier lagern konnte. Danach folgte noch die Geldkiste, um auch hier 5 statt 2 Münzen in die nächste Runde mitzunehmen. Das Spiel flutsche so wesentlich besser. Zusätzlich legte ich alles daran, möglichst viele Adlige mitzunehmen, wo es ging. Das gelang mir ganz gut, am Ende gewann ich das Spiel.
Interessanter war die Folgepartie, in der wir alle Module, die das Spiel mitbringt, nutzen, um das komplette Spielgefühl zu erhalten. Eine Beschreibung der Module folgt hier:
„Startaufstellung”: Zum Start des Spiels bekommt nicht jeder Spieler die gleichen Karten, sondern kann sich eine Startvorgabe von dreien aussuchen. Dabei kann es sich um zusätzliche Karten handeln, ich bekam zum Beispiel einen Tisch, eine Kellnerin und einen Bierhändler in mein Startdeck. Es gibt aber auch andere Möglichkeiten, sodass man zum Beispiel gleich aufgewertet mit 4 Tischen anfängt. Es ist dabei erlaubt, dass mehrere Spieler die gleiche Startvorgabe nutzen. Das Modul hat mir sehr gut gefallen. Es ergibt sich bei allen Spielern (wenn nicht alle das gleiche wählen), ein ganz unterschiedlicher Start in die Partie. Und man kann sehr gut die eigene Strategie danach ausrichten und kommt schneller dahin, wo man hinwill.
„Gästebuch“: Der Wirt führt ein Gästebuch. Mit jeden durch Bier angeworbenen Gast erhält man auch eine kleine Unterschrift, die man in ein 4x4 Gitter auf bestimmte Art und Weise einbauen muss. Manche abgedeckte Felder geben dann Boni. Bei einer vollen Spalte oder Reihe gibt es sogar noch einen Adeligen dazu. Auch das Modul fand ich sehr gut. Es ist so leichtgewichtig, dass man nicht zwingend darauf achten muss, was passiert. Aber wenn man sieht, dass man einen bestimmten Bonus oder einen Adeligen erreichen kann, dann wirbt man noch gezielter Gäste mit Bier an. Die sehr simple, aber schöne Verzahnung hat Spaß gemacht.
„Ansehensleiste“: Der Wirt hat nun etwas mehr zu tun als nur pseudomäßig Bier auszuschenken, denn er trackt unser Ansehen. Ansehen erhält man vor allem nach dem Platzieren der Würfel. Das Minimum von eingenommenen Geld und angeliefertem Bier lässt den Ansehensmarker entsprechend vorrücken. Das gibt ein paar Siegpunkte am Ende des Spiels, am wichtigsten ist aber, dass nach 12 Schritten ein Adeliger als Belohnung winkt. Auch das Modul fand ich großartig. Zum einen gibt es noch mehr Adelige, was ich immer toll finde. Aber ich strengte mich auch an, in jeder Runde möglichst eine ausgeglichene Anzahl an Geld und Bier zu erhalten, falls das möglich. Diese Balance zu finden hat mir viel Spaß gemacht. Und ein Vorteil hat es auch (so, wie wir es gespielt haben): Wenn die Würfel einmal den Aktionen zugeordnet wurden, müssen sie liegen bleiben. Es ist also nicht mehr möglich, während der Aktionsausführung alles umzustellen. Das ist gut, denn so können Züge nicht mehr rückgängig gemacht werden, was oft sehr anstrengend für die Mitspieler ist.
„Gaukler“: Durch alle Module vorher erhält man irgendwie Schnaps-Marker als neue Ressource. Auch am Anfang jeder Runde gibt es oft ein oder zwei Schnaps. Als Boni am Anfang von Runde 2, 3 und 5 erhält jeder Spieler einen Gaukler, der zwei Seiten mit unterschiedlichen Aktionen zeigt. Beim Erhalt muss man sich entscheiden, ob man die Vorder- oder Rückseite dauerhaft das ganze Spiel über nutzen will. Die Gaukler können dann jederzeit durch Schnaps aktiviert werden. Die Flamenco-Tänzerin schafft entweder mehr Geld oder mehr Bier heran. Der Feuerspucker lässt einen ein Wirtshausteil aufwerten oder einen Gast aus dem Deck schmeißen. Auch dieses Modul fand ich sehr gut, denn vor allem die Flamenco-Tänzerin kann helfen, wenn es in den ersten Runden einfach nicht gut läuft. Durch mehr Geld oder mehr Bier kann man sich dann aber entweder ein wichtiges Upgrade kaufen oder einen trinkfreudigen Gast einladen, was sonst nicht möglich wäre.
Wie Ihr seht, haben mir alle Module sehr gefallen. Und das ist auch der Grund, weshalb ich inzwischen „Die Tavernen im Tiefen Thal“ sehr gern spiele. Damit wanderte die Bewertung des Spiels von ursprünglich 6,5 über 7,0 bis auf eine 8,0 mit allen Modulen. Viel besser wird die Wertung aber nicht mehr werden, denke ich. Nach wie vor spielt es sich sehr solitär. Und nach wie vor ist die Downtime beim Ausführen der Aktionen etwas hoch, da ich auch kein Interesse daran habe, was meine Mitspieler machen. Dennoch zeigt es, dass es sich manchmal lohnt, einem vermeintlich „schlechtem“ Spiel noch eine Chance zu geben. Manchmal überzeugt es erst beim zweiten Blick.
