Skip to content

Die Anarchie der Hacker

Titel

Die Anarchie der Hacker. Richard Stallman und die Freie-Software-Bewegung

Autor

Christian Imhorst

Sprache

Deutsch

Genre

Sachbuch

Herausgeber

Tectum, 2004

Seitenanzahl

89

Viele Menschen wissen nicht, dass „Freie Software“ und „Open Source“ zwei unterschiedliche Dinge beschreiben, die nur ansatzweise auf das Gleiche abzielen. Der Begriff „Freie Software“ wurde von Richard M. Stallman geprägt, der die Ansicht vertritt, dass Software allen Menschen gehören sollte. Das Buch „Die Anarchie der Hacker“ von Christian Imhorst behandelt die Entstehung der Freie-Software-Bewegung und Stallmans Einflüsse darauf.

Richard Stallman als Anarchist

Der Begriff „Anarchist“ bzw. „Anarchie“ im Allgemeinen hat heutzutage einen sehr schlechten Beigeschmack, bringt man ihn doch meist mit Chaos und Zerstörung in Verbindung. Dabei bedeutet Anarchie doch nur die Abwesenheit einer Hierarchie als Form der Unterdrückung, die die individuelle und kollektive Freiheit einschränkt. Eine Freiheit, die Richard Stallman seit den 1970er Jahren propagiert.

In der wissenschaftlichen Arbeit „Die Anarchie der Hacker“ zeigt der Autor Christian Imhorst die Beweggründe Stallmans auf, die eigentlich anfangs ganz simpel waren: Zum einen sah er sich in seiner Arbeit in Hardvard unterdrückt, weil die Rechenzeitvergabe der damals noch teuren Computer sehr ungerecht vorging. Daneben war eines der größten Ärgernisse ein simpler Xerox-Drucker, dessen Treiber Stallman nicht anpassen durfte, weil der Entwickler des Treibers ein Geheimhaltungsabkommen (Nondisclosure Agreement) mit Xerox unterschrieben hatte (S. 51 ff)). Dies veranlasste Stallman dazu, zu einem Verfechter Freier Software zu werden. Software, die allen gehört, und von keinem – bis auf einige Grundsätze – eingeschränkt werden darf.

Die GPL als Meilenstein

Ein Meilenstein im Kampf gegen proprietäre Software war die GNU General Public License (kurz GPL). Auf Basis der Hackerethik, die unter anderem Informationsfreiheit und Dezentralisation propagiert (S. 23 ff), wurde zuerst die Emacs-Lizenz (zum zugehörigen von Stallman entwickelten Editor Emacs) verfasst und danach im Jahr 1989 etwas allgemeiner die GPL (S. 57).

Die Lizenz stellte sicher, dass jeder ein GPL-lizenziertes Programm ausführen, den Quellcode des Programmes studieren und anpassen, das Programm verbreiten und Veränderungen veröffentlichen darf (S. 56).

Bill Gates, Gründer von Microsoft, war kein Freund der Hackerethik und Freier Software, denn sein Geschäftsmodell basierte gerade auf der Nutzung freier Informationen ohne diese weitergeben zu müssen. So wurde beispielsweise das erfolgreiche MS-DOS aus dem aufgekauften QDOS von Tim Patterson entwickelt, welches widerum den Code des frei zugänglichen CP/M „geklaut“ hatte (S. 44 f).

Mit der GPL war damit aber Schluss. Natürlich können Firmen GPL-lizenzierten Code immer noch verkaufen, aber sie müssen dem Käufer den Quellcode unter den gleichen Bedingungen zur Verfügung stellen, unter dem sie ihn selbst erhalten haben. Dies führte dazu, dass heutzutage weniger mit GPL-Software Geld verdient wird, sondern eher mit Zusatzmaterial und Dienstleistungen rund um die angebotene Software (S. 69). Etwas, wovon Microsoft sehr wenig hat, da ein Großteil des Geldes durch Windows-Lizenzen erzielt wird.

Frei oder frei?

Nicht jeder sah die GPL aber als Segen an, vor allem Anhänger der Berkeley Software Distribution License (BSD-Lizenz) waren über die virale Verbreitung der GPL nicht erfreut, da sie die Freiheit eines Programmierers einschränkte. Mit der BSD-Lizenz war wirklich alles erlaubt, solange man den Urheber eines Stück Codes nannte. Auch die Verarbeitung zu proprietärer Software war damit möglich. Etwas, was die GPL gerade verhindern soll. In der Freien-Software-Bewegung fanden sich somit zwei Lager, die doch beide das Gleiche wollten: Einen freien Informationsaustausch.

