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Bericht von der SPIEL.digital 2021 (und AwSHUX'21) – Teil 2

Und nun der zweite Teil …

Termite Towers (Bright Eye Games, 2021)

Insektenspiele interessieren mich grundsätzlich sehr. An „Myrmes“ ist bisher noch kein anderes Insektenspiel herangekommen, auch wenn „Honey Buzz“ (siehe oben) sicherlich nicht schlecht ist. Aus dem Grund habe ich mir auf Tabletopia die Solo-Variante von „Termite Towers“ angesehen.

In „Termite Towers“ steuert jede Spielerin ihr Termitenvolk und versucht durch den Einsatz von Termitenarbeitern und -soldaten (in Form von Würfeln) als erste eine Mauer (in Form eines Tetris-Puzzles) zu bauen. Am Anfang einer Runde würfelt jede Spielerin ihre Würfel. Danach werden diese reihum auf die sieben verschiedenen Aktionsfelder eingesetzt und dann die Aktionen der Reihe nach ausgeführt. Die Aktionen sind eigentlich recht einfach: Ein Ei nehmen. Aus einem Ei (aus einer früheren Runde) einen neuen Arbeiter (Würfel) schlüpfen lassen. Eine Blaupause für die Mauer nehmen, die ein Polyomino (Tetris-Block) zeigt. Oder die eigene Mauer anhand einer Blaupause bauen. Für die Mauer kann ich mir noch verschiedenfarbige Holzwürfel nehmen, die ich aber erst durch weiteres Graben finden muss. Für die Ressourcengewinnung gibt es eine Mehrheitenwertung, die bestimmt, wie viele Ressourcen ich erhalte.

Thematisch gefällt mir das Spiel ganz gut. Es gibt Termitenarbeiter und -soldaten, auch wenn sich die Soldaten nur bei den Mehrheiten auswirken. Ich kann neue Arbeiter erhalten. Ich muss mir Holz besorgen, um meine Mauer zu bauen. Einzig die Blaupausen wirken aufgesetzt, schließlich bauen Termiten nicht nach Vorlage und auch nicht mit tetrisartigen Formen. Die Mechanik wurde dagegen von „Waggle Dance“ (was auch nur eine Neuauflage von 2014 ist) übernommen, war aber auch dort nicht neu. Sowohl Würfeleinsetzspiele gibt es schon einige auf dem Markt und auch das „Erst einsetzen, dann auflösen“ ist keine neue Erfindung. Dazu kommt noch das genannten Puzzlen der Mauer mit Polyominos und die Mehrheitenwertung bei den Ressourcen, was es beides schon in diversen Spielen gab. In Summe scheint die Verzahnung dieser Mechanismen gut zu funktionieren …

Ich kann aber leider nur „vermutlich“ sagen! Ich habe es auf Tabletopia nicht geschafft, mehr als eine Runde (von sechs bis acht Runden) zu spielen. Hierfür gibt es drei Gründe: 1. Die Online-Umsetzung ist teils schwierig und aufwändig in der Handhabung. 2. Der Solo-Automa ist ebenfalls aufwändig in der Handhabung, vor allem online. 3. Es gibt einige Designentscheidungen, die auch das reale Spiel treffen würden, und den Einstieg erschweren. Vor allem in Hinblick auf den Solo-Automa.

Am umständlichsten fand ich den Spielaufbau von „Termite Towers“. Das Spiel hat kein Spielbrett, auf dem die sieben Aktionen dargestellt sind. Es gibt stattdessen Aktionskarten A-G, die in einer langen Reihe untereinander ausgelegt werden. Aktion D besteht dabei aus sechs Einzelkarten, die im Kreis in der Tischmitte angeordnet werden. Das fand ich – vor allem online auf Tabletopia – sehr unübersichtlich. Ich musste sehr viel scrollen, ziehen und zoomen, um an die richtigen Stellen zu kommen. Im Design ist das Problem, dass die Aktionskarten leider nicht mit Buchstaben bedruckt sind und auch vom Bild her nicht so eindeutig aussehen. So musste ich bei einer Referenz auf Aktion F zum einen den Anfang (also A) finden und von dort abzählen. Das ist bei dem Spiel gegen den Solo-Automa leider bei jeder Aktion notwendig.

Der Solo-Automat („Autermites“ genannt) simuliert ziemlich gut einen echten Mitspieler. Das gibt es aber nicht kostenlos, sondern nur gegen viel Aufwand. Für jede Aktion, die der Automa ausführt, ziehe ich eine Automa-Karte. Auf der ist symbolisch beschrieben, welche und wie viele Würfel ich nehme und für welche Aktionen ich sie einsetze. „Aktionen“ in Mehrzahl deshalb, weil, wenn eine Aktion nicht möglich ist (was an bestimmte Bedingungen gekoppelt ist), werden der Reihe nach andere Aktionen geprüft. Diese Entscheidungslogik ist sehr ausgeklügelt, aber komplizierter als mein eigener Zug. Für ambitionierte Solo-Spielerinnen ist das sicherlich etwas. Ich fand es zu aufwändig und umständlich. Der „Autermites“ erleidet bei mir damit das gleiche Schicksal wie schon der Automa in „Barrage“, den ich nach anderthalb Runden mit einem (versehentlichen) Tableflip abgebrochen habe.

Der dritte problematische Punkt ist für mich die Symbolik, die ich nicht auf Anhieb erfassen konnte. Ich musste bis zum Ende meiner Testrunde immer noch in der Anleitung nachschauen, welche Aktionskarte eigentlich was genau macht, da dies nicht aus der Karte selbst für mich hervorging. Ebenso hatte ich Probleme, die Arbeiter- von den Soldatenwürfeln zu unterscheiden. Die Soldatenwürfel sind minimal größer, zählen bei der Mehrheitenwertung für die Ressourcen aber doppelt. Leider habe ich das oft nicht erkannt. Der Größenunterschied fiel eigentlich nur auf, wenn ich sehr nah herangezoomt habe und einen normalen Arbeiterwürfel zum Vergleich daneben lag. Die Anleitung hat dann an einigen Stellen auch noch Fragen offen gelassen. Ob ich die Mauern wie bei Tetris zwingend von unten nach oben auffüllen muss oder auch zwischendrin auffüllen darf, ist mir nicht klar. Auch das eigene Spielbrett wird nicht erklärt und ich musste mir dieses durch die verschiedenen Aktionen erst erschließen. Und wie der Autermite gräbt, um an neue Ressourcen zu kommen, habe ich auch nicht verstanden.

In Summe haben diese Probleme dazu geführt, dass ich nach etwa 45 Minuten in der ersten Runde aufgehört habe zu spielen. Die restlichen fünf bis sieben Runden wären vermutlich schneller gegangen, aber ich hatte wenig Lust darauf. Mich würde „Termite Towers“ in real wirklich sehr interessieren, online würde ich eher Abstand davon nehmen. (ohne Wertung)

Termite Towers (Online auf Tabletopia)
Termite Towers (Online auf Tabletopia)

#TermiteTowers

Pachamama (Sit Down!, 2022)

„Pachamama“ hat mich aufgrund des Spielecovers interessiert. Es suggerierte Abenteuer und Berge und eine fremde Kultur. In „Pachamama“ mimen die Spieler Anden-Völker, welche die umliegende Gegend erforschen und im Einklang mit der Natur auf Diversität achten. Das Thema ist aber zweitrangig, hauptsächlich handelt es sich um ein abstraktes Deduktions- und Knobelspiel.

Das Spielbrett umfasst (im kurzen Spiel) 25 Felder, von denen anfangs fünf mit einer Landschaft (Berg, Tal, Wald und Wüste) und einer Pflanzenart (Süßkartoffel, Coca, Chili, Mais und Quinoa mit den Wertigkeiten 1 bis 5) belegt sind. In meinem Zug setze ich einen Arbeiter am Rand des Spielfeldes ein und bewege diesen oder bewege einen bereits auf dem Spielfeld befindlichen. Die Bewegung ist dabei nur horizontal und vertikal erlaubt, dafür beliebig weit. Die Bewegungsrichtung darf ich ändern, sobald ich auf ein Feld mit einem meiner Arbeiter oder auf ein bereits erkundetes Feld mit Landschaft und Pflanze stoße. Wenn ich den Arbeiter auf ein leeres Feld oder eines ohne Pflanze bewege, endet meine Bewegung. Wenn das Feld ganz leer ist, wird durch einen besonderen Mechanismus aufgedeckt, um welche Landschaft es sich handelt. Hierfür wandere ich auf der zu der Landschaft gehörigen Leiste nach oben und erhalte Punkte. Alternativ zur Bewegung kann ich für alle meine Arbeiter, die auf einem Landschaftsfeld ohne Pflanze stehen, raten, welche Pflanzenart dort wächst. Liege ich richtig, erhalte ich Punkte und einen Würfel in der entsprechenden Pflanzenfarbe. Falls nicht, verliere ich Punkte. Sollte ich richtig geraten haben, darf ich zusätzlich unterschiedlich farbige Würfel abgeben, um weitere Siegpunkte zu erhalten.

Als ich die Anleitung bis hierhin gelesen hatte, dachte ich, es handelt sich um ein reines Ratespiel. Das ist aber nicht der Fall, da ich deduzieren kann, welche Pflanzenart wo wächst. Das Spielfeld und damit auch die Landschaft und Pflanzen sind jede Partie nach einem festen Schema aufgebaut. Gleiche Landschaftsfelder hängen orthogonal zusammen und bestehen aus einem Block von eins bis fünf Feldern. Zusätzlich befinden sich auf den Landschaftsfeldern eines Blocks immer unterschiedliche Pflanzenarten, beginnend bei der niedrigsten (Süßkartoffel mit Wert 1). Das heißt, eine Berglandschaft aus drei Plättchen hat auf alle Fälle eine Pflanzenart von Wertigkeit 1, 2 und 3 auf den Feldern. Die letzte Bedingung ist, dass niemals zwei gleiche Pflanzenarten nebeneinander liegen, auch nicht diagonal. Wenn also zu einem Feld benachbart eine Pflanzenart mit Wertigkeit 1, 3 und 5 liegt, weiß ich, dass es nur eine 2 oder 4 sein kann. Wenn ich dazu noch sehe, dass die Landschaft nur aus zwei Plättchen besteht, muss es die Pflanzenart mit Wertigkeit 2 sein.

Das Ganze klingt ein bisschen wie eine Mischung aus „Sudoku“ und „Minesweeper“. Zuerst muss ich herausfinden, welche Landschaft sich wie weit erstreckt und aus wie vielen Plättchen sie besteht. Danach muss ich aus den bereits offen liegenden Pflanzen deduzieren, was auf den Landschaftsplättchen wächst. Und das geht mehr oder weniger gut. Da das Spielfeld fest aufgebaut wird (es gibt 20 Szenarien mit 10x25 und 10x45 Feldern, sodass man den Aufbau nicht auswendig lernt), gibt es immer eine eindeutige Lösung. Ich nehme sogar an, dass der Startaufbau mit offenliegenden Landschaften und Pflanzen so gewählt ist, dass die Spielerinnen sich die Lösung eindeutig Stück für Stück erarbeiten können. Mir ist das aber leider nicht gelungen.

Ich habe zwei Partien gegen den sehr einfach handhabbaren Solo-Automa gespielt. Dieser bewegt seine Spielfiguren auf eine zufällige, aber doch sinnvolle Art und Weise und setzt mich auf die Art unter Druck, da er die Pflanzenart immer richtig rät und entsprechend Punkte bekommt. Die erste Partie habe ich mit 64:41 Punkten verloren, da ich einmal falsch deduziert habe. Die zweite Partie spielte ich mit „offenen Karten“. Sprich, ich wusste, auf welchem Feld welche Landschaft liegt und welche Pflanze wächst, sodass ich immer richtig geraten habe. Und dennoch habe ich 64:57 verloren. Um zu gewinnen, reicht es also nicht, immer nur richtig zu deduzieren. Vermutlich muss ich auch noch die richtigen Landschaftstypen und die hochwertigen Pflanzenarten wählen. Und vermutlich muss die zufällige Bewegung der Bot-Arbeiter diesem nur die niedrigwertigen Pflanzen zulosen. Da ich im normalen Spiel ohne offene Information spiele, sehe ich nicht, wie ich gegen den Automa gewinnen kann.

Eine Besonderheit des Spiels ist noch das Pachamama-Rad. In dieses wird eines der 20 Szenarioscheiben gelegt. Durch das Einstellen der zwei Koordinaten eines Feldes verrät die Scheibe, welche Landschaft beziehungsweise welche Pflanzenart auf dem eingestellten Feld liegen. Ich finde die Lösung erst einmal ganz clever, um ein vordefiniertes Spielfeld zu haben, welches die Spielerinnen aber nicht sehen können. Wie sich die Handhabung des Rades in der Realität anfühlt, kann ich aber nicht sagen. Auf Tabletopia konnte das Rad nicht umgesetzt werden, sondern es gibt ein identisches, kleineres Spielfeld, auf dem alle Felder abgedeckt sind. Wenn ich eine Landschaft entdecke, decke ich das Plättchen auf dem entsprechenden Feld auf und es verrät mir die Landschaft. Und wenn ich die Pflanzenart deduziere, entferne ich das Plättchen komplett und die Pflanze kommt zum Vorschein. Das funktionierte in meiner Solo-Partie sehr gut.