Wertung:
Glen More II: Chronicles (Funtails, 2019)
Meine letzte (und erste) Glen-More-Partie ist schon vier Jahre her. Das Spiel wurde neu aufgelegt, optisch aufgepeppt, um einen Reiseplan erweitert und hat noch Chroniken (kleine Module, die das Spiel ein bisschen verändern) dazu bekommen.
In „Glen More II“ baut jeder Spieler eine Siedlung aus Plättchen vor sich aus (wie in „Isle of Skye“). Es gibt gewisse Baubedingungen. Wenn man ein Plättchen einbaut, produziert das Plättchen und alle acht umliegenden Ressourcen. So gilt es eine gute Maschinerie aufzubauen. Alternativ zu Dorfplättchen kann man Adelige anwerben, die einen reisen lassen, wofür es meist Einmalboni gibt (wie in „Gùgōng“). Die Plättchenwahl ist ganz trickreich: In einem Rondel liegen alle Plättchen aus und der letzte Spieler ist immer am Zug (wie in „Patchwork“). So kann es sein, dass wenn ein Spieler unbedingt ein Plättchen ganz weit vorne haben will, er danach eine ganze Weile zuschauen muss.
Die Chroniken brachten in unserem Fall noch ein Schiff dazu, was ein Rennen startete, sodass ich über den Fluss in meinem Dorf zum linken Nachbardorf und dann immer weiter im Kreis bis zum Ausgangspunkt im eigenen Dorf segeln konnte. Das war ganz nett, aber man konnte das Modul auch ignorieren, denn mehr Punkte gab es durch die vier Wertungen im Spiel. Bei jeder Wertung wird sich dabei immer mit dem schlechtesten Spieler verglichen und nur für die Differenz (z.B. an Whiskey-Fässern oder ausliegenden Orten) gibt es Punkte.
Bei einer aktuellen Bewertung von über 8 auf BGG frage ich mich, was falsch mit mir ist, aber „Glen More II“ hat mich so gar nicht abgeholt. Das Thema finde ich eigentlich toll, denn „Isle of Skye“ und vor allem „Clans of Caledonia“ zählen zu meinen Lieblingsspielen. Aber „Glen More“ war mir einfach egal. Einen Plan zurechtlegen brauchte ich mir nicht, da (je nachdem wie weit ich vorausgeeilt war) sich die Auslage eh schon zig Mal geändert hat. Und so entschied ich erst spontan zu Beginn meines Zuges, was ich machen will. Was die Mitspieler taten, war mir nicht direkt egal, weil ich mich mit ihnen bei der Wertung vergleichen musste, aber ich konnte ja auch nicht direkt beeinflussen, welche Plättchen sie nehmen. Das Wegnehmen eines Plättchens, was der nachfolgende Spieler braucht, einem selbst aber wenig bringt, war oft viel zu teuer im Vergleich.
Irgendwie hatte ich „Glen More“ (das Original) besser in Erinnerung, vielleicht weil es etwas schlanker war. Vermutlich spiel ich „Glen More II“ auch noch einmal mit, aber es wird mich vermutlich auch dann nicht endlos begeistern können.
Wertung:
Disclaimer: Den Vergleich mit anderen Spielen ist nur der Anschauung halber. „Glen More“ war vor all diesen Spielen da. Wenn sich jemand hat inspirieren lassen, dann waren es die anderen Spiele bei „Glen More“, nicht umgekehrt. (Mit Ausnahme der Reise, die es im Original „Glen More“ nicht gab.)
Suburbia: Collectors Edition (Bézier Games, 2019)
Brauchte es das wirklich? Ich liebe mein „Suburbia“ in der Originalausgabe. Die „Collectors Edition“ vereint alle Erweiterungen und peppt sowohl Grafik, als auch Geld und das Handling auf. Bzw. versucht es das, erreicht aber in meinen Augen eher das Gegenteil. Disclaimer: Den folgenden Text versteht man besser, wenn man „Suburbia“ kennt!
„Suburbia: Collectors Edition“ hat die Plättchen aufgewertet und stellt diese realistischer dar. Das führt aber dazu, dass man vor lauter Illustration die Plättchenfarbe nicht mehr richtig erkennen kann. Einige graue Plättchen wirkten eher grün, was in dem Fall einen Spieler eines der Ziele gekostet hat. Ja, die Plättchen in „Suburbia“ waren teils schon sehr stilistisch, aber das Wichtigste, nämlich Symbole und Farben, waren klar erkennbar.
Was dagegen nicht verbessert wurde, sind Marker, die anzeigen, dass ich für manche Plättchen etwas bekomme, wenn ich oder irgendwer etwas Bestimmtes baut. Ich habe mein „Suburbia“ entsprechend modifiziert (angemalt!), andere haben sich selbst Marker gebastelt. Aber genau dieses spielerische Problem wurde in der Collectors Edition nicht angegangen. Stattdessen gibt es für jeden Gebäudetyp wie Schulen oder Restaurants kleine Holzmarker, die man auf ein Plättchen legen kann, aber wenig bringen.