Dabei hat Freie Software vor allem im Englischen ein Problem: Das Wörtchen „free“ steht für „frei“, aber eben auch für „kostenlos“ (S. 50). Daher stammt auch der Ausspruch „Frei wie in Freiheit, nicht wie in Freibier“, wenn es um Freie Software geht. Aus dem Grund setzten sich 1998 einige wichtige Mitglieder der Szene zusammen, darunter Bruce Perens und Eric S. Raymond, um einen neuen Begriff zu finden, der zum einen von dem „kommunistischen“ Wörtchen „free“ wegführen, aber auch den Begriff Freier Software nicht mehr so eng fassen sollte, sodass beispielsweise auch die BSD-Lizenz davon erfasst wird. Das Ergebnis war der Begriff „Open Source“ und die Gründung der Open Source Initiative (kurz OSI) (S. 70 f.).

Die wichtigsten Punkte der Open-Source-Definition sind, dass die Software frei verteilt werden darf, der Quellcode offen liegen muss und Ableitungen erlaubt sein müssen (S. 75). Der Begriff hat sich bis heute aber nicht richtig gegenüber Freier Software durchgesetzt, da der Name „Open Source“ vor allem eben Quelloffenheit propagiert, man aber nicht direkt schließen kann, dass auch eine Veränderung des Codes erlaubt sein muss. Etwas, was sich viele Firmen zu Eigen machen, um mit dem Begriff „Open Source“ werben zu können (S. 76).

Das führt auch dazu, dass „Freie Software“ und „Open Source“ in den meisten Open-Source-Projekten synonym verwendet werden. Einzig die extremen Anhänger beider Lager bestehen auf eine Differenzierung der Begriffe (siehe auch Wikipedia).

Über das Buch

Das Buch „Die Anarchie der Hacker“ von Christian Imhorst gibt einen sehr guten Einblick in die Entstehungsgeschichte Freier Software, aber ebenso auch in Open-Source- und proprietärer Software.

Aufgrund der zeitlichen Herausgabe (Ende 2004, Anfang 2005) sind die Informationen bzw. die Schlüsse darin aber leider etwas veraltet. Sätze wie „Trotzdem war das Mozilla-Projekt nie wirklich erfolgreich, weil der Aufbau einer Entwickler-Gemeinschaft nicht wirklich funktioniert hat, was allerdings mehr an der Organisation des Projektes lag als an der Lizenz.“ (S. 71) lesen sich seltsam, wenn man bedenkt, dass der Browser Firefox des Mozilla-Projektes im Jahr 2010 einen Marktanteil von über 50% hat. Von „nicht erfolgreich“ kann also aus heutiger Sicht keine Rede sein, auch wenn es vor fünf Jahren anders aussah. Davon abgesehen treffen die meisten Aussagen, die sich auf das letzte Jahrtausend beziehen, dennoch zu.

Richard Stallmans Einfluss ist zwar der Aufhänger des Textes, dennoch nimmt er nicht den Großteil des Buches für sich in Anspruch. Imhorst wechselt immer wieder auch auf andere Bereiche und wichtige Persönlichkeiten der damaligen Geschichte. Das Buch ist also keine Biographie von Richard Stallman, sondern sieht eher die Freie-Software-Bewegung im Vordergrund.

Sprachlich ist der Text sehr gut und selten langweilig, obwohl er mit zahlreichen Zitaten und Fußnoten gespickt ist. Da es einer Erstauflage ist, enthält das Buch noch kleinere Rechtschreibfehler, die aber wirklich nur sehr selten zu finden und damit zu verschmerzen sind.

Wer Interesse an der Person Stallman und vor allem an Freier Software gefunden hat, sollte sich „Die Anarchie der Hacker“ unbedingt durchlesen.

Ganze im Sinne Freier Software

Und so, wie Richard Stallman es propagiert, kann das Buch nicht nur bei diversen Buchhändlern für 19,90 Euro bezogen werden, nein, seit dem 1. Mai 2010 ist es auch in digitaler Form kostenlos unter der Creative-Commons-Attribution-NonCommercial-ShareAlike-Lizenz auf der Seite des Autors Christian Imhorst verfügbar. Der Tectum Verlag hält nur noch die Rechte an der (kommerziellen) Verwertung der Druckausgabe in Deutschland.

