Bericht von der SPIEL 17 in Essen – Freitag
Freitag, 27.10.2017
Am Freitag waren wir zwar relativ früh um 9:20 Uhr am Parkhaus P5, wurden aber erneut zum Parkplatz P10 umgeleitet, sodass wir aber noch recht pünktlich 10 Uhr an der Messe waren.
Captain Sonar (Matagot)
Zuerst stürzten wir uns auf Captain Sonar, da einige Mitspieler in unserer Gruppe von sieben Personen das Spiel noch nicht kannten. Wie letztes Jahr spielten wir sicherheitshalber wieder rundenbasiert und nicht in Echtzeit. Und wieder war es extrem witzig, sich gegenseitig zu jagen und das U-Boot zu versenken. Wenn man nicht mindestens 4 oder besser noch 6 Mitspieler bräuchte, hätte ich mir „Captain Sonar“ schon längst gekauft, da es jeden Spieleabend bereichern kann.
Unter Umständen ist die Vier-Spieler-Variante Sonar da besser geeignet. Das war auf der Messe aber leider nicht zu sehen.
Dream Catchers (Play Nation Studios)
Mein erstes neues Spiel war Dream Catchers. In diesem sehr einfachen, kooperativen Spiel übernehmen wir die Rolle von Traumwächtern. Mittels Symbolen auf Handkarten versuchen wir gute Träume zu sichern, um den Traummarker voranzubringen, wodurch wir gewinnen. Es gibt aber auch böse Träume, die wir verjagen müssen, da zu viele böse Träume uns auch verlieren lassen. Und dann tauchen in gewissen Abständen noch Monster unter dem Bett auf, die wir ebenfalls in Schach halten müssen.
Wer Koop-Spiel kennt, findet hier schnell hinein. Die Aktionsmöglichkeiten sind beschränkt, sodass es keine großen Diskussionen gibt, was man als nächstes Sinnvolles tut. Aber: Das stört nicht, denn die Zielgruppe sind nicht Vielspieler sondern Kinder und Erwachsene. Sowohl das Thema als auch die sehr gute Grafik und die klasse Komponenten sprechen dafür. Hätte ich mir mit „Rescue the Polar Bears“ nicht schon ein einfacheres Koop-Spiel geholt, wäre die Wahl vielleicht auf „Dream Catchers“ gefallen.
Sehr gut ist auch, dass das Spiel skalierbar ist und die Schwierigkeitsstufe durch unterschiedliche Verlierbedingungen bzw. Monstererscheinzeitpunkte angepasst werden kann. Das Spiel ist dazu noch sprachneutral und kann von allen gespielt werden.
Sentient (Renegade Game Studios)
In Sentient würfelt jeder fünf Würfel für sein Tableau und ordnet diese farbsortiert an. Nun kann man aus der Auslage Karten nehmen und zwischen zwei Würfel legen, die diese Würfel dann beeinflussen (ein Wert plus oder minus). Gleichzeitig stehen auf der Karte aber Siegbedingungen, die man nur erfüllen kann, wenn die Würfelwerte rechts und links am Spielende passend sind. Und so versucht man die besten Karten zu nehmen, die alle Siegbedingungen erfüllen.
Durch den Einsatz von Arbeitern kann man noch beeinflussen, dass ein Plus oder Minus auf einer Karte ignoriert wird. Hiervon hat man aber nur endlich viele. Am Spielende gibt es eine Wertung und man kann Punkte sammeln für bestimmte Kartentypen.
„Sentient“ spielt sich sehr einfach und schnell, es ist aber leider auch wieder zu einfach. Die Mechanik gefällt mir sehr gut mit den Karten die Würfel zu beeinflussen, aber über die Dauer von drei Runden würde es mich vermutlich nicht unterhalten. Schade ist auch, dass das Thema kaum herauskommt. Warum die konkreten Roboter und Android auf den Karten genau die Würfel beeinflussen und warum man dafür Siegpunkte bekommt? Keine Ahnung.
Biosphere (DDD Verlag GmbH)
Evolutionsspiele gehen eigentlich immer bei mir und da ist es schön, dass es mit Biosphere ein neues gab, welches interessanterweise aus einem Schulprojekt entstanden ist.
Jeder Spiel spielt eine (eher unbestimmte) Tierrasse. Diese kann sich vermehren, bewegen und hat Evolutionspunkte. Mit den Evolutionspunkte kann man Evolutionskarten kaufen. Deren Bedingungen orientieren sich an der Größe des Tieres (von klein nach groß) und der Vielseitigkeit des Tieres (von vielseitig nach einseitig). Wenn man eine Evolutionskarte ausspielen kann, weil man die Bedingung erfüllt, verbessert man sich beim Vermehren, Bewegen oder der Evolution. Oder man verbessert sich auf einem der sechs Landschaftsgebiete. Denn im Wald und auf der Wiese leben die Tiere einfach länger als in Wüste und Arktis.