Abgesehen davon, dass ich nicht weiß, wie ich den Automa in „Pachamama“ schlagen kann, hat mir das Spiel ganz gut gefallen. Das Thema kann wie gesagt ignoriert werden, es geht nur um (Landschafts-)Farben und (Pflanzen-)Werte, die deduziert werden müssen. Auch die Grafik versucht gar nicht groß ein Thema einzufangen, sondern ist eher minimalistisch, aber in meinen Augen sehr angenehm und unaufgeregt. Das Spiel kann wie andere Deduktionsspiele sehr grübellastig werden, wenn unbedingt das Richtige deduziert werden soll. Und ich bin unsicher, ob zum Anfang des Spiels wirklich alles korrekt deduziert werden kann oder ob Informationen fehlen. (6,0)

Noch ein Hinweis: Das Spiel sollte bei Gamefound per Crowdfunding finanziert werden, wurde vom Verlag aber vorzeitig abgebrochen, da das Finanzierungsziel vermutlich nicht erreicht worden wäre. Die Kampagne soll Anfang 2022 neu gestartet werden. Es ist aber noch nicht klar, was bis dahin geändert wird.

Pachamama (Online bei Tabletopia)
Pachamama (Online bei Tabletopia)

Wertung: (6,0)

#Pachamama

Settlement (IGAMES, 2021)

In „Settlement“ erkunden wir neues Land, kämpfen gegen Drachen, errichten Außenposten zum Schutz und heuern neue Helden an. Und das alles nur, um am Ende über die Siegpunkte den erfolgreichsten Siedleranführer zu bestimmen.

In der zentralen Auslage liegen Gebäude, verdeckte Landschaften und Helden aus. Wenn ich dran bin, setze ich mit einen oder mehrere meiner Arbeiter auf meinem eigenen Tableau für sieben verschiedene Aktionen ein. Ich kann die Landschaft erkunden, was mir Rohstoffe bringt, aber auch Drachen anlockt. Ich kann einen Außenposten bauen, der mich vor Drachen schützt. Ich kann ansonsten aber auch gegen die Drachen kämpfen, was mir Belohnungen bringt. Oder ich kauf mir ein Gebäude. Die Landschaften und Gebäude lege ich auf mein Tableau in jeweils drei Reihen je drei Plättchen aus. Ich kann meine Arbeiter auch einsetzen, um eine Gebäude- oder Landschaftsreihe zu aktivieren, was mir entsprechende Rohstoffe bringt. Durch die Drachenkämpfe, aber auch die entfernteren Landschaften und Gebäude erhalte ich besondere Rohstoffe wie Gold und Edelsteine, mit denen ich mir Helden anwerben kann. Diese bringen manchmal einen kleinen Bonus mit, hauptsächlich aber Siegpunkte. Haben alle Spielerinnen ihre Arbeiter reihum eingesetzt, ist die Runde vorbei. Nach sechs Runden endet die Partie und die Person mit den meisten Siegpunkten, bestimmt durch die Helden und zwei Gebäudetypen, gewinnt.

„Settlement“ stellt keine großartige Innovation dar. Arbeitereinsatz mit Ressourcentausch gegen Siegpunkte gab es schon oft. Das Spiel fasst dies aber mechanisch in einer so kompakten Form zusammen, dass mir das Spiel Spaß macht. Es gibt nur sechs Arbeiter für den Einsatz, was echt eine Einschränkung ist, weswegen ich jede Runde schauen muss, wie ich an zusätzliche Hilfsarbeiter komme, die mich nach dem Einsatz aber wieder verlassen. Auch die Ressourcen wollen gut gehortet sein, denn am Ende einer Runde muss ich überschüssige Standardressoucen (Holz, Stein, Lehm) ungenutzt abwerfen (Außenposten lassen mich eine Ressource behalten). Durch die Entdeckung neuer Landschaften und den Kauf neuer Gebäude entsteht bei der Aktivierung einer Reihe im Laufe des Spiels eine kleine Engine. So gewinne bei ersten Gebäude gegen Abgabe von Gold zwei Edelsteine. Das nächste Gebäude gibt mir für zwei Edelsteine zwei Hilfsarbeiter. Und das letzte Gebäude für einen Edelstein Siegpunkte. Und die zwei Hilfsarbeiter kann ich dann wiederum einsetzen. Das macht mir, obwohl es eher simple Aktionen und Tauschprozesse sind, über sechs Runden lang Spaß.

Auch grafisch gefällt mir das Spiel sehr gut. Die Ressourcen sind nicht nur Würfel, sondern haben die Form, die ich als Holt, Stein oder Lehm (Tropfen?) wiedererkenne. Die vier verschiedenfarbige Drachen sehen anders aus. Die Gebäude und Landschaften sind sehr schön illustriert, ebenso wie die Helden. Die Symbolik des Spiels ist dabei sehr eingängig und leicht verständlich, sodass ich nach dem Lesen der Anleitung diese nicht mehr in die Hand nehmen musste. Obwohl die Mechanik eher simpel ist, sorgt unter anderem die grafische Gestaltung auch dafür, dass das Thema der Siedlung und Erkundung – wenn auch stark heruntergebrochen – übermittelt wird.

Auf Tabletopia habe ich eine Solopartie gespielt und vermutlich könnte ich dies auch als Kritikpunkt anbringen. Das Spielgefühl allein oder mit mehreren am Tisch ist vermutlich nicht sehr unterschiedlich. Jeder baut seine eigene Siedlung auf und niemand kommt sich in die Quere. Einzig die Gebäude oder die Helden könnten von jemand anderem weggeschnappt werden, wobei im späteren Spielverlauf identische Gebäude gestapelt werden, sodass es eigentlich immer genug Auswahl vom gleichen Gebäudetyp gibt. Ich persönlich finde das nicht schlimm, weil „Settlement“ auch nicht suggeriert, dass es ein konfrontatives Spiel sein will. (8,0)

Settlement (Online bei Tabletopia)
Settlement (Online bei Tabletopia)

Wertung: (8,0)

#Settlement

Squaring Circleville (Spielworxx, 2021)

Die Story hinter „Squaring Circleville“ klingt schon fast filmreif: 1810 wurde der Ort Circleville in Ohio gegründet und die Straßen kreisförmig zu einer darunter befindlichen Wallanlage gebaut. Die Bürger protestierten aber dagegen und nur 27 Jahre später übernahm die „Circleville Squaring Company“ die Aufgabe, die Straßen in ein rechteckiges Raster umzubauen. Im Spiel arbeiten wir für diese Company und wollen aus dem runden Straßennetz ein eckiges machen.

Für den Abriss und Neubau der Stadt stehen uns verschiedene Aktionen zur Verfügung: Eine Straße abreißen (eigenen Marker auf ein rotes Feld legen), eine Straße bauen (eigenen Marker auf ein blaues Feld legen) oder ein Gebäude abtragen (Gebäude auf separate Leiste stellen und eigenen Marker auf den freien Platz legen). Sobald in einem Segment des Stadtplans alle Plätze mit Markern belegt sind (durch Straßenabriss, Straßenneubau und Gebäudeabtrag), findet eine Wertung statt. Wer die meisten Marker in dem Segment hat, bekommt die meisten Punkte und nachfolgende Spielerinnen entsprechend weniger. Danach wird das Segment mit einem neuen Stadtplanteil überbaut, welches rechteckige Straßenzüge zeigt. Ab dann kann ich als Aktion nur noch ein oder mehrere Gebäude wieder aufbauen und lege erneut einen meiner Marker unter das Gebäude. Neben diesen vier Grundaktionen gibt es noch Sonderaktionen, die mich beispielsweise Gebäude verbessern lassen (ich lege einen Marker an ein wieder aufgebautes Gebäude) oder einen Park anlegen (einen eigenen Marker auf den Spielplan legen). Jeder Aufbau in einem Segment eines der vier Stadtviertel lässt mich einen weiteren Marker vorrücken, der für das Spielende wichtig ist.

Wo ich bauen kann, bestimmt mein Bauleiter, der sich auf dem Stadtplan bei jeder Aktion von einem Segment zu einem benachbarten bewegen darf. Dadurch kann ich nicht wild überall mitmischen, sondern muss mir langsam meinen Weg bahnen. Der eigentliche Clou ist aber, dass ich nicht jede Aktion frei ausführen darf. Auf einem Aktionsrondell hat jede Spielerin einen Assistenten stehen. Das Rondell hat acht farbige Segmente, jeweils zwei mit gleicher Farbe, wobei jede Farbe für eine der oben genannten Bauaktionen steht. Neben jedem der acht Segmente steht ein Stapel an Scheiben, die ebenfalls in den vier Farben der Bauaktionen gehalten sind. In meinem Zug darf ich mit meinem Assistenten bis zu zwei Felder weit im Uhrzeigersinn laufen und dabei belegte Felder überspringen. Auf dem Feld, auf dem mein Assistent stehen bleibt, führe ich die Aktion des Rondells und die Aktion der obersten Scheibe aus, je nachdem welche zwei Farben zu sehen sind. Danach nehme ich mir die Scheibe und lege sie auf mein eigenes Tableau. Dies zeigt vier Slots in den vier Farben. Ich lege die Scheibe farblich passend und verstärke damit für zukünftige Runden die jeweilige Bauaktion (ich darf mehr Marker auf einmal legen) und schalte Sonderaktionen frei.

Das Spiel endet, sobald alle zwanzig Segmente des Stadtplans vollständig umgebaut worden sind. Für die vier Stadtviertel wird geprüft, wer die Mehrheit an Baufortschritt hat und entsprechend gibt es noch einmal Punkte für die jeweiligen Plätze. Daneben gibt es im Spiel noch Bonusplättchen, die mir weitere Siegpunkte am Spielende bringen können.

Grafisch ist „Squaring Circleville“ nicht unbedingt eine Augenweide. Die Gestaltung wirkt etwas monoton und funktional. Das macht es zwar übersichtlich, aber leider auch etwas leblos. Während der Partie fühlte ich mich nicht wie ein Stadtplaner, der Straßen verändert und Häuser versetzt. Ich fühlte mich eher wie jemand, der farbige Klötzchen auf einen Spielplan stellt und wieder wegnimmt. Obwohl das Thema von den Aktionen her zwar sehr gut eingefangen ist, gibt das das Spiel weder optisch noch spielerisch wieder.

Das Aktionsrondell hat mir ganz gut gefallen. Anfangs dachte ich, dass es zu viele Optionen und Möglichkeiten sind, die zu Analyse-Paralyse führen können. Aber eigentlich gibt der eigene Bauleiter vor, in welchem Bereich ich etwas machen kann. Dann suche ich mir aus, ob ich lieber etwas aufbaue oder abreiße und führe die Aktionen aus. Dabei missfällt mir, dass die Aktionen spieltechnisch keine großen Auswirkungen haben. Ob ich Straßen aufbaue, abreiße oder ein Haus versetze – am Ende geht es nur um die Mehrheit der Marker. Wie diese auf das Spielbrett gekommen sind, ist irrelevant. Das lässt die unterschiedlichen Aktionen ein bisschen egal wirken. Hauptsache, ich setze irgendwie Marker auf ein Segment.

Ein weiteres Problem ist auch, dass es keinen großen Steigerungseffekt im Spiel gibt. Die Aktionen werden mit mehr Scheiben zwar etwas stärker, sodass ich im späteren Spielverlauf mehr Marker setzen kann. Aber dennoch muss ich zwanzig Stadtsegmente lang Marker darauf setzen, Häuser wegnehmen, das Segment durch ein neues ersetzen und wieder Marker legen und Häuser zurückstellen. Das trägt in meinen Augen keine Spielzeit von 90 bis 120 Minuten.

Ich habe nur zwei Solospiele auf Tabletopia gewagt. In der Anleitung gibt es mehrere verschiedene Sologegner, mit denen man sich messen kann. Ich wählte „Denzel“ aus, da dieser von der Handhabung am einfachsten aussah. Dennoch machen alle Automa-Gegner zahlreiche Aktionen und müssen verwaltet werden, was Zeit und auch etwas Überlegung kostet. Die erste Partie brach ich nach etwa 90 Minuten zur Hälfte des Spiels ab, weil es zum einen sehr wenig Abwechslung bot, der Automa aber auch mit uneinholbaren 127:9 führte. Nachdem ich den Regelfehler gefunden hatte, wiederholte ich die Partie. Die Monotonie blieb leider die gleiche, der Bot führte bei Abbruch der Partie nach 60 Minuten und ein Drittel des Spiels nur noch mit 45:20. Unter Umständen habe ich bei der zweiten Partie immer noch etwas falsch gespielt, aber das monotone Spielgefühl vermittelte der Automa dennoch gut.

