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Bericht von der Stuttgarter Spielmesse 2022

Nach Essen kommt Stuttgart – zumindest bei mir. Einen Tag habe ich mir Zeit genommen, neue Spiele zu erkunden. Einige Verlage wie HeidelBÄR, KOSMOS, Huch, die Happy-Shops-Verlage, Queen Games, AMIGO, Abacusspiele, NSV und andere waren vor Ort, um ihre Neuheiten zu präsentieren. Daneben gab es auch noch die große Spieleinsel, auf der zahlreiche Spieltitel ausgeliehen werden konnte. Von der langen Spielenacht hatte ich aus irgendeinem Grund vorab nichts gelesen. Auch meine Mitstreiter vor Ort berichteten erst gegen 17 Uhr überraschend, dass die Spieleinsel bis 22 Uhr geöffnet bleibt. Aber auch so kamen genügend Neuheiten zusammen.

Baumkronen (KOSMOS, 2021)

Am Stand zum „Lernspiel des Jahres 2022“ schaute ich mir zuerst „Baumkronen“ an. In dem reinen Zweipersonenspiel geht es um den Aufbau eines Regenwaldes samt Flora und Fauna mithilfe von Karten. Anfangs liegt vor mir nur ein Baumstamm aus. In der Tischmitte liegen drei verdeckte Stapel mit anfangs 1, 2 und 3 Karten. Wenn ich an der Reihe bin, schaue ich mir den ersten Stapel an. Wenn ich die Karten will, nehme ich sie und lege eine neue Karte an deren Platz. Falls nicht, lege ich eine neue Karte zu dem nicht genommenen Stapel dazu und schaue mir den zweiten Stapel an. Dies geht so lange, bis ich einen Stapel wähle oder einfach nur eine verdeckte Karte vom Nachziehstapel nehme. Die gewählten Karten können dabei sehr unterschiedlich sein. Es gibt Baumstämme, mit denen ich meine bestehenden Bäume in der Höhe erweitern oder neue Bäume gründen kann. Mit Baumkronen schließe ich einen Baum ab und kann diesen werten. Daneben gibt es noch zahlreiche Pflanzen- und Tierkarten, die ich auslegen kann. Manche bringen mir Siegpunkte für bestimmte Bedingungen, manche haben auch Spezialeffekte. Gespielt wird über drei Runden mit jeweils einer großen Menge an Karten im Nachziehstapel. Nach jeder Runde gibt es eine Wertung, bei der hauptsächlich die Pflanzen und Sonderkarten gewertet werden. Diese werden danach entfernt und nur die Bäume und Tiere bleiben für die nächste Runde erhalten.

Ich fand „Baumkronen“ vor allem wegen der Grafik sehr ansprechend. Die Bepflanzung des Waldes und das Ansiedeln von Tieren ist sehr hübsch. Zusätzlich gibt es auf den Karten noch etwas Flavortext, der Wissen über den Regenwald vermittelt. Leider ist der Text sehr klein geschrieben und war deswegen nur schwer zu lesen. Ein bisschen kam der Lernanteil im Spiel aber heraus. Eine richtige Strategie konnte ich bei dem Spiel nicht fahren. Da alle Karten auf drei Stapel aufgeteilt sind und die Pflanzen am Rundenende abgeworfen werden, ist es Zufall, welche genau in jeder Runde ins Spiel kommen. Problematisch fand ich auch die Spielzeit. Wir haben beide nicht lange überlegt, aber der Kartenstapel ist mit 140 Karten so groß, dass die erste Runde mit circa 43 Karten bereits 30 Minuten dauerte. Wir brachen dann ab, weil das Spiel sehr gleichförmig ablief und in meinen Augen nicht über die 90 Minuten tragen würde. Eine halbe Stunde wäre die bessere Spielzeit gewesen. Dies auch die offizielle Angabe, aber ich bin unsicher, wie wir diese hätten erreichen können. Eine richtige Interaktion gibt es auch nicht. Einzelne Karten beeinflussen zwar die Auslage und Karten meiner Mitspielerin, aber in Summe baut eher jeder vor sich seinen Regenwald auf. Ich verstehe deswegen auch nicht, wieso „Baumkronen“ ein reines Zweipersonenspiel ist. Der Kartenwahlmechanismus wäre auch für mehr Spielerinnen geeignet. Den fand ich im Übrigen sehr interessant und neuartig. Nicht genommene Stapel werden stärker, ich muss aber immer abwägen, ob der nächste Stapel etwas Besseres bringen könnte. Diese Entscheidung hat Spaß gemacht. Problematisch fand ich noch die Symbolik. Fast jede Karte mussten wir mindestens einmal in der Anleitung nachschlagen. Positiv ist, dass es sehr viele verschiedene davon gibt. Die meisten Kritikpunkte finde ich gar nicht so schlimm, aber vor allem wegen der langen Spielzeit möchte ich „Baumkronen“ nicht unbedingt noch einmal spielen. (4,5)

Baumkronen
Baumkronen


Wertung: (4,5)

#Baumkronen

Neoville (HCM Kinzel, 2022)

Das Thema von „Neoville“ ist, dass jeder eine eigene Stadt aufbauen will. Hierfür wählen wir Plättchen aus und lege diese nach und nach in einem 4x4-Raster aus. Auf jedem Plättchen sind vier Felder mit Stein, Wald, Wasser oder Erde zu sehen. Immer wenn ich ein Plättchen anlege, darf ich auf genau ein Feld ein Gebäude stellen. Diese gibt es in verschiedenen Höhen 5, 6, 8, 10 und 12 für jede Feldart. Zusätzlich gibt es noch Bioprojekte und Windkraftwerke, von denen ich auch genau eins alternativ auf das gerade gelegte Plättchen legen kann. Einige Felder haben ein Symbol (Sportplatz oder Baum), welche ich nicht bebauen darf. Nach 16 Plättchen ist Schluss und jedes Gebäude wird gewertet. Die hohen Gebäude müssen auf einem zusammenhängenden Gebiet dieser Mindestgröße stehen. Die Bioprojekte und Windkraftwerke haben Anforderungen an die Menge und Ausrichtung oder an die Position auf dem gebauten Gebiet. Erfülle ich die Anforderung, erhalte ich den Wert als Pluspunkte. Falls nicht, erhalte ich entsprechend Minuspunkte.

„Neoville“ will zwar ein Thema transportieren, ist aber komplett abstrakt. Vor allem die recht eintönigen Feldarten sorgten bei mir nicht für ein Stadtbaugefühl. Die Gebäude dagegen sehen recht hübsch aus. Bis auf das Plättchen und Gebäude wegnehmen aus der Auslage gibt es keine Interaktion. Das Positive daran ist die geringe Downtime. Wir spielten teilweise so schnell, dass ich schon wieder an der Reihe war, bevor ich ein Plättchen nachgezogen hatte. Dennoch hat das Spiel bei mir kein positives Spielgefühl hinterlassen, was an der Punktewertung lag. In der Regel baue ich natürlich so, dass ich die Gebäudeanforderung erfülle. Falls mir das aber aus irgendeinem Grund nicht gelingt (weil beim Nachziehen keine Plättchen mit den richtigen Feldarten kommen), dann werde ich nicht nur bestraft, weil ich keine Punkte bekomme. Ich werde doppelt bestraft, weil ich Punkte verliere. Sprich, wenn ich nur einmal falsch baue, wirft mich das viel zu weit zurück. Aus dem Grund würde ich „Neoville“ nicht noch einmal spielen wollen. Ich bin auch unsicher, was das Spiel als Lernspiel auszeichnet. Vielleicht Frustrationstoleranz? (3,0)

Neoville
Neoville


Wertung: (3,0)

#Neoville

Wilde Serengeti (Kobold Spielverlage, 2022)

„Wilde Serengeti“ hatte ich schon auf meiner ToPlay-Liste zur SPIEL'22 stehen. Aus verschiedenen Gründen ist das Spiel aber nach hinten gerutscht. In Stuttgart konnte ich es nun anspielen. Wir sind Regisseure und wollen einen Tierfilm drehen. In der Tischmitte liegt das Spielfeld mit quadratischen Feldern, die Steppe, Wald, Felsen oder Wasser darstellen. Wenn ich am Zug bin, kann ich meine eigene Kamera in Arbeitereinsatzmanier auf ein Aktionsfeld stellen. Gegen Bezahlung kann ich dann entweder ein Tier auf den Spielplan bringen, Tiere vertauschen oder sie bewegen. Mit den letzten beiden Aktionen kann ich mir neue Szenenkarten nehme. Diese geben Bedingungen vor, welche die Tiere auf dem Spielplan erfüllen müssen. Entweder die Tiere stehen irgendwo auf dem Spielfeld, sie stehen auf einer Reihe oder Spalte hintereinander oder einige Tiere steht um die acht Felder eines anderen Tieres herum. Manche Tiere müssen dazu noch auf bestimmten Landschaftsarten stehen. Wenn ich eine Szene von der Hand erfüllen kann, lege ich sie aus und erhalte dafür Siegpunkte, Einmalboni oder Einkommensboni. Als Boni gibt es Fleisch, mit dem ich ein Tier auf ein benachbartes Feld anlocken, und Spezialeffekte-Marker, mit denen ich den Landschaftshintergrund ändern kann. Eine Partie geht über sechs Runden. In den Runden 4 und 6 gibt es eine variable Tierwertung, wer besonders viele Tiere einer Art gefilmt hat. Und in den Runden 4 bis 6 wird eine zufällige Wanderungskarte gezogen, welche die Tiere auf bestimmten Feldern wieder in den Vorrat legt.