„Die Anarchie der Hacker“ kann direkt als HTML angeschaut oder im mobilen PDF- oder EPUB-Format herunterladen werden. Die CC-Lizenz erlaubt die Veröffentlichung des Buches (oder Ausschnitten) sowie Veränderungen davon, solange der Autor weiterhin genannt und das Werk nicht kommerziell vertrieben wird.

Wer nach dieser Rezension also Interesse daran gefunden hat, wie die Freie-Software-Bewegung entstanden ist und was Richard Stallman damit zu tun hatte, kann sich das Buch in digitaler Form sofort besorgen.

Hinweis: Vielen Dank an den Tectum Verlag für die Bereitstellung eines gedruckten Rezensionsexemplares.

Winterstrike

Titel

Winterstrike

Autor

Liz Williams

Sprache

Englisch

Genre

Sci-Fi

Herausgeber

Tor, 2008

Seitenanzahl

358

In ferner, ferner Zukunft hat sich Einiges geändert: Die Erde ist mit Wasser überflutet und es gibt nur noch wenige Landflecken. Über einige Teile des Planeten herrscht die Königin der Tausendfüßler (Centipede Queen). Dafür ist der Mars bereits seit einigen tausend Jahren besiedelt. Die Gesellschaft hat sich von einer patriarchalischen in eine matriarchalische geändert, sodass es Männer nur noch in Spukgeschichten für kleine Kinder gibt. Einzige einige Genexperimente in der Wildnis zeugen davon, dass es einmal männliche Menschen gab. Kinder werden nicht mehr geboren, sondern erzeugt.

Auf dem Mars streiten sich die beiden Städte Winterstrike und Caud um ein kleines Stück Land und stehen kurz vor einem Krieg. Um einen Trumpf in der Hand halten zu können, soll die Spionin Hestia Mar in Cauds Bibliothek nach den Dokumenten zu einer alten Waffe suchen und diese nach Winterstrike bringen. In Winterstrike gibt es dagegen andere Probleme. Hestias Cousine Leretui Harn lebt seit einem Jahr eingesperrt in einem Zimmer, nachdem sie sich für kurze Zeit mit einer männliche Bestie eingelassen hat. Abgeschnitten von der Welt und ihrem Leben – weswegen sie nur noch Shorn genannt wird (Shorn stammt vom englischen Verb „to shear“ ab und heißt soviel wie „abgeschnitten“ oder „abgerissen“) – schafft sie es dennoch ein Jahr später aus ihrem Zimmer zu fliehen. Ihre große Schwester Essegui wird von ihrer herrschsüchtigen Mutter beauftragt, Shorn in der kalten Wildnis zu suchen und zurück zu bringen.

Williams' Bücher haben mir ja bereits bei Darkland und Bloodmind sehr gefallen, auch wenn sie sprachlich fordernd waren. Liz Williams zeigt in „Winterstrike“ eine ganz andere Zukunft als ich sie bisher in Sci-Fi-Filmen oder -Büchern gefunden habe. Die Menschen haben sich sehr weiterentwickelt, vor allem aber die Nachfahren der männlichen Menschen („men-remnants“, also Männer-Rest) haben kaum noch Menschenähnliches an sich und erinnern eher an wilde Tiere. Auch die Ausrüstung und die Waffen der Marsianer hat sich verändert. Inzwischen werden Kämpferinnen („excissiere“ genannt) mit Haunt-Tech-Rüstungen ausgestattet. Die Kleidung ist mit den Geistern Verstorbener belegt und verbindet sich mit dem Träger, um dessen Fähigkeiten zu erweitern.

Sprachlich ist wieder das Problem, das Williams viele neue Begriffe einführt bzw. sich ausdenkt, die es so nicht gibt und man von der eigentlichen Beschreibung verstehen muss, was mit vulpen, geise, demothea oder eben excissiere gemeint ist. Wer sich darauf aber einlässt, den erwartet ein sehr schönes Sci-Fi-Abenteuer, was auch zu einem Teil auf der Erde spielt.

Extrem gemein ist, dass das Ende wieder offen gelassen wurde. Der Hauptstrang (das Verschwinden von Shorn) wird zwar zu Ende gesponnen, aber man lernt im Buch, dass nicht jeder auf der Seite steht, auf der er vorgibt zu stehen. Verrat ist an der Tagesordnung und man weiß nicht, wem man trauen kann. Aus dem Grund gibt es eine Entdeckung am Ende des Buches, die aber nicht verraten, sondern nur angedeutet wird. Dadurch kann sich Liz Williams bei mir aber zumindest sicher sein, dass der Nachfolgetitel auf alle Fälle gekauft wird. :)