Mich hat „Squaring Circleville“ deshalb gar nicht überzeugt – mindestens nicht als Solospiel. Aber auch mit echten Mitspielerinnen stelle ich mir den Ablauf nicht viel spannender vor. Sicherlich kann man es spielen und es funktioniert mechanisch auch, aber ohne jeden Spannungsbogen würde ich keine zwei Stunden an einem Spiel sitzen wollen. (4,5)

Squaring Circleville (Online auf Tabletopia)
Squaring Circleville (Online auf Tabletopia)

Wertung: (4,5)

#SquaringCircleville

Verdant (Flatout Games, 2022)

Pflanzen sucht man in meiner Wohnung vergeblich. Hier steht nur ein Stoffkaktus in einem Übertopf, auf dem „I will survive!“ geschrieben ist. Dementsprechend kann ich mit dem Thema „Topfpflanzen“ eher wenig anfangen. Flatout Games hat nun genau zu diesem Thema ein neues Spiel über „Kickstarter“ finanziert. Da der Verlag auch die bereits guten, wenn für mich auch nicht so interessanten Spiele „Calico“ und „Cascadia“ veröffentlicht hat, habe ich mir dessen neues Spiel „Verdant“ dennoch angesehen.

In einer zentralen Auslage liegen fünf Pflanzenkarten, darunter fünf kleine Bonusmarker und darunter fünf Raumkarten. In meinem Zug suche ich mir entweder eine Pflanze oder einen Raum aus und nehme mir auch das zugehörige Bonusplättchen. Auf die nicht gewählte, gegenüberliegende Raum- oder Pflanzenkarte kommt ein Wachstumsmarker („Verdancy token“ im Englischen). Die Karte, die ich gewählt habe, baue ich in meine eigene Auslage ein. Diese fängt immer mit einem Raum und einer dazu benachbarten Pflanze an. Die Bedingungen für die Auslage sind einfach: Keine zwei gleichen Karten nebeneinander, also ein Raum grenzt an vier Pflanzen und eine Pflanze an vier Räume. Und die Höhe und Breite sind auf drei mal fünf Karten beschränkt, darüber hinaus darf nichts auslegen.

Auf jeder Pflanzenkarte sind die Lichtbedingungen der Pflanze dargestellt (sonnig, halbschattig, schattig). Jeder Raum hat an den vier Kartenrändern eine Lichtangabe aufgedruckt. Wenn ich eine Pflanze lege, wird geprüft, ob benachbarte Räume die Lichtbedingungen erfüllen. Falls ja, erhält die Pflanze für jede Erfüllung einen Wachstumsmarker („Verdancy token“ im Englischen). Umgekehrt prüfe ich für einen neuen Raum alle benachbarten Pflanzen, ob diese weiter wachsen. Die Bonusmarker kann ich entweder auf Räume (als Gegenstände und Haustiere) legen oder sie bieten mir in meinem Zug einen Vorteil („Nurture token“ im Englischen) wie beispielsweise das Wässern einer Pflanze mit 3 Wachstumstoken, das Düngen von drei verschiedenen Pflanzen oder das Gießen eines Raumes und damit aller angrenzenden Pflanzen.

Wenn eine Pflanze ihr Wachstumslimit erreicht hat, also die auf der Pflanzenkarte angegebene Menge an Wachstumsmarkern auf ihr liegen, wird sie eingepflanzt. Dafür nehme ich mir einen Topf aus der Auslage. Die Pflanze und der Topf sind am Spielende Siegpunkte wert. Und so bauen die Spielerinnen reihum ihre Räume und Pflanzen aus. Am Spielende gibt es sieben verschiedene Siegpunkte-Arten, unter anderem für eingetopfte Pflanzen, für die Töpfe, für Räume, deren Nachbarpflanzen einem bestimmten Typ entsprechen, für die Bonusmarker und für verschiedene Räume und Pflanzen. Und wie üblich gewinnt die Spielerin mit den meisten Punkten.

Eigentlich wollte ich das Spiel auf „Tabletopia“ testen, dort gibt es in der Anleitung aber noch keine Solo-Regeln. Glücklicherweise hat Flatout Games aber eine Solo-Version online gestellt, über die ich das Spiel dann ein paar Partien testen konnte. Und dort spielt es sich auch sehr schnell innerhalb von 15 Minuten herunter, schließlich muss ich mich dreizehn Runden lang nur für eine Karte entscheiden und diese in meine Auslage legen. Entsprechend wird die Spielzeit bei fünf Spielerinnen ungefähr bei 75 Minuten liegen, auch wenn 45 Minuten seitens des Verlags angegeben sind.

Das Thema von „Verdant“ scheint durch die sehr schöne grafische Illustration von Beth Sobel (die auch schon „Calico“ und „Cascadia“ illustriert hat, sich aber auch für „Flügelschlag“ und das sehr schöne „Arboretum“ verantwortlich zeichnet) ein bisschen hindurch. Sehr gut ist es, dass die Pflanzen verschiedene Lichtanforderungen haben und man sie zu den passenden Räumen stellen muss. Dabei bricht die Mechanik aber mit dem Thema, denn selten werden Pflanzen von vier Räumen aus in einem Haus mit Licht und Schatten versorgt. Ich hätte es als thematischer empfunden, wenn ich ein Haus mit Räumen aufbaue (Südseite mit viel Sonne, Nordseite im Schatten, Innenräume ohne Licht) und in diese Räume dann Pflanzen mit besonderen Anforderungen stelle. Durch das abwechselnde Legen von Räumen und Pflanzen entsteht zwar ein schönes und spielmechanisch funktionierendes Muster, aber dieses verfehlt das Thema in meinen Augen etwas.

Entgegen der schönen Illustrationen war die Symbolik der Umwelt-Bonusmarker nicht hilfreich. Es gibt davon zwar nur drei, aber diese sind recht generisch mit Gießkanne, Düngemittel und Schaufel dargestellt, sodass ich mir einfach nicht merken konnte, was diese tun. Online hilft eine Kurzerklärung, wenn ich mit der Maus über den Marker fahre, aber in der Realität hätte ich immer in den Regeln nachschauen müssen. Eine hilfreichere Symbolik hätte ich besser gefunden. Auch sind in der Anleitung auf Tabletopia die Pflanzenkarten nicht beschrieben, deren Bedeutung ergibt sich dann erst durch das Lesen der ganzen Anleitung. Es handelt sich aber auch nur um eine Vorabversion der Anleitung, da Solo-Modus und Varianten nur mit „In Development“ beschrieben sind.

Den Punktesalat am Ende des Spiels empfand ich als etwas zu viel des Guten. Gefühlt gibt es für alles Punkte, was man irgendwie machen kann. Eine Konzentration auf die Pflanzen und Räume hätte ich als geradliniger und eleganter empfunden. Online nimmt einem glücklicherweise die Webseite das Zusammenrechnen ab.

Am Ende bleibt ein leicht thematisch, aber im Kern abstraktes Knobelspiel zurück. In etwa das Gleiche habe ich auch bei „Cascadia“ und „Calico“ geschrieben. Und wie bei den beiden Spielen ist auch „Verdant“ eher ein solitäres Puzzlespiel und damit eine gute Ergänzung der Reihe. Das Wegnehmen von Räumen und Pflanzen geschieht eher zufällig nebenbei, aber nicht, weil ich damit meinen Mitspielerinnen aktiv etwas verwehren möchte. Insofern spielt es sich ganz nett und ist online solitär ein netter Zeitvertreib, aber mehr sehe ich in dem Spiel nicht. Für Familienmitglieder oder Freunde, die einen grünen Daumen haben, könnte das Spiel (in einer deutschen Version) aber ein sehr schönes Geschenk sein. (6,5)

Verdant (Online)
Verdant (Online)

Wertung: (6,5)

#Verdant

The FOG – Escape from Paradise (XOLLOX Games, 2022)

Über das unknows-Forum bin ich auf das Spiel „The FOG – Escape from Paradise“ aufmerksam geworden. Spieleautor Robert Müller-Reinwarth hat das Spiel dort vorgestellt, vor allem die Entwicklungsnotizen und die Entstehung der Grafiken fand ich interessant. Robert und sein Verlag XOLLOX Games waren auch auf der SPIEL'21 in Essen. Die Präsenz bei der SPIEL.digital beschränkte sich auf den Verweis auf das Spiel auf Tabletopia. Während der Messe hatte Robert als Ein-Mann-Verlag logischerweise keine Zeit, das Spiel zu erklären. Es ergab sich aber anderthalb Wochen später die Möglichkeit, das Spiel mit ihm und einer dritten Person auf Tabletopia kennenzulernen.

Ein mysteriöser Nebel bedroht eine große Insel. Aus dem Landesinneren treibt er die Menschen Richtung Küste. Wer nicht entkommt, wird verschluckt und ward nie wieder gesehen. In „The FOG“ treffen drei Stämme der Insel an einem Küstenabschnitt zusammen. Die Boote für die drei Stämme sind gebaut und liegen bereit. Doch plötzlich kommt der Nebel schneller näher als gedacht. Alle Menschen fliehen voller Panik in die Boote. Unsere Aufgabe ist es, die Insulaner sicher zu ihren Booten zu bringen, wobei dabei auch unfreundlich gezerrt und geschubst werden darf. Das Spielbrett von „The FOG“ zeigt den Strandabschnitt und die drei Boote. Die Menschen der drei Stämme werden nicht ganz, aber teils zufällig auf dem Strand verteilt, ebenso wie einige Hindernisse, die das Weiterkommen behindern.

„The FOG“ teilt sich in zwei Phasen. In Phase 1 wählen die Spielerinnen mit der letzten beginnend umgekehrt reihum nacheinander einen Inselbewohner am Strand aus und legen einen Marker unter das jeweilige Insulanerplättchen. Im Spiel zu dritt sind mir am Ende von Phase 1 zehn Inselbewohner zugehörig und diese versuche ich in die Boote zu retten. Phase 2 geht im Spiel zu dritt über maximal zehn Runden. Jede Runde führen die Spielerinnen reihum ihre Aktionen aus, die hauptsächlich aus der Bewegung der Inselbewohner bestehen. Am Ende der Runde bewegt sich der Nebel ein Stück auf dem Strand vorwärts und verschluckt die Menschen, die es nicht rechtzeitig weiter nach vorne geschafft haben. Danach wechselt der Startspielermarker nach rechts, sodass die letzte Spielerin immer einen Doppelzug hat. Nach zehn Runden hat der Nebel den Strand eingenommen und es wird gewertet, wer es auf die Boote geschafft hat. Dabei gibt es mehr Punkte, je weiter vorne meine Inselbewohner im Boot sitzen, wobei einige Sitzplätze exklusiv für bestimmte Menschen (es gibt die fünf Kategorien Anführerin, Seemann, Krieger, Ältester und Zivilistin) reserviert sind. Extra Punkte gibt es auch, wenn ich die Mitglieder eines Stammes in das richtige Boot gebracht habe.

Die Bewegung der Menschen fühlt sich (bis auf eine Ausnahme) sehr natürlich an: Ein Insulaner kann rennen. Er kann den Vordermann nach hinten ziehen und so die Plätze tauschen. Er kann mit voller Kraft bis zu zwei Menschen vor sich herschieben. Er kann ein Hindernis überqueren. Er kann sich zwischen zwei Menschen oder zwischen Hindernissen hindurchzwängen. Und zu guter Letzt kann er jemand vor sich durch eine Art Bocksprung überspringen. Die letzte Aktion ist auch die, die ich mir bei einem echten Gedränge nicht wirklich vorstellen kann. Ein Vorbeihechten (ähnlich dem Zwängen) wäre da irgendwie sinnvoller – und mechanisch identisch.

Die Insulaner haben neben der Stammeszugehörigkeit und der Kategorie noch eine Fähigkeit auf den Plättchen dargestellt. Durch die Fähigkeit kann eine Person eine der genannten Bewegungsaktionen besonders gut ausführen, was bedeutet, dass ich weniger Bewegungspunkte ausgeben muss. Denn die Bewegungen kosten mich Punkte, von denen ich in meinem Zug immer 7 zur Verfügung habe und auch keine (à la „Flash Point“) aufsparen kann. Rennen kostet beispielsweise nur 1, Schieben schon 3 und Durchzwängen 4 Bewegungspunkte. Ein Insulaner, der besonders schmal ist und sich gut durchzwängen kann, benötigt dann nur 2 Bewegungspunkte.