Wilde Serengeti – Tiermeeple
Wilde Serengeti – Tiermeeple

„Wilde Serengeti“ sticht vor allem durch sein Material hervor. Die Tiermeeple sehen einfach großartig aus und es gibt ein tolles Bild ab, wenn diese auf dem Spielfeld stehen. Den Baum als Rundenanzeiger finde ich etwas übertrieben und unübersichtlich (ähnlich wie der Baum bei „Everdell“). Er enthält glücklicherweise wenig spielrelevante Inhalte wie die Information, wann Wanderungen und Wertungen sind und wie viel Geld es jede Runde gibt. Die Symbolik in Summe fand ich leicht verständlich. Ich habe nur nicht verstanden, wieso es bei den Aktionen für „Szenenkarten nehmen“ zwei Aktionsfelder gibt, auf die unendlich viele Spielerinnen ihre Kameras setzen können. Das Material spiegelt auch sehr gut das Thema wider. Ganz witzig fand ich, dass die Szenenkarten nicht nur beliebig zufallsverteilte Tiere zeigen, sondern ein Titel die Szene auch beschreibt. Das sorgte bei mir für mehr Stimmung. Daneben gibt es auch noch etwas Flavortext mit wissenswerten Informationen auf jeder Szenenkarte. Leider ist die weiße Schrift auf hellem Untergrund so gut wie nicht zu erkennen gewesen. Die Aktionen im Spiel fand ich eher unthematisch. Wieso bezahle ich Geld, um Tiere einzusetzen? Wo kommen die her? Und wie schaffe ich es mit Geld, Tiere zu bewegen oder zu vertauschen?

Wilde Serengeti – Aktionstableau und Baum
Wilde Serengeti – Aktionstableau und Baum

Das größte Problem des Spiels war aber wieder die Spielzeit. Zu dritt brachen wir nach circa einer Stunde und drei von sechs Runden ab. Wir spielten dabei neben den ersten beiden Runden noch die Runde 4, um die Auswirkung der Wanderungskarte zu sehen. Das Spiel zog sich bei uns aufgrund der hohen Wartezeit bei der Prüfung von Bedingungen. Ich kann vorab sehr gut überlegen, welche Tiere ich wie ein- oder umsetzen muss, um meine vor mir liegenden Szenenkarten zu erfüllen. Wenn ich aber neue Szenenkarten ziehen kann, will ich natürlich sehr genau schauen, welche von den sechs ausliegenden nahe an die aktuelle Konstellation auf dem Spielbrett kommt. Und hier war das Problem, weil es uns oft sinnvoller erschien, die komplette Auslage mit Szenenkarten abzuräumen und neu aufzudecken. Dann begann erneut das Suchen nach einer guten Kombination, welche sich zu nehmen lohnt. Wären es nur die Tiere, auf die ich achten muss, ginge dies noch einigermaßen schnell. Aber ich muss oft auch noch die Landschaftstypen betrachten, auf denen die Tiere stehen. Die Downtime, die aufgrund dieser Aktionen entstand, störte alle Spielerinnen. Ich hätte es besser gefunden, wenn es die Austauschaktion nicht gegeben hätte und nur bei Wegnahme von Karten diese aufgefüllt werden. Zur Rotation am Rundenende könnten dann immer noch die vordersten zwei Karten abgeworfen werden.

Wilde Serengeti – Szenenkarten
Wilde Serengeti – Szenenkarten

Aber auch mit Anpassungen wäre mir die Spielzeit vermutlich zu hoch, weil sich die erste und die dritte Runde kaum anders anfühlten. Es stehen zwar mehr Tiere auf dem Feld, aber das macht die Erfüllung von Szenen nicht einfacher. Und ich erhalte durch erfüllte Szenen manchmal Einkommensboni, aber auch die helfen nur bedingt für einen schnelleren Spielfluss. Sprich, ich fand die Erfüllung der Szenenkarten sehr wiederholend und das trägt für mich keine 120 Minuten (offizielle Spielzeit-Angabe). Es gibt auch noch eine kooperative Variante, die wir aber nicht getestet haben. (6,0)

Wertung: (6,0)

#WildeSerengeti

Land und Meer (Kobold Spieleverlag, 2022)

„Land und Meer“ kann man ehesten wohl als „Carcassonne“ mit Hex-Plättchen und ohne Meeple beschreiben. In dem Zweipersonenspiel (es gibt auch eine Variante für drei und eine Teamspiel-Variante für vier Personen) hat jeder zwei Hex-Plättchen vor sich liegen. Diese sind doppelseitig bedruckt (identisch zu „Galaxy of Trian“, was wiederum „Carcassonne im Weltraum“ ist, nur sind die Plättchen dort dreieckig) und zeigen hauptsächlich Land- und Meeranteile. Vor der Partie wird entschieden, welche Spielerin Land und welche Meer spielt. In meinem Zug lege ich ein Plättchen und ziehe von einem Stapel nach. Wenn ich ein Land- oder Meergebiet abschließe, erhält die entsprechende Spielerin die Punkte des Gebiets (pro Plättchen ein Punkt). Ein paar Besonderheiten gibt es noch: Es gibt auf manchen Plättchen Kreuze abgedruckt. Schließe ich ein Gebiet ab, erhalte ich die Punkte für die Anzahl an Kreuzen, egal, um welches Gebiet es sich handelt. Zusätzlich haben manche Plättchen Bonusaktionen, um ein zweites Plättchen zu legen oder meiner Mitspielerin ein Plättchen wegzunehmen. In einer erweiterten Variante gibt es auch noch Punkte für zusammenhängende Berge und Korallen und für benachbarte Planwagen und Schiffe. Im Dreipersonenspiel erhält die dritte Spielerin diese Punkte und die anderen beiden wie bisher die Punkte für Land oder Meer.

Bei „Land und Meer“ hat mich vor allem initial die Grafik von Jon-Paul Jacques, der auch der Designer des Spiels ist, angesprochen. In der Partie stellten sich die sehr detailreichen Plättchen teilweise aber als hinderlich heraus, weil nicht alle wichtigen Spielinformationen sofort ersichtlich sind. So gibt es Plättchen, auf denen ein großes Symbol in der Mitte abgebildet ist, was aber keinerlei Bedeutung hat. Und für die Korallen und Berge mussten wir schon sehr genau hinsehen. In der Tat spielt sich „Land und See“ wie „Carcassonne“, nur wesentlich langweiliger. Ich lege halt nur ein Plättchen und bekomme Punkte. Die Auswahl der Seite von zwei Plättchen fand ich nicht sehr spannend. Es war meist offensichtlich, was besser passt. Die Interaktion beschränkt sich darauf, ab und an ein Plättchen wegzunehmen oder ein Gebiet der Mitspielerin abzuschließen. Auch mit der Variante fand ich das Spiel nicht interessanter. Aufgrund der Grafik teils eher anstrengender. Ich habe auch keine strategischen Entscheidungen gesehen. Meine Mitspielerin stellte viele kleine Meergebiete fertig. Ich baute an einem riesigen Landgebiet und schloss es glücklicherweise auch ab. Am Ende lagen wir ungefähr gleichauf. Spielspaß kam bei mir keiner auf. Dann lieber das Original mit Meeple-Einsatz. (3,5)

Land und Meer
Land und Meer


Wertung: (3,5)

#LandundMeer

Akropolis (Kobold Spieleverlag, 2022)

Weiter ging es bei den Kobolden mit „Akropolis“. Im Nachlauf zur SPIEL habe ich viel Gutes über das Spiel gehört und wollte es daher einmal ausprobieren. „Akropolis“ ist ein solistisches Puzzlespiel, bei wir alle eine eigene Stadt aufbauen wollen. Die Stadtteile bestehen dabei aus drei Hex-Feldern. Wenn ich am Zug bin, darf ich eines der bis zu fünf ausliegenden Stadtteile wählen. Die Stadtteile sind dabei in einer Reihe auslegt, wobei das erste Plättchen 0 Steine kostet, das zweite 1, das dritte 2 und so weiter. Das gewählte Plättchen baue ich entweder an meine Stadt an oder ich darf auch drei bestehende Hex-Felder überbauen. Überbaue ich Steinbrüche, erhalte ich entsprechend viele Steine. Nach 11 Runden ist Schluss und es wird gewertet. Auf den Hex-Feldern mancher Stadtteile befinden sich fünf verschiedenfarbige Gebäude. Je nach Gebäudeart werden diese anders gezählt: rote Militärgebäude benötigen mindestens eine freie Kante, gelbe Märkte dürfen nicht aneinandergrenzen, bei den blaue Wohnungen wird nur das größte, zusammenhängende Gebiet gewertet etc. Befindet sich ein Gebäude durch Überbauen auf Ebene 2, ist es einen Punkt mehr wert. Entsprechend dann auch auf höhere Ebenen. Zu jedem Gebäudetyp gibt es auf den Stadtteilen auch entsprechend farbige Plätze mit 1 bis 3 Sternen. Dies ist wichtig, da die Punkte von den Gebäuden mit der Anzahl der entsprechenden Anzahl an Sternen multipliziert werden. Habe ich keinen blauen Stern, ist auch das größte blaue Wohngebiet nichts wert.

