(Neu) Gespielte Spiele im Februar bis April 2024
In den letzten Monaten gab es nicht so viele Spieleabende und vor allem kaum Neues auf den Tisch. Das ist auch mal schön, aber dadurch ergab sich auch kein interessantes Blogposting. In den drei Monaten haben sich dann doch aber wieder einige neu kennengelernte Spiele angesammelt. Als Prototyp und später nochmal als fast finales Spiel konnte ich online die Erweiterung „Clans of Caledonia: Industria“ testen. Real am Spieltisch gab es dann „Trekking: Reise durch die Zeit“, „Brass: Birmingham“, „Age of Innovation“, „Mountain Goats“, „Top Ten“ und „Lacuna“.
Clans of Caledonia: Industria (Karma Games, 2024)
„Clans of Caledonia“ zählt für mich zu einem der besten Eurogames überhaupt. Es ist recht schnell gespielt (zu viert in zwei Stunden), es ist sehr eng gestrickt, sodass ich nicht alles machen kann, es lässt verschiedene Strategien zu, die Clans bringen Abwechslung rein und die Aktionen sind sehr schnell ausgeführt (mit Ausnahme des Bauens mit Nachbarschaftsbonus vielleicht). In Summe entsteht dadurch ein sehr schnelles, abwechslungsreiches und kurzweiliges Spielgefühl. Aus dem Grund interessiere ich mich natürlich auch für die kommende Erweiterung „Clans of Caledonia: Industria“, die im Laufe der kommenden Monate via Kickstarter finanziert werden soll. Auf dem Karma-Games-Discord-Server stehen die Regeln und auch das Material als Print'n'Play zum Download bereit. Und dort wurde auch vom Karma Games nach Testspielern für die Erweiterung gefragt. Ich meldete mich und wir spielten eine Partie zu viert via Tabletop Simulator. Zwei Monate später wurde auch noch ein CoC-Industria-Turnier veranstaltet, an dem ich zumindest ein Spiel lang teilnehmen konnte. Wichtiger Hinweis: Bei manchen Bildern handelt sich um den Prototyp. Und auch die Regeln, die fast finale Grafik und das Balancing ist noch ein wenig im Fluss.
Inhalt der Erweiterung
Was bringt die Erweiterung „Industria“ alles mit? Natürlich ist mehr vom Alten enthalten. Das heißt, neue Rundenwertungen, neue Hafenboni und neue Startressourcen-Plättchen. Für die Endwertung gibt es neue Award-Plättchen. Wer am Spielende in der jeweiligen Kategorie (meisten Einheiten, größte Siedlung, meisten Einheiten neben Flüssen etc.) am besten dasteht, erhält Punkte. Von dem Mehr vom Alten sind aber sicherlich die neun neuen Clans am interessantesten. Diese verändern die Regeln teilweise so sehr, dass es schon fast an „Auf den Spuren von Marco Polo“ erinnert. So verbietet der Railroad Clan die Ausbreitung über Lochs, dafür darf der Clan zwei Felder entfernt weit bauen. Der Canal Clan kann sich beliebig weit an einem Fluss ausbreiten und handeln. Der Sheperd Clan lässt mich Einheiten auf bereits belegte Felder mit Schafen setzen. Und so hat jeder Clan seine eigenen Stärken und manchmal auch Einschränkungen.
Natürlich gibt es auch etwas komplett Neues. Als kleine Erweiterung zählt das Refill-Board, auf welchen die Aufträge gelegt werden, mit denen bei Rundenende genommene Aufträge ersetzt werden bzw. aus denen man bei einer Auftragswahl wählen kann. Damit wird der Zufall des bereits recht zufallsfreien Grundspiels weiter eliminiert, da ich bereits vorab sehe, was nächste Runde an Aufträgen nachkommen wird.
Eine zweite kleine Erweiterung sind die Bauernhofmärkte. Die kleinen Plättchen zeigen jeweils ein normales und ein aufgewertetes Gut. Zu Spielbeginn erhält jede Spielerin eins und darf dieses auf dem Spielfeld platzieren. Die Plättchen blockieren das jeweilige Feld. Dafür kann ich aber, wenn ich neben einem Markt etwas baue, direkt dorthin bis zu viermal eine der gesuchten Waren liefern und erhalte sogar noch 2 Geld für das normale Gut bzw. 3 Geld für das aufgewertete Gut extra. Wenn beide Waren geliefert wurden, verschwindet das Plättchen und gibt das Feld zur Bebauung frei.
Die größte Änderung ist aber natürlich das Zug-Tableau. Diese zeigt zehn Kleinstädte und zwei Großstädte. Jeweils drei oder vier Städte sind mit Schienen verbunden, wobei die vier außen liegenden Städte nur per Abkürzung miteinander verbunden sind. Die Abkürzungen und Großstädte haben Meilensteine, die ich freischalten muss, bevor ich die Großstadt besuchen beziehungsweise die Abkürzung benutzen darf. Die Meilensteinmarker erhalte ich aber erst, wenn ich Waren an eine Klein- oder Großstadt liefere. Hierfür darf ich einmal pro Runde meinen Zug-Meeple bis zu zwei Felder weit auf dem Tableau bewegen. Begegne ich dabei dem Zug eines Mitspielers, muss ich diesem 3 Geld bezahlen. Am Ziel angekommen, darf ich die Waren, die auf dem Nachfrageplättchen abgebildet sind, abgeben und erhalte dann den darunter abgebildeten Bonus. Dabei werden Meilensteine, Nachfrageplättchen und Bonusplättchen alle zufällig bei Spielbeginn verteilt. Zusätzlich werden die Nachfrageplättchen am Rundenende, wenn sie beliefert wurden, durch neue ersetzt. Sowohl die Meilensteine als auch die Menge an Lieferungen geben Siegpunkte bei Spielende. Die Bonusplättchen sind sehr unterschiedlich. Diese reichen von der kostenlosen Bebauung von zwei Feldern über kostenlosen Handel von zwei Gütern bis hin zur Aufnahme eines zweiten Auftrags plus zusätzlichem Geld. Andere Boni erfordern die Abgabe von etwas (z.B. Schlachtung eines Tiers, Rücknahme eines Gebäudes, Rücknahme von Arbeitern) und geben dann meistens viel Geld zurück. Die Varianz ist dabei sehr groß.