Ich hatte mir die Anleitung bei Tabletopia durchgelesen und hatte vorab etwas Bedenken, was die Optionsvielfalt angeht. In meinem ersten Zug habe ich zehn Personen zur Auswahl, werde von denen nur etwa drei bewegen können (aufgrund der Einschränkung auf 7 Bewegungspunkte) und haben sechs mögliche Bewegungen zur Auswahl. Rein rechnerisch wären das 6000 mögliche Optionen, was sogar die über 3000 Möglichkeiten des ersten Zuges bei „Five Tribes“ schlägt. Glücklicherweise stellte sich im Spiel sehr schnell heraus, dass ein Großteil der Optionen wegen Blockade durch andere Insulaner gar nicht infrage kommt. Und ein weiterer Großteil fiel weg, weil er einfach nicht sinnvoll war. Dementsprechend schnell habe ich ins Spiel gefunden.

Dennoch ist das Spiel für Analyse-Paralyse anfällig. Vor allem, wenn der Nebel gegen Mitte des Spiels so nah kommt, sodass ich mir wirklich Gedanken machen muss, wie beziehungsweise ob ich alle meine Inselbewohner retten kann. Dann beginnt nämlich das Rechnen, welche Möglichkeiten mir die sieben Bewegungspunkte geben, um eine weitere Runde zu überleben. Das führt dann bei den Mitspielern zu einer kleinen oder größeren Wartezeit. Da ich leider auch erst überlegen kann, wenn ich am Zug bin, weil sich die Situation am Strand sehr stark verändert hat, vergrößert sich diese Wartezeit dann leider etwas. Deswegen gefällt mir zumindest die Variante, die in den Regeln angegeben ist, dass ich nicht ewig über meinen Zug brüten darf, sondern nur eine Minute Zeit dafür habe. Dieser Zeitdruck entspricht in meinen Augen dann auch viel mehr der Hektik, in denen die Insulaner Entscheidungen treffen müssen.

Obwohl es viele Bewegungsoptionen mit verschiedenen Bewegungskosten gibt, sind diese wirklich sehr schnell verinnerlicht. Nur selten habe ich auf der Spielhilfe die Bewegungspunkte nachschlagen müssen. Was öfters vorkam war, dass ich nachschauen musste, wofür die Symbole auf den Insulanern stehen, was also deren Fähigkeit ist. Vor allem das Dreieck als „Hindernis überqueren“ wollte sich bis zum Spielende einfach nicht einprägen. Ansonsten ist die Symbolik aber eingängig. Gefallen hat mir auch die Aufmachung des Strandes. Durch die variablen Hindernisse entsteht wirklich jedes Spiel an anderen Stellen eine Engstelle, was für etwas Varianz sorgt. Die Grafik der Insulaner ist sehr klar und gut erkennbar, fühlt sich dadurch aber auch ein bisschen wie ein Fremdkörper auf dem Spielplan. Dies soll aber noch verbessert werden.

Wie schon geschrieben fühlen sich die Aktionen und auch die Mechanik thematisch sehr gut an. Bis auf den Bocksprung ergeben die Bewegungen der Insulaner einen Sinn und auch die Verteilung auf die Boote passt da sehr gut. Einzig die Auswahl der Insulaner in Phase 1 empfand ich als etwas zu abstrakt. Laut Regel sind wir Hüter und koordinieren die Flucht. Wieso wir aber die Hüter für drei verschiedenen Stämme sind und nicht ein Stamm zu uns gehört, wird nicht erklärt. Aber das sind Kleinigkeiten, denn im Kern handelt es sich natürlich um ein abstraktes Optimierspiel, welches aber sehr gut von einem Thema umrandet wird.

Und bei dieser Optimierung gibt es viele kniffelige und spannende Entscheidungen zu treffen: In Phase 1 ist es wichtig, welche Insulaner ich mir sichere. Natürlich die weiter vorne und die näher an ihrem Boot stehen. Aber ich muss dabei auch auf die Kategorie der Insulaner achten und deren Sonderfähigkeiten wollen auch gut genutzt werden. In Phase 2 fand ich die spannendste Entscheidung, als ich zwei Insulaner dem Nebel überließ, um andere in die Boote zu retten. Denn die zwei waren so weit hinten, dass ich das Unvermeidliche vermutlich nur eine oder zwei Runden hinauszögern hätte können. Die Doppelzüge können taktisch sehr gut genutzt werden, um meine Insulaner im ersten Zug gut in Stellung zu bringen. Die Idee, dass zwar in jedes Boot eines Stammes alle Stammesmitglieder passen, manche davon aber ins Heck (für weniger Siegpunkte) müssen, hat mir gut gefallen. Vor allem in Hinblick darauf, dass gegebenenfalls auch ein Mitglied eines anderen Stammes den Platz im Boot besetzt, denn dann geht die Rechnung nicht mehr exakt auf.

Mir hat „The FOG“ sehr gut gefallen. Es gibt spannende Entscheidungen, eine schöne Grafik und ein Thema, welches ein abstraktes Puzzle sehr gut umrandet. Natürlich ist es kein freundliches Nebenher-Spiel. Die Züge wollen gut überlegt sein und das Ärgerpotenzial ist sehr groß. Vor allem, wenn meine Mitspielerin meinen Insulaner nach hinten schubst und damit dem Nebel üerlässt. Wer sich nicht gerne ärgert, sollte also von „The FOG“ besser die Finger lassen. Allen anderen, die dazu auch noch gerne knobeln, kann ich „The FOG“ zumindest zum Anspielen empfehlen. (8,5)

Hinweis: Der Kickstarter für das Spiel soll demnächst beginnen und es soll dann auch nichts mehr an der Mechanik geändert werden. Andere Hinweise, die das Spiel verbessern können, nimmt der Autor gerne entgegen.

The Fog (Online auf Tabletopia)
The Fog (Online auf Tabletopia)

Wertung: (8,5)

#TheFogEscapeFromParadise

Weitere Berichte von SPIEL'21-Neuheiten

Hier habe ich nicht die Berichte aus den den vergangenen Wochenthreads mühsam herausgesucht, sondern verlinke lieber direkt auf meinen Blog.

Bericht von der SPIEL.digital 2021 (und AwSHUX'21) – Teil 1

Einleitung

Nachdem letztes Jahr die Internationalen Spieletage 2020 (SPIEL'20) in Essen nicht stattfinden konnten, wurde ein digitales Programm auf den Weg gebracht, welches ich letztes Jahr zumindest an einem Tag nutzte. Dieses Jahr fand die SPIEL'21 in analoger Form in Essen wieder statt. Ich war nicht vor Ort, wollte am Wochenende aber das digitale Angebot wahrnehmen.

Mein größter Kritikpunkt im letzten Jahr war, dass die SPIEL.digital-Seite mich nicht dabei unterstützte, virtuelle Spieletische bei Tabletopia oder Board Game Arena zu finden. Das hat sich dieses Jahr leider nicht groß geändert. Über die BGG-GeekPreview-Liste filterte ich mir vorab die Spieler heraus, die mich interessierten. Dann suchte ich jedes einzeln auf der SPIEL.digital-Seite und setzte diese auf meine Merkliste. Und von der Merkliste klickte ich dann jedes Spiel einzeln an, um von dort aus ggf. den Hinweis auf einen Discord-Kanal oder virtuelle Spieletische zu finden. Sehr oft waren diese Informationen aber gar nicht auf der Spieleseite selbst, sondern nur auf den Verlagsseiten ausgeschrieben. Also habe ich auch noch einmal alle Verlagsseiten der interessanten Spiele geöffnet. Es hätte für die Verlage auch noch die Möglichkeit gegeben, die virtuellen Spiele als Aktionen und Events anzubieten, hiervon hat aber nur Pegasus Gebrauch gemacht. Am Donnerstagabend hatte ich dann zumindest eine Liste mit den Verlagen, die virtuelle Spiele anboten …

… und diese Liste war sehr übersichtlich. Der Grund ist auch sehr simpel und liegt an den Vorgaben des Veranstalters (Friedhelm Merz Verlag GmbH & Co KG): Nur die Verlage, die physisch auf der SPIEL'21 in Essen vertreten waren, durften auch digital ihr Angebot einpflegen. Vor allem bei kleineren Verlagen mit wenigen Mitarbeitern lag der Fokus dann aber verständlicherweise auf der realen Messe und so konnte nur sehr wenige Verlage ein digitales Spieleprogramm anbieten, konkret nur Hans im Glück, Pegasus, Kosmos, Skellig Games, Board Game Circus und Feuerland. Teilweise aber auch nur mit sehr wenigen Erklärern, wohingegen aber auch nicht sehr viele digitale Messebesucher unterwegs waren. Das lag in meinen Augen aber auch daran, dass die SPIEL.digital bei der ganzen Vorberichterstattung meist nur eine Fußnote abbekommen hat. Durch die Parallelität, Unattraktivität der Seite und schlechter Werbung ist es klar, dass die digitale Messe kein so großer Erfolg war. Zusatz: Bereits zwei Wochen nach der SPIEL.digital wurde die Webseite und alle Inhalte offline genommen, was in meinen Augen ebenfalls kein gutes Licht auf die Betreiber wirft, da ich keine Inhalte mehr für den Bericht nachschlagen kann.

Anders war dies bei der Online-Spielemesse AwSHUX'21. Die SHUX ist die Shut up & Sit down Games Expo, die seit 2017 jährlich in Vancouver stattfindet. Aufgrund der gleichen Umstände wie in Essen, fiel die Messe 2020 aus und auch 2021 gab es keine. Dafür gab es aber die AwSHUX, kurz für „Away SHUX“, die dieses Jahr eine Woche nach der SPIEL'21 stattfand. Von Freitag bis Sonntag, jeweils von 17 bis 1 Uhr (MEST) konnten Brettspielbegeisterte auf der ganzen Welt (dann logischerweise zu anderen Uhrzeiten) über den AwSHUX-Discord-Kanal mit den Verlagen kommunizieren und an zahlreichen Online-Tischen auf Tabletopia, Tabletop Simulator oder Board Game Arena Platz nehmen. Der Aufbau des Discord-Servers war so, wie ich mir das auch für die SPIEL.digital gewünscht/vorgestellt hätte. Die Verlage waren alphapetisch sortiert und hatten ihre eigenen Räume und Sprachchats. Meist gab es einen Raum zur Mitspielerfindung für ein bestimmtes Spiel oder es wurden zu festen Zeiten Online-Demos abgehalten. Ein bisschen war es wie in der Realität in Essen, wo ich von Verlagsstand zu Verlagsstand laufe und mir Spiele erklären lassen oder eben sogar mitspiele, wenn ein Tisch frei ist. Die Online-Teilnehmerzahl kam mir sehr klein vor, zumindest bin ich nicht über Massen an Menschen gestolpert. Aber da ich auch nur am Sonntag Abend kurz reinschaute, war der größte Ansturm vielleicht schon wieder vorbei.

Von Freitagabend bis Sonntagabend konnte ich also auf der SPIEL.digital'21 einige Neuheiten bei den genannten Verlagen spielen. Vielen Dank daher hier an dieser Stelle an alle digitalen Erklärer und Erklärerinnen sowie meist gleichzeitig auch Mitspieler und Mitspielerinnen! Von den Verlagen, die keinen digitalen Verlagsauftritt hatten, aber interessante Neuheiten auf Tabletopia anboten, habe ich die Regeln der Spiele selbst gelesen und Solopartien gespielt. Zusätzlich füge ich am Ende noch eine Liste älterer Berichte von SPIEL'21-Neuheiten an, die ich bereits zuvor in diesem Jahr spielen konnte.

Ultimate Railroads/Asian Railroads (Hans im Glück, 2021)

„Ultimate Railroads“ ist eine große Sammelbox, die das Spiel „Russian Railroads“ und dessen zwei Erweiterungen „German Railroads“ und „American Railroads“ zusammenfasst und um eine neue Erweiterung „Asian Railroads“ ergänzt. Letzteres konnte ich auf Board Game Arena zu zweit spielen.

Das Grundspiel und alle Erweiterungen funktionieren sehr ähnlich. Ein kurzer Abriss: Jede Spielerin hat ein eigenes Gleistableau vor sich liegen, auf denen meist drei Strecken eingezeichnet sind. Diese gilt es durch Schienen zu erschließen, die es in verschiedenen Wertigkeiten gibt (Schwarz, Grau, Braun, Beige, Weiß). Die höherwertigen Schienen darf ich dabei nur legen, wenn ich die Schienen darunter bereits gebaut habe. Um richtig zu punkten, müssen an jeder Strecke auch noch ein oder mehrere Loks angelegt werden, die es in den Werten 1-9 gibt und bestimmen, bis zu welcher Schiene gewertet wird. An allen Schienensträngen gibt es Punkte und/oder Boni, wenn ich eine bestimmte Reichweite mit denen Schienen oder zusätzlich mit meiner Lok erreiche. Zum Schluss enthält jedes Spielbrett noch eine Fabrikleiste, an der ich Fabriken bauen (auf der Rückseite der Lokplättchen) und mit einem Marker aktivieren kann. Mechanisch handelt es sich um ein Arbeitereinsetzspiel, bei dem alle Spielerinnen auf einem zentralen Tableau ihre Aktionen auswählen (Gleise bauen, Loks und/oder Fabriken bauen etc.) und ausführen.