Wie geschrieben, handelt es sich bei „Akropolis“ eher um ein solistisches Puzzeln. Die einzige Interaktion ist die Wahl der Stadtteile aus der Auslage. Das fand ich aber gar nicht schlimm, denn es spielt sich schnell ohne wirkliche Wartezeit und ist auch sehr belohnend. Mit fast jedem Plättchen kann ich am Spielende irgendwie Punkte machen. Und dennoch lohnt es, sich auf ein oder zwei Farben zu konzentrieren, um die größte Multiplikation herauszuschlagen. Anhand der Beschreibung merkt man vielleicht auch, dass es im Kern ein eher abstraktes Spiel ist. Dafür wiederum fand ich die Bedingungen zur Wertung gut an die Gebäudetypen geknüpft. Und wir haben tatsächlich während des Spiels auch die Gebäudenamen benutzt, anstatt nur die Farben zu nennen. Das Wachsen der Stadt in die Höhe fand ich auch ein schönes Element, welches ich schon aus „Ginkgopolis“ kenne und mir dort ebenfalls gefallen hat. Sicherlich ist „Akropolis“ kein sehr tiefgründiges oder strategielastiges Spiel, aber es hat mir einfach Spaß gemacht, meine Stadt weiterzubauen. (7,5)

Akropolis
Akropolis


Wertung: (7,5)

#Akropolis

Zauberberg (AMIGO, 2021)

Auch ein Kinderspiel habe ich mir angeschaut, da es ganz interessant aussah. In dem kooperativen Spiel „Zauberberg“ müssen wir gemeinsam (je nach Schwierigkeitsstufe) einige der sechs Zauberlehrlinge zum Fuße eines Berges bewegen, bevor eine gewisse Anzahl der vier Hexen dort ankommt. Zu Beginn stehen alle Lehrlinge oben am Berg und die Hexen ungefähr in der Mitte. Das Spielbrett, was den Berg darstellt, ist leicht schräg geneigt und es verläuft ein geschlängelter Weg von oben am Berg bis zum Fuße. Zusätzlich gibt es auch noch vertikale Wegverbindungen, die wir aber nicht nehmen dürfen. Diese sind für die Irrlichter in Form von Murmeln vorgesehen. Aus einem Säckchen ziehen wir eine farbige Murmel und lassen diese in einem der sechs Slots oben am Berg losrollen. Wenn die Murmel von einem Lehrling oder Hexe aufgehalten wird, bewegen wir die Figur auf dem Pfad bis zum nächsten, farbig passenden Punkt.

Das war schon die ganze Spielerklärung und wider Erwarten macht das Spaß. Zum einen darf ich, wenn eine Murmel hängen bleibt, die Figur so herausnehmen, dass ich mit etwas Geschick festlegen kann, ob die Kugel links oder rechts des Weges weiterrollt. Und mit den Zauberlehrlingen darf ich so schnell wie möglich zum nächsten Punkt fliegen. Wenn ich es geschickt anstelle, bin ich schneller als die Murmel und darf mich dann sogar ein zweites Mal bewegen. Und es macht auch viel Spaß, wenn auf der Bahn einer Kugel mehrere Zauberlehrlinge getroffen werden, die sich alle bewegen dürfen. Nicht minder lustig ist es aber, wenn man austüftelt, wo die Kugel am besten reingeworfen wird, nur damit sie dann zufällig doch einen ganz anderen Weg einschlägt. Somit kann ich zwar ein bisschen taktisch entscheiden, aber das Glück hat einen nicht zu vernachlässigbaren Anteil am Ausgang. Das Spielprinzip trägt natürlich nicht für einen ganzen Abend, aber mit Kindern oder Wenigspielern macht das sehr viel Spaß. Das Material sieht auch ganz hübsch aus, sodass es zum Losspielen einlädt. Darauf achten sollte man, dass alle die Regeln verstanden und akzeptiert haben. So war ein Kind am Nachbartisch sehr traurig, weil es die Hexen spielen wollte und sie so selten vorwärts bewegt wurden. Hierfür gibt es aber eine kompetitive Team-Variante, in der Zauberlehrlinge gegen Hexen spielen. Das Spiel skaliert auch so gut, dass ich es allein spielen kann oder auch mit sechs Personen. Einzig die Wartezeit, bis ich wieder eine Murmel ziehen darf, erhöht sich etwas. (7,0)

Zauberberg
Zauberberg


Wertung: (7,0)

#Zauberberg

Living Forest (Pegasus, 2022)

Die letzte Neuheit war nichts Geringeres als das „Kennerspiel des Jahres 2022“ „Living Forest“. Mechanisch trifft Push-your-Luck auf Deckbau und Rondellbewegung auf Plättchenlegespiel. Konkret besteht ein Zug daraus, dass ich von meinem Deck so lange Karten aufdecke, bis ich aufhöre oder drei negative Symbole ausliegen habe. Im Falle von drei negativen Symbolen darf ich nur eine Aktion durchführen, ansonsten zwei. Auf den Karten sind noch andere Symbole abgedruckt, die für die möglichen Aktionen stehen und deren Stärke sich aufsummiert (oder abgezogen wird, da es auch negative Werte gibt). Mögliche Aktionen sind: 1. Neue Karten aus der Auslage kaufen. Hierfür wird je nach Stärke der Karte ein 2er-, 3er- oder 4er-Feuer ausgelegt, welches zu Beginn der nächsten Runde in den Wald kommt. 2. Das Feuer im Wald mit Wasser löschen. 3. Auf dem Rondell bis zu X Felder laufen und die Aktion ausführen, auf der ich stehen bleibe. Überspringe die Figuren meiner Mitspielerinnen, darf ich denen ein Plättchen wegnehmen. 4. Baum mit Werten von 4 bis 11 auf dem eigenen Tableau pflanzen. Das Tableau zeigt 3x5 Felder. Manche Felder haben einen Bonus oder eine Bonusaktion, ebenso wie die drei mittleren Spalten und die mittlere Reihe bei Vervollständigung mir einen Bonus bringt. Auch die Bäume selbst bringen Bonussymbole mit und verstärken die Aktionen in Zukunft. Das Spiel endet, wenn ich entweder 12 Feuer gelöscht (egal, welcher Wert), wenn ich 12 unterschiedliche Bäume gepflanzt oder wenn ich 12 Lotusblumen ausgespielt habe (hierbei zählen Bonussymbole von Bäumen oder Reihen ebenfalls mit).

Living Forest – Auslage mit Tieren
Living Forest – Auslage mit Tieren

Von der Idee her hat sich „Living Forest“ sehr gut angehört. Die Mechaniken und unterschiedlichen Bereiche funktionieren auch sehr gut und greifen toll ineinander. Der Push-Your-Luck-Aspekt hat dabei Spaß gemacht, wobei wir meistens bis zum zweiten negativen Symbol gezogen haben. Sehr selten hat sich jemand weiter getraut. Grafisch hat es mir auch gut gefallen, auch wenn die Tiere mit ihren weißen Augen etwas unheimlich daherkommen. Oft vergessen habe ich anfangs meine Bonussymbole vom Baumtableau. Ich musste mich erst daran gewöhnen, an zwei Stellen zu schauen. Auch die Entscheidung, welche der vier Aktionen ich durchführen möchte, fand ich sehr spannend. Manchmal war es einfach, weil kein Feuer auslag, was ich löschen konnte, oder die Karten zum Kaufen zu teuer waren. Manchmal musste ich aber schon überlegen, was der beste Zug ist, um das Optimum herauszuholen. So muss ich abwägen, ob ich mich bewegen will, womit ich dann einen Baum pflanzen darf, der mir eine Bonusaktion „Feuer löschen“ bringt und danach kaufe ich noch einen zweiten Baum, der mich weiter bewegen lässt. „Ah, nein. Lasst mich den Zug rückgängig machen. Ich will erst den Baum kaufen.“

