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Cookie Champion (Prototyp-Testing)

Nachdem ich kürzlich erst Schokolade in „Chocolate Factory“ ausliefern durfte, ging es mit den Süßspeisen weiter. Kekse wollten gebacken und bewertet werden. Autor Stefan Malz hat mir auf Tabletopia seinen Prototypen zu „Cookie Champion“, den er mit Louis Malz (zusammen als Malz Spiele unterwegs) erstellt hat, gezeigt und wir haben zu zweit eine Partie gespielt. Vielen Dank an dieser Stelle noch einmal an den Autor Ich fand es interessant, währenddessen und im Anschluss noch ein paar Fragen zu den Designentscheidungen stellen zu können. Vorab aber noch einmal der Hinweis: Es handelt sich um einen Prototyp! Es kann und wird sich sicherlich noch einiges im Spielablauf und vielleicht auch am Spielgefühl ändern.

In „Cookie Champion“ nehmen wir an einem Keks-Backwettbewerb teil und versuchen vier Runden lang, Kekse zu backen, zu garnieren und auf die Tische vor die Nasen der Juroren zu bringen. Dabei zählt Masse, aber auch Klasse. Jede Runde läuft gleich ab. In der Vorbereitungsphase wähle ich zuerst aus meinem verfügbaren Personal-Deck vier Karten aus, mit denen ich starten möchte. Danach werden der ersten und letzten Spielerin jeweils ein Backblech mit neuem Personal angeboten. Hier suchen sich die beiden Spielerinnen eine Karte aus und geben den Rest nach links weiter. Dies geht so weiter, bis jeder zwei neue Karten gewählt hat. Das restliche, nicht gewählte Personal (dies sind immer vier Karten) landet auf dem Spielbrett und kann später als Aktion angeworben werden. Von den nun sechs Personalkarten auf meiner Hand entferne ich eine komplett aus dem Spiel und der Rest ist dann mein Personal, mit dem ich den Tag bestreite. Reihum spielt nun jeder eine Handkarte und führt damit eine Aktion aus. Hierzu gehört das Nehmen von neuen Rezepten, der Kauf von Zutaten und Waren, das Backen oder Garnieren der Kekse, das Ausliefern an die Tische, der Verkauf ans Publikum, das Einstellen und Entlassen von Personal und zum Schluss das Einschmeicheln bei den Juroren und den Vorsitzenden. Beim Ausspielen der Karten sind zwei Dinge zu beachten: Zum einen gibt es beim Personal Meister und Aushilfen und beide können nicht jede Aktion ausführen. Nur ein Meister kann neues Personal einstellen oder Kekse kunstvoll garnieren. Dafür ist sich ein Meister zu schade, um auf dem Markt Zutaten oder Waren einzukaufen, das kann nur die Aushilfe. Zum anderen enthält jede Karte noch eine Nebenaktion, die ich nach der Hauptaktion ausführen darf. Damit kann ich dann beispielsweise weitere Zutaten nehmen oder erneut backen. Am Ende einer Runde erhalte ich Einkommen, abhängig von gebackenen Keksen mit Garnierung. Nach vier Runden folgt die Endwertung. Für jeden der fünf Tische auf dem Spielplan wird geschaut, wer die meisten Kekse dorthin geliefert hat. Dies gibt entsprechend Punkte. Dazu gibt es noch Punkte für die Vorsitzenden und Juroren sowie für die gelieferten Kekse selbst.