„Russian Railroads“ besticht durch seine recht einfachen Regeln und Aktionen. Durch die Gleisboni entsteht aber ein sehr angenehmes Belohnungssystem, das mitunter auch mehrfach triggert und kleinere Kettenzüge erlaubt (mein Gleis spielt einen Bonus frei, dadurch kann ich mehr Gleise woanders legen, die wiederum einen Bonus freispielen, was mich eine Lok bauen lässt, wodurch ich wieder einen Bonus bekomme etc.). Zusätzlich ist das exponentielle Wachstum der Punkte zu erwähnen, die es jede Runde gibt. Erhalte ich in Runde 1 vielleicht mal 10 Punkte, in Runde 2 dann auch schon 20, ist es nicht seltsam, wenn ich in der letzten Runde über 100 Punkte mache. Auf die Art entsteht ein interessanter Aufholeffekt, da die führen Spielerin immer noch verlieren kann, wenn sie ihre Punkteproduktion in der letzten Runde nicht mehr ausbauen kann.

„Ultimate Railroads“ fasst das Grundspiel plus Erweiterungen zusammen. Ganz neu und nicht separat erhältlich ist dabei die Erweiterung „Asian Railroads“. Das eigene Tableau zeigt wieder drei Strecken, die ich ausbauen kann: Beijing -> Baotou, Seoul -> Vladivostok und Tokyo -> Kyoto. Die Tokyo-Strecke hat die Besonderheit, dass ich durch ein Bonusplättchen die Strecke ersetzen kann. Ich fahre dann zum einen einen Schritt weiter bis nach Osaka, die Boni ändern sich leicht und ich kann nur dadurch auf der Strecke höherwertige Gleise bauen. Neu sind die Lokbaustellen. So erlaubt mir die Beijing-Route drei Loks (die auch auch benötige, um die Gesamtlänge von 21 erreicht zu können), ich muss die zwei Lokplätze aber erst durch das Erreichen bestimmter Felder auf anderen Gleisstrecken freischalten. Das hat mir gefallen, weil ich dadurch nicht nur eine Strecke ausbaue, sondern zumindest alle ein bisschen angehen muss. Die Fabrik hat sich komplett geändert, da nicht mehr jeder seine eigenen Fabriken ausbaut und aktiviert. Es gibt dagegen ein zentrales Fabriktableau, auf der alle Spielerinnen ihre Fabriken legen. Das führt dazu, dass aber auch alle anderen diese aktivieren können. Theoretisch erhöht das die Interaktion zwischen den Spielerinnen etwas, aber zumindest in meiner Partie zu zweit wirkte sich das Tableau nur sehr wenig auf meine Spielweise aus. Neben noch ein paar kleineren Besonderheiten wurden in der Ultimate-Edition die Gleisfarben ersetzt in Beige, Grün, Braun, Grau und Gelb (und ja, ich weiß, dass Bronze, Silber und Gold sein soll). Das ändert am Spiel aber rein gar nichts und spielt sich genauso wie vorher.

Wie spielt sich die Erweiterung „Asian Railroads“ nun? Kurz gesagt: Genauso wie die Vorgänger. Das Belohnungssystem ist immer noch klasse, vor allem wenn es im eigenen Spielzug zu einer Kaskade kommt. Und auch die Punkteausschüttung steigert sich von Runde zu Runde, sodass immer die Hoffnung besteht, den Führenden einzuholen. Die neuen Strecken mit dem Freischalten der Loks ist nett, aber auch keine große Änderung. Einzig das geänderte Fabriktableau sticht als wirklich neu heraus. Aber ob es das braucht, kann ich nach einer Partie nicht sagen. Ich weiß zumindest, dass es die Extremstrategie über die Ingenieur-Fabrik-Wertung in unseren Runden nicht mehr erlauben würde, was ich als positiv ansehe. Brauche ich also „Asian Railroads“? Nein, vor allem weil ich die anderen Erweiterungen auch nicht besitze. „Russian Railroads“ genügt mir als Grundspiel. Wenn es einmal pro Jahr auf den Tisch kommt, ist dies auch ohne Erweiterung Spiel genug. Trotzdem hatte ich 90 Minuten Spielspaß zu zweit. (9,5)

Ultimate Railroads/Asian Railroads (Online auf BGA)
Ultimate Railroads/Asian Railroads (Online auf BGA)

Wertung: (9,5)

#UltimateRailroads #AsianRailroads

Savannah Park (Pegasus, 2021)

Bei „Savannah Park“ handelt es sich um ein eher abstraktes Knobelspiel, auch wenn Tiere auf den Plättchen abgebildet sind. Jede Spielerin hat ein eigenes Savannen-Tableau, auf dem sechseckige Tierplättchen liegen. Auf den Plättchen sind manchmal einzelne Tiere, manchmal mehrere Tiere der gleichen Art oder auch gemischte Tierarten zu sehen. Zusätzlich gibt es auf manchen Plättchen eine Wasserstelle. Neben den Tierplättchen zeigt das eigene Tableau noch einige Bäume, Gräser und drei Buschbrände. Wenn ich an der Reihe bin, wähle ich ein noch nicht umgedrehtes Plättchen auf meinem Tableau aus, lege dieses an eine freie Stelle (frei bedeutet in dem Fall komplett leer oder mit Baum oder Gras bewachsen) und drehe es um. Alle anderen Mitspielerinnen müssen das gleiche Plättchen auswählen und ebenfalls bei sich irgendwo hinlegen und umdrehen. Dies geht reihum, bis alle Plättchen umgedreht wurden. Bei der Wertung laufen zuerst manche Tiere aufgrund der Buschbrände weg, dann gibt es Punkte für übrige Gras- und Baumfelder und abschließend wird für jede Tierart die größte zusammenhängende Gruppe gewertet und mit der Anzahl an Wasserstellen in dieser Gruppe multipliziert.

„Savannah Park“ spielt sich sehr unaufgeregt und solitär. Ja, manchmal fluche ich, wenn meine Mitspielerin ein Plättchen wählt, das mir gar nicht passt, ich nun aber zwingend einen Platz finden muss. Mehr Interaktion gibt es aber nicht, jeder spielt für sich. Im Solo-Spiel spiegelt sich das auch wider, denn dort wählt man nacheinander alleine Plättchen aus, verschiebt sie und dreht sie um. Da alle Informationen offen liegen, könnte man also im Kopf durchrechnen, wie die Partie ausgehen wird. Zu zweit ist da zumindest ein bisschen Unwägbarkeit mit drin, zu viert könnte das vielleicht schon wieder zu viel Durcheinander sein. Ein bisschen reiht sich das Spiel bei mir daher bei „Calico“ und „Cascadia“ ein, die trotz Tierthema ebenfalls eher abstrakte Knobelspiele sind. „Savannah Park“ spielt sich aber wesentlich einfacher.

Das Spiel richtet sich damit eher an Familien und Kinder. Allein das Weglaufen der Tiere bei Buschbränden wird bei den meisten etwas erfahreneren Spielerinnen nie vorkommen, da ich bereits im Spiel sehe, ob die Tiere am Ende des Spiels weglaufen würden oder nicht. Für Familien spricht auch die recht geringe Spieldauer von 30 Minuten, zumal die Spielzeit unabhängig von der Spielerinnenanzahl ist. Etwas missfallen hat mir, dass mir während des Spiels unklar ist, wie ich gerade gegenüber den anderen Spielerinnen abschneide. Das heißt, eigentlich puzzelt jeder vor sich hin, am Ende wird gewertet und es gewinnt jemand. Viel mehr will das Spiel aber nicht sein und dafür ist es ganz gut. Die beiliegenden Variationen, die das Spiel beispielsweise über einen Löwen noch etwas abwechslungsreicher machen sollen, habe ich nicht getestet. (7,0)

Savannah Park (Online auf Tabletopia)
Savannah Park (Online auf Tabletopia)

Wertung: (7,0)

#SavannahPark

Die rote Kathedrale (Kosmos, 2021)

In „Die rote Kathedrale“ bauen wir gemeinsame eine Kathedrale nach bestimmten Vorgaben des Zaren auf. Auch wenn die Spielerinnen gemeinsam am gleichen Objekt bauen, ist es ein rein kompetitives Spiel, bei dem am Ende nur die Person gewinnt, die am meisten zur Kathedralenerstellung beigetragen hat.

In der Mitte des Tischs liegt ein zentraler Spielplan, über den die Spielerinnen ihre Ressourcen erhalten. Dies geschieht über einen Würfelauswahlmechanismus. In meinem Zug wähle ich einen der fünf Würfel aus und ziehe diesen so viele Segmente weiter, wie die Augenzahl angibt. Aus dem Segment, in dem der Würfel liegen bleibt, erhalte ich so viele Ressourcen, wie dann Würfel dort liegen (ein Segment hat maximal Platz für drei Würfel). Alternativ zur Ressourcenwahl kann ich mir auch ein Teilstück der Kathedrale (bestehend aus Toren, Fassadenstücken und Türmen) reservieren oder Waren liefern, um ein reserviertes Teilstück zu bauen. Ein eigenes Spielertablau hält dabei noch Boni bereit, die ich erhalte, wenn ich eine bestimmte Würfelfarbe bewege. Das Spiel endet, wenn eine Spielerin sechs Teilstücke der Kathedrale fertiggestellt hat. Zum Abschluss gibt es eine Mehrheitenwertung pro Kathedralenbereich (ein Bereich geht senkrecht von Tor bis Turm).

„Die rote Kathedrale“ ist ein eher klassisches Eurogame. Das Thema schimmert ein bisschen hindurch, aber ob ich jetzt eine Kathedrale baue oder Kleider an einen Ball liefere (Anspielung auf „Rokoko“), es fühlt sich halt wie eine normale Mehrheitenwertung an. Und entsprechend trat bei mir das Thema auch eher in den Hintergrund. Das fand ich aber nicht schlimm, denn die Mechanik hat mir gefallen. Die Würfelauswahl ist spannend, da ich unterschiedlich viele Ressourcen bekomme. Dabei darf ich in Summe nur maximal zehn Ressourcen und Reservierungsmarker auf meinem Tableau lagern und auch nichts freiwillig abschmeißen. Somit ist die Entscheidung wichtig, dass ich frühzeitig etwas reserviere und mir die richtigen Ressourcen dazu nehme. Auch wenn das Thema bei mir nicht so stark herauskommt, die Kathedrale, die entsteht, ist schön anzusehen. Besonders hervorzuheben ist die Grafik auf dem zentralen Tableau, die in einem russischen Stil die vier Jahreszeiten darstellt und sehr schön aussieht.

Auch wenn die Mechanik gut war, fühlte sich das Spiel recht wiederholend an. Ich erhalte zwar durch die Reservierung in der Kathedrale Boni auf manche Würfel, aber dennoch mache ich am Ende des Spiels genau das gleiche wie am Anfang: Teilstück(e) reservieren, Ressourcen sammeln, Ressourcen ausliefern für den Bau. Es ist zwar irgendwie unterhaltsam, aber ein Spannungsbogen entsteht dabei nicht. Spannend war dagegen die Endwertung. Beim Bau der Kathedrale kann jedes Teilstück (Tor, Fassade, Turm) auch noch mit Verzierungen verschönert werden, unabhängig davon, wer das Teilstück gebaut hat. Auf die Art konnte ich zum Ende des Spiels noch einmal ordentlich punkten. Obwohl ich gerade einmal drei Teilstücke an der Kathedrale gebaut hatte, erhielt ich durch vier Verzierungen in einem großen Turm die Mehrheitenwertung und entsprechend viele Punkte, sodass ich am Ende nur aufgrund eines Tie-Breakers den zweiten Platz einnehmen musste.

„Die rote Kathedrale“ hat mich nicht umgehauen, aber es ist definitiv ein solides Spiel, das ich wieder mitspielen würde. (7,5)

Die rote Kathedrale (Online auf Tabletopia)
Die rote Kathedrale (Online auf Tabletopia)

Wertung: (7,5)

#DieRoteKathedrale

Honey Buzz (Skellig Games, 2021)

Als ich mir „Honey Buzz“ das erste Mal anschaute, fiel mir natürlich die niedliche Grafik auf. Süße Bienenlarven mit Schlafmützen auf dem Kopf, Nektarsammelbienen mit Fliegerbrille oder die Währung in Form von Blättern, Haselnüssen und Bärentatzen. Nach genauerem Hinsehen entpuppt sich aus der schönen Larve aber ein nicht zu simples Kennerspiel. Das Thema des Spiels ist dabei, dass wir uns als Bienenvolk selbstständig machen wollen und den Honig auf dem lokalen Tiermarkt an Bären verkaufen möchten. Mechanisch steckt im Kern ein Arbeitereinsetzmechanismus gepaart mit Aktionswahl und Markttableau.