Ebenfalls eher negativ ist der Plättchenturm. Aus diesem soll man ganz schick die Plättchen ziehen und dann auf einer speziellen Ablage durchschieben können. Die Ablage ist dabei rund, was dazu führt, dass die Plättchen ihre Ausrichtung ändern und somit nicht von allen Spielern gleich gesehen werden. Zusätzlich versperrt der Turm auch die Sicht für Spieler, die nicht am richtigen Tischende sitzen. Ganz blöd ist aber, dass man nicht mehr sieht, wann es eine Zwischenwertung der Boni und Herausforderungen gibt. In „Suburbia“ war dies leicht zu sehen, da die Höhe der drei Stapel A-C sichtbar war. In „Suburbia CE“ ist das nicht mehr möglich, weil es nur einen riesigen Stapel gibt. „Irgendwann“ ist halt der A-Stapel leer und es gibt plötzlich eine Wertung.
Ganz nett sind die Spielertableaus, die Ausbuchtungen für die beiden Marker von Ruf und Einkommen haben. Auf der anderen Seite ist es mir bei „Suburbia“ nur sehr selten passiert, dass die Marker per Zufall verrutscht sind. Und selbst wenn, wusste ich, was die zwei Werte waren. Hier wurde also in der Collectors Edition ein Problem gelöst, was gar nicht bestand.
Neben einer neuen Grafik und neuen Gimmicks, die wir definitiv nicht brauchen, liefert die „Suburbia: Collector's Edition“ auch noch eine Erweiterung namens „Nightlife“ mit. In einer zweiten Partie entfernten wir also alles aus der Collector's Edition – bis auf die neue Grafik logischerweise – und fügten die „Nightlife“-Erweiterung plus einen Bonus und Herausforderungen hinzu. Und so macht auch die neue Auflage Spaß …
„Nightlife“ hat uns sehr gut gefallen. Im A-Stapel kommen Plättchen dazu, die neben dem Positiven auch negative Effekte mitbringen für weitere „Nightlife“-Plättchen. So verliert man zum Beispiel Bevölkerung im verfluchten Haus. Mit der Polizeistation kann man diese negativen Effekte im B-Stapel aber ignorieren. Und mit einem weiteren Plättchen im C-Stapel sogar umkehren. Zusätzlich sind die „Nightlife“-Plättchen alle etwas preiswerter, sodass bis Ende des B-Stapels in Geld schwimmt, im Laufe des Spiels aber immer mehr davon verliert. Das ist mal was anderes gegenüber der üblichen Geldknappheit.
Lohnt sich die „Collector's Edition“ nur wegen „Nightlife“? Nein, immer noch nicht. Die Erweiterung ist sehr gut, aber nach wie vor sind die Farben nicht so gut zu erkennen und die Symbole irgendwie zu klein. Trotz der CE-Anpassungen bleibt das Spiel exakt das Gleiche. Und so bin ich froh, dass ich mein angepasstes Standard-Suburbia besitze und keine 100 oder gar 150 US-Dollar für die Kickstarter-Collectors-Edition bezahlen musste.
Wertung „Suburbia“ an und für sich:
Wertung „Suburbia: Collector's Edition“:
Inuit: The Snow Folk (Board && Dice, 2019)
„Inuit“ ist schnell erklärt: In seinem Zug deckt ein Spieler Karten in der Tischmitte auf und darf sich dann von einer Art eine bestimmte Anzahl an Karten nehmen. Die Anzahl entscheidet das eigene Tableau, wie viele Schamanen, Kämpfer, Jäger oder Kundschafter man hat. Mit Schamanen kann man zum Beispiel Siegpunkt- oder Einmaleffektkarten nehmen. Die Jäger jagen dagegen Robben, Eisbären und Orcas. Wichtig sind die Stammesältesten, denn nur über diese können mehr Angehörige angeworben werden.
„Inuit“ spielt sich leider sehr trocken und langweilig. Karten aufdecken, dann die beste Option wählen und der nächste Spieler ist dran. Die beste Option ist dabei keine großartige Abwägung, sondern erschließt sich fast immer auf den ersten Blick. Taktische Tiefe gibt es daher kaum eine. Strategisch kann man dagegen ein bisschen agieren, da man sich schon auf ein paar Kartenarten konzentrieren muss. Die Strategie ist dann aber wiederum sehr offensichtlich und muss nur konsequent verfolgt werden.
Mich störte daneben noch das Kartenglück. Nimmt man Stammesangehörige, bringt das einem nur Siegpunkte, wenn sie zum eigenen Stamm gehören. Sind sie von einem gegnerischen Stamm, gibt es Minuspunkte. Wer Glück hat, dessen eigene Leute tauchen früh auf. Diese kann man dann anheuern und somit die Aktionen sehr früh gut verstärken. Wessen Stammesangehörige dagegen erst spät im Stapel kommen, muss entweder mit Minuspunkten wegen der gegnerischen Arbeiter oder mit weniger Aktionen leben. Beides ist nicht optimal und macht keinen Spaß, weil es zu zufällig ist.
In einer weiteren Partie testeten wir alle Module, die das Grundspiel vielleicht etwas interessanter machen. Neu dazu kommen:
„Große Tiere“: Als Bär-, Orca- oder Robbenversion darf man sich davon nur einen pro Runde nehmen. Die großartige Besonderheit ist, dass diesen großen Tiere einen Siegpunkt mehr bringen als ihre normalen Artgenossen. Ehrlich gesagt macht das so gut wie nichts aus im Spiel.