Die Tiere werden als Würfel auf dem Spielfeld dargestellt. Jedes Feld in der Auslage hat Platz für eine ungerade Anzahl von Tieren. Wer hier die Mehrheit am Rundenende hat, darf leere Felder besetzen und sich so noch besser ausbreiten. Denn darauf kommt es an: Verschiedene Gebiete besetzen und damit Siegpunktkarten abgreifen.
Die Mechanik mit den Würfeln ist großartig, denn hier stellt man die Lebensdauer ein, die die Tiere überleben. Und man sieht auf einem Blick, wie lange dies der Fall ist, man also ein Gebiet noch sicher hält. Denn: Angriff gibt es keinen. Jeder Spieler spielt für sich und kann maximal Platz wegnehmen, aber man kann niemanden verdrängen.
Thematisch ist das Spiel leider nur halb gut umgesetzt. Die Größe und Vielseitigkeit hat auf die Spielmechanik keinen Einfluss (im Gegensatz zu Evolution). Ganz im Gegenteil nimmt man sich anonyme Evolutionskarten und wenn man mit seiner Tierart die Bedingungen erfüllt, wird man irgendwo besser. Das wirkt ziemlich mathematisch und unfertig. Hätten die Karten hier noch Eigenschaften oder Fähigkeiten als Titel, die dann auch noch stimmig sind, wäre das großartig gewesen. So fragt man sich, wieso ausgerechnet ein großes, einseitiges Tier einen Bonus auf hügeligem Gelände bekommen sollte.
Daher: Spielidee klasse, Spielmaterial auch, aber die Umsetzung hakt ein wenig. Gegebenenfalls gibt es ja noch einmal eine verbesserte, zweite Edition.
Petrichor (APE Games/Mighty Boards)
Leider konnten wir Petrichor nicht spielen, sondern nur erklären lassen.
In Petrichor steuern wir das Wetter. Mittels Handkarten erzeugen wir Wolken (super gelöst als kleine 3D-Papp-Wolke), sammeln dort Wasser (in unserer Spielerfarbe), können die Wolken bewegen oder lassen es auf die Erde regnen. Je nachdem, was dort gerade wächst und wer alles wie oft beteiligt ist, gibt es Siegpunkte.
Aufgrund der Lautstärke in der Halle habe ich nicht alles verstanden. Es gab auch noch einen Abstimmmechanismus, wo ich nicht verstanden habe, wie er funktioniert. Ansonsten wirkte das Spiel aber sehr gut und interessant. Im Grunde geht es um Mehrheitenwertungen auf den einzelnen Feldern. Dabei ist das Thema aber sehr gut umgesetzt, wie man seine Armee von Regentropfen durch die Landschaft bewegen kann. Auch grafisch sieht das Spiel super aus.
Das Spiel wurde über Kickstarter finanziert und man kann noch nachträglich einsteigen. Ich überlege noch ...
The Networks (Board&Dice)
Wer wollte nicht schon immer mal einen Fernsehsender wie in Mad TV leiten? In The Networks ist genau das möglich. Drei Sendezeiten müssen jedes Jahr mit interessanten Sendungen und Stars belegt werden, sodass die Einschaltquote stimmt. Dazu sollte man auch Werbung schalten, um die Ausgaben zu finanzieren. Je länger eine Sendung läuft, desto weniger Zuschauer schalten noch ein. Dann heißt es ab aufs Abstellgleis und was Neues produzieren.
Mechanik und Thema spielen super zusammen. Die Regeln sind sehr simpel und dennoch steckt viel in dem Spiel. Wann setzt man eine gute Serie ab, weil man eben etwas Besseres hat? Und kann der Action-Star auch in Komödie glänzen? Optisch ist das Spiel zwiespältig, nicht jeder mag die Comic-Grafik.
Darüber hinaus gibt es aber wenig auszusetzen. Es bleibt vielleicht nur die Bitte an die Erklärbärin, das Thema etwas mehr zu transportieren und das Spiel nicht auf Siegpunkte zu reduzieren. Wir hatten keinerlei Ahnung, wie das Spiel insgesamt funktioniert, wurden aber „genötigt“ Sendungen und Werbung zu kaufen ohne deren Wirkung zu kennen.