Wenn ich an der Reihe bin, kann ich meine Arbeiterbienen auf sechs Feldern einsetzen. Liegen in einem Feld bereits Arbeiterbienen, muss ich entsprechend eine Arbeiterbiene mehr dort einsetzen (der erste also eine Biene, der zweite zwei, der dritte drei etc.). Über die Felder führe ich keine Aktionen aus, sondern wähle mir nur ein Plättchen, das ich an meine bestehende Bienenwabe anlege. Die Plättchen bestehen aus zwei Hex-Feldern, von denen ein Feld eine von sechs Aktionen abbildet. Sobald ich eine Wabe schließe, sodass nur ein einziges leeres Feld in der Mitte übrig bleibt, führe ich alle Aktionen aus, die Teil dieser Wabe sind. Im besten Fall schaffe ich es also, sechs Aktionen mit dem Schließen einer Wabe zu erreichen. Die Aktionen sind dabei nicht schwer: neue Arbeiterinnen nehmen, auf der Wiese Pollen oder Nektar sammeln, Honig aus meinen Nektarplättchen produzieren oder auf dem Markt Pollen und Honig verkaufen oder dort Aufträge der Bären erfüllen.

Die Plättchenwahl und der Einbau, um damit dann Aktionen auszuführen, hat mir im Kern sehr gut gefallen. Ich kenne bisher kein Spiel, welches eine Aktionswahl auf diese Art und Weise ermöglicht. Diese Innovation kommt aber mit einem Preis. Und der heißt Downtime. Der innovative Mechanismus sorgt dafür, dass ich bei Abschluss einer Wabe 0-6 Aktionen ausführen kann. In unserem Testspiel auf Tabletopia mit vier Spielerinnen konnten wir aufgrund des Startaufbaus alle mit dem ersten Plättchen eine Wabe schließe und vier Aktionen ausführen. Und obwohl die Aktionen sehr einfach sind, dauert es einfach seine Zeit, bis eine Person diese Aktionen ausgeführt hat. Das fällt vor allem dann ins Gewicht, wenn ich in einer Runde einmal als Einziger keine Wabe abschließen kann und somit mein Zug nach zehn Sekunden vorbei ist. Dann danach zehn Minuten auf meinen nächsten Zug warten, kam mir etwas länglich vor. Aus dem Grund bin ich unsicher, was ich genau von dem Mechanismus halten soll, denn eigentlich habe ich keine Lust, „Honey Buzz“ auf die Art noch einmal zu spielen.

Dazu kam aber natürlich auch die umständliche Handhabung in Tabletopia. Es ist einfach aufwändig, die sechseckigen Plättchen korrekt auszurichten und in die eigene Wabe einzubauen. Wir haben deswegen nach etwa 45 Minuten Spielzeit das Spiel abgebrochen, da es vermutlich mindestens noch zweimal so lange gedauert hätte. In der Realität ist dies sicherlich einfacher und die angegebene Spieldauer von 90 Minuten vermutlich erfüllbar. Aufgrund des Abbruchs konnte ich das volle Potenzial des Spiels sicherlich nicht ausschöpfen. Überzeugt haben mich aber definitiv die Grafik und das Thema. Endlich ergibt es einmal in einem Spiel einen Sinn, dass ich sechseckige Plättchen lege. Und das Sammeln von Pollen und Nektar und produzieren von Honig passt sehr gut in die Verwaltung eines Bienenvolkes.

Sehr schön ist auch, dass mit mehr geschlossenen Waben und damit mehr Nektarplättchen auch mehr Honig bei der Produktion in meiner Bienenwabe landet. Da ich je nach Struktur der geschlossenen Wabe (abhängig von der Farbe der Ränder der umliegenden Plättchen) auch noch andere Honigsorten produziere, die unterschiedlich viel wert sind am Markt, gibt es einiges zu beachten. Und durch neue Arbeiterinnen kann ich auch noch mehr Plättchen kaufen und damit mehr Aktionen auslösen. Es entsteht somit ein (sehr) kleine Engine, die dafür sorgt, dass ich im Laufe des Spiels immer mehr machen kann und mehr erhalte.

Die Interaktion mit den Mitspielerinnen ist eher indirekt, aber dennoch gegeben. Zum einen verteuern die anderen Mitspielerinnen mir die Einsatzfelder, dann kämpfen wir auf der Wiese um die begehrte Pollen und den Nektar und auch auf dem Markt gilt es, nicht zu spät anzukommen, da der Preis für den Honig sonst schon zu weit gefallen ist. In unserer Testpartie habe ich innerlich einige Mal geflucht, weil mir jemand das letzte freie Plättchenfeld (ich hatte nur noch eine Biene zum Einsetzen) oder einen bestimmten Nektar vor der Nase weggeschnappt hat.

Mich würde „Honey Buzz“ in der Realität noch einmal interessieren. Da ich aber mit „Myrmes“ ein wirklich großartiges Insektenspiel besitze, gebe ich keine 60 Euro für ein Spiel aus, von dem ich nicht im Vorfeld hundertprozentig überzeugt bin. (8,0)

Honey Buzz (Online auf Tabletopia)
Honey Buzz (Online auf Tabletopia)

Wertung: (8,0)

#HoneyBuzz

Im Schatten der Pagode (Board Game Circus, 2021)

„Im Schatten der Pagode“ (auf Englisch „Four Gardens“ und vom Cover bitte nicht mit „Eternal Palace“ verwechseln) ist ein Familienspiel aus Südkorea. Das zentrale Element und Hingucker des Spiels ist eine vierstöckige Pagode, die so ausgerichtet wird, dass jede Spielerin auf eine der vier Wände blickt. An den vier Wänden jedes Stockwerks sind die Ressourcen Stein, Wasser, Holz und Gras – jeweils in der Anzahl 0 bis 3 – abgebildet. Die Stockwerke lassen sich einzeln, aber mit jeweils alle anderen Stockwerken darauf um 90 Grad drehen.

In „Der Schatten der Pagode“ wollen wir die Nachfolge der Königin antreten und müssen dafür den schönsten Garten rund um die Pagode anlegen. Hierfür haben wir Karten auf der Hand, welche auf der Rückseite einen Teil des Gartens zeigen. Die Rückseiten gibt es in verschiedenen Farben und (2 bis 5) verschiedenen Ausschnitten. Die richtigen Ausschnitte der gleichen Farbe zusammengelegt ergeben ein schönes Panorama. Auf der Vorderseite der Karte stehen die Baukosten in Form der Ressourcen Stein, Wasser, Holz und Gras. Zusätzlich sind jeweils zwei Aktionen abgedruckt: Einmal das Liefern von Ressourcen für ausgespielte Karten und daneben entweder das Drehen der Pagode und Erhalten von Ressourcen oder das Nehmen einer beliebigen Ressource.

Wenn ich am Zug bin, spiele ich entweder eine Karte in meinen Garten mit der Bauseite nach oben, sodass ich später die Ressourcen liefern und den Gartenabschnitt fertigstellen kann. Oder ich werfe eine Karte ab und führe eine der beiden auf ihr abgebildeten Aktionen aus. Bei der Pagode drehe ich nur das Stockwerk (und wie erwähnt automatisch alle darüber befindlichen) um 90 Grad, das auf der Karte abgebildet ist. Ich muss danach die Ressourcen nehmen, die auf der Pagodenseite zu sehen sind, die zu mir zeigt. Zusätzlich ist auf der Karte vorgegeben, ob ich die Ressourcen von oben nach unten oder umgekehrt nehmen muss. Da auf meinem Tableau nur Platz für vier Ressourcen sind und ich für die Gartenabschnitte oft verschiedene und nicht die gleichen Ressourcen benötige, ergibt sich durch das Ausspielen einer Pagodenkarte eine spannende Entscheidung, die auch die Mitspielerinnen betrifft. Wenn ich durch die Lieferung von Ressourcen einen Teil des Gartens beende, drehe ich diese Karte um und erhalte hierfür in einer von vier Farben (die für vier Gottheiten stehen) einen Punkt. Diese Punkte erhalte ich nachträglich auch immer wieder erneut, wenn ich den Garten in dieser Farbe erweitere. Beende ich ein Panorama durch die letzte Karte einer Reihe, erhalte ich einen kleinen Bonus. Das Spiel endet, wenn jemand eine gewisse Anzahl an Gartenkarten gebaut hat. Für jede der vier Gottheiten werden die Gunstpunkte addiert und wer am meisten Gunst erworben hat, gewinnt.

Ein bisschen erinnert mich das Spiel an „Die rote Kathedrale“ (siehe oben). Ich sammel Ressourcen, dabei ist der Lagerplatz beschränkt. Ich reserviere mir Teilstücke (eines Gartens/einer Kathedrale) und liefere die Ressourcen dann aus. Dennoch spielt sich „Im Schatten der Pagode“ einfacher und nicht so verkopft. Zusätzlich ist die Interaktion wesentlich niedriger. Durch die Pagodendrehung ergibt sich zwar oft eine neue Situation, wenn ich an der Reihe bin und natürlich kämpfen wir ein bisschen um die Gunst der Götter, aber es ist kein Wettrennen und es gibt auch keine Mehrheitenwertung, sodass ich meinen Garten so gestalten kann, wie ich mag. Was die anderen Mitspielerinnen tun, ist für mich eher zweitrangig.

Ebenfalls erinnert hat mich das Spiel an „Kanagawa“. Auch hier befinde ich mich in Japan und male/erschaffe Landschaften, aber ich finde „Kanagawa“ das abwechslungsreichere und interessantere Spiel. „Im Schatten der Pagode“ ist eher ein ruhiges, entspanntes Spiel, welches ich nebenher mit Freunden spielen kann, während wir über dies und das reden. Damit ist es sicherlich auch für Familien und Spieleeinsteiger empfehlenswert. Die Regeln finde ich für das Selbstlernen aber teilweise etwas seltsam geschrieben. Denn für jede Aktion gibt es die eigentlichen Regeln und dann folgt manchmal ein Kasten mit „Zusätzlichen Regeln“. Durch die Abhebung mit einem Rahmen wirkt es noch einmal wie eine besondere Herausstellung. Aus anderen Spieleanleitungen bin ich eher gewöhnt in solchen Kästchen Beispiele zu finden, weswegen es am Anfang passierte, dass ich wichtige Passagen überlas. Warum diese „zusätzlich“ sind und nicht einfach Teil der „normalen“ Regeln und auch entsprechend dargestellt werden, erschloss sich mir nicht.

Was ich schade fand, war, dass die Erklärerin des Spiels nur eine Kurzübersicht der Regel hatte, die nicht von ihr geschrieben war und auch noch einige ihr unbekannte Messemodifikationen enthielt. Das führte bei mir zu „kleinen“ Konflikten, da so gut wie jede erklärte Aktion der Anleitung widersprach. Das hemmte leider etwas den Spielfluss. Normalerweise finde ich es – vor allem auf Messen – gut, wenn auf irgendeine Art und Weise das Spiel beschleunigt wird, um es kennenzulernen. Dann sollte dies aber auch vorab gesagt werden, da sonst entweder bei Mitnahme des Spiels dieses daheim komplett falsch gespielt wird. Oder die Verwirrung sehr groß ist, wenn die Käuferin die Regeln liest und ein ganz anderes Spiel entsteht. Und ja, die Regeländerungen auf der Messe waren schon gravierend und niemand sollte mit diesen real spielen. (Beispiele: Die Pagode konnte beliebig, auch 180 Grad gedreht werden. Beim Legen von Karten in meinen Garten habe ich zusätzlich noch eine der Aktionen ausgeführt, ich konnte also eine Gartenkarte legen und gleichzeitig Ressourcen damit nehmen. Das Spiel sollte nach neun offenen Gartenkarten in Summe über alle Spielerinnen enden und nicht erst, als eine Spielerin neun Gartenkarten hatte. Damit war das Spiel aber viel zu schnell vorbei und kaum jemand konnte ein Panorama beenden.)