Das ist auch einer meiner größten Kritikpunkte: Die Wartezeit in dem Spiel ist enorm. Zum einen kann ich meine Aktionen erst planen, sobald ich mit Karten aufdecken fertig bin, was ich aber erst in meinem Zug machen kann. Ich brauche auch gar nicht groß vorplanen, denn wenn die Karten schlecht kommen, hilft mir die Planung nicht. Zum anderen gibt es das „Grand Austria Hotel“-Problem, was die Spielerreihenfolge angeht. In „Living Forest“ funktioniert es zwar anders, führt aber zum gleichen Effekt: Wenn ich Startspieler bin, mache ich meinen Zug. Danach sind drei Mitspielerinnen an der Reihe. Der Startspielermarker geht weiter. Dann sind drei Mitspielerinnen am Zug, bevor ich wieder drankomme. Ich habe die Zeit gestoppt und es hat mitunter 20 Minuten gedauert, bis ich wieder etwas machen durfte. Dadurch, dass wir uns auch nur minimal beeinflussen, achtete ich auch nur sehr wenig auf die Züge meiner Mitspielerinnen. Zumal die Auswahl der besten Aktionen sich meist eher tonlos in den Köpfen der Spielerinnen abspielt. Es machte mir wenig Spaß den anderen dabei zuzuschauen, wie sie mit dem Finger über die verschiedenen Spielbereiche fahren und Sachen mit stummen Lippenbewegungen zusammenzählen. Am Ende lagen wir bei 150 Minuten Spielzeit zu viert, was mir viel zu lang war. Nachtrag: Es hat sich gezeigt, dass uns das Spiel falsch erklärt wurde. Zumindest die Karten decken alle parallel auf. Während die erste Spielerin ihren Zug macht, können die anderen die Stärke ihrer vier Aktionen bestimmen und eventuelle Folge-Kombination mit einbeziehen. Das würde die Spielzeit sicherlich stark verringern.

Living Forest – Baumtableau und Karten
Living Forest – Baumtableau und Karten

Die unterschiedlichen Strategien mit Bäumen, Feuern oder Lotus fand ich dabei im Übrigen sehr spannend und sie spielten sich in der Erstpartie auch recht gleichwertig. Ich wollte erst auf Bäume gehen, bin dann aber auf Lotusblumen umgeschwenkt und versuchte diese auch von den Mitspielerinnen durch Überspringen zu stehlen. Eine Mitspielerin pflanzte dagegen ihren Wald voll und löschte fleißig Feuer. Am Ende hatte sie 12 Bäume (sie hätte auch 12 Feuer durch eine andere Aktion haben können) und ich 12 Lotusblumen. Bei Gleichstand wird dann die Summe aller Siegpunktarten addiert und wir kamen beide auf 28. Somit war dies ein gerecht geteilter Sieg – der mir nur viel zu lang dauerte. (ohne Wertung, wegen falscher Spielweise, die zu hoher Wartezeit geführt hat)

#LivingForest

Spielemessen im Überblick

Hier eine Übersicht aller Berichte von Spielemessen und -events, die ich besucht habe. Die Liste ist umgekehrt chronologisch geordnet, d.h. die neuesten Beiträge stehen oben. Ich aktualisiere die Liste mit jeder neuen Messe, sodass der Beitrag im Blog immer ganz nach oben wandert.

2022:

2021:

2020:

2019:

2018:

2017:

2016:

2015:

2014:

2013:

2012:

(Neu) Gespielte Spiele im Oktober 2022

Die Spielemesse SPIEL'22 ist vorbei und natürlich habe ich dort sehr viele neue Spiele kennengelernt wie im Spielbericht nachzulesen ist. Neben diesen kamen aber auch ein paar andere Neuheiten auf den virtuellen und sogar wieder einmal auf den physischen Spieletisch.

Dice Theme Park (Alley Cat Games, 2022)

Nach einem Krankenhaus in „Dice Hospital“ dürfen wir nun einen Vergnügungspark mit Würfeln in „Dice Theme Park“ füllen. Ich habe online eine Zweierpersonen-Partie auf Board Game Arena und eine Solopartie auf Tabletopia gespielt.

In „Dice Theme Park“ managen wir einen Vergnügungspark. Zum Rundenstart wählen wir aus sechs Angestelltenkarten verdeckt zwei aus, die wir in dieser Runde nutzen wollen. Die Angestellten bringen Fähigkeiten (vergünstigtes Kaufen oder doppelte Aktionen) mit. Sie dienen aber auch dem Einkommen (jede Karte hat einen Geldwert abgedruckt) und vor allem der Spielreihenfolge. Jede Karte hat einen Würfelwert von 1 bis 6 abgedruckt. Die Summe beider Karten ergibt die neue Startreihenfolge, wobei niedrige Werte zuerst an der Reihe sind. Diese wiederum werfen aber auch weniger Geld ab und haben die eher schwächeren Fähigkeiten. Danach wählen wir reihum eine ankommende Mononorail, welche neue Besucherwürfel liefert. Die Würfel werden zuvor aus einem Beutel gezogen, wodurch zufällige Farben ins Spiel kommen. Die Werte sind auf den Monorailkarten vorgegeben und jede Runde gleich. Mit hohen Werten bleiben die Besucher länger im Park, aber manchmal passen andere Farben besser zu meinen Attraktionen. Danach kann jeder reihum eine ausliegende Attraktion kaufen und ein Maskottchen. Die Attraktionen, in Form von Hexfeldern, baue ich in meinen Park ein. Sie kosten Geld und bringen bei Aktivierung Siegpunkte. Danach kann ich noch Upgrades für Attraktionen kaufen, um diese mit mehr Siegpunkten, mehr Geld oder einer Extra-Aktivierung zu erweitern. Zusätzlich kann ich auch noch ein Kartenplättchen kaufen. Wozu das Ganze? Die Hauptphase ist der Betrieb des Vergnügungsparks, den alle Spielerinnen parallel ausführen. Jede Attraktion hat ein bis drei Würfelbedingungen abgedruckt, um diese zu betreiben. Bedingungen können nur gewünschte Würfelfarben sein, aber auch ungerade/gerade Würfelwerte, Würfelwerte in einem bestimmten Bereich (beispielsweise 1-3) oder Würfelwerte in Relation zueinander (kleiner, größer oder gleich). Alle Würfel zur Aktivierung einer Attraktion müssen sich auf dem Attraktionsplättchen befinden. Danach muss ich alle beteiligten Würfel um eins verringern und zusätzlich genau einen Würfel auf eine benachbarte Attraktion schieben. Mittels der Maskottchen kann ich Würfelfarben oder Werte (plus/minus 1) verändern und mit den Kartenplättchen kann ich einen Würfel auf eine Nachbarattraktion schieben. Jede Attraktion kann per Standard nur einmal aktiviert werden, was ich durch entsprechende Marker anzeige. Durch Upgrades kann ich Attraktionen auch zweimal aktivieren, wenn ich die richtigen Würfel dafür habe. Wenn alle fertig sind, werden die zwei aktivierten Angestelltenkarten nach links weitergegeben und stehen mir somit nicht mehr zur Verfügung. Dafür erhalte ich zwei andere von rechts. Nach vier (kurzes Spiel) oder fünf Runden (langes Spiel) endet die Partie.

Nachdem ich die Anleitung von „Dice Theme Park“ gelesen hatte, war mir bereits klar, dass das Spiel und ich keine ganz dicken Freunde werden würden. Zur Erklärung: „Dice Hospital“ fand ich initial sehr gut. Es hatte mir viel Spaß gemacht, Würfelpatienten entgegenzunehmen und diese mittels der Ärzte in unterschiedlichen Krankenhaus-Stationen zu heilen. Über einige Partien hinweg stellte ich aber Problempunkte fest. Und diese treten bei „Dice Theme Park“ genauso auf. Zum einen habe ich zwar ein bisschen das Thema gespürt, aber in Summe spielte es sich dann doch sehr wie ein abstraktes Puzzle. Die Attraktionen sehen mit ihren kleinen Details (alle Parkbesucher sind darauf als kleine Würfel abgebildet) toll aus und die Angestellten sind wieder schön und divers von Sabrina Miramon illustriert. Aber danach hört es leider auf. Für mich fühlen sich die Parkbesucher nicht wie selbige an, sondern nur wie Würfel, die ich von A nach B schiebe und deren Wert verringere, sodass ich am Ende alle Attraktionen einmal aktivieren konnte. Und es stellen sich Fragen: Wofür stehen die unterschiedlichen Farben bei den Besuchern? Wieso müssen Attraktion genau mit besonderen Besuchern (in Farbe oder Wert) betrieben werden? Und wieso bringen die ausgespielten Angestellten Einkommen, anstatt etwas zu kosten?