Im Übrigen gib es das Spiel auch auf Deutsch, wir haben es aber auf Englisch gespielt. Ich habe es jedenfalls auf meinem Radar, falls ich es irgendwo preiswert sehe.
Sub Terra (Inside the Box)
Eingesperrt in einer Höhle. Unter der Erde. Sub Terra. Hier versuchen wir kooperativ zu überleben. Wir müssen uns in der Dunkelheit durch schmale Gänge bewegen und Aufpassen, dass die Höhle nicht geflutet wird, Gas austritt oder uns die Decke auf den Kopf fällt.
Mit verschiedenen Charakteren und Eigenschaften versucht man also gemeinschaftlich zu entkommen. Im Prinzip klingt dies nach einem großartigen Spiel. Wenn da das Wörtchen „wenn“ nicht wäre. Zum einen habe ich mit The Cave bereits ein Höhlenspiel. Das geht zwar gegeneinander, passt thematisch aber super. Zum anderen ist Sub Terra einfach zu dunkel. Klar, man befindet sich unter der Erde. Aber wenn ich nur bei maximaler Messebeleuchtung die Gänge auf den Plättchen erkenne, ist etwas nicht richtig.
Etwas störend empfand ich auch, dass es eine Art Horror gibt, die die Spieler verfolgt (soweit ich das verstanden habe). Mir hätten die Gefahren vollkommen ausgereicht, ich benötige keine übersinnliche Entität in dem Spiel.
Wer sich das Spiel dennoch zulegen will, auf Kickstarter kann man noch nachträglich einsteigen. Für mich ist es aber nichts.
Tribes: Early Civilization
Bei Tribes: Early Civilization tut es mir echt leid, dass ich das Spiel nicht gut finden kann. Die Idee ist dabei recht simpel: Jeder breitet sich mit seinem Volk lokal in einem eigenen Bereich aus, legt neue Plättchen an, die dann so etwas Abstraktes wie Pferde, Schafe, kleine Schalen oder Gold bringen. Wenn wir die Ressourcen besitzen, können wir in einem Technologie-Baum einen Marker setzen und aufsteigen. Eine Blockade anderer Spieler gibt es nicht, es geht eher darum, wer zuerst den Tech-Tree bestmöglich ausbaut und viele Siegpunkte bekommt.
Clou des Spiels ist der Aktionswählmechanismus, der wie eine Art Rondell funktioniert. Man wählt entweder die nächste, verfügbare Aktion oder zahlt eine Muschel für jede Aktion die man überspringen will. Die gewählte Aktion kommt ans Ende. Wer eine Aktion wählt, auf der eine oder mehrere Muscheln liegen, bekommt diese dazu. Über die Aktionen kann man eine Technologie im Baum kaufen, sich bewegen, neue Plättchen ziehen und anlegen oder sich vermehren. Zusätzlich gibt es negative Aktionsplättchen, die durch den Tech-Tree ins Spiel kommen und irgendwann jemand wählen muss (wenn z.B. genügend Muscheln darauf liegen oder man selbst keine mehr hat).
Wieso gefällt mir das Spiel nicht: Weil für das Strategische, was sich hier aufdrängt, viel zu viel Zufall im Spiel ist. Die Technologieplättchen der Zeitalter 2 und 3 sind verdeckt. Man hat also keine Ahnung, welche Ressourcen man später mal braucht. Selbst wenn man es wüsste: Die Plättchen zieht man zufällig. So zog ich fast nur Goldplättchen, Gold brauchte man nirgends im Baum (wie ich erst am Ende sah). Dafür brauchte man bei zwei Technologien ganz viele Pferde, die ich aber nun einmal nicht aus dem Sack zog. Daneben konnten wir (wieder aufgrund des zufälligen Aufbaus) unseren Stamm immer nur einen Schritt bewegen. Dadurch zog sich das Spiel am Anfang sehr in die Länge. Mir hat es also gar nicht gefallen.
Das Syndikat (Indie Boards & Cards)
Das Syndikat ist zwar schon etwas älter (von 2015), wurde jetzt aber erst auf Deutsch veröffentlicht. Es spielt zur Zeit des Spiels Der Widerstand.
Thematisch haben wir als Syndikat Agenten angeheuert, die für uns die Drecksarbeit machen. Mit den Karten können wir Aufträge erfüllen (anhand passender Symbole) oder neue Leute anheuern. Eingesetzte Agenten sind aber nicht wieder sofort verfügbar, sondern müssen drei Runden aussetzen. Dadurch ergibt sich ein interessanter Kniff des gewöhnlichen Deckbau-Mechanismus, da man sein Deck nicht ausdünnen darf. Denn wenn man Aufträge erfüllt (kostet meist 3 bis 6 Karten) und das dreimal macht, steht man irgendwann ohne Handkarten da. Und das ist nicht nur ein vergebener Zug, sondern kostet auch noch Geld.