„Im Schatten der Pagode“ ist definitiv kein schlechtes Spiel, nur fehlt mir etwas die Besonderheit. Die Pagode zur Ressourcenwahl sticht logischerweise heraus, aber der Rest ist dann ein eher normales Set-Collection-Spiel. Zugutehalten muss ich dem Spiel, dass es schön aussieht. Nicht nur die Pagode, sondern auch die Gartenkarten sind sehr schön gezeichnet. Die Pagode hat nur das gleiche Problem wie der Baum in „Everdell“: Das, was hinter der Pagode liegt, sehe ich nicht. Und so musste ich in Tabletopia mehrmals die Ansicht wechseln, damit ich sehen konnte, welche Karten in der offenen Auslage zum Nachziehen lagen. Bei „Everdell“ kann ich den Baum zumindest weglassen. Die Pagode ist aber das zentrale Spielelement. Es wäre dem Verlag natürlich möglich gewesen, den Mechanismus durch eine simples Rad mir vier Scheiben, von denen ich eine und alle darauf befindlichen drehe, umzusetzen. Die Pagode macht optisch natürlich mehr her. Die Optik schlägt aber nicht die einfachere Spielmechanik. Daher würde ich bei einem ähnlichen Thema immer „Kanagawa“ bevorzugen. (6,5)

Im Schatten der Pagode (Online auf Tabletopia)
Im Schatten der Pagode (Online auf Tabletopia)

Wertung: (6,5)

#ImSchattenDerPagode

Arche Nova (Feuerland, 2021)

Eines der vorab am meisten erwarteten Spiele der SPIEL'21 war „Arche Nova“. Ein Zoo aus Plättchen bauen und darin Tiere ansiedeln klingt nicht allzu spektakulär oder gar neu, die Mechanik beziehungsweise die Verzahnung verschiedener Mechanismen ist aber das, was „Arche Nova“ glänzen lässt.

Alle Spielerinnen bauen in „Arche Nova“ einen Zoo auf. Dabei ist es nicht nur wichtig, attraktive Tiere zu präsentieren, um Besucher anzulocken, sondern auch viel für den Artenschutz zu tun, denn nur auf die Art kann ich gewinnen. Für das Spiel stehen mir fünf Aktionen zur Verfügung, die durch fünf Karten in fünf nummerierten Plätzen repräsentiert werden. Wenn ich eine Aktion ausführen möchte, hat die Karte eine bestimmte Stärke, je nachdem, an welchem Platz sie liegt. Nach der Nutzung schiebe ich sie wieder nach vorne auf den ersten, schwächsten Platz. Das Prinzip ist nicht neu, aber dennoch spannend, auch wenn natürlich sehr oft die Wahl auf die Aktionen mit der Stärke 3, 4 oder 5 fällt. Es kann aber spielentscheidend sein, eine schwächere Aktion zum richtigen Zeitpunkt auszuführen.

Eine der Aktionen erlaubt mir meinen Zoo mit weiteren Gehegen zu vergrößern. Die Gehege kommen mit 1 bis 5 Hex-Feldern daher und müssen entsprechend auf mein Zoo-Tableau eingebaut werden. Mit einer anderen Aktionskarte kann ich dann ein Tier in einem der Gehege ansiedeln, dessen Karte ich zuvor mit einer weiteren Aktion auf die Hand genommen habe. Für das Ausspielen bringt jede Tierkarte einige Voraussetzungen mit: Neben der Gehegegröße können das auch benachbarte Stein- oder Wasserfelder sein. Aber auch Anforderung an befreundete Zoos anderer Kontinente oder andere Tiere im Zoo sind möglich. Eine ausgespielte Tierkarte bringt mir neben der Attraktivität, die auch mein Einkommen am Rundenende bestimmt, manchmal auch Artenschutzpunkte und andere Aktionen. Eine weitere Aktionskarte lässt mich Sponsorenkarten ausspielen, die Einmal-, Dauer- oder Spielendeeffekte haben. Und mit der letzten Aktionskarte kann ich mich mit Zoos anderer Kontinente anfreunden, in die Universität investieren oder etwas zu Artenschutzprojekten beisteuern.

Das Spielende wird eingeläutet, sobald die zwei gegenläufigen Marker für Attraktivität und Artenschutz sich treffen. Dies ist vielen schon aus „Rajas of the Ganges“ bekannt und funktioniert genauso gut. In der Regel muss ich beide Marker voranbringen, aber dennoch kann ich meinen Fokus mehr auf Artenschutz oder mehr auf die Attraktivität meines Zoos richten, was mir sehr gefällt. Nachdem jeder (außer der Spielerin, die das Spielende provoziert hat) noch einmal dran war, gibt es noch Artenschutzpunkte durch Sponsorenkarten und geheime Zielkarten. Und wessen beiden Marker nun am meisten auseinander liegen, hat gewonnen.

Die obige Beschreibung ist nur eine kurze Zusammenfassung. Die komplette Spielerklärung hat bei uns 45 Minuten gedauert und ich vermutete, dass dies auch nicht kürzer wäre, wenn ich das Spiel jemanden neu beibringen müsste. Trotz der vielen Regeln und der starken Verzahnung spielt sich „Arche Nova“ von Anfang an recht intuitiv. Auch wenn mich die Symbole auf den Karten zuerst erschlagen haben, sind sie so eingängig, dass es nach zwei Runden keine Fragen mehr gab. Und auch das Zusammenspiel der anderen Karten und Boni im Zoo ist ziemlich schnell erfasst, was die Einstiegshürde trotz der Komplexität des Spiels doch niedrig hält. Erschlagen könnte den einen oder die andere die Tischpräsenz. Die Dimension des Spielbretts für die Kartenauslage und Marker plus Zusatzbrett für den Artenschutz und Projekte mitsamt vier Spielertableaus und den ganzen ausgelegten Karten verlangt einen großen Tisch. Leider einen so großen, dass ich gar nicht daran denken muss, mir „Arche Nova“ zuzulegen, weil ich es sonst nur auf dem Fußboden spielen könnte.

Die Interaktion im Spiel hält sich stark in Grenzen. Es gibt Karten, die sich auf meine Mitspielerinnen beziehen („Erhalte 3 Geld, wenn irgendjemand einen Vogel spielt.“) und manchmal nahmen wir uns aus der offenen Auslage oder bei den Artenschutzprojekten etwas weg. Ansonsten baut aber jeder für sich seinen eigenen Zoo auf, was zumindest mir sehr gefallen hat. Es ist zwar teilweise etwas schade, dass ich nur ganz wenig auf den Zoo und die Tiere meiner Mitspielerin geschaut habe, aber ich war meist mit meiner eigenen Planung beschäftigt. Und die beschäftigt einen wirklich. Zu zweit haben wir etwas mehr als 3 Stunden gespielt, was neben der Tischgröße mein zweiter Kritikpunkt ist. Wichtig: Ich sehe das nicht kritisch, weil es langweilig gewesen ist. Ganz im Gegenteil! Nach etwa anderthalb Stunden überlegten wir, aufzuhören. Aber wir beide wollten dann doch noch nur diese paar Tiere von der Hand ansiedeln (und nicht „bauen“, wie es uns mehrfach herausrutschte). Und als das geschehen war, wollten wir nur noch kurz das und das erledigen. Es spricht sehr für das Spiel, dass wir mehrmals überlegten aufgrund der Spieldauer aufzuhören, aber einfach nicht wollten. Die Kritik betrifft also die Spieldauer als Ganzes, denn abends mal kurz eine Partie „Arche Nova“ einzuschieben, ist nicht möglich. Es sollte schon bis Mitternacht eingeplant oder lieber tagsüber gespielt werden.

Da es eine geringe Interaktion gibt, spielt sich „Arche Nova“ solitär ebenfalls sehr gut. 27 Züge habe ich Zeit, damit sich der Attraktivitäts- und der Artenschutzmarker treffen, um das Spiel zu gewinnen. Über den Startwert der Attraktivität kann ich das Spiel schwerer oder leichter machen. Dadurch, dass so gut wie nichts am Spiel verändert werden muss (einzig die Pause wird etwas anders gehandhabt), gibt es auch kaum neue Regeln zu erlernen, was mir sehr gefallen hat. Für meine erste Solopartie habe ich circa 90 Minuten gebraucht und bin leider gescheitert, da ich kaum Artenschutzpunkte generieren konnte. Daran habe ich auch gemerkt, dass das Spiel sehr vom Kartenglück abhängt, vor allem bei weniger Spielerinnen, wenn weniger Karten vom Stapel im Durchlauf sind. Wenn aber als Artenschutzprojekte nur Australien, Pflanzenfresser und Fleischfresser ausliegen, in den ersten 20 Zügen aber nur jeweils ein Tier mit eine der Bedingungen in der Auslage erscheint, dann kann ich wenig zum Artenschutz beitragen. Dennoch hat es auch allein Spaß gemacht, den Zoo aufzubauen.

Wie geschrieben ist die Symbolik sehr leicht eingängig. Die X-Marker, um eine Aktion zu verstärken, hätte ich vermutlich noch mit einem kleinen „+1“ versehen und an einer Stelle kam ich bei den befreundeten Zoos bei der Farbgebung durcheinander, da sowohl ein Kontinent als auch das Symbol „Partnerschaft“ die gleiche Hintergrundfarbe haben. Sehr gut gefallen haben mir auch die Tierfotos und anderen Darstellung auf den Karten. Dadurch bekommt das Spiel mehr Realitätsnähe und wirkt nicht zu künstlerisch künstlich. Lustig ist natürlich auch, wenn auf den Karten „bekannte“ Personen wie Elizabeth Hargrave (Autorin von „Flügelschlag“) als Ornithologin oder Christian Hildenbrand (Redakteur bei Amigo, aber gelernter Tierarzt) mit Schlange in der Hand auftauchen. Ich gebe aber zu, dass ich diese kleinen Gags ohne die Erklärerin von Feuerland nicht gefunden hätte. Ein kleiner Kritikpunkt ist noch die Ablagefläche für Geld und X-Marker: Diese war bei uns sehr oft zu klein, aber natürlich konnten wir das Geld einfach neben dem Spieltableau stapeln.

Der Elefant im Raum wurde noch nicht angesprochen: der Vergleich von „Arche Nova“ zu „Terraforming Mars“. Die Ähnlichkeiten, die ich sehe, sind, dass ich Karten in meine eigene Auslage spiele, die Anforderungen an vorher ausgespielte Karten haben, und, dass wir Hex-Plättchen auf ein Tableau legen. Die Spielmechanik und die Aktionen sind gänzlich anders und nicht vergleichbar. Auch die Interaktion ist eine ganz andere, gibt es in „Terraforming Mars“ doch noch einen Area-Control-Aspekt, da alle auf dem gleichen Tableau den Mars besiedeln. Was noch ähnlich ist: Sowohl bei „Terraforming Mars“ als auch bei „Arche Nova“ verliere ich vor lauter Karten ausspielen, weil das alles so schön zusammenpasst, das Spielziel aus den Augen. Aber das spricht wohl eher für die Spiele als dagegen.

Mir haben die bisherigen zwei Partien „Arche Nova“ sehr gut gefallen. So gut, dass ich zwischendurch trotz der Spiellänge nicht aufhören wollte. So gut, dass ich gerne noch mehr Partien spielen würde. Und so gut, dass ich nach Schreiben dieses Textes das Spiel bestellt habe, obwohl ich es tatsächlich nicht auf meinen Tisch bekommen werde – also nicht zeitlich, sondern wegen der Spielplandimension. Ich habe aber die Hoffnung, dass den Mitspielerinnen es auch auf dem Fußboden gefällt. (9,5)

Arche Nova (Online auf Tabletopia)
Arche Nova (Online auf Tabletopia)

Wertung: (9,5)

#ArcheNova

Paint the Roses (North Star Games, 2022)

„Paint the Roses“ ist ein gerade auf Kickstarter laufendes Projekt, welches mich aufgrund der Thematik sehr interessiert hat. Wir sind die Gärtner der bösen Herzkönigin in „Alice im Wunderland“. Die Königin hat immer neue Wünsche, wie der Garten gestaltet werden soll. Gemeinsam bauen wir den Garten auf und versuchen die geheimen Wünsche der Königin, die jede Spielerin auf der Hand hält, zu erraten. Wenn wir das aber nicht schaffen, holt uns die Königin ein und es heißt „Kopf ab!“ Im Kickstarter gibt es auch noch eine Erweiterung, die ich aber nicht anspielen konnte.

Mechanisch handelt es sich bei „Paint the Roses“ um ein kooperatives Deduktionsspiel. Alle Spielerinnen haben eine Wunschkarte der Königin verdeckt auf der Hand. Auf dieser sind zwei Farben (aus den vier Farben Gelb, Lila, Rosa und Rot) oder Symbole (die bekannten vier Standardfarben in Kartenspielen: Karo, Herz, Pik und Kreuz) abgebildet. Je nach Schwierigkeitsstufe der Karte kann es dann auch zur Kombination Farbe/Symbol kommen. Wenn ich an der Reihe bin, wähle ich eines der vier ausliegenden, sechseckigen Gartenplättchen, auf denen immer ein Symbol plus Farbe abgebildet ist, und lege es auf einen freien Platz im Garten. Danach markieren alle Spielerinnen inklusive mir mit kleinen Marker, wie viele Übereinstimmungen das neue Plättchen mit den bis zu sechs umliegenden bezogen auf die eigene Wunschkarte hat. Wenn meine Wunschkarte beispielsweise „Herz/Pik“ zeigt und jemand legt ein rotes Herz-Plättchen neben ein lila Pik-Plättchen, ein gelbes Pik-Plättchen und ein lila Karo-Plättchen, dann lege ich zwei Marker auf das gelegte Plättchen, da Pik zweimal neben Herz liegt. Meine Mitspielerinnen können nun aus meinen zwei Markern schließen, dass ich entweder die Kombination Herz/Pik habe oder vielleicht auch Rot/Lila oder – wenn ich eine schwere Wunschkarte genommen habe – auch Herz/Lila oder Rot/Pik.