Das zweite Problem ist die Interaktion: Beim Hauptteil des Spiels, der Inbetriebnahme der Attraktionen mit den Besuchern, gibt es einfach keine. Jeder spielt simultan, verändert Würfel, setzt Maskottchen, Karten und Angestelltenfähigkeiten ein – und wenn ich mich an irgendeiner Stelle aus Versehen vertue, habe ich keine Chance, meinen Zug zurückzusetzen. Ich kann auch nicht kontrollieren, ob meine Mitspielerinnen alles Würfel korrekt verändern und verschieben. Und wie es mir aus „Dice Hospital“ bekannt war, passieren dann doch gerne Fehler, auch wenn ich mich konzentriere. Das heißt aber nicht, dass es gar keine Interaktion gibt. Indirekt natürlich zu Beginn einer Runde, wenn zwei Angestellte ausgewählt werden und die Zugreihenfolge bestimmt wird. Etwas direkter, wenn danach der Park mit Attraktionen ausgebaut wird und ich als Startspieler den anderen etwas wegnehmen kann. Aber das war es dann leider schon. Dadurch wirkt das Spiel sehr solitär auf mich. Dummerweise ergibt sich trotz des simultanen Spiels im Hauptteil dennoch eine Downtime. Der Grund ist, dass nicht jeder gleich viele Würfel und Attraktionen im Park hat. Wer viele Würfel, hohe Werte und viele Attraktionen hat, wird länger an seinem Zug sitzen als jemand, der nur mit den drei neu angekommenen Würfeln auskommen muss.

Dice Theme Park – Auswahl der Angestellten (Tabletopia)
Dice Theme Park – Auswahl der Angestellten (Tabletopia)

Nach dem Lesen der Anleitung und den zwei Partien fand ich auch, dass sich „Dice Theme Park“ komplexer spielt als „Dice Hospital“. Es sind mehr Regeln zu beachten und es gibt mehr Stellschrauben, um Würfel zu bewegen und zu manipulieren. Die BGA-Implementierung hat beim Verständnis geholfen, da sie mir meist klar und deutlich anzeigte, was ich wann wie machen kann. Hier war auch der Vorteil, dass ich nur klicken muss. Bei Tabletopia und im realen Spiel ist der Verwaltungsaufwand recht hoch. Pro Attraktion eins bis drei Würfel umdrehen, dann einen verschieben klingt nicht so aufwändig. Wenn ich das aber auf acht Würfel und acht Attraktionen, die ich teils auch mehrfach aktivieren kann, anwenden muss, ist das schon ein gewisser Aufwand. Vermutlich hat auch dieser Aufwand dazu beigetragen, dass sich jede Runde sehr ähnlich anfühlt. Der Park wird zwar langsam größer (aber auch nur um vier oder fünf Attraktionen im gesamten Spiel) und ich habe in jeder Runde mehr Würfel (wenn ich nicht alle Werte auf 1 fallen lasse), sodass sich eine kleine Engine aufbaut. Aber in Summe verschiebe und drehe ich hauptsächlich nur Würfel auf meinen acht bis neun Plättchen. Die Spannungskurve war also eher flach, auch wenn ich in der Zweipersonenpartie bis zum Ende immer noch gehofft habe, meine Mitspielerin einholen zu können.

Ansonsten funktioniert die Mechanik gut. Wie erwähnt, ergibt sich ein Engine-Building-Effekt. Mache ich in der ersten Runde nur 10 Punkte, sind es in der vierten dann schon über 40. Dies steigert sich, sodass ich bei Spielende nach fünf Runden ungeübt bei circa 150 Punkten herauskommen kann. Am besten gefallen hat mir die Auswahl der Angestellten zu Rundenbeginn. Hier muss ich natürlich die Fähigkeiten abwägen. Aber auch die Wahl zwischen hohem Einkommen, dafür aber später Spielreihenfolge fand ich sehr interessant. Hinzu kommt, dass ich meine beiden gewählten Karten weitergeben muss, was mich ebenfalls etwas mehr darüber nachdenken ließ, was ich einsetzen will. Ansonsten fand ich die Mechanik wie oben geschrieben mit einem hohen Verwaltungsaufwand behaftet, der sich einfach aus dem Spielprinzip ergibt. Ich will auch erwähnen, dass ich nur das Einführungsspiel ohne Administratoren (geben jeder Spielerin über die Partie hinweg eine Fähigkeit) und ohne Fähigkeitenkarten für die Maskottchen gespielt habe. In meinen Augen fügen sie dem bereits komplizierten Spiel nur noch mehr Regeln hinzu. Es gibt auch noch zwei Mini-Erweiterungen „Surprises“ und „Innovations“ sowie ein Promopack, die ich mir aber ebenfalls nicht näher angeschaut habe.

Im Solospiel muss ich nur eine bestimmte Punktezahl erreichen. Zusätzlich sind in den Runden 2 bis 5 sind bestimmte Ziele vorgegeben. Wenn ich diese schaffe, ist alles gut. Wenn nicht, dann steigert sich die zu erreichende Punktezahl für den Sieg um einen gewissen Betrag. Zusätzlich gibt es ein Automa-Deck, welches mir, wenn ich nicht die Initiative durch die Angestellten habe, zumindest eine Monorail mit Besuchern und eine Attraktion wegnimmt. Wie oben geschrieben, müsste ich für den Standard-Zielwert von 160 Punkten gar nicht so viel tun. Aber zusammen mit den Zielvorgaben, die ich nebenbei noch erfüllen muss, ergaben sich so sehr gute Konflikte zwischen dem, was ich gerne tun würde und zwischen dem, was ich tun muss, damit die Zielpunktzahl nicht eben auf über 200 ansteigt. Die Solopartie gefiel mir dadurch sogar besser als das Zweipersonenspiel, zumal ich ohne Probleme auch mal Züge zurücknehmen und neu überdenken konnte. Dennoch spielten sich die Runden so gleichförmig, dass ich nach vier der eigentlichen fünf abbrach. Mir war dann auch egal, welche Punktzahl ich tatsächlich erreichen würde.

„Dice Theme Park“ ist sehr ähnlich zu „Dice Hospital“. Es hat die gleichen Vorzüge (schönes Solo-Puzzle), aber auch die gleichen Nachteile (solitär, fehlerbehaftet, gleichförmig und unspannend). Der Mechanismus mit der Wahl der Angestellten gefällt mir sehr gut, die Komplexität der Regeln nicht so sehr. Am Ende bleibt ein Spiel, dass ich als „okay“ beschreiben würde, aber ich bin nicht traurig, wenn es nie wieder zu einer Partie kommt. (6,0)

Dice Theme Park – Mein Park bei Spielende (Tabletopia)
Dice Theme Park – Mein Park bei Spielende (Tabletopia)

Wertung: (6,0)

#DiceThemePark

Delta (Alley Cat Games, 2022)

Wir sind Mechbiologen und suchen nach den Spuren der verschollenen Erfinderin der Perpetual Steam Engine (PSE, „Ewige Dampfmaschine“ frei übersetzt), die 150 Jahre zuvor zuletzt im Rhóne-Flussdelta (Camargue, Frankreich) gesehen wurde. Ziel des Spiels ist es, Louise Delargue zu folgen, die Inseln im Delta zu erkunden, neue Erfindungen zu gestalten, Mechtiere zu studieren und wissenschaftliche Publikationen zu veröffentlichen. Und warum? Die Kristalle der PSE, welche für immer und ewig Energie liefern sollten, gehen kaputt, weil die Bevölkerung und der Energiehunger zu stark wächst. Und wir benötigen eine neue Energiequelle. Schön, dass wir zu viert im Online-Spiel das „Delta“ zum Teil erkunden konnten.

Die Hintergrundgeschichte von „Delta“ verspricht sehr viel Abenteuer und Forschung. Spielerisch gestaltet sich das so, dass wir unterschiedliche Charakterkarten auf der Hand haben. Jede Runde können wir genau drei davon ausspielen, um in jedem der drei Aktionsbereiche Werkstatt, Delta und Bibliothek eine oder mehrere Aktionen auszuführen. Das Spielbrett ist in genau diese drei Bereiche aufgeteilt. In der Werkstatt kann ich mir eine Erfindung gegen Bezahlung von Zahnrädern nehmen oder ein Bonusplättchen aufgrund der Spielreihenfolge. Die Erfindung kann ich später als Bonus einsetzen. Im „Delta“ erkunde ich die Inseln, indem ich mich angrenzend auf ein bereits von mir erkundetes Gebiet bewege. Ich muss dafür Kristalle bezahlen (einen mehr, falls eine Mitspielerin dort schon war) und erhalte im Gegenzug Siegpunkte. Manche Inseln benötigen noch Luftschiffsymbole oder ein Pilotensymbol, um betreten zu werden. In der Bibliothek kann ich Karten von der Hand abwerfen, deren Symbole mich in vier Leisten, die je einer Tierart zugeordnet sind, hochlaufen lassen. Das ist für Siegpunkte am Spielende wichtig. Alternativ kann ich dort gegen die Abgabe von Flaschen Tierkarten von der Hand ausspielen, die mir dann einen einmaligen oder dauerhaften Bonus bringen. Oder ich nehme eine der drei ausliegenden wissenschaftlichen Veröffentlichung gegen Bezahlung von Flaschen, die mir Siegpunkte am Spielende bringen.