Kleine Ergänzungen
Wie haben mir die einzelnen Veränderungen von „Clans of Caledonia: Industria“ gefallen und wie verliefen die Partien an sich? Wichtig ist dabei, dass zwischen den zwei Partien zwei Monate lagen und sich vor allem am Balancing der Bonusplättchen und der Clans viel getan hatte.
Ich fange mit den kleinen Sachen an: Die Hinzugabe von neuen Plättchen ist logischerweise unkompliziert und erhöht die Variabilität. Natürlich können die dennoch gerade mal nicht zur eigenen Strategie oder Clan passen, wie es in meiner ersten Partie der Fall war. Prinzipiell sind die Hafenboni aber sicherlich interessant. Gleiches gilt für die Rundenwertungen. Diese haben auch aktiv dazu geführt, dass wir alle in der Runde, in der etwas Punkte brachte, dies verstärkt ausgenutzt haben. Beispielsweise gab es für zwei benachbarte Tiere Punkte und so versuchte jeder so viele davon wie möglich nebeneinander zu stellen. Die neuen Plättchen gefallen mir dabei.
Die Bauernhofmärkte bringen etwas Abwechslung ins normale Spiel. Zum einen kann jeder dadurch besondere Felder vorerst belegen. Zusätzlich kann ich hierüber gezielt viele Waren verkaufen und entsprechend mehr Geld machen. Das wiegt dann auch auf, dass das Feld für den nachfolgenden Spieler plötzlich zur Bebauung verfügbar ist, sobald ich das letzte Gut an einen Markt liefere. Mein größtes Problem ist aber, dass mir zumindest nach zwei Partien immer noch unklar ist, wo ich einen Markt sinnvoll platzieren sollte. Ich hätte es besser gefunden, wenn jeweils ein Markt durch eine Zufallselement auf jeweils einem der vier Pläne platziert werden würde. Zumindest in der zweiten Partie war auch das „Problem“, dass wir die Märkte gar nicht nutzen. Irgendwie ergab es sich bei mir und meinen Mitspielern nicht, dass wir sinnvoll etwas liefern konnten. Für mich fällt dieses Modul daher in die Kategorie „kann man machen, braucht man aber nicht“.
Eine Änderung habe ich noch unterschlagen, die mir gut gefiel. Beim Aufbau des Markttableaus wird für jedes Gut gewürfelt, ob der Preis um 1 steigt, 1 sinkt oder gleich bleibt. Das ändert wenig, geht aber sehr schnell und bringt minimal andere Startverhältnisse für eine Partie.
Clan-Übersicht
Damit komme ich auch schon zu den Clans. In der ersten Partie spielten wir mit dem „Distribution Clan“ (weniger Händler, dafür aber zwei Güter auf einmal handeln und extra Geld beim Verkauf), dem „Threshing Machine Clan“ (Vorgänger des Mähdreschers, falls sich wer fragt) (kann Arbeiter und Getreidefeld auf einem Hex-Feld platzieren und erhält hierfür extra Getreide; kann Getreide in Produktionsphase verkaufen), der „Hot Blast Clan“ (gleichzeitig Wald- und Minenarbeiter auf ein Hex-Feld setzen, was extra Einkommen bringt) und dem oben erwähnten „Railroad Clan“.
Die erste Partie verlief dabei in meinen Augen sehr unausgewogen, was nicht an der Fähigkeiten der Spieler lag. Beispielsweise hatte der „Treshing Machine Clan“ in einer Runde über 100 Geld nach der Einkommensphase vor sich liegen. Und auch der „Hot Blast Clan“ konnte mit allen Arbeitern sein Standard-Einkommen von 56 auf 68 aufwerten. In Summe führte das zu zwei Effekten: Wo die anderen zum einen teils in Geld schwammen oder leicht an dieses kamen, dadurch mehr Aktionen machen konnten, und dadurch mehr Geld einsammeln konnten, lag ich immer zurück. In Runde 3 musste ich mit 2 Geld passen, während die anderen noch 44, 55 und 74 Geld hatten. Ich wusste meinen Clan auch nicht wirklich gut auszunutzen. Ich habe die Sonderaktion vermutlich viel zu oft gewählt. Bei der Rundenwertung, bei der es um verschiedene Einheiten in einer Siedlung ging, ging ich leer aus, weil mein Clan nicht dafür gedacht war, eine große Siedlung zu bauen. Immerhin konnte ich damit die 18 Punkte Wertungsbonus für die meisten verbundenen Siedlungen am Spielende einheimsen. Aber ansonsten lag ich überall hinten. Am Spielende verlor ich abgeschlagen mit 268:224:192:140. Zum anderen störte mich an der Partie, dass die Punkte, weswegen ich das Grundspiel so mag, teilweise ins Gegenteil verkehrt wurden. Ich habe „Clans of Caledonia“ vielleicht nur zehnmal gespielt, aber in keiner Partie hatte ich eine Wartezeit von 15 Minuten, bis die Runde endete und ich wieder mitmachen durfte.
Als Konsequenz wurden bis auf den „Distribution Clan“ alle Clans angepasst und teils abgeschwächt. Das zeigte sich dann auch etwas in der zweiten Partie, bei der zumindest der „Hot Blast Clan“ wieder mit von der Partie war und es nur noch extra Geld gab, wenn jemand neben den jeweiligen Arbeiter baute. Und auch die anderen Clans wurden teilweise überarbeitet. In Summe haben mir die Änderungen gefallen, da die Clans damit ausgeglichener wirken und vor allem nicht mehr zu viel Geld bringen, was das Spiel nur unnötig verlängerte.