Das Thema von „Cookie Champion“ sagt mir natürlich zu. Schokokekse gehen immer. Die Umsetzung passt entsprechend bei den Aktionen auch. Ich muss zuerst Mehl, Zucker und Butter einkaufen. Auf dem Markt erhalte ich die weiteren Zutaten Eier, Schokolade, Nüsse sowie die Garnierungen Streusel, Zuckerguss und Marmelade. Wieso es die Zutaten und Garnierungen nur im Pack gibt und ich die Zutaten beim Backen nicht aufteilen kann (Wenn ein Zutatenplättchen Eier und Nüsse gibt, kann ich dieses nicht für zwei Rezepte einlösen.) oder wieso Waren und Zutaten das kosten, was sie kosten (die erste Einheit Mehl ist kostenlos), darüber denke ich nur kurz nach. Danach geht es weiter: Bis zu zwei Rezepte nehmen (Wieso muss ich auch die kaufen?), Kekse nach bis zu zwei Rezepten backen und diese danach garnieren. Die Garnitur ist wichtig bei der Auslieferung, weil ich darüber noch einen Bonus erhalten kann. Zusätzlich haben einzelne Plätze auf den Tischen Boni abgedruckt, die ich erhalte, wenn ich meine Kekse dorthin stelle. Und so finde ich dort auch mal ein Sack Mehl, ein Stück Butter oder es liegt einfach so Geld herum. Thematisch etwas ungewöhnlich ist, dass ich mit vier Personen auf einen Backwettbewerb gehe und mir dort erst das restliche Personal anheuere. Aber eigentlich heure ich nicht an, ich backe es mir, schließlich kommt es am Anfang der Runde auf einem Backblech daher. Die „Platzierung der Juroren“, wie es in der Anleitung heißt, ist offen gesagt eine reine Bestechung. Hier tausche ich einfach Geld gegen Siegpunkte. Und ich weiß auch nicht, woher ich ein tägliches Einkommen (vor allem durch Garnituren) auf einem Backwettbewerb bekommen kann. In Summe finde ich, dass der Rahmen und die Aktionen sehr thematisch umgesetzt wurden. In den Details hat die Spielmechanik aber Vorrang.

Und die Mechanismen funktionieren sehr gut. Besonders gefallen hat mir die Erweiterung meines Personals, auch wenn die Vorbereitungsphase etwas umständlich wirkt. Zuerst muss ich aus meinem Gesamtdeck vier Karten auswählen und diese beiseitelegen. Dann erhalte ich nacheinander zwei weitere Kartendecks und wähle daraus noch je eine Karte. Und von den sechs Karten werfe ich dann eine wieder ab, die aus dem Spiel kommt. Während einer Runde funktioniert das Anwerben aber anders: Neues Personal kommt direkt auf die Hand und kann in der gleichen Runde noch als Aktion eingesetzt werden. Je mehr ich anwerbe, desto mehr Aktionen (oder genauer Bonusaktionen, denn das Anwerben selbst ist auch eine Aktion und ersetzt sich nur selbst) kann ich ausführen und das lohnt sich oft. Dazu kommt noch, dass nicht jede Person alle Aktionen ausführen kann. Auf die Art brauche ich zwingend Aushilfen und Meister (oder das passende Personal mit Bonusaktionen), damit ich die volle Bandbreite an notwendigen Aktionen abdecken kann. Bei der Garnierung fand ich etwas schade, dass diese hauptsächlich nur für mehr Einkommen dient. Es gibt zwar manchmal Boni, wenn ich Kekse mit einer bestimmten Garnitur ausliefere, aber es fühlte sich nicht so gewichtig an, dass ich das ständig genutzt hätte. Die Mehrheitenwertung funktioniert, wobei ich nicht abschätzen kann, ob Masse gegen Klasse wirklich bestehen kann. Rein rechnerisch sollte es in etwa hinkommen, dass ich mit mehreren, dafür aber preiswerteren Keksen (benötigen weniger und weniger gute Zutaten, bringen auch weniger Punkte) gegen wenige, dafür aufwändigere Kekse (mit mehr Siegpunkten) bestehen kann. Ich bin deswegen unsicher, weil ich für mehr Kekse auch mehr Back- und Auslieferaktionen durchführen muss. Und das kommt mir irgendwie nicht realistisch vor, dass ich das schaffe. In unserer Partie zu zweit haben wir zumindest gleich viele Kekse gebacken, obwohl ich eher höherwertige Kekse auf den Teller gezaubert habe. Am Ende hatte ich auf den meisten Tischen dann auch noch die Mehrheit geliefert. Der Verkauf von Keksen an das Publikum gegen Geld hatte irgendwie weniger Einfluss als erwartet. Ich habe dies genau einmal gemacht (und deswegen einen Keks weniger auf den Tischen), was mir genug Geld brachte, um einen Vorsitzenden zu bestechen. Ansonsten gab es vor allem durch die Garnituren genügend Einkommen jede Runde, sodass ich meistens alle Aktionen ausführen konnte, die ich wollte.