Die Charakterkarten, die ich ausspiele, landen unter dem jeweiligen Bereich in Slots von links nach rechts. Dies ist wichtig, denn am Ende einer Runde können in jedem Bereich neue Karten auf die Hand genommen werden. Von links nach rechts gehend wählen die Spielerinnen in der Werkstatt neue, bessere Charaktere, im Delta finden sie Tiere und in der Bibliothek erhalte ich Missionen, die ich gegen Siegpunkte am Spielende erfüllen kann. Die Auswahl der Karten geschieht dabei nach der Initiative der gespielten Charakterkarten (markiert durch null bis drei Sternchen, bei Gleichstand von links nach rechts). Danach darf jeder von seinem Tableau eine Reihe mit Karten zurück auf die Hand nehmen. Wieso? Weil die in den drei Bereichen gespielten Charakterkarten unter das Tableau in drei Reihen kommen und erst einmal nicht mehr zur Verfügung stehen. Erst am Ende der nächsten Runde kann ich mir wieder eine Reihe aussuchen, deren Karte ich zurücknehme. Da einige Aktionen spezielle Symbole auf den gespielten Charakterkarten erfordern, ist es also wichtig, welche Karten ich wieder auf die Hand nehme. Das Spiel endet nach sechs Runden. Zu den Siegpunkten während der Partie erhalte ich noch Siegpunkte für übrige Zahnräder (die auf der Ingenieurleiste festgehalten werden), für erfüllte Missionen, für erfüllte wissenschaftliche Veröffentlichungen und für ausgespielte Tiere multipliziert mit dem jeweiligen Fortschritt auf der Tierartleiste.

Delta (TTS)
Delta (TTS)

Nach dem Lesen der Anleitung war ich sehr enttäuscht. Die Einleitung versprach viel Abenteuer und Forschung, aber ich habe nur selten so ein unthematisches Spiel gesehen. Manche Spiele sind gleich abstrakt, anderen merkt man sofort an, dass das Thema nur aufgesetzt wurde, sich das Spiel aber nichts daraus macht. Aber „Delta“ sieht sowohl optisch als auch von den Aktionen her so thematisch aus, dass ich es extrem schade fand, dass davon im eigentlichen Spielgefühl bei mir nichts übrig blieb. Die Mechtiere fand ich beispielsweise thematisch sehr interessant, aber sie spielen keine Rolle. Ich könnte auch normale Tiere sammeln oder Kräuter oder etwas anderes. Wieso ich dafür Flaschen abgebe, um die Tiere ausspielen, erschließt sich mir nicht. Und sie bringen willkürlich irgendwelche Boni mit. Ein Pferd bringt mir beispielsweise ein Pilotensymbol, heißt aber leider nicht „Pegasus“. Durch einen Flamingo erhalte ich Kristalle oder Zahnräder. Aber wieso? Enttäuschend fand ich auch die Erfindungen und die wissenschaftlichen Veröffentlichungen. Die Erfindungen erhalte ich gegen Abgabe von Zahnrädern (was ich thematisch noch zuordnen kann), sie bringen mir beim Einsatz dann aber einen beliebigen Bonus. Sie haben leider nicht einmal einen Namen und sind nur abstrakte Bonusplättchen. Erfinden habe ich mir spannender vorgestellt. Und die wissenschaftlichen Veröffentlichungen erhalte ich gegen Abgabe von Flaschen und erhalte dafür am Spielende Siegpunkte. Hier passen die Bedingungen zwar teilweise zum Thema Forschung, aber leider eben auch nicht immer (beispielsweise wenn ich Siegpunkte für übrige Ressourcen erhalte). Die Abgrenzung wissenschaftlichen Veröffentlichungen und Missionen ist ebenfalls ein thematischer Bruch, denn es ist das Gleiche. Zusätzlich sind die Missionen nur wieder Ziele (erforsche mindestens X Regionen, erreiche mindestens Wert Y auf einer Leiste), die mir Siegpunkte geben. Das fühlt sich nicht so an, als würde ich eine Mission erfüllen. Schlimmer noch, in den Runde 4 und 5 werden spezielle „Missionen“ ausgelegt, die nicht mal mehr ein Ziel angeben. Sie geben mir einfach irgendwelche Ressourcen oder Boni.

Es ist schon schade, dass die Grafik und Illustration recht hübsch daher kommen, da sie wie gesagt nicht vom Thema getragen werden. Hauptsächlich achte ich auf die Symbole und Boni, die es gibt. Wiederholungen bei den Zeichnungen von Charakter- und Tierkarten sorgen dabei leider auch nicht für ein immersives Spielgefühl. Die Charaktere sind dabei immerhin divers aufgestellt, was mir gefallen hat. Bei den Tieren dagegen wirkt die Mech-Eigenschaft eher drangeklatscht. Zumindest Pferd und Flamingo wirken wie Zeichnungen, denen nachträglich noch Zahnräder und Mechanik hinzugefügt wurde.

Delta – Mechanimals (Tabletopia)
Delta – Mechanimals (Tabletopia)

Ein zweites Problem hatte ich mit der Anleitung beziehungsweise den Regeln. Zum einen fand ich sie nicht leicht erlernbar. Vor allem habe ich mich daran gestört, dass es Standardaktionen und Charakteraktionen gibt. Im „Delta“ beispielsweise gibt es die Standardaktion „Erkunden“, in dem ich eine neue Insel erkunde. Die Charakteraktion mit einem Piloten (bringt als Charaktersymbol ein Steuerrad mit) ist „Erkunden“, nur jetzt eben auch für Inseln, die ein Steuerrad abgebildet haben. Die Charakteraktion ist also gar keine eigene Aktion, sondern erlaubt mir nur etwas, was ich gar nicht dürfte oder gibt mir einen kleinen Vorteil, wenn ich die Standardaktion ausführe. Eine große Debatte gab es bei unserem Testspiel auch, wie oft ich Aktionen mit einer ausgespielten Charakterkarte ausführen darf. Die Anleitung deutet an, dass ich manche Aktionen mehrmals ausführen kann. Welche das aber genau sind, haben wir nicht final klären können. Mir machten auch die zahlreichen Symbole zu schaffen. Ständig musste ich in der Anleitung schauen, welches Symbol jetzt was bedeutet und mir was erlaubt. Zu einem großen Teil finde ich Informationen zwar auf dem Spielbrett wieder, aber leider nicht alle.

Mein persönliches, drittes Problem mit dem Spiel ist die Komplexität. „Delta“ übersteigt meine Wohlfühlzone. Der Grund dafür ist die stark unterschiedlichen Einsatzmöglichkeiten der Charakterkarten. Wenn ich einen Charakter von der Hand spiele, muss ich folgendes beachten: Welche Ressourcen (Zahnrad, Kristall oder Flasche) bringt er mit per Standard? Welche Ressourcen erhalte ich durch eine abgebildete Münze (variiert je nach Einsatzgebiet als Zahnrad, Kristall oder Flasche)? Wenn ich Erkunden will, bringt der Charakter Luftschiffsymbole mit? Welches Charaktersymbol bringt der Charakter mit, sodass ich beispielsweise eine Erfindung kaufen oder eine wissenschaftliche Veröffentlichung überhaupt erst durchführen darf? Welche Initiative hat der Charakter, da ich vielleicht als erster Zugriff auf die in dem Bereich ausliegenden Karten haben will? Wenn ich einen Charakter spiele, in welcher Reihe landet er später auf meinem Tableau, die ich noch viel später dann irgendwann zurück auf die Hand nehme? Und auf welchen meiner drei zu spielenden Charaktere will ich das Bonusplättchen anwenden, welches ich bei Rundenbeginn durch die Platzierung erhalten habe? Und damit habe ich noch nicht die generellen Entscheidungen inkludiert, welche Charakter-, Tier- und Missionskarten ich auf die Hand nehme, welche Erfindungen oder wissenschaftlichen Veröffentlichungen ich mir holen oder wo ich mich hin ausbreiten will. Dieses Zusammenspiel funktioniert mechanisch in meinen Augen sehr gut, aber es überfordert mich.

Delta – Charakterkarten (Tabletopia)
Delta – Charakterkarten (Tabletopia)

Dabei hat es mir mechanisch sogar gut gefallen. Vor allem die Wichtigkeit der Initiative, sowohl bei Rundenbeginn initial die Startposition auswählen zu dürfen als auch bei der Kartenwahl, hat mir sehr gut gefallen. Das Ressourcensammeln fand ich dagegen etwas langweilig. Ich kann über die Zahnräder, Kristalle und Flaschen meist auch nur Plättchen erhalten und Karten ausspielen, die mir Boni oder Siegpunkte am Spielende bringen. Oder mich darüber auf der Karte ausbreiten, was mir auch nur Siegpunkte und Bonusplättchen bringt. Das ist dann eher Standard „Ressourcen in Siegpunkte“ tauschen. Wie gesagt, ist für mich der Initiative-Mechanismus das Besondere am Spiel.