Zug-Tableau
Die größte Änderung ist natürlich das Zug-Tableau. In der ersten Partie fiel es uns extrem schwer, dieses überhaupt zu nutzen. Sicherlich hat die Fülle an Bonusplättchen mich auch erschlagen. 12 verschiedene Bonusplättchen mit eher komplexen Bedeutungen, die sich (noch) nicht allein aufgrund der Symbolik erschließen, sind schwer auf einmal zu erfassen. Erst im Laufe der Partien erkannte ich den Wert einzelner Bonusplättchen. Durch die zufällige Verteilung von Nachfrage- und Bonusplättchen ergeben sich aber auch teils nicht lukrative Kombinationen. So hätte ich an einer Stelle zwei Fässer abgeben müssen, um dann zwei Upgrades (meist wählt man da Schifffahrt oder Händler) abgeben zu können, um dafür zwei normale und zwei aufgewertete Güter zu erhalten. Sicherlich ist es schön, wenn man Güter tauschen kann, aber im Endeffekt war der Tausch „2 Upgrades gegen 2 normale Güter“. Da war die Abgabe von zwei Weizen und einem Käse für die kostenlose Bebauung zweier Felder plus drei normale Güter attraktiver. Sicherlich ist es aber so, dass jeder Bonus zum richtigen Zeitpunkt genau der beste ist. Wenn ich kein Geld für Einheiten habe, bringt mir auch die kostenlose Bebauung nichts.
Dadurch, dass ich nur einmal pro Runde liefern kann, muss der Einsatz der Zug-Aktion sehr genau getimt sein. Im schlechtesten Fall schnappt eine Mitspielerin nämlich einem den Platz weg, da nur zwei Züge pro Feld stehen dürfen. Zusätzlich muss ich 3 Geld zahlen, wenn ich an einem anderen Zug vorbeifahre oder dort halte. Da Geld das Wichtigste im Spiel ist, sollte man auch hier genau überlegen, wann man sich bewegt. Daneben darf ich meinen Zug auch nur zwei Felder weit bewegen, sodass ich nie alle Städte erreichen kann. Selbst mit beiden freigeschalteten Abkürzungen komme ich mit zwei Bewegungspunkten nicht überallhin, sodass eine gute Vorausplanung wichtig ist.
Die vier Meilensteine zur Freischaltung der zwei Städte und der Abkürzungen haben mir prinzipiell gefallen. Sie geben mir weitere Ziele, die ich verfolgen kann. Zusätzlich gibt es ein Rennen, da jede Platzierung pro Meilenstein immer weniger Punkte bringt. Es gibt sogar ein Feld mit null Siegpunkten. Aber nur so kann ich die Stadt oder Abkürzung überhaupt freischalten. Ich fand nur die Anforderungen an die Meilensteine etwas streng. Sechs Upgrades sind meist eine Kleinigkeit, aber alle acht Arbeiter oder alle sieben unterschiedlichen Einheiten auf dem Feld zu haben, kam mir im Vergleich eher schwer vor.
Es zeigte sich aber auch hier ein Balance-Problem. Wenn man das Zug-Tableau nutzt, konnte man so viel Geld oder Waren herausziehen, dass es die Spielzeit durch mehr Aktionen verlängerte. Es war eigentlich Pflicht, auf dem Zug-Tableau mitzumachen, um ansatzweise vorne mitspielen zu können. Das wurde geändert und die Lieferbonusplättchen sind jetzt so designt, dass sie umgerechnet ungefähr so viel Geld abwerfen, wie sie kosten. Sie können also eher als Tauschhandel angesehen werden. Und das ist sehr gut, da auf die Art nicht mehr Geld in den Umlauf kommt, wodurch nicht mehr Aktionen möglich sind, was die Spielzeit sonst extrem erhöhte. Und so kann man auf das Zug-Tableau und die Meilensteine gehen, aber es ist keine Pflicht mehr, um das Spiel zu gewinnen.
Meinung zur Partie mit der Erweiterung
Am wichtigsten ist, dass das Balancing stark überarbeitet wurde. Hätte ich nur die Erstpartie gespielt, wäre „Clans of Caledonia: Industria“ bei mir komplett durchgefallen. Die Zweitpartie zeigte dann aber, dass der Kern des Spiels erhalten bleibt.
Mir gefällt die zusätzliche Varianz an Plättchen und Clans. Die Bauernhofmärkte halte ich für ignorierbar, wobei sie auch nicht schaden. Sie sind halt da und bringen mehr Regeln mit sich. Das Zug-Tableau ist ungewöhnlich, aber sicherlich gibt es Spielerinnen, die sich an den weiteren Optionen erfreuen können. Für mich schlägt das Tableau in die gleiche Kerbe wie „Isle of Skye: Wanderer“ und „Auf den Spuren von Marco Polo: Die Gefährten des Marco Polo“. Beide führten neue Tableaus ein, die in meinen Augen die Eleganz des Grundspiels zerstörten. Und nach jetzigem Stand schlägt für mich „Clans of Caledonia: Industria“ in die gleiche Kerbe. Es verschiebt den Fokus zu sehr vom Hauptspiel. Das liegt sowohl an der Fülle an Plättchen und Optionen als auch an der Übersichtlichkeit. Immerhin bin ich – soweit ich das jetzt schon beurteilen kann – nicht gezwungen, auf dem Zug-Tableau mitzumischen. Aber so richtig begeistert es mich nicht.
Alles in allem bin ich also zwiegespalten. Wenn ich die Erweiterung hätte, würde ich vermutlich nicht mit Zug-Tableau spielen wollen. Aber dies ist nun einmal der Hauptaspekt der Erweiterung. Dennoch spielte sich die zweite Partie mit Erweiterung recht schön und rund und fühlte sich gut an. (8,0)
#ClansOfCaledoniaIndustria
Trekking: Reise durch die Zeit (Game Factory, 2023)
Zeitreisen sind ja immer so ein Ding. Einige Medien versuchen es ein bisschen mit Logik, sodass die kleinste Veränderung der Vergangenheit die Zukunft nachträglich verändert. Bei anderen springen die Protagonisten lustig überall hin und her bzw. vor und zurück, ohne dass es auch nur irgendeinen Effekt auf die Geschichte der Menschheit hat. Im Fall von „Trekking: Reise durch die Zeit“ handelt es sich eher um die zweite Kategorie, sodass es nicht so schlimm ist, wenn wir mit den Azteken einen Kakao trinken oder mit Leonardo da Vinci ein Bild malen. Wayback Tours macht es möglich und schickt uns Spielerinnen drei Tage (Runden) durch die Zeit, in der wir von 37.000 v. Chr. bis 1994 verschiedenen geschichtlichen Ereignissen beiwohnen dürfen. Wichtig ist, dass wir immer nur einmal zurück und dann schrittweise vorwärts durch die Zeit reisen dürfen.