„Legendäre Inuits“: Zu jeder Aktion gibt es nun einen Inuit, den man nur genau dort hinlegen darf. Er bringt einem grundsätzlich -4 Siegpunkte. Sollte der Spieler am Ende des Spiels am besten in dieser Kategorie dastehen (also als Kämpfer-Legende die meisten Waffen haben zum Beispiel), gibt es dafür dann 8 Siegpunkte. Das ändert das Spiel so gut wie gar nicht. Ganz im Gegenteil kann es sein, dass es einem sogar schadet, wenn man eine Legende früh zieht, ein anderer Spieler dann aber plötzlich auf die gleiche Profession setzt. Am negativsten fand ich, dass man an der Karte nicht erkennt, dass es sich um Inuit handelt, da Gegenstände und keine Personen abgebildet sind. Wir haben mehrfach diese legendären Inuit eher zu den Ritualen in der Auslage gelegt, weil sie zu ähnlich aussahen.
„Konflikte“: Wenn eine Konfliktkarte in einer der Spielerfarben gezogen wird, muss sich der Spieler entscheiden, ob er gegen diesen Spieler in den Krieg zieht, eine Allianz schmiedet oder nichts tut. Die Allianz gibt beiden Spielern zwei Siegpunkte. Gefühlt hat die Allianz keinerlei Einfluss auf das Spiel. Beim Krieg dagegen bekommt der Spieler mit der Konfliktkarte 2 Siegpunkte pro Waffenkarte in der Farbe des Gegners. Und der Spieler, der die meisten Kämpfer hat, erhält 4 Siegpunkte. Im Kriegsmodus war die Karte ganz nett, da ich in direkten Vergleich mit einem Mitspieler trete. Auf der anderen Seite sind 4 Siegpunkte so wenig, dass der Gegner das auch einfach ignorieren kann und deswegen nicht aufrüsten sollte. Ganz blöd war, dass zwei Spieler ihre eigene Spielerfarbe gezogen haben und deswegen die Konfliktkarte ohne Wirkung abgelegt wurde. Und das, wo es schon so wenig Konfliktkarten gab.
„Sonnenkarten“: Zum Spielanfang, nach einem Drittel und nach zwei Dritteln des Spiels kommen spezielle Sonnenkarten ins Spiel, die jedem Spieler am Anfang oder Ende seines Zuges spezielle Aktionen ermöglichen. Zum Beispiel darf man kostenlos einen Inuit anwerben oder sich die obersten drei Karten des Decks anschauen und nach eigener Wahl zurücklegen. Auch das ändert sehr wenig am Gesamtspiel. Mitunter vergasen wir die Fähigkeit sogar immer mal wieder. Ganz blöd ist die Gestaltung. So bemerkten wir nicht, dass wir eine Sonnenkarte gezogen hatten und legten diese zu den Riten zum Kauf aus. Ein Spieler kaufte sie auch und wir wunderten uns erst bei der dritten Sonnenkarte, wo denn die zweite geblieben ist.
Machen diese Module „Inuit“ besser als das Grundspiel? Nein, definitiv nicht. Auch nicht, wenn ich damit zufälligerweise gewonnen habe. „Inuit“ bleibt ein sehr langweiliges, mittelmäßiges Spiel, dass ich niemanden wirklich empfehlen kann.
Wertung:
Ragusa (Giant Roc, 2019)
Bei „Ragusa“ denke ich natürlich zuerst an die Schweizer Schokolade. Erst 2019 habe ich erfahren, dass Ragusa auch der frühere Name der kroatischen Stadt Dubrovnik ist. Und genau um diese Stadt geht es, die die Spieler im 15. Jahrhundert aufbauen wollen.
In „Ragusa“ haben die Spieler genau 12 Aktionen, wobei sie mit jeder einfach „nur“ ein eigenes Haus in die Stadt oder die vorgelagerten Wälder und Felder auf dem Spielplan stellen müssen. Dabei wird ein Haus immer auf eines der Ecken der Hex-Felder platziert. Steht ein Haus auf der Ecke eines Rohstoffeldes vor der Stadt, gibt es dafür die angrenzenden Rohstoffe in Form von Holz, Stein, Silbererz, Oliven oder Trauben. Die Rohstoffe benötigt man zum einen für den Bau der Häuser oder für die Umwandlung in Wein, Öl oder Silber, die man entweder über eine Stadtaktion verkaufen kann oder nutzt, um Aufträge zu erfüllen, die Siegpunkte bringen. In der Stadt darf man wie erwähnt die angrenzenden Aktionsfelder ausführen. Aber nicht nur das, bei den meisten Stadtaktionen sind danach alle Spieler, die dort bereits angrenzend gebaut haben, noch einmal dran, diese Aktion zu nutzen. Somit wird frühes Bauen in der Stadt belohnt.
„Ragusa“ spielt sich sehr schnell und ist ziemlich eingängig. Dadurch, dass keine langen Rohstoffketten aufgebaut werden müssen, versteht jeder sofort, um was geht. Und dennoch gibt es verschiedene Strategien. Konzentriere ich mich auf den Mauerbau um die Stadt? Oder verkaufe ich lieber Rohstoffe auf dem Markt? Oder erfülle ich Auftragskarten? Viele Wege führen zum Ziel.
Sehr schön sind die Komponenten. Es macht Spaß, die kleinen Häuser hinzustellen, die Burgmauer zu erweitern oder eigene Türme auf fremde Häuser zu stellen. Auch der Spielplan ist optisch sehr gelungen. Einzig die Symbolik ist vor allem bei der Erklärung des Spiels nicht ganz optimal, im Spiel versteht man es aber spätestens beim zweiten Ausführen.