Der wiederum sorgt auch für die größte Interaktion. Diese gibt es indirekt durch die Wegnahme von Erfindungen oder wissenschaftlichen Veröffentlichungen. Etwas direkter ist es bei der Erkundung einer Insel, weil meine Nachfolger dann einen Kristall mehr abgeben müssen und auch beim Erhalt der Bonusplättchen. Aber ganz direkt ist es bei der Initiative. Hier ist es extrem wichtig, darauf zu achten, was die Mitspielerinnen machen. Wenn ich als Erster meine Charakterkarte, die auch noch eine hohe Initiative hat, an einen Bereich lege, ist mir die Erstauswahl bei den Karten sicher. Umgekehrt kann ich, wenn ich zuletzt lege, je nach Charakterkarten der Mitspielerinnen vielleicht doch noch die höchste Initiative erhalten und so jemand etwas wegnehmen. Das hat mir gut gefallen, weil es das Spiel nicht langweilig werden lässt. Entspricht niedrig war auch die gefühlte Downtime, die real sehr hoch war. In den Zügen der Mitspielerinnen musste ich aber meist überlegen, was ich machen will. Dabei sollte ich mir bereits zu Beginn einer Runde einen Plan zurechtlegen, welche Charakterkarten ich in welcher Reihenfolge spielen will, um ein Optimum aus Synergieeffekten und Symbolen zu erhalten. Etwas, was mich wie gesagt, etwas überfordert hat.

Der Transparenz halber erwähne ich, dass wir nur drei der sechs Runden via Tabletop Simulator gespielt haben. Der Grund war zum einen, dass ich nicht der Einzige war, der sich vom Spiel überfordert gefühlt hat. Zum anderen ist aber die Online-Umsetzung eines so detailreichen Spiels immer schwierig. Das ständige Hin- und Herspringen zwischen Bereichen und Karten und Symbolen fördert den Spielfluss nicht. Positiv war, dass Tooltips über jeder Karte und Plättchen eine Erklärung angezeigt haben. Das erleichterte das Lernen. Nachteilig war, dass nach einem Serververbindungsabbruch die Zähler für Flaschen und Kristalle nicht mehr funktionierten. Hier konnten wir uns mit selbstdefinierten Zählwerken aushelfen. Bei mir gab es aber noch das Problem, dass ich meine Handkarten am unteren Bildschirmrand nicht mehr sehen konnte. Ich musste die Karten daher offen auf den Tisch auslegen. Das wäre prinzipiell kein Problem, aber der virtuelle Tisch war so klein gehalten, dass kein richtiger Platz dafür war. Und so überlagerten sich meine gespielten Karten, abgeworfenen Karten und Handkarten, was das Spiel unspielbar machte. Ich fand den Abbruch aber nicht so schlimm, da wir bereits zwei Stunden gespielt hatten und ich keine weiteren zwei damit verbringen wollte. Auch bei Tabletopia gibt es eine Online-Version, die ich aber nur kurz geöffnet hatte. Da es keinen Solomodus gibt, konnte ich dort leider nicht alleine spielen.

„Delta“ wird bis zum 10. November 2022 bei Kickstarter finanziert. Dort gibt es aber nur die Deluxe-Version für 75 Euro und die Deluxe-All-in-Version für 115 Euro (zuzüglich 15 Euro Versand). Es soll aber später eine Retail-Version geben, deren Preis vermutlich bei 50 Euro liegen wird. Für mich wird aber auch diese Version nicht interessant sein, da für mich keinerlei Thema zu spüren ist und mich die Mechanismen überfordern. (7,0)

Delta – Spielertableau (TTS)
Delta – Spielertableau (TTS)

Wertung: (7,0)

#Delta

Wonderland's War (Druid City Games/Skybound Games, 2022)

Spiele mit Thema „Alice im Wunderland“ erwecken grundsätzlich meine Neugier. Zuletzt waren das „Paint the Roses“, welches ich auf der SPIEL.digitial 2021 kennenlernen durfte, und „Alice's Garden“ (als „Wald der Wunder“ 2022 auf Deutsch bei Schmidt Spiele erschienen), über welches ich im April 2021 auf Tabletopia gestolpert bin. Beide Spiele sind im Kern aber absolut abstrakt und nutzen das Thema „Alice“ nur oberflächlich. Umso interessierter war ich deswegen an „Wonderland's War“. Das Spiel war mir nicht ganz neu, da ich bereits auf der SPIEL'19 einen Blick darauf werfen, aber leider nicht spielen konnte. Das war mir jetzt endlich in einer Partie zu viert in der Deluxe-Edition mit der deutschsprachigen Fanübersetzung geglückt.

In „Wonderland's War“ ist Krieg im Wunderland ausgebrochen, als der der Spiegel zerbrochen und seine Scherben über das Land verstreut hat. Bis zu fünf Spielerinnen nehmen am Tisch des verrückten Hutmachers für eine Teeparty Platz. In der ersten Phase jeder Runde bewegen wir unseren Charakter auf einem Rondell um den Teetisch, um dort Karten für uns zu beanspruchen. Die Karten haben unterschiedliche Funktionen, hauptsächlich geben sie mir Unterstützung für den späteren Kampf in den fünf Wunderland-Gebieten. Die Unterstützung gibt es in Form von Fußvolk, dass ich aus meinem Vorrat direkt in ein Gebiet einsetzen darf, als Unterstützer-Chips, die ich in meinen Beutel werfen darf, oder in Form von Wunderländern (als Figuren und Chips) wie dem Weiße Kaninchen oder Tweedledum und Tweedledee, die mich mit ihren speziellen Fähigkeiten unterstützen. Manchmal kann ich mit einer Karte vom Teetisch auch die Spiegelsplitter entfernen oder punkteträchtige Zielkarten ziehen. Reihum laufen die Charaktere so um den Tisch, bis jede Spielerin genau vier Karten gewählt hat. Am Ende der Teeparty erhält jeder einen Verrücktheitschip in den Beutel. Die Person mit den meisten Spiegelsplittern erhält einen zusätzlich, gibt dafür aber auch die Hälfte ihrer Splitter ab. Danach beginnt die Kampfphase der Runde. Die Charaktere werden reihum in eines der fünf Gebiete gestellt. In jedem Gebiet wird nacheinander gekämpft. Die Initialstärke bestimmt sich aus den Charakteren, die auf dem Feld stehen. Mitkämpfen muss jeder, der Charaktere und/oder Fußvolk in einem Gebiet hat. Wer dort nicht vertreten ist, darf geheim auf den Sieger des Kampfes wetten. Wenn dies korrekt ist, erhalte ich einen Chip in meinen Beutel. Wenn ich falsch liege, muss ich mir einen Spiegelsplitter nehmen. Der Kampf läuft dann so ab, dass jeder in seinen Beutel greift und zufällig einen Chip herauszieht oder die Hand leer lässt. Gleichzeitig zeigen alle, was sie gezogen haben oder ob sie bei leerer Hand aus dem Kampf aussteigen. Ein Verrücktheitschip dezimiert zuerst das Fußvolk und dann die Charaktere. Andere Chips fügen Stärke hinzu oder geben mir andere Boni. Am Ende des Kampfes, wenn alle ausgestiegen sind oder aufhören mussten, gewinnt die Person mit der größten Stärke. Die ersten beiden Spielerinnen im Kampf erhalten Siegpunkte, die jede Runde immer mehr werden, und der Sieger darf noch ein eigenes Schloss in das Gebiet setzen, was mir zwei Initialstärke für den nächsten Kampf gibt. Nach dem Kampf kann ich auch Chips schmieden, wenn ich ein Schmiedesymbol gezogen hatte, in dem ich einen Chip auf mein Spielertableau lege und damit etwas freischalte. Beispielsweise erhalte ich so Siegpunkte für Schlösser, neues Fußvolk in den Vorrat oder mein Charakter wird stärker. Daneben gibt es auch noch die Möglichkeit von vier Upgrades (durch Karten oder geschmiedete Chips), welche Spezialfähigkeiten für jeden Charakter freischalten. Auf die Art werden die fünf Gebiete abgehandelt. Dann folgen zwei weitere Runden auf die gleiche Art. Zum Spielende werden die Zielkarten ausgewertet (bis zu neun Siegpunkte können diese bringen) und die Person mit den meisten Punkten darf über das Wunderland herrschen.

Wonderland's War – Alice' Charaktertableau
Wonderland's War – Alice' Charaktertableau

„Wonderland's War“ besticht vor allem durch seine Optik. Damit meine ich nicht einmal die 3-D-Charakter- und -Wunderländer-Miniaturen und auch nicht die hochwertigen Plastik-Jetons, die ich aus dem Beutel ziehe. Ich meine vor allem die Illustration von Manny Trembley. Die Spielertableaus mit den Charakteren sind sehr schön gezeichnet, ebenso wie das gesamte Spielbrett das Wunderland-Thema versprüht. Das passt alles so schön und gut zusammen. Und trotz der guten Optik leidet die Symbolik nicht. Ich hatte direkt nach der ersten Erklärung ohne Spielhilfe verstanden, welches Symbol was bedeutet und konnte mir auch neue Symbole herleiten.