Hierfür liegen in einer Auslage die Geschichtskarten. Jede Karte kostet Zeiteinheiten und bringt mir farbige Marker, die von der Karte selbst und dem Slot, in dem sie liegt, kommen. Die Marker lege ich auf mein Zeitreisetableau und versuche dort die Löcher zu füllen, was mir Punkte oder Zeitkristalle bringt. Zeitkristalle kann ich ausgeben, um die Zeitkosten einer Karte auf minimal 1 zu verringern. Auf der Uhr mit 12 Segmenten/Stunden trage ich die Zeitkosten ab. Gespielt wird dabei nicht in einer festen Reihenfolge, sondern es ist immer die Spielerin dran, die ganz hinten bzw. bei Gleichstand oben auf liegt, somit die wenigste Zeit am Tag verbraucht hat. Bei der Auswahl der Karten muss ich zwingend eine in der Zeit später liegende Karte wählen, um meine aktuelle Etappe zu erweitern. Kann oder will ich das nicht, kann ich meine Etappe auch beenden und einfach eine neue anfangen. Längere Etappen bringen aber mehr Punkte. Alternativ zur Kartenwahl aus der Auslage kann ich mir auch eine Ahnenkarte nehmen. Die dient als Joker und vor allem Lückenfüller, wenn gerade keine passende Karte ausliegt.
Wenn jeder 12 Zeiteinheiten ausgegeben hat, endet eine Runde. Das eigene Tableau wird abgeräumt und jeder erhält ein neues für die nächste Runde. Auch die Karten der Auslage werden abgeräumt und die Karten für den nächsten Tag ausgelegt. Dies ist wichtig, da sich der Zeitstrahl von Tag zu Tag immer mehr Richtung Neuzeit verschiebt. Sind an Tag 1 Reisen in die weite Vergangenheit kein Problem, kann ich an Tag 3 fast nur noch zu Ereignissen nach Christi Geburt reisen. Begonnene Etappen können aber über mehrere Tage fortgeführt werden. Nach drei Tagen endet eine Partie und es werden neben den Punkten im Spiel noch die einzelnen Etappen gewertet. Grob bringt jede neue Karte 3 Punkte mehr. Nur von 9 auf 10 Karten ist ein größerer Sprung um 9 auf insgesamt 30 Punkte. Mit einer einzigen Karte in der Etappe sollte man aber nicht abschließen, da dies 3 Minuspunkte bringt.
Ich habe „Trekking: Reise durch die Zeit“ auf der Stuttgarter Spielemesse 2023 kennengelernt. Leider fand ich keine Mitspieler, sodass ich mit dem Erklärer nur eine einzige Runde/Tag spielen konnte. Das Spiel blieb aber so gut im Gedächtnis, dass ich es gerne mindestens einmal komplett spielen würde. Für mich ist beim Spielen dabei auch immer das Thema wichtig. Die einzelnen Zeitkarten haben neben einem passenden Titel und schönen Illustrationen von Eric Hibbeler auf der Vorderseite noch mehr Hintergrundinformationen zum Ereignis auf der Rückseite. Das finde ich prinzipiell gut, da ich mir dann manchmal ein bisschen die Wartezeit verkürzen konnte. Das war es dann aber leider auch, was das Thema hergibt. Es war einmal ein schöner Zufall, dass ich zuerst ein Buch mit Alexander dem Großen gelesen habe, um kurz danach die Bücherei von Alexandria (benannt nach dem zuvor besuchten Alexander) zu betreten. Aber das war keine Absicht, denn ich schaue während der Partie nur rein auf die Jahreszahlen, die Zeitkosten und was ich dafür an Markern erhalte. Die Marker sollen dabei für Erfahrungen in Persönlichkeit (rot), Ereignis (blau), Innovation (gelb), Fortschritt (grün) oder der Welt (lila, Joker) stehen. In meinen Partien gab ich mir zwar Mühe, aber irgendwann sagte jeder nur noch, dass er jetzt einen roten und zwei blaue Marker bekommt. Einzig die Zeitkristalle überlebten die Abstraktion und wurden als solche bezeichnet. Prinzipiell ist das schade, dass das Thema nicht mehr hervorkommt, aber ich kann auch gut damit leben, dass „Trekking: Reise durch die Zeit“ ein abstraktes Spiel ist.
Und obwohl das Thema so wenig hervorkommt, bin ich froh, die deutschsprachige Ausgabe zu besitzen, weil durch die Kartentitel zumindest ein bisschen Flair mit ins Spiel kommt. Aber natürlich kann man diese auch komplett ignorieren, womit das Spiel dann auch als sprachneutral bezeichnet werden könnte. Das Material gefällt mir sehr gut. „Trekking: Reise durch die Zeit“ fühlt sich mit seinem Insert und den Ressourcen schon fast wie eine Deluxe-Ausgabe an. Anstelle des Spielbretts gibt es eine Neoprenmatte. Darauf befinden sich dann die sehr schönen und stabilen Karten. Die Marker liegen trotz Plastik auch gut in der Hand und sind pro Farbe individuell gestaltet. Einzig die Uhr zum Abtragen der ausgegebenen Zeit ist grafisch sehr langweilig gehalten, auch wenn das Ziffernblatt bunt daherkommt.
Der größte Reiz, den „Trekking: Reise durch die Zeit“ für mich ausmacht, sind die simplen Spielmechanismen. Das Zeitelement ist keineswegs neu und mir vor allem aus „Patchwork“ bekannt. Schon dort mochte ich es sehr, auch wenn es Nachteile mit sich bringt. So kann die Wartezeit mitunter sehr hoch sein, wenn ich mit einer teuren Karte 4 oder 5 Zeiteinheiten vorauseile und dann meine Mitspieler nur billige Karten mit 1 oder 2 Zeitkosten kaufen. Dann kann es sein, dass ich mal mehr als fünf Minuten zuschauen muss, ehe ich erneut an der Reihe bin. Vor allem im Spiel zu viert fiel mir das so negativ auf, sodass ich es nur mit weniger Spielerinnen auf den Tisch bringen würde. Auch wenn die Entscheidungsvielfalt sich in Grenzen hält, kann ich erst richtig überlegen, wenn ich am Zug bin, weil sich die Auslage ständig ändert. Da die Karten neben ihrem Aufdruck auch noch die Marker des Slots mitbringen und verschoben werden, sehe ich also erst zu Beginn meines Zuges, was mir welche Karte wirklich bringt. In Summe ist das aber zu verschmerzen bzw. zeigt es, dass große Zeitsprünge in dem Spiel einfach nicht ideal sind.