Sehr schön finde ich den Zwei-Spieler-Ausgleich, wo beide Spieler zwei neutrale Machtzentren bekommen. Diese können wie Häuser platziert werden, aber nur am äußeren Stadtbereich, wo sie ggf. die Stadtmauer unterbrechen. Zusätzlich lösen sie die jeweiligen Stadtaktionen aus, aber nur für den aktiven Spieler, nicht für alle anderen. Durch diesen kleinen Dreh fühlt sich der Zwei-Spieler-Ausgleich nicht wie eine Krücke an, sondern wie ein normales, spielerisches Element, dass taktisch sehr gut genutzt werden kann.
Im Vier-Spieler-Spiel habe ich diese Elemente sogar fast schon vermisst. Aber natürlich spielt sich „Ragusa“ auch zu viert sehr gut. Man kommt sich wesentlich häufiger in die Quere und man kann einzelne Stadtaktionen nicht mehr so häufig nutzen. Aus dem Grund verteilen sich auch die Siegpunkte mehr als zu zweit. Interessant war zu sehen, dass wenn mehrere Spieler die gleiche Strategie fahren, sich diese extrem beflügeln. In unserem Fall bauten vor allem zwei Leute an der Stadtmauer und mit jedem Haus konnten genau diese zwei Spieler noch mehr Mauer bauen und aktivierten immer wieder die Fähigkeiten. Ich setzte dagegen auf die Erfüllung von Auftragskarten, nur leider setze sich niemand zu mir. Und irgendwann gingen mir die Steine aus, sodass ich keine Häuser mehr zu dieser Aktion setzen konnte. Dennoch konnte ich damit gewinnen, sodass man auch alleine zum Ziel (=Spielsieg) kommt.
Wertung:
Teotihuacan: Späte Präklassik (Schwerkraft-Verlag, 2019)
„Teotihuacan“ spiele ich sehr gerne. Aufgrund der Komplexität kommt es aber nicht allzu oft auf den Tisch. Dennoch packten wir es letztens wieder aus und nahmen auch gleich noch die neue Erweiterung „Späte Präklassik“ dazu, die 2019 erschienen ist. Die Erweiterung besteht aus mehreren Modulen, die einzeln dazugenommen werden können.
Am besten hat mir das Modul mit asymmetrischen Spieler-Eigenschaften gefallen. Jeder Spieler bekommt bei Spielbeginn zwei Charaktere zur Auswahl, von denen er sich einen auswählen darf, der am besten der eigenen Strategie entspricht. Im Gegensatz zu anderen Spielen haben die Charaktere nicht nur besondere Vorteile, sondern gleichzeitig auch immer einen Nachteil. Dadurch werden manche Aktionen sehr attraktiv, andere wiederum sehr unattraktiv. Dies macht das Spiel sehr variationsreich und vor allem fährt man nicht immer die gleiche Strategie, sondern muss sich an den Charakter anpassen. Das gefiel mit sehr gut.
Ein anderes Modul bringt einen weiteren Tempel hinzu, in dem man ebenfalls aufsteigen kann. Als Bonus erhält man auf den einzelnen Schritten Langzeitboni, die ab da für das ganze Spiel gelten. Ich fand das Modul wenig spannend. Allein in den drei bestehenden Tempeln kann man nicht vollständig aufsteigen. Da einen vierten Tempel hinzu zu bringen, auf den sich die Tempelschritte verteilen können, ist irgendwie überflüssig. Und die Boni waren auch nicht so gut, dass wir uns darum geschlagen hätten. Das Modul würde ich zukünftig weglassen. Wenn man es hinzu nimmt, schadet es einem aber auch nicht, wenn man den Tempel ignoriert. (Im Gegensatz zur Venedig-Erweiterung von „Marco Polo“.)
Modul Nummer 3 bringt einfach nur für jede Eclipse (also die drei Runden) besondere Eigenschaften und Bedingungen mit. Zum Beispiel erhält man einen Bonus, wenn man ein bestimmtes Aktionsfeld nutzt. Oder Arbeiter kosten bei der Ernährung weniger Kakao. Das war nett und bringt ein bisschen Variation ins Spiel. Das Modul darf gern drin bleiben – wenn wir es beim nächsten Mal bei Eclipse 1 nicht wieder vergessen.
Als letztes Modul haben sich Tempelbau und Tempelverzierung geändert, die auch getrennt voneinander ersetzt werden können. Wo und wie viel gebaut wird, ist nun ebenfalls wie bei den anderen Aktionen in einer Matrixstruktur (also niedrigste Augenzahl und Anzahl Würfel bestimmen die Aktion) abgebildet. Das macht das Spiel etwas eingängiger, auf der anderen Seite sehen die Aktionen auf dem Spielplan nun alle sehr gleich aus. Ich denke, ich bräuchte dieses Modul zukünftig nicht unbedingt, aber es schadet auch nicht.
Alles in allem fand ich eigentlich nur die neuen Charaktere am sinnvollsten. Ich hätte deswegen für die Erweiterung auch keine 35 € gezahlt, aber das muss jeder für sich selbst entscheiden. Wenn jemand die Module aber hat, kann er sie auch einsetzen. Denn schlechter machen sie „Teotihuacan“ auf alle Fälle nicht.