So thematisch „Wonderland's War“ illustriert wurde, desto unthematischer sind die Mechanismen. Die Teeparty passt noch ins Bild, aber nicht mehr, was die Karten darstellen. Hier handelt es sich bei der Reise um den Tisch nur um einen Mechanismus, um Karten und damit Aktionen auszuwählen. Ebenso ist das Schmieden der Chips unthematisch. Es handelt sich um eine Möglichkeit, die Chips im Beutel auszudünnen und dabei Boni mitzunehmen. Aber thematisch herleiten kann ich das nicht. Wie ich an Upgrades komme, ist ebenfalls rein mechanisch, auch wenn die Fähigkeiten selbst wiederum sehr viel Thema versprühen. Sie passen einfach gut zu den Charakteren. Zuletzt ist da der Kampf, der durch das „Bag Building“ und „Bag Drafting“ auch auf einen Mechanismus reduziert wird. Wieso ich im Kampf zufällig von meiner Armee unterstützt werde, erschließt sich mir nicht. Ich würde daher „Wonderland's War“ nicht als thematisches Spiel bezeichnen …

… aber ich würde „Wonderland's War“ als ein Spiel mit großartigen Mechanismen beschreiben. Denn auch wenn diese unthematisch daherkommen, funktionieren sie ausgezeichnet. Die Auswahl der Karten bei der Teeparty ist nicht neu, funktioniert aber dennoch oder gerade deswegen sehr gut. Die Abwägung, welche Karte ich unbedingt haben will oder welche ich einer Mitspielerin wegnehmen will, ohne zu weit vorzulaufen, gefällt mir. Denn wenn ich wieder am Tischanfang angekommen bin, muss ich den Spiegelsplitterwürfel werfen und eins bis drei Spiegelsplitter an mich nehmen, was ich zu vermeiden versuche. Vor allem aber den Kampf zusammen mit den Zielkarten finde ich großartig gelöst. Ich will einfach nicht immer als Sieger aus einem Kampf herausgehen, was ich bisher noch in keinem Spiel so gesehen habe. Manchmal möchte ich den Kampf mit einer bestimmten Stärke oder mit einem bestimmten Chip beenden, um damit ein Ziel zu erfüllen. Oder ich möchte auf der Stärkeleiste auf einem Schmiedesymbol stehen bleiben, um damit einen Chip zu schmieden. Dazu kommt noch die Möglichkeit, als komplett Teilnahmsloser am Kampf eine Wette auf den Sieger abzugeben. Auf die Art fiebere ich ein klein wenig mit. Der frühe Ausstieg aus einem Kampf lässt dann auch die Mitspielerinnen, die auf einen getippt haben, fluchen. Und auch das Schmieden hat mir sehr viel Spaß gemacht, weil ich damit einfach gute Boni oder starke Chips erhalten konnte. Einzig die Upgrades für meinen Charakter habe ich außen vor gelassen, da es mir in der Erstpartie zu viel war, auch diese noch in meine Entscheidungen mit einfließen zu lassen. Zum Schluss macht auch der Kampf Spaß und weiß mit vielen interessanten Entscheidungen aufzuwarten, die bereits bei der Auswahl der Karten zur Teeparty zum Tragen kommen. Möchte ich Wunderländer als Unterstützer, reicht mir ein Artefakt oder setze ich eher auf die Masse des Fußvolks? Und der Einsatz ist auch deshalb interessant, weil ich in der zweiten Runde mit den Ausgangspositionen der vorherigen Runde arbeiten muss. Ich kann bereits eingesetzte Wunderländer und Fußvolk nicht einfach so auf ein anderes Gebiet setzen. Erst, wenn mein Vorrat aufgebraucht ist, ist dies möglich. Und dabei sollte ich bereits im ersten Kampf beachten, welche Punkte mir das Gebiet vielleicht in Runde 3 bringen könnte.

Die verschiedenen Aktions- und Punktemöglichkeiten eröffnen unterschiedliche Strategien. Dazu noch die Vielzahl an Wunderländern und natürlich die Charakterfähigkeiten und -Upgrades bieten in Summe eine hohe Variabilität. Die erste Partie machte Spaß und wenn ich nicht gerade jede Partie gleich spiele, denke ich, dass ich mit dem Spiel auch in Partie 10 noch Spaß haben werde. Und auch wenn es anfänglich wie viele Regeln klingt, habe ich ziemlich schnell ins Spiel gefunden und wusste sofort, wie ich spielen möchte. Einzig die Upgrades habe ich weggelassen, da ich mich nicht auch noch um diese kümmern wollte. Die Komplexität des Spiels ist also nicht zu hoch. Und der Bag-Building-Mechanismus mit Push-your-Luck-Element ist mir ja auch aus anderen Familienspielen wie „Die Quacksalber von Quedlingburg“ vertraut.

Wie sich erahnen lässt, ist die Interaktion sehr hoch. Das Spiel besteht eigentlich nur aus Interaktion, da ich für Punkte zumindest initial mitkämpfen, wenn auch nicht gewinnen muss. In jedem Gebiet geht es gegeneinander oder ich wette auf den Sieger. Und auch bei der Teeparty geht es darum, als erster bei der Karte zu sein, die mir gerade am meisten bringt und die ich meinen Mitspielerinnen vorenthalten will. Dementsprechend ist die Downtime auch gering, da ich entweder sehr schnell am Zug bin oder zumindest etwas mitfiebere. Aber selbst wenn ich nicht (mehr) im Kampf teilnehme und nicht gewettet habe, ist es interessant zu sehen, wie weit die Kontrahenten ihr Glück strapazieren wollen. Einzig bei der Skalierung der Spieleranzahl bin ich unsicher. Es gibt Sonderregeln für zwei Spielerinnen, bei denen auch ein Gebiet weniger zur Verfügung steht und Siegpunkte für Gebiete anders aufgeteilt werden. Ich fürchte, dass das Spiel erst zu viert und fünf richtig viel Spaß macht, wenn sich die Beteiligten erst richtig in die Quere kommen. Dafür spielt es sich aber auch in hoher Spieleranzahl recht schnell. Wir waren in etwas mehr als zwei Stunden fertig. Leider hat meine Zielkartenstrategie nicht ganz gereicht, auch wenn ich dennoch ganz gut Zweiter geworden bin.

Zum Schluss noch ein Wort zum Material. Ich konnte wie gesagt die Deluxe-Editon mit Miniaturen statt Papp-Standees und Jetons statt Pappmarker spielen. Die Miniaturen sind Standard-Grau, was die Erkennung auf dem Spielfeld etwas schwierig gestaltet. Vor allem, welcher Charakter und Wunderländer zu welcher Spielerin gehört, war nicht direkt zu sehen. Wir haben uns mit farbigen Gummiringen beholfen, die wir den Miniaturen umgehängt haben. Ich selbst würde vermutlich die Standees bevorzugen, da sie die Grafik des Spiels besser widerspiegeln als die grauen Plastikfiguren. Die Jetons fühlen sich natürlich sehr hochwertig an und es macht einfach Spaß, mit meiner Hand im Beutel herumzuwühlen. Ich denke aber dennoch, dass die Pappmarker vollends genügen (manche kaufen sich Münzkapseln, die in Summe aber fast genauso viel kosten wie die Jetons). Wenn ich also die Wahl hätte, würde ich die normale, preisgünstigere Retail-Edition bevorzugen. Was mich aber von einem Kauf abhält, ist die Sprache. Die englische Anleitung würde mich nicht stören, aber die zahlreichen Texte auf den Charaktertableaus sowie auf den Wunderländerkarten würden mir den Flair des Spiels nehmen. Hier bevorzuge ich eine komplett deutsche Version. Die erwähnte deutschsprachige Fanübersetzung existiert zwar, aber ich bin nicht gut im Basteln solcher Lösungen.

In Summe hat mich „Wonderland's War“ sehr begeistert. Dies war 2019 auf der SPIEL nur grob abzusehen, da ich das Spiel nicht testen konnte, Thema und Grafik mich damals aber schon sehr angesprochen haben. Die erste Kickstarter-Kampagne mit ca. 680.000 US-Dollar und 8.700 Unterstützern und die zweite, erst im Oktober 2022 beendete Kickstarter-Kampagne mit ca. 780.000 US-Dollar und 11.000 Unterstützern zeigen, dass das Spiel in Summe gut ankommt und ich nicht ganz alleine mit meiner Meinung dastehe. Mir hat die Erstpartie jedenfalls so viel Spaß gemacht, dass ich mich auf die nächste Partie freue und freudig auf eine deutschsprachige Veröffentlichung der Retail-Edition warte. (9,5)

Wonderland's War
Wonderland's War

Wertung: (9,5)

#WonderlandsWar