Der zweite Mechanismus ist eine Art „Set Collection“, wenn ich die Karten zeitmäßig aufsteigend legen muss und Marker sammel. Das Puzzeln der Marker und das Finden der optimalen Karte macht mir einfach viel Spaß. Dabei gefällt mir insbesondere die Abwägung, ob ich versuche eine lange Etappe zu bauen oder lieber mein Tableau vollpuzzeln will. Für letztes muss ich dann auch für den Zeitstrahl nicht optimale Karte nehmen und Etappen auch mal nach vier Karten beenden, weil es so gerade besser von den Markern passt. Im Optimalfall passen Zeitstrahl und Marker zusammen und ich eile den anderen davon. Das ergab sich zufällig in unseren Partien, dass jemand eine hohe Karte, d.h. weit in der Zukunft für diesen Zeitreisetag, ausliegen hatte und nur ein oder zwei Karten zur Verlängerung infrage kamen. Und manchmal will es der Zufall, dass genau diese Karten dann kommen. Dieser Zufall verteilt sich aber auf alle Spielerinnen, sodass niemand bevorteilt wird.
Die Variabilität ergibt sich damit also aus der Reihenfolge der Karten. Manchmal passt es sehr gut und ich kann tatsächlich zehn Karten in eine Etappe legen. Manchmal passt rein gar nichts und ich muss nach vier Karten eine neue Etappe beginnen. Noch mehr Variabilität gibt es durch die Spielertableaus. Wir haben diese zum Kennenlernen zufällig gezogen und sie unterscheiden sich schon sehr stark voneinander. Manchmal gibt es überall ein paar kleine Punkte. Ein anderes Mal muss ich zwei Farben vollbauen, um dann aber auch viele Siegpunkte abgreifen zu können. Normalerweise erhält jede Spielerin zu Spielbeginn vier Tableaus und sucht sich jeden Tag ein neues aus. Das reduziert den Zufall etwas, obwohl es natürlich sein kann, dass man mehrere vermeintlich schlechte Tableaus zur Auswahl bekommt. Schlussendlich liegt noch eine Mini-Erweiterung „Deluxe Tour“ bei. Pro Partie werden drei Karten gezogen und je Tag eine davon aktiviert. Die Karten geben entweder dauerhafte Boni für diese Runde oder können gegen den Einsatz von Zeit einmal pro Spielerin an diesem Tag aktiviert werden. Auf die Art kann man sich weitere Vorteile verschaffen, was sicherlich taktisch interessant eingesetzt werden kann.
Ich gebe aber zu, dass „Trekking: Reise durch die Zeit“ nicht durch den abwechslungsreichen Spielablauf auffällt. Die Spannungskurve ist eher flach. Dadurch, dass ich jede Runde mein Spielertableau abräume und bei Null anfange, fühlt es sich etwas wiederholend an. Einzig das Fortsetzen einer Etappe von einem Tag auf den anderen bringt etwas Spannung ins Spiel, da ich anhand des Übersichtsblattes abschätzen kann, wie wahrscheinlich ich meine Etappe gut fortsetzen kann. Das kann natürlich dennoch schiefgehen. So wie es umgekehrt sehr unwahrscheinlich ist, dass in meine Etappe nur noch exakt eine Karte passt – und die Karte dann tatsächlich kommt. Solche Emotionen am Tisch – also sowohl die Verzweiflung über eine unsinnige Auslage als auch die Freude beim unwahrscheinlichen Auftreten einer gesuchten Karte – machen „Trekking: Reise durch die Zeit“ für mich am Ende zu einem guten Spiel.
Von der Komplexität liegt „Trekking: Reise durch die Zeit“ bei mir irgendwo zwischen Familienspiel und Einstiegskennerspieler. Die Regeln sind nicht wirklich komplex. Das Spiel ist in 10 Minuten erklärt. Dennoch ist der Zeitmechanismus etwas, was nicht jeder auf Anhieb versteht. Und auch, dass eine Etappe über mehrere Tage gehen kann, die Tableaus aber abgeräumt werden, hat anfangs für Verwirrung gesorgt. Dabei spielt sich „Trekking: Reise durch die Zeit“ bis auf die oben erwähnte Wartezeit in allen Spielerzahlen gleich gut, leider aber auch etwas solitär, da sich die Spielerinteraktion auf das Wegnehmen von Karten beschränkt – und da muss schon viel passen, dass ich jemanden etwas sinnvoll wegnehmen kann. Da ich die Auslage meiner Mitspielerinnen sehe, kann ich also, wenn nur noch ein oder zwei Karten gut passen (sowohl von der Jahreszahl als auch Zeitkosten und Ressourcen), eine wegnehmen – wenn diese überhaupt gerade in meine Etappe passt. Das kommt eher selten vor, sodass eher jeder vor sich hinpuzzelt.
Da ist es nicht so unpassend, dass dem Spiel auch ein Solomodus verpasst wurde. Vier Schwierigkeitsstufen stehen zur Verfügung, die sich hauptsächlich durch andere Tableaus unterscheiden, auf denen der Automa seine Marker sammelt. Im Gegensatz zu mir wirft er diese aber am Tagesende nicht ab, sondern sammelt sie durchgängig über die drei Tage lang. Die Entscheidung, welche Karte ich für den Automa wähle, ist einfach: Nimm die Karte mit der geringsten Jahreszahl-Distanz aus der Auslage. Nur, wenn das nicht geht, startet der Automa eine neue Etappe. Auf dem Automa-Tableau gibt es wie bei den Spieler-Tableaus auch Siegpunkte und Zeitkristalle. Als Besonderheit vernichtet der Automa aber manchmal auch Zeitkristalle von mir oder erhält Joker-Marker. Auf den höheren Schwierigkeitsstufen kann ich eine Partie sogar sofort verlieren, wenn eine Spalte komplett gefüllt ist. Ich habe bisher auf den ersten drei Schwierigkeitsstufen gespielt. Die erste Partie gewann ich trotz großer Ablenkung locker mit 89:70. Die zweite Partie auf der nächsten Stufe war da schon knapper mit 106:90, wobei ich auch viel Glück hatte mit den Karten. Und auf der dritten Stufe „Schwer“ musste ich dann den Automa mit 95:102 mal gewinnen lassen. Auf den ersten Blick skalieren die unterschiedlichen Tableaus gut in der Schwierigkeit. Dazu ist eine Partie in maximal 30 Minuten gespielt, da sich der Verwaltungsaufwand für den Automa sehr in Grenzen hält. Insofern hat mir der Solomodus sehr gut gefallen.