Wertung „Teotihuacan“:
Wertung „Teotihuacan: Späte Präklassik“:
Electropolis (Homosapiens Lab, 2019)
„Patchwork“ meets „Quadropolis“ meets „CO²“ meets „Prosperity“. „Electropolis“ leiht sich Thema und Mechanik von anderen Spielen, was es aber durchaus gut macht. In „Electropolis“ baut jeder Spieler eine Stadt, die möglichst viel Energie (=Siegpunkte) am Spielende produziert. Vom Spielablauf legen die Spieler reihum zuerst fest, wann sie drankommen wollen, um sich eine gewisse Anzahl an Stadtplättchen und eine Auftragskarte zu nehmen. Je früher man drankommt, desto weniger Plättchen gibt es aber. Je später man drankommt, desto eher muss man mit dem leben, was die anderen einem übrig lassen. Die Stadtplättchen liegen in einem Kreis wie bei „Patchwork“ aus. Der aktive Spieler muss sich dann die gewisse Anzahl an Plättchen nehmen, die nebeneinander liegen, und sie in sein 5x5-Stadttableau einbauen. Zusätzlich nimmt man sich eine Auftragskarte, die angibt, wo man überhaupt bauen darf. Nach acht Runden ist das Stadttableau mehr oder weniger voll. Vor allem Kohle- und Gas-Kraftwerke sind dann lukrativ, wenn sie mit Kohle und Gas befeuert werden können, verschmutzen aber auch die Umwelt. Kernkraftwerke sind noch besser, brauchen aber ein Endlager, um betrieben werden zu dürfen. Und natürlich will auch noch die Bevölkerung bei Laune gehalten werden, denn es gibt Minuspunkte, wenn die Luftverschmutzung wesentlich größer ist als das Ansehen in der Bevölkerung. Dann hilft einem auch die viele Energie nicht, die man produziert hat. Besondere Zielkarten (z.B. „Habe die wenigsten Kernkraftwerke gebaut“) bringen noch einmal Siegpunkte am Ende des Spiels.
Strategisch ist das Spiel sehr interessant. Die Luftverschmutzungsleiste geht bis maximal 20, was ich mit meinen fünf Kohlekraftwerken locker erreichte. Jedes Mehr an Luftverschmutzung wird ignoriert. In der letzten Runde hatte ich nur 7 Ansehen bei der Bevölkerung. Die Differenz wird quadriert und als Minuspunkte abgetragen. Prinzipiell hätten mir also 169 Punkte abgezogen werden müssen. Ich konnte am Spielende durch andere Plättchen noch einmal 10 Ansehen gewinnen. Das Maximum geht aber bis 16. Das heißt, am Ende verlor ich nur (20-16)² = 4² = 16 Punkte. Durch die viele Energie, die ich produzieren konnte, machten diese 16 Punkte nicht viel aus. Andere Spieler hatten dagegen möglichst versucht die Luftverschmutzung gering zu halten bzw. hatten sogar mehr Ansehen als Luftverschmutzung, was punktetechnisch aber keinerlei Vorteil bringt, da es keine Pluspunkte für diese Differenz gibt. Ich frage mich also, ob die Balance zu halten tatsächlich die beste Strategie ist oder ob man besser nicht einfach eine „Umweltsau“ ist, welche die Bevölkerung nur glücklich genug macht, sodass die sich nicht an der dreckigen Luft stört?
Davon abgesehen, ist „Electropolis“ ein sehr gutes und spaßiges Spiel. Die Optimierung, Energie zu produzieren, aber auch noch die Leute bei Laune zu halten, ist klasse. Ebenfalls großartig sind die Auftragskarten, sodass man die genommenen Plättchen nicht willkürlich einbauen kann. Mit Fortgang des Spiels kommt man in die Bredouille, dass man manche Auftragskarten gar nicht mehr nehmen sollte, weil man dann kein einziges Plättchen in die Stadt einbauen könnte. Das gibt dann wiederum negatives Ansehen, was doch recht wichtig ist. Deswegen ist die Entscheidung, ob ich lieber früher dran bin, dann aber weniger Plättchen nehmen kann, extrem wichtig, was ebenfalls viel Spannung erzeugt.
Die Ähnlichkeiten zu „Prosperity“ sind recht groß. Auch dort wird die Umweltverschmutzung der Kraftwerke und Gebäude gegen die Energieproduktion abgewogen und muss in Balance gehalten werden. Und man kann Plättchen aus einer Auslage auswählen und in seine Stadt einbauen. „Electropolis“ ist aber etwas schlanker von den Regeln her und hat mich daher besser unterhalten.
Wertung:
Witchcraft (Portal Games, 2008)
Es gab aber nicht nur Essen-Nachzügler, sondern auch ein paar andere Spiele in diesem Monat, die schon älter sind, aber dennoch neu für mich waren. Eines davon war „Witchcraft“.
Das Lesen der Anleitung war etwas holprig, glücklicherweise ist das Spiel nicht extrem komplex, sodass wir uns durcharbeiten konnten. Beide Spieler legen anfangs in einer kleinen Arena aus 4x6 Feldern jeweils ihre acht Zauberer hin und können diese jeweils in acht Richtungen ausrichten. Das ist wichtig, denn die Zauberer schießen in genau diese Richtung einen Feuerball und treffen damit die gegnerischen Zauberer. Nach dem Auslegen aktivieren die Spieler abwechselnd einen Zauberer. Trifft dieser einen generischen Zauberer(stapel), legt man diesen umgedreht (dann mit der eigenen Farbe sichtbar) auf einen seiner ausliegenden Zauberer. Dadurch stapeln sich die Zauberer und werden automatisch immer weniger in der Arena. Zusätzlich werden durch das Stapeln bereits erschöpfte Zauberer wieder aktiv. Über vier Altare, die man ebenfalls durch Beschuss aktivieren kann, kann man Zauberer schützen, bewegen, reaktivieren oder drei spezielle Charaktere zusätzlich ins Spiel bringen.