Bezüglicher dieser Mechanik war das Spiel interessant. Die ausliegenden Aufträge waren aber so unterschiedlich stark, dass es sich gar nicht lohnte, auf die einen zu gehen. Das musste man aber, um das Spiel zu beenden. So richtig gezündet hat es jedenfalls nicht.
Otys (Libellud, Pearl Games)
Ich mag Spiele, die ein Thema haben. Deswegen schaute ich mir auch Otys an. Hierin besitzt jeder Spieler eine Tauchmannschaft. Jede Runde wählt man einen Taucher aus einem bestimmten Tauchslot und führt die Aktion des Slots und die des Tauchers aus. Damit kann man Ressourcen bergen und Aufträge erfüllen. Danach schwimmt der Taucher nach oben und es dauert eine Weile, ehe man dessen Aktion wieder nutzen kann. Auch der Tauchslot wird verbraucht und kann erst einmal nicht mehr aktiviert werden. Dadurch ergeben sich interessante Aktionsmöglichkeiten.
Thematisch gefällt mir das Spiel sehr gut, auch wenn sicherlich nicht alles ganz logisch ist. Wieso die abgebauten Ressourcen dem jeweiligen Tauchslot zugeordnet und nicht an die Oberfläche befördert werden, ist nicht ganz klar. Auch grafisch ist das Spiel sehr schön anzusehen. Am besten hat mir aber die Mechanik gefallen, weil einfach alle Aktionen sehr gut ineinander greifen. Dadurch ergeben sich aber auch irrwitzig viele Aktionsmöglichkeiten und es entsteht eine gewisse Downtime, wenn jeder vor sich hinoptimiert. Wer solche Hardcore-Denkspiele mag, wird damit aber sicherlich glücklich.
Schade war, dass sich die Spielbretter (sowohl die eigenen als auch das gemeinsame) verbiegen. Dadurch drehten sich diese sehr leicht, wenn man dagegen kam. Zwei Plättchen, die außen am eigenen Spieltableau liegen, verrutschen dadurch ständig, obwohl sie etwas auf dem Tableau anzeigen sollte.
Dungeon Time (Ares Games)
Zum Abschluss der Messe gab es zum Entspannen noch ein Echzeit-Koop-Spiel mit Dungeon Time. Die Spieler versuchen gemeinsam Aufträge zu erfüllen, die sie auf der Hand haben. Die Aufträge benötigen zwei Gegenstände und geben dafür einen anderen. Das heißt, die Spieler müssen zuerst verdeckt beide Gegenstände spielen und dann den Auftrag. Man zieht nach und versucht innerhalb von 5 Minuten alle Aufträge zu erfüllen.
Das klingt einfach. Nun der Clou: Der Stapel wird umgedreht und von unten werden die Gegenstände im Kreis an acht Plätze gelegt. Dabei darf pro Platz nur eine Gegenstandsart liegen. Gleiche Gegenstände dürfen bis zu drei gestapelt werden. Bei einem vierten muss ein weiterer der acht Slots verbraucht werden. Sollte man einen Gegenstand nicht mehr anlegen können, hat man verloren. Wenn man Aufträge erfüllt, kommen die passenden Gegenstände natürlich weg – und der gewonnene dazu.
Wie man sieht, kann man also nicht beliebig Gegenstände und erst am Ende alle Aufträge reinhauen, sondern man muss ganz genau zählen bzw. sich merken, welche Gegenstände nun genau im Stapel sind. Es macht viel Spaß zu zweit, lustiger ist es wohl mit noch mehr Spielern. Wir haben im Übrigen keinen der drei Versuche gewonnen …
Weitere Erwähnungen
- Tash-Kalar: Etherweave (Czech Games Edition) habe ich erst einmal nicht gekauft, auch wenn sich die neue Fähigkeit interessant liest. Aber mit den vier Standard-Rassen plus zwei Erweiterungen bin ich erst einmal gut bedient.
- Photosynthesis (Blue Orange Games) hätte ich gerne gespielt, aber die Tische waren alle belegt. Aufgrund der Größe hätte es vermutlich eh nicht auf meinen Tisch gepasst. ;)
- Kanzume Goddess (Japanime Games) ist eines meiner Lieblingsdeckbuilder für Zwei. Mit „Kamigami Battles“ folgt nun eine Reimplementation des Spiels auf Kickstarter.
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