Trotz einiger Nachteile (vor allem das nicht vorhandene Thema) ist für mich „Trekking: Reise durch die Zeit“ aber ein sehr guter Kandidat für das „Kennerspiel des Jahres 2024“. Zu viele Dinge gefallen mir daran und werden auch Wenigspielern, die sich den Spiel-des-Jahres-Preis anschauen, sicherlich gefallen. Dazu hat es noch eine geringe Spielzeit von 45 bis 60 Minuten. So etwas lässt sich dann auch am Abend einfach mal herausholen, ohne erst um Mitternacht ins Bett fallen zu dürfen. In Summe macht „Trekking: Reise durch die Zeit“ damit für mich sehr vieles richtig. (8,0)
Brass: Birmingham (Giant Roc, 2023)
Vor circa zehn Jahren spielte ich das erste Mal „Kohle“ (jetzt „Brass: Lancashire“). Meine Meinung damals war klar: zu langatmig, zu repetitiv, hohe Downtime. Jetzt, zehn Jahre später, habe ich mehr Spiele kennengelernt und kann zumindest über „Brass: Birmingham“ etwas anderes sagen.
In „Brass: Birmingham“ versuchen wir ein Netzwerk aufzubauen, um Waren zu liefern. Hierfür bauen wir Gebäude in Städten und verbinden diese durch Wasserwege oder Zugstrecken. Die Gebäude geben uns Kohle, Eisen, Bier oder eine der drei Waren, die wir liefern wollen. Kohle und Eisen benötigen wir oft für den Bau von Gebäuden, Bier für die Lieferung von Waren. An welchem Ort wir etwas bauen können, wird über Handkarten gesteuert. Acht davon haben wir auf der Hand und spielen immer zwei davon aus. Die Karten zeigen entweder einen Gebäudetyp, den ich irgendwo in meinem Netzwerk bauen kann. Oder sie zeigen eine Stadt, in der ich die dort zur Verfügung stehenden Bauplätze nutzen kann, auch ohne ans Netzwerk angeschlossen zu sein. Unterteilt ist eine Partie in zwei Epochen. In Epoche 1 bauen wir ganz normal und bauen unser Netzwerk über die Wasserwege aus. In Epoche 2 werden alle erschlossenen Wasserwege und Stufe-1-Gebäude entfernt und wir dürfen nun noch das Schienennetz ausbauen. Gewertet wird ebenfalls zweimal: Zum einen zeigen die Gebäude Siegpunkte, wenn sie aufgebraucht sind. Zum anderen gibt es Punkte für jede Netzwerkstrecke entsprechend den benachbarten Gebäuden.
Ich war anfangs etwas skeptisch, weil es mir bereits bei der Erklärung schon fast zu viel mit Regeln wurde. Dazu kamen noch teilweise sehr kleine Symbole auf den Plättchen und eine sehr kleine Spielerhilfe. Aber im Laufe der Partie gab sich das. Die Spielerhilfe benötigte ich kaum, weil alle Aktionen so eingängig und selbsterklärend sind (einzig die Überbauen-Aktion haben wir wohl vergessen und kein einziges Mal genutzt). Und die Symbole sind ebenfalls nach einmaligem Lernen verständlich, ohne dass ich diese genau erkennen muss. Ich muss mir dabei auch gar nicht groß merken, welche Ressource ich wofür brauche, da alles schön auf dem Spielplan zu sehen ist.
„Brass: Birmingham“ hat für mich den großen Vorteil, dass es so schön schlank designt ist. Das bezieht sich auf die Regeln an sich, die Mechanismen und deren Verzahnung. Die Auswahl über die Karten ist zwar etwas zufallsbehaftet, da ich diese von einem Stapel nachziehe, aber im Normalfall habe ich immer irgendeine Möglichkeit, etwas mit meinen Handkarten sinnvoll zu tun. Die schiere Gebäudeanzahl erschlug mich anfangs zwar fast, aber im Prinzip sind diese sehr schnell verinnerlicht. Schließlich gibt es nur sechs Gebäudetypen und diese variieren in ihren Kosten und ihrer Stärke. Ein toller Kniff ist, dass ich Ressourcen entweder von den Mitspielern aus dem gleichen Netzwerk nutzen oder vom Markt kaufen kann. Dadurch entsteht eine angenehme Spieler-Interaktion. Ich möchte sogar, dass jemand mein Eisen benutzt, damit das Gebäudeplättchen umgedreht wird und ich Punkte erhalte. Auch gefallen hat mir der Bruch zur Spielmitte, bei der alle Verbindungen wieder abgeräumt werden. Wo kurz zuvor alles mit allem zusammenhing, muss ich erneut versuchen, ein gutes Netzwerk aufzubauen. Ich fand dies auch nicht wiederholend. Es war im Gegenteil ein interessantes Puzzle, wie ich alles wieder sinnvoll verbinden kann, weil ich für Schienen höhere Kosten habe.
Das Material hat mir gut gefallen, vor allem die Jetons zum Bezahlen liegen extrem gut in der Hand. Aber auch sonst fand ich alles recht hübsch. Nur mit der dunklen Spielplanseite würde ich ungern spielen wollen, da mich hier weniger gut zurechtfand. Etwas seltsam fand ich, dass uns mehrfach die Ressourcen ausgingen. Vor allem gegen Ende des Spiels, wenn auf eine Eisenhütte gleich mal sechs Eisenwürfel gelegt werden oder als jemand viele Bierbrauereien baute, mussten wir uns um Ersatz bemühen. Das ist nicht tragisch, aber ein paar mehr Holzwürfel hätten es dann doch sein dürfen.