Die erste Partie war bereits nach 10 Minuten vorbei, weil mein Gegner keinen legalen Zug mehr machen konnte, das heißt, kein Altar aktivieren und auch keinen meiner Zauberer treffen konnte. Es kommt bei „Witchcraft“ extrem darauf an, dass man die richtige Reihenfolge für die Aktivierung der Zauberer findet und niemals in einer Sackgasse landet, wo man nicht mehr agieren kann.
Die zweite Partie ging dann schon über 30 Minuten, weil sich mein Mitspieler besser aufstellte. Sein Problem war aber, dass ich eher versuchte viele, kleine Stapel zu bauen, er dagegen (etwas ungewollt) drei große Stapel mit Zauberern hatte. So konnte ich beispielsweise durch das Legen eines einzigen Schildes im letzten Zug verhindern, dass er mich abschießen konnte und er somit keinen legalen Zug mehr hatte.
„Witchcraft“ wirkt etwas älter und auch wenn das Thema ganz nett ist, das Gesamtkonzept ist ein abstraktes Strategiespiel. Aber eines, dass uns zumindest zwei Partien lang viel Spaß gemacht hat. Als Füller, bis die anderen Mitspieler am Spieleabend kommen, ist es für zwei Spieler sehr gut geeignet.
Wertung:
Der Herr des Eisgartens (Heidelberger, 2016)
Bereits auf der SPIEL'15 hatte ich „Der Herr des Eisgartens“ auf meiner Interessenliste. Damals wirkte es mir aber noch zu komplex. Dieses Jahr traute ich mich endlich dran. Schade ist, dass die erste Komplexitätsstufe mit der Anleitung daherkommt.
Vom eigentlichen Spielprinzip ist „Der Herr des Eisgartens“ sehr einfach: Initiative wählen, Aktionsmarker einsetzen und Aktionen der Reihe nach ausführen. Zu den Aktionen zählt vor allem der Einsatz von Einflussmarker und Einheiten auf den Spielplan. Komplizierter wird es in der nächsten Phase, da hier alle möglichen Sonderfähigkeiten der Einheiten geprüft und abgehandelt werden müssen. Mitunter wird hier auch gegeneinander gekämpft. Da aber nur wenige Einheiten überhaupt Kampffähigkeiten haben, kam es bei uns nur einmal in drei Spielstunden zum Schlagabtausch. Die nächste Phase war etwas einfacher, aber gemein. Der oberste Herrscher (oder so etwas in der Art) namens Vuko besucht den Spieler mit dem niedrigsten Ansehen (dies sinkt durch das Aufleveln und Einsetzen von Einheiten) und zerstört eine von dessen Einheiten. Da Einheiten sehr teuer sind, tut dies wirklich sehr weh und wirft den vermeintlich stärksten Spieler stark zurück. Die letzte Phase ist wieder kompliziert, da für jede der acht Regionen auf dem Spielfeld einzeln geschaut werden muss, wer dort den größten Einfluss hat. Der dominierende Spieler kann dann wieder die Sonderfähigkeiten seiner Einheiten aktivieren und erhält zusätzlich noch Ressourcen und/oder Siegpunkte. In der Phase hatten wir das Regelheft immer offen liegen und mussten den Ablauf Schritt für Schritt durchgehen, um nichts zu vergessen.
Es macht das Spiel spannend, dass die Einheiten der vier Charaktere unterschiedliche Fähigkeiten haben und auch mit neuen Fähigkeiten aufgewertet werden können. Aber das macht es auch kompliziert, da jede Fähigkeit in einer anderen der letzten drei Phasen wirkt. Ebenso hat es mir sehr gefallen, dass alle Spieler unterschiedliche Siegbedingungen haben. In der Regel muss ein Spieler mit einer Stufe-2-Einheit die Dominanz in einem Gebiet haben, um dem Sieg näher zu kommen. Mitunter ist aber auch noch mehr notwendig. Nach eine Partie kann ich nicht sagen, ob die Ziele ausgeglichen sind, ich vermute es aber einmal. Gefühlt spielen sie sich aber unterschiedlich schwer. (Und ich hatte natürlich die schwierigste Siegbedingung. ;))
Aufgrund der Fülle an Regeln, die wir immer wieder nachschlagen mussten, überraschten uns auch plötzlich Dinge. So hatten wir im Kopf, dass das Spiel auchzu Ende ist, wenn der Tote-Schnee-Marker die 30 erreicht (dieser wird durch das Aufleveln und Einsetzen von Einheiten vorwärts gesetzt). Wir hatten nicht mehr im Kopf, dass bei drei Spielern bereits bei 24 das sofortige Spielende erreicht ist. Und wir hatten auch vergessen, dass dann nicht der Spieler mit den meisten Siegpunkten gewinnt, sondern der Spieler mit dem höchsten Ansehen. Das führte dazu, dass wir auf der 23 standen und plötzlich das Spiel vorbei war und zusätzlich noch jemand ganz anderes gewann als von allen erwartet.