Cookie Champion – Spielertableau (Tabletopia)
Cookie Champion – Spielertableau (Tabletopia)

Der Einstieg in das Spiel fiel mir eher leicht, wobei ich natürlich Spiele mit Deckbau, Karten-Drafting, Aktionswahl und Mehrheitenwertung schon oft gespielt habe. Auch wenn neun (eigentlich sind es elf) mögliche Aktionen viel klingt, hatte ich diese schnell verinnerlicht. Die thematische Integration machte es mir leicht, die groben Abläufe zu verstehen. In den Details musste ich aber schon aufpassen. Welche Waren und Zutaten habe ich? Welche Zutaten liegen aus? Welche Rezepte lohnt es sich daraufhin zu nehmen? Wenn ich einkaufe, wie viel brauche ich unbedingt? Aber ich will auch nicht unnötig Waren herumliegen haben. Und die Bonusaktionen der Handkarten haben auch noch einen Einfluss auf diese Entscheidungen. Es spielt hier also eine Menge zusammen, was ich beachten muss. Für mich machte das aber natürlich den Reiz des Spiels aus. Es war sehr befriedigend, wenn ich gerade noch so die richtigen Waren und Zutaten hatte, um das letzte Rezept zu backen. Natürlich gehört auch ein bisschen Glück dazu, welche Rezepte oder Zutatenplättchen nachgezogen werden. So ist das Spiel nicht komplett berechenbar, was ich gut finde. Da ich zu Rundenbeginn einen Teil meines Personals aktiv aus meinem Deck auswähle, gibt es im Gegensatz zu anderen Deckbau-Spielen zumindest dabei keinen Glücksanteil.

Varianz gibt es auf dem Spielfeld viel. Das Startpersonal ist immer gleich, aber alle Personalkarten danach werden zufällig auf eine bestimmte Art und Weise gezogen. Die Auslage von Rezepten und Zutaten wird jede Runde zufällig aufgefüllt. Die Boni pro Tisch werden am Anfang einer Partie zufällig auslegt, ebenso wie ein Prämienplättchen. Da ich nur eine Partie gespielt habe, kann ich es nicht mit Sicherheit sagen, aber ich vermute, dass sich die Partien trotzdem sehr ähnlich anfühlen. Den größten Unterschied macht vermutlich das Personal aus, das ins Spiel kommt. Mir selbst wäre das egal, da ich Spiele fast immer nur einmal pro Jahr auf den Tisch bekomme. Da benötige ich kaum Varianz. Im Gegenteil finde ich zu viel Varianz sogar hinderlich, wenn sich dadurch der Spielaufbau verlängert. Über die eine Partie zu zweit hinweg ergab sich nur ein sehr kleiner Spannungsbogen. Grund ist, dass ich in Runde 1 das Gleiche mache wie in Runde 4: Personal wählen, zwei Rezepte nehmen, Waren und Zutaten kaufen, zwei Keksteller backen, optional noch garnieren und dann beide Keksteller ausliefern. Am Ende einer Runde sah unser Spielertableau oft wie am Anfang aus: Leer. Keine Rezepte auf Halde, keine fertigen Kekse zum Ausliefern, die Waren meist alle verbraucht. Da ich pro Aktion nur zwei Rezepte nehmen, zwei Rezepte backen und zwei Keksteller liefern kann, ergibt es sich irgendwie automatisch, dass wir nach diesem Schema gespielt haben. Die einzige Abwechslung brachte das Personal, welches aufgrund des vorbereiteten Nachziehstapels von Runde zu Runde etwas bessere Bonusaktionen mitbringt. In Summe habe ich mich dennoch die etwa 100 Minuten gut unterhalten gefühlt.

Die Spielzeit könnte für mich vielleicht das größte Problem sein. Es war zwar die Erstpartie für mich und wir spielten auf Tabletopia, wo sehr oft etwas nicht so will, wie man selbst. Aber viel schneller als circa 90 Minuten zu zweit würde ich vermutlich nicht spielen können. Und aus den Erfahrungen aus meinen Spielrunden („Barrage“ in 120 Minuten funktioniert niemals, selbst zu zweit nicht) würde „Cookie Champion“ mit fünf Spielerinnen, für die das Spiel ausgelegt ist, vermutlich die 200-Minuten-Marke reißen. Und das trägt das Spielprinzip bei mir nicht, weil es einfach zu gleichförmig abläuft. Die Downtime fand ich zu zweit noch angenehm, da die Züge doch recht schnell vonstattengehen. Und wenn es bei meinem Mitspieler ein klein wenig länger dauerte, konnte ich über meine eigenen Aktionen nachdenken. Zu fünft stelle ich mir die Wartezeit aber sehr groß vor, da es auch kaum Interaktion gibt. Ich kann natürlich Personal am Anfang der Runde oder währenddessen wählen und versuchen, Rezepte, Zutaten oder Bonifelder wegzunehmen. Am Ende wird es aber eher darauf hinauslaufen, dass ich die für mich beste Aktion in der jeweiligen Situation wähle. Und damit beschränkt sich die Interaktion auf die Mehrheiten auf den fünf Tischen, die aber ebenfalls eher indirekt ist. Und so interessierte es mich in der Partie auch nur ganz wenig, was mein Mitspieler in seinem Zug machte.

Da es sich um einen Prototyp handelt, kann ich nichts zu Grafik, Illustration und Symbolik sagen. Zumindest für die eine Partie fand ich die Grafik sehr übersichtlich und die Symbolik eindeutig. Nur wann ich als Bonus ein Zutatenplättchen vom Markt oder aus dem Sack nehmen darf, habe ich mehrmals durcheinander gebracht. Durch die Online-Umsetzung auf Tabletopia fällt damit auch eine Aussage zur Komponentenqualität weg. Toll wäre es natürlich, wenn in der finalen Version die Rezepte real existierende Kekssorten bezeichnen würden, so wie ich in „Kitchen Rush“ auch das Gefühl habe, einen Burger oder Spaghetti Carbonara zu kochen.

Cookie Champion – Spielplan (Tabletopia)
Cookie Champion – Spielplan (Tabletopia)

Wer sich seit circa 2014 im Brettspielbereich informiert, wird bei der Erklärung des Spielprinzips und der Mechanismen oben sicherlich hellhörig geworden sein. Gab es da nicht mal ein Spiel mit Arbeitern als Deckbau und Meistern, Gesellen und Lehrlingen, die nicht die gleichen Aktionen durchführen können? Ja, gab es und das Spiel heißt „Rokoko“, welches 2020 in einer Deluxe-Version veröffentlicht wurde. Statt Keksen stellen wir Kleider her und liefern diese zu Hofe. Die Schnittmuster holen wir aus einer Auslage, die dreifarbigen, passenden Stoffe sowie die Zutaten Garn und Spitze gibt es auf dem Markt. Anstelle der Juroren gibt es die Musiker und am Ende gibt es in den fünf Räumen eine Mehrheitenwertung. In meinen Augen tauchen auch Teile der Schmuckkästchen-Erweiterung in „Cookie Champion“ wieder auf (beispielsweise die Garnituren, die für Einkommen sorgen). Die Ähnlichkeiten sind für mich so groß, dass ich bei „Cookie Champion“ eigentlich schon ein „Reimplements: Rococo“ auf BoardGameGeek erwarten würde. Wer jetzt von dreister Kopie sprechen will, muss sich aber noch etwas genauer informieren. Denn „Rokoko“ wurde von niemanden anderem als Stefan Malz und Louis Malz zusammen mit Matthias Cramer designt. Insofern hat das Autorenduo seine eigenen Ideen nur aufgegriffen und verfeinert. Denn das ist es auch: „Cookie Champion“ ist kein „Rokoko“ mit anderem Thema, sondern die Neuimplementierung eines existierenden Spiels mitsamt mechanischer Anpassungen.

Dennoch: „Rokoko“ steht bereits in meinen Schrank und „Cookie Champion“ ist mir zum aktuellen Entwicklungszeitpunkt zu ähnlich, sodass ich definitiv nicht beide Spiele besitzen will. „Rokoko“ hebt sich durch das Thema Schneiderei sehr von anderen Spielen ab. Spiele mit Keksen, Süßigkeiten und Schokolade gibt es dagegen schon mehrere, zuletzt das sehr gut „Chocolate Factory“. Daneben fand ich die bisherigen Abläufe in „Cookie Champion“ etwas zu gleichförmig und ich möchte das Spiel aufgrund meiner geschätzten Spielzeit gar nicht zu fünft auf den Tisch bringen.

Aber noch einmal: Es handelt sich um einen Prototyp! Es kann und wird sich sicherlich noch einiges im Spielablauf und vielleicht auch am Spielgefühl ändern. Und ich schaue gerne in einigen Monaten noch einmal auf den aktuellen Entwicklungsstand des Spiels. (ohne Wertung, da Prototyp)

#CookieChampion

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