„Brass: Birmingham“ hat mich sehr stark an „Nukleum“ erinnert, was ich Anfang des Jahres kennengelernt habe. Ich empfand „Brass: Birmingham“ aber als das einfachere und vor allem eingängigere Spiel. Es war für mich wesentlich klarer zu erkennen, wie was zusammenhängt und wie ich sinnvoll etwas erreichen kann. Allgemein fühlt sich „Brass: Birmingham“ auch etwas verzeihender an als „Nukleum“, was mir sehr gefällt. Zusätzlich gibt es in „Brass: Birmingham“ keine Kettenzüge, sodass die Wartezeit nicht extrem steigt. Aber Wartezeit gab es dennoch. Vor allem, wenn ich in einer Runde Startspieler war, ganz viel Geld ausgab und damit in der nächsten Runde letzter war, musste ich die sechs Züge meiner Mitspieler dazwischen abwarten. Im Gegensatz zu „Age of Innovation“ (siehe unten) fand ich es aber interessant, was die anderen machten, weil es meine nächste Aktion direkt hätte beeinflussen können. Mit 150 Minuten Spielzeit zu viert lag das Spiel dann noch im Rahmen eines moderaten Spieleabends.
Alles in allem hat mich „Brass: Birmingham“ sehr positiv überrascht. Wie eingangs erwähnt, kannte ich das originale „Kohle“ von vor 10 Jahren und das kam mir eher als sperrig und langweilig daher. Ich weiß nicht, ob in „Birmingham“ wirklich so viel verändert wurde, aber es ist ein Spiel, welches mir heutzutage sehr gut gefällt. (9,0)
#BrassBirmingham
Age of Innovation (Feuerland Spiele, 2023)
„Age of Innovation“ ist der geistige Nachfolger von „Terra Mystica“ von 2012. Zuvor gab es 2017 mit „Gaia Project“ bereits eine Reimplementierung im Weltall. „Age of Innovation“ behält nun das Setting, übernimmt aber einige Elemente aus dem Weltraum und fertig ist das neue Spiel.
Normalerweise schreibe ich bei Erstpartien sehr ausführlich, wie das Spiel funktioniert und wie ich einzelne Punkte wie Thema, Mechanismen oder Wartezeit empfunden habe. Bei „Age of Innovation“ spare ich mir das aus zwei Gründen: 1. Es ist exakt wie „Terra Mystica“ mit einer kleinen Erweiterung um Bücher und Erfindungen. Da ich nur eine Partie gespielt habe, konnten die gemischten Völker und Tableaus mit ihren unterschiedlichen Eigenschaften natürlich nicht zum Tragen kommen. Für mich war es also wie „Terra Mystica“.
Der zweite Grund: Das war eine der schlechtesten Spielerfahrungen, die ich seit langem hatte. Wir waren zu viert und insgesamt empfand jeder am Tisch das Spiel als langweiliges und überkomplexes Ressourcentauschen. Ich habe „Terra Mystica“ nur dreimal gespielt, wenn es hinkommt. Ich war nie Fan davon, aber es war zum Mitspielen geeignet. Ich vermute aber, dass auch „Terra Mystica“ heute bei mir durchfallen würde, wenn es sich genauso anfühlt.
In Summe haben wir drei Stunden gespielt, nach einer vorherigen 45-minütigen Erklärung. Das ist für ein Heavy-Euro-Game nicht extrem viel, aber es fühlte sich sehr zäh an. Hauptgrund für das schlechte Spielgefühl war das extrem langsame Vorankommen. Es fühlte sich nicht spannend an, wenn ich irgendwo Land umforme oder ein Haus baue. Ganz im Gegenteil hätte ich gerne schneller gespielt, aber da waren dann die drei Mitspieler im Wege. Die haben nicht mal extrem lange nachgedacht (das ist meist mein Part in der Runde), aber die einzelnen Züge zogen sich dann doch irgendwie in ihrer Ausführung. Dazu kamen zwei Runden, in denen einmal ein Mitspieler und einmal ich nach gefühlt zwei Aktionen passen mussten. Die restlichen 15 Minuten Wartezeit bis zum Rundenende konnte ich leider nicht mal durch Smalltalk überbrücken, weil ja alle noch in Gedanken und am Planen waren. Mich interessierte auch nicht, was die anderen trieben, da ich es nicht beeinflussen konnte. Der Zuruf „Du kannst Macht bekommen.“ hilft da auch nicht über das Alleinsein hinweg. „Age of Innovation“ fühlte sich in diesen Phasen solitär an, obwohl es das Spiel objektiv natürlich nicht ist.
Das Spiel schlägt bei mir in die gleiche Kerbe wie viele andere der Heavy-Euro-Games der letzten Jahre: Komplex um der Komplexität willen. Da wird da noch ein Mechanismus, da eine Ressource und da eine Leiste drangeschraubt und schon steigt vermeintlich der Spielspaß. Bei mir aber nicht mehr. Daher war „Age of Innovation“ ein totaler Reinfall, dem ich maximal noch zu zweit eine Chance geben würde – aber eigentlich auch nicht. (3,5)
Hinweis: Die Woche darauf hatte ich „Clans of Caledonia“ mit der Industria-Erweiterung gespielt (siehe oben). Auch wenn ich die Erweiterung nicht in allen Punkten mag, hat mir das Spiel – welches teilweise schon sehr nah an „Terra Mystica ohne Terraforming“ ist – gezeigt, wie es gut laufen kann. Die meisten Aktionen sind sehr schnell ausgeführt, ich bin schnell an der Reihe und eine Partie ist (ohne Erweiterung) in zwei Stunden gespielt. So mag ich das eher.
#AgeOfInnovation
Mountain Goats (OSTIA Spiele, 2022)
Als Absacker (nachdem wir zuvor noch „Trekking: Reise durch die Zeit“ einschoben) senkten wir den Anspruch und spielten eine Partie „Mountain Goats“. Das Spiel ist nicht neu, sondern kam bereits 2010 als „Level X“ bei Schmidt Spiele heraus. Damals noch mit komplett abstraktem Board, jetzt verkauft es sich mit Bergziegen vielleicht besser. Abstrakt bleibt es dennoch …
In der Tischmitte liegen fünf Kartenreihen mit Werten von 5 bis 10 aus. Bei der 5 und 6 liegen vier Karten, bei der 7 und 8 drei und bei der 9 und 10 nur noch zwei. Unterhalb jeder Reihe steht jeweils eine Ziege einer Spielerin. Wenn ich am Zug bin, würfel ich vier W6. Die Würfel kann ich nun frei gruppieren, sodass die Summe der jeweiligen Augengruppe möglichst zwischen 5 und 10 liegt. Denn genau auf den Karten steigt meine Ziege um jeweils ein Feld auf. Kommt sie ganz oben an, erhalte ich einen entsprechenden Siegpunktchip mit Werten von 5 bis 10. Stehe ich bereits oben und habe erneut diese Zahl gewählt, erhalte ich wieder einen Chip. Wenn aber eine Mitspielerin ebenfalls oben ankommt, werde ich wieder ganz nach unten befördert. Das Spiel endet, wenn drei Siegpunktstapel leer sind. Bonuspunkte gibt es, wenn man ein Set von allen Werten von 5 bis 10 hat.
„Mountain Goats“ ist wirklich sehr simpel, sodass man es auch mit jüngeren Kindern (vermutlich ab 4) spielen kann. Dennoch empfand ich es als netten Zeitvertreib für 15 Minuten, denn länger dauert eine Partie nicht. Die Entscheidung, ob ich eher den langen Weg für geringe Punkte auf mich nehme, dafür aber auch länger sicher stehe, oder den kurzen mit dem Risiko gleich vertrieben zu werden, fand ich nett. Auch bei den Bonuspunkten für ein komplettes Set gilt es abzuwägen, weil ich mich dazu eben auch breit aufstellen muss. Insofern spiele ich das gerne als Absacker wieder mit oder halt mit Kindern, wenn diese Würfelaugenaddition lernen wollen. (6,5)
#MountainGoats
Top Ten (Cocktail Games, 2021)
Eine Spiel-des-Jahres-Nominierung von 2022 kam mit „Top Ten“ auf den Partytisch. Wir spielen kooperativ und eine Person liest eine Aufgabenstellung vor, beispielsweise „Essgewohnheiten beim Date von ‚frisst wie ein Schwein‘ bis ‚edel wie eine Prinzessin‘“. Die Mitspielerinnen bekommen Zahlenkarten von 1 bis 10 zugelost, wobei manche Zahlwerte für die Runde zufällig aussortiert werden. Jetzt müssen die Mitspielerinnen reihum gemäß ihrer Zahl die Aufgabe erfüllen. Manchmal reicht es nur etwas zu sagen, des Öfteren müssen wir aber etwas darstellen. Die Aufgabenstellerin muss dann alle Interpretationen korrekt in aufsteigender Reihenfolge anordnen. Gelingt dies an einer Stelle nicht und es geht absteigend, gibt man einen Einhornchip ab. Wenn alle Chips leer sind, hat man verloren …
Zumindest in der Theorie. In der Praxis haben wir die Chips ignoriert und einfach jeden einmal Aufgabenstellerin sein lassen. Was ich definitiv sagen kann: „Top Ten“ erfordert die richtige Gruppe. Und damit meine ich nicht einzelne Menschen, die mal albern sind, sondern die gesamte Gruppe sollte sich gut kennen, um das Vorgemachte gut einordnen zu können. Gefallen hat mir auch sehr, dass ich von den anderen abhängig bin, je weiter hinten ich sitze. Wenn vor mir jemand fast wie ein Schwein frisst, aber noch zu normal daherkommt, ich aber die 2 auf der Hand habe, muss ich abwägen, wie schweinisch ich mich wirklich gebe. Diese Nachjustierung der eigenen Umsetzung fand ich klasse und so war ich auch immer involviert und gespannt, was die anderen sagen und zeigen.
Unschön war, dass es Aufgabenkarten gibt, die bei uns viele Diskussionen ausgelöst haben, weil wir sie nicht eindeutig interpretieren konnten. Eine Frage war in etwa: „Von oben kommt Lärm. Was macht der Nachbar? Von ‚Stört nicht.‘ bis ‚Ich ruf die Polizei.‘“ Uns war unklar, ob wir jetzt den Nachbarn nachmachen sollen, wie sehr er sich aufregt oder sagen sollen, welches Geräusch von oben kommt. Sicherlich kann man sich einigen, aber es bringt die Stimmung etwas runter, wenn ich in einem Partyspiel Regelauslegungen diskutieren muss. In Summe war es aber ein spaßiger Abend. (7,0)
#TopTen
Lacuna (CMYK, 2023)
„Lacuna“ ein abstraktes, schön anzusehendes Spiel für zwei Personen. Auf einem Stofftuch in der Tischmitte werden zufällig jeweils sieben Marker in sieben Farben verteilt. Beide Spielerinnen haben jeweils sechs kleine Metallpokale (einer in Silber, einer in Gold), die sie abwechselnd auf das Tuch stellen. Dabei muss ich meinen Pokal so auf das Tuch stellen, dass er auf der Linie zwischen zwei gleichfarbigen Markern liegt, wobei diese Linie nicht durch andere Marker unterbrochen sein darf. Die beiden Steine erhalte ich dann und meine Mitspielerin ist dran. Wenn alle Pokale platziert sind, wird für jeden Marker geprüft, an welchem Pokal er am nächsten liegt. Diejenige Person erhält den Marker dann. Auf die Art werden alle 49 Marker verteilt. Wer die Mehrheit einer Farbe hat (also mindestens vier Steine), gewinnt diese. Und wer die meisten Farben (also mindestens vier) gewonnen hat, gewinnt das Spiel.
„Lacuna“ sticht natürlich vor allem durch sein Material hervor. Das Tischtuch wäre nicht notwendig, sieht aber hübsch aus. Die Metallpokale liegen extrem schwer und schön in der Hand. Und auch die farbigen Marker mit leicht anderen Formen sehen hübsch aus. Daneben steckt aber auch echt einiges an taktischer Tiefe im Spiel. Es erfordert aber vor allem eine gute Abschätzung, wo die Platzierung eines Pokals sinnvoll ist, um am Spielende möglichst viele Marker in der Nähe einzuheimsen. Alternativ kann man auch versuchen, bereits im Spiel die Farbmehrheiten zu erhalten, wobei die Marker selten so gut liegen, dass dies ungestört geht.
Als kleines Zwischendurchspiel für 15 Minuten hat mir „Lacuna“ gut gefallen. Es ist aber auch nicht ein Spiel, das ich jeden Tag spielen muss. Für ab und an ist es aber sicherlich ganz nett. (7,0)
#Lacuna
Comments
Display comments as Linear | Threaded