„Der Herr des Eisgartens“ ist aufgrund seiner vielen Regeln, die für jeden Charakter anders sind, sehr komplex. Es sind zwingend mehrere Partien notwendig, ehe man das Spiel durchsteigt und flüssig spielen kann. Und das ist schade, denn im Kern ist es ein sehr gutes Spiel. Andere Area-Control-Spiele mit asymmetrischen Fähigkeiten (wie „Root“ oder zum Teil „Scythe“) wirken aber dennoch eingängiger. Und da wir solche großen Spiele (auch gute) in der Regel nur zwei- oder dreimal im Jahr spielen, ist die Gefahr groß, dass bei der nächsten Partie alle Regeln wieder vergessen sind und wir uns das Spiel von vorn erarbeiten müssen.
Wertung:
Too Many Bones (Chip Theory Games, 2017)
Man hätte diesen durch Kickstarter finanzierten Moloch auch „Too Many Rules“ nennen können. Aber eins nach dem anderen …
„Too Many Bones“ ist ein kooperatives Abenteuerspiel. Jeder Spieler hat einen Helden mit besonderen Fähigkeiten. Als Gruppe macht man sich zum Oberbösewicht auf. Auf dem Weg trifft man auf andere Monster, Gleichgesinnte oder Händler (dargestellt durch Abenteuerkarten). In den Abenteuern, die man auf dem Weg erlebt und hoffentlich übersteht, erhält man neue Fähigkeiten und Gegenstände, die einem hoffentlich im Endkampf helfen. Ein bisschen erinnerte mich das Spiel an „Roll Player: Monster & Minions“ und an „Sanctum“.
Neben den Abenteuerkarten sind die Kämpfe das zweite zentrale Element des Spiels. Je nach Gruppengröße und Fortschritt auf dem Weg sind die Monster stärker. Dabei hat jedes Monster eigene Lebenspunkte, Verteidigung und natürlich ein oder zwei Sonderfähigkeiten, die mit Regeln verbunden sind. Auch im letzten Kampf mussten wir bei jedem Monster die Fähigkeiten auf der Übersichtskarte nachschlagen, weil wir uns einfach keine von denen merken konnte. Maximal vier Monster begegnen uns auf einmal, die anderen stehen Schlange. Aber das reichte zumindest bei auch aus, um sowohl den vorletzten Kampf als auch den Endkampf sang- und klanglos zu verlieren. Und dabei spielten wir auf der kürzesten und vermutlich einfachsten Stufe.
Die Besonderheit bei „Too Many Bones“ ist, dass die Fähigkeiten durch Würfel dargestellt werden. Und so kann ich mich beim Aufleveln für eine „Granate“ entscheiden. Wie stark diese ist oder ob der Wurf auf den Gegner ggf. nach hinten losgeht, entscheidet später der Zufall. Alle Fähigkeiten eines Charakters werden durch Würfel repräsentiert. Das sind 16 einzigartige Fähigkeiten. Pro Charakter! Dementsprechend groß ist auch die Regelfülle. Jeder Würfel hat seine eigenen Regeln. Wenn ich eine Niete (dargestellt durch einen Knochen) werfe, darf ich die immerhin im Kampf sammeln und mehrere Knochen (daher auch der Spieltitel) gegen einen Bonus eintauschen. Aber auch der ist wieder pro Charakter anders und mit neuen Regeln verbunden. Natürlich hat jeder Charakter noch eine Sonderfähigkeit, die an Regeln hängen. Und wie oben geschrieben hat jedes einzelne Monster Sonderfähigkeiten, die mit Regel verbunden sind. Das Spiel zu lernen ist echt ein Akt, das Spiel zu lehren ebenfalls. „Shut up & Sit down“ haben die Probleme des Spiels sehr gut zusammengefasst.
Das erklärt auch unsere „Spieldauer“. Von Spiel auspacken bis Spiel einpacken vergingen in unserer Zweispielerpartie inkl. Regelerklärung/-erlernen ca. 4 Stunden. Und das für drei Kämpfe, von denen wir zwei verloren haben. gab es dazwischen Spielspaß? Auf meiner Seite nur ein „Jein”. Ich mag Fantasy und verschiedene Charaktere und Aufleveln, aber „Too Many Bones“ ist bei mir einfach „Too Much Game“. Viel zu viele Regeln und viel zu viel Material. Es macht mir einfach keinen Spaß, wenn ich alle fünf Minuten das Regelheft oder die Regelübersicht in die Hand nehmen muss, um wieder die Funktionsweise von irgendetwas nachzuschlagen. Ja, ggf. kennt man den einen Charakter nach drei Partien gut genug. Aber dann gibt es ja noch zig andere Charaktere und zig neue Monster mit neuen Eigenschaften. Dem einen mag die Fülle an Spiel gefallen. Mich schreckt es eher ab. Ich bin daher auch unsicher, ob ich das Spiel noch einmal spielen muss. Normalerweise gebe ich allen Spielen, die mich beim ersten Mal nicht begeisterten, noch eine Chance. Normalerweise kostet mich das dann aber auch nur zwei Stunden und nicht so viel Regellektüre. Daher kann es sein, dass ich bei „Too Many Bones“ eine Ausnahme mache und es bei einer Partie belassen werde.
Wertung: