Peaks of the Balkans 2018 – Teil 3: Berge in Albanien, Montenegro und Kosovo
Gratwanderung zum Volušnica und Taljanka
Ursprünglich wollten wir an Tag 3 von Vusanje nach Plav wandern. Die Strecke war mit 27 Kilometern sehr lang, dafür gab es aber weniger als 500 Höhenmeter zu meistern. Da die Strecke laut Adriatik aber nicht sonderlich schön sein sollte, entschieden wir uns um und machten einen Abstecher über einen der schönsten Wanderwege in den dinarischen Alpen.
Mit dem Auto ging es von Vusanje aus zum Startpunkt in der Nähe von Škala. Gegen 10 Uhr wanderten wir dann los, das Wetter sah gut aus. Je höher wir kamen, desto nebliger wurde es aber. In der Wäldern herrschte eine teils gespenstige Stimmung, auf den Wiesen begeisterte uns dagegen der Morgentau an den zahlreichen Gräsern. Und auch wenn der Nebel dichter wurde, war die Temperatur zum Laufen immer noch angenehm.
Leider hatte ich mir am Vortag einen Erkältung eingefangen, sodass der Aufstieg für mich anstrengender war als gewollt. Dennoch erreichten wir gegen 13 Uhr den Gipfel des Volušnica in 1876 Metern Höhe und wir sahen … mal wieder nichts, da rundherum nur Wolken waren. Da uns niemand drängte, setzen wir uns und warteten etwas ab. Es klarte immer mal wieder etwas auf, sodass wir das Tal und die umliegenden Berge schemenhaft sehen konnten. Bei sonnigem Wetter hätten wir sicherlich einen wahnsinnigen Ausblick genießen können.
Den weitere Aufstieg ging bis auf 2056 Meter hoch auf den Taljanka. Die Wanderung vom Volušnica aus dauerte circa anderthalb Stunden. Aufgrund der Höhe liefen wir in den Wolken, es war recht kühl und nass und ich war recht fertig, als wir oben waren. Und leider konnten wir rundherum nichts sehen, da die Wolkendecke komplett zugezogen war. Immerhin hatten wir, ohne es zu bemerken, erneut die Grenze überschritten und waren wieder einmal in Albanien.
Ich freute mich ein bisschen auf den Abstieg, da wir uns dann unterhalb der Wolken aufhalten konnten, wo es etwas wärmer war. Im Gegensatz zum Rother-Reiseführer machten wir keinen ganzen Rundweg, sondern gingen über einen tollen Gratwanderweg zurück, der auf der einen Seite die Wolken staute, und auf der anderen Seite einen tollen Blick bot (manchmal zumindest).
Gegen 17 Uhr waren wir wieder am Startpunkt und wurden mit dem Auto abgeholt. Wir machten einen Zwischenstop in Gusinje im Café Slasticara Šar, wo wir kleine Kuchen und Gepäck bekamen. Dort verliebte ich mich in Bombice, eine kleine, sehr saftige Keks-Kakao-Kugel, die mir wohl als beste Süßigkeit aus Montenegro in Erinnerung bleiben wird.
Nach der willkommenen Pause ging es weiter bis nach Plav, wo wir vom ehemaligen Nationalpark-Sheriff Enko abgeholt wurden und in dessen interessanten Truck/Kleinlaster wechselten. Vorne war nur Platz für eine Person – die den Sitz festhalten musste, da er nicht angeschraubt war. Der Rest nahm auf der Ladefläche hinten Platz und wurde ordentlich durchgerüttelt. Aber es machte tierisch viel Spaß. Enko hatte seinen Job an den Nagel gehängt und stattdessen im Wald ein kleine Unterkunft mit einigen Hütten eröffnet. Ich hatte eigentlich auf ein richtiges Zimmer gehofft, mit einer Dusche und Toilette, für die ich nicht einmal quer über die Wiese laufen musste, aber es war dennoch ganz nett. Vor allem Enko war sehr freundlich und obwohl er kein Englisch sprach und mit seiner Größe bedrohlich wirken könnte, füllte er sehr überschwänglich Essen und Trinken nach, das wieder sehr gut war.
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Strecke | 9,8 km |
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Höchster Punkt | 2056 m |
Höhenmeter | 1200 m auf, 1125 m ab |
Abstecher nach Kosovo
Für den vierten Tag stand eine längere Tour auf den Gjeravica, den höchsten Berg Kosovos, an. Vorher gab es aber ein ausgiebiges Frühstück mit extrem viel Polenta (mit Käse) und dem obligatorischem weißen Ziegenkäse, die zumindest ich beide nicht so attraktiv fand. Dafür konnte ich mir stolz auf Landessprache ein Glas Tschumscht („qumësht“ geschrieben) bestellen – Milch mag ich eben auch im Balkan.
Mit dem Auto ging es am Morgen sieben Kilometer bis auf 1900 Meter Höhe zum Anfangspunkt unserer Wanderung, wo wir gegen 9:30 Uhr starteten. Das Wetter war sehr schön und sonnig, im Tal hinter uns lag noch dichter Nebel und vor uns die Berge. So wanderten wir querfeldein durch Wacholderbeersträucher mit einer tollen Aussicht – und überquerten wieder einmal ohne es zu bemerken die Grenze nach Kosovo. Gegen 12:30 Uhr machten wir eine kleine Rast am Tropojë-See (Liqeni i Tropojes), wo uns Adriatik etwas zur Beschleunigung anspornte. Aufgrund meiner Erkältung und auch wegen der Blasen an den Füßen waren wir etwas zu gemütlich unterwegs und mussten schneller laufen, damit wir den Gipfel erreichen und zusätzlich noch vor Einbruch der Dunkelheit in Dobërdol ankommen würden.
Praktischerweise kamen wir nach einer weiteren Stunde an einem Felsvorsprung vorbei – oder zumindest führte Adriatik uns dorthin –, wo wir einen großen Teil unseres Gepäcks lagern konnten, um die restlichen fünf Kilometer etwas leichter beladen weiter laufen zu können. Ich war sehr dankbar dafür. Auf den letzten anderthalb Kilometer legte ich meinen Rucksack an einem Felsen komplett ab – Diebstahl war in dieser Gegend so gut wie ausgeschlossen. Aber so erreichte auch ich um 15:30 Uhr nach sechs Stunden Wanderung den Gjeravica, mit 2656 m Höhe der höchste Berg Kosovos.
Die Aussicht war einfach herrlich. Es war zwar immer noch etwas bewölkt, aber wir konnten mehr sehen als am Tag zuvor auf dem Taljanka. Durch die Wolken und Sonne ergab sich ein tolles Licht- und Schattenspiel auf den riesigen grünen Wiesen und Felsen. Auch wenn der Weg anstrengend war, freute ich mich riesig, dies genießen zu können.
Lange konnten wir leider nicht auf dem Gipfel verbringen, auch wenn es sehr schön war, und so machten wir uns auf den Rückweg. Über den Ali-Peja-Pass überquerten wir erneut die Grenze, diesmal zurück nach Albanien und hatten somit an dem Tag drei Länder betreten. Die Sonne war bereits langsam am verschwinden und gegen 19:30 Uhr kamen wir in Dobërdol im Gästehaus Bashkimi an.
In einem Sechs-Bett-Matrazenlager, das aber ganz gemütlich war, konnten wir uns umziehen. Ich wollte auch noch duschen, leider stand nur kaltes Wasser bereit, was mich aber nicht abhielt, nach der langen Tour zumindest etwas fließendes Wasser und Seife über den Körper laufen zu lassen. Wir fielen diesmal auch alle sehr schnell ins Bett – aber nicht ohne den wunderschönen, klaren Sternenhimmel zu beobachten, da es im Umkreis von einigen Kilometern keine störende Lichtquellen gab.
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Strecke | 21 km |
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Höchster Punkt | 2656 m |
Höhenmeter | 1380 m auf, 1455 m ab |
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