Wenn alle ihre Marker gelegt haben, müssen die Spielerinnen eine Wunschkarte erraten. Liegen sie richtig, gehen sie entsprechend viele Felder auf einer Leiste voran. Die Leiste stellt keine Punkte im eigentlichen Sinne dar. Sie hat aber zwei Funktionen: Zum einen verfolgt uns die rote Königin. Sie läuft anfangs immer einen Schritt. Wenn wir falsch raten, doppelt so weit. Zusätzlich können wir als Gärtner das weiße Kaninchen einholen, welches dann aber zur nächsten Basis vorläuft. Immer, wenn wir das Kaninchen erreichen, beschleunigt die Königin und läuft ab da einen Schritt mehr. Je weiter wir also im Spiel vorankommen, desto schneller wird die Königin und holt uns vor allem bei Fehlrateversuchen sogar ein. Das Spiel endet und die Spielerinnen haben gewonnen, sobald der ganze Garten mit Plättchen vollgepuzzelt wurde.

„Paint the Roses“ ist im Kern ein abstraktes Spiel, welches ich dafür thematisch aber gut umgesetzt finde. Die Herzkönigin, die uns verfolgt. Das weiße Kaninchen, das wir nie wirklich einholen können, weil es immer wegläuft. Die Anspielungen der Spielkarten und Farben im Garten der Königin. Die drei Figuren sind dabei auch noch schön anzusehen, auch wenn ich das Kaninchen mit Schnurrbart irgendwie seltsam finde. Die restliche Grafik ist für das eigentliche Spiel funktional, aber dennoch hübsch anzusehen. Schade finde ich natürlich, dass wir nicht Alice den Garten gestalten und vor der Herzkönigin davon laufen lassen. Dadurch, dass es aber ein kooperatives Mehrpersonenspiel ist, sind die zwei Gärtner als eine Figur auch passend.

Das Gefühl im Spiel war ein Auf und Ab der Emotionen. Ich fange mit dem Höhepunkt an: Wir legen das letzte Gartenplättchen. Die Herzkönigin ist sechs Schritte hinter uns. Wir haben von keinem von uns Dreien einen exakten Tipp. Wenn wir falsch liegen, holt uns die Königin ein und wir verlieren. Für meine einfache Wunschkarte haben meine zwei Mitspielerinnen immerhin „nur“ noch vier Kombinationen als mögliche zur Auswahl. Da wir raten müssen, wird bei mir geraten. Bei einer 25% Chance! Und? Es passt tatsächlich. Wir gehen zwei Schritte vor, die Königin vier, also immer noch zwei Abstand. Und wir gewinnen das Spiel. Das war wirklich großartig und spannend! Die eine Stunde davor gestaltete sich aber manchmal sehr frustrierend, manchmal sehr langatmig. Die Langatmigkeit kommt aus einem Phänomen, das mir zuerst bei „Codenames“ aufgefallen ist und mich heute noch stört. Wenn bei „Codenames“ der Agentenchef einen Tipp überlegt, heißt es Warten für die ganze Gruppe. Natürlich soll der Tipp gut sein und so dauert das eine Weile. Das gleiche Problem gibt es bei „Paint the Roses“. Ich möchte meinen Mitspielerinnen einen guten Tipp geben, der viel verrät. Also gehe ich die vier zur Verfügung stehenden Plättchen durch, prüfe die X freien Plätze im Garten und markiere mir im Kopf, welchen neuen Informationen es dadurch gibt. Und das dauert je nach Spielerin recht lange. In dieser Zeit sitzen die anderen nur da und warten. Im Gegensatz zu „Codenames“ kann ich hier aber wenig Smalltalk machen, weil das die aktive Spielerin zu sehr ablenkt. Das zweite Problem war mein Frust aus zwei Gründen: Zum einen war es frustrierend zu sehen, wenn eine Mitspielerin ein Plättchen legt, was keinerlei neue Informationen hervorbringt. Oder wenn (in meinen Augen) das falsche Plättchen gewählt wird, weil ein anderes an einer anderen Stelle viel mehr verraten hätte. Und das ist frustrierend, weil ich nicht einmal darauf hinweisen darf. Zum anderen hatte ich als Wunschkarte von Anfang an Rosa/Rosa auf der Hand. Leider kamen sehr lange keinerlei rosa Plättchen zum Hinlegen, was dazu führte, dass ich nie einen Würfel als Tipp legen konnte. Die zwei Mitspielerinnen konnten also nur durch das Nicht-Vorhandensein meiner Würfel über zig Runden hinweg einzelne Kombinationen abkreuzen, bis es am Ende noch eine 50:50-Chance gab.

Allgemein gibt es zwei Möglichkeiten für den Verlauf beim Raten: Entweder jemand legt Würfel und man hat eine gute Ausgangsbasis für mögliche Kombinationen (meist sind das maximal vier Stück). Oder jemand legt mehrere Runden keine Würfel und man kann nur sehr mühsam im Ausschlussverfahren die richtige Kombination herausfinden. Das erste fand ich zwar sehr logisch, aber auch teilweise zu leicht. Das letzte wiederum wie oben geschrieben eher frustrierend und langatmig. Für diese Fälle liegen dem Spiel Notizblöcke bei, auf denen man für jede Spielerin ankreuzen kann, welche Möglichkeiten es gibt oder definitiv nicht gibt. Und irgendwie war es ein wenig langweilig, die Wunschkarten auf diese Art und Weise zu deduzieren. Ich gebe aber zu, dass es bei den schweren Wunschkarten mit 36 möglichen Kombinationen schwer wird, diese im Kopf abzuhaken.

In Summe heißt das für mich, dass ich das Spiel nicht unterstützen werde. Ich würde es vermutlich wieder mitspielen, aber ich denke, nur wer solche Logikrätsel mit Ankreuzen spannend findet, hat an „Paint the Roses“ langfristig seine Freude. Es gefällt mir ungefähr gleich gut wie „Cryptid“, aber definitiv besser als „Die Alchimisten“. Sehr schön ist, dass es meist keine Denkfehler durch den kooperativen Aspekt und die Diskussion gibt. Das fand ich bei den vorgenannten kompetitiven Titeln oft frustrierend. (7,5)

Paint the Roses (Online auf Tabletopia)
Paint the Roses (Online auf Tabletopia)

Wertung: (7,5)

#PaintTheRoses

Aufgrund der Textgröße, die der Blog nicht speichern kann, geht es weiter bei Teil 2

Kurzurlaub im Nordschwarzwald

Nach langer Pause haben wir uns wieder eine kleine Auszeit gegönnt. Für vier Tage ging es in den Nordschwarzwald nach Alpirsbach, das der eine oder andere vielleicht von der Brauerei her kennt. Dort sind wir in einer kleinen Ferienwohnung der Schwarzwald Lounge untergekommen. Die Wohnung war wirklich gut ausgestattet und der Blick auf den Schwarzwald vom Balkon aus war herrlich – auch die vorbeifahrende Bahn hat nicht wirklich gestört. Sowohl auf dem Hin- und Heimweg als auch von der Wohnung aus machten wir verschiedene Ausflüge.

Aussicht auf den Schwarzwald
Aussicht auf den Schwarzwald

Baumwipfelpfad Bad Wildbad

Auf dem Hinweg machten wir in Bad Wildbad am Baumwipfelpfad halt. Die barrierefreien Wege führen durch die Baumwipfel verschiedener Laub- und Nadelbäume. An einzelnen Stellen gibt es Buchten mit wissenswerten Informationen über den Wald, aber manchmal auch kleine Hindernisparcours, die ich ganz witzig fand. Eine Futterstelle für Vögel lädt verschiedene fliegende Waldbewohner ein, die sich dann auch fotografieren lassen. Der Weg war Anfang September nicht zu überfüllt, sodass wir gemütlich ohne Gedränge durch die Bäume schlendern konnten.

Vögel am Baumwipfelpfad
Vögel am Baumwipfelpfad

Am Ende des Weges wartete ein 40 Meter hoher Aussichtsturm auf uns. Der helixartige Aufgang führt hinauf zu der 360-Grad-Aussichtsplattform. Die Aussicht ist wirklich toll, eine Windjacke ist aber empfehlenswert. Runter geht es entweder auf dem gleichen Weg oder über eine 55 Meter lange Tunnelrutsche. Wir haben uns für die Fußvariante entschieden und sind danach über den Waldweg zurück zum Parkplatz gelaufen.

Aussichtsturm am Baumwipfelpfad
Aussichtsturm am Baumwipfelpfad
Rutsche von der Aussichtsplattform
Rutsche von der Aussichtsplattform

Als Einstimmung für den Urlaub fand ich den Baumwipfelpfad sehr schön, denn es war (bis auf den Aussichtsturm) eher ruhig und entspannend.

Panorama-Bad Freudenstadt

Den nächsten Tag verbrachten wir teilweise im Panorama-Bad in Freudenstadt. Das Bad hat einen großen Innenbereich, zu dem zahlreiche Schwimmbecken zählen. Auch für die ganz Kleinen ist etwas dabei, die bei einem halben Meter Wassertiefe planschen können. Diverse Rutschen sorgen bei den Älteren für Spaß. Es gibt auch einen Außenbereich, für den es uns aber zu kühl war. Im integrierten Restaurant konnten wir danach noch eine Stärkung zu uns nehmen.

Ich mag Schwimmbäder, die mehr bieten als nur ein Becken, in dem ich Hin- und Herschwimmen kann. Dementsprechend hat mir das Panorama-Bad in Freudenstadt auch gut gefallen. Als halbtägliche Pause vom Sightseeing lohnt sich ein Besuch also.

Danach ging es noch nach Freudenstadt auf den größten bebauten Marktplatz Deutschlands.

Brauereimuseum Alpirsbach

Da wir in Alpirsbach übernachteten, bot sich eine Tour durch die Brauerei natürlich an. Etwa eine Stunde dauert die Führung, in der viel zur Geschichte der Klosterbrauerei gesagt wird, aber natürlich auch der Bierbrauprozess erklärt wurde. Am Ende ging es in den Bierkeller, in dem die Biere der Brauerei vorgestellt und zwei beliebige davon von jeder Person auch verköstigt werden durften.

Es war für mich nicht die erste Brauerei, die ich besichtigt habe. 2010 konnte ich mir in Dublin die Guinness Brauerei (wenn auch ohne Führung) ansehen. So war nicht alles neu – vor allem, was den Brauprozess angeht. Aber es war dennoch alles sehr interessant, sodass ich die Führung nur empfehlen kann.

Vor der Führung schlenderten wir noch etwas durch den an das Kloster angrenzenden Kurgarten und genossen die Sonne, die Blumen und den Springbrunnen.

Kloster in Alpirsbach
Kloster in Alpirsbach

Alternativer Wolf- und Bärenpark Bad Rippoldsau

Auf dem Heimweg machten wir Halt am Alternativen Wolf- und Bärenpark in der Nähe von Bad Rippoldsau-Schapbach. In dem Park leben in großen Waldarealen Bären, Wölfe und inzwischen auch zwei Luchse, die aus der Gefangenschaft befreit wurden. Die Tiere leben dort in einer eher natürlichen Umgebung mit vielen Bäumen, Pflanzen und Wasser. Ein zwei Kilometer langer Rundweg führt an den verschiedenen Gehegen vorbei. Wir hatten öfters Glück und es zeigten sich auch einige Bären. Die Luchse und Wölfe konnten wir aber nicht sichten. Aber so ist das eben in einem Park mit Wildtieren.

Alternativer Wolf- und Bärenpark
Alternativer Wolf- und Bärenpark

Mich erinnerte der Park sehr an das Bear Sanctuary in der Nähe von Pristina (Kosovo), in dem ebenfalls befreite Bären leben und sich wieder an eine natürliche Lebensweise gewöhnen sollen. So etwas unterstütze ich gerne und finde es schön, dass es solche Parks auch in Deutschland gibt.

Ein Bär mit viel Auslauf
Ein Bär mit viel Auslauf
Ein Bär beobachtet die Besucher, der andere badet im Hintergrund
Ein Bär beobachtet die Besucher, der andere badet im Hintergrund

(Neu) Gespielte Spiele im September 2021

Die Spielemesse in Essen steht vor der Tür, in zwei Wochen ist es soweit. Ich freue mich derweil auf das digitale Programm und hoffe, wie letztes Jahr einige Titel (an)spielen zu können. Aber auch im September habe ich den einen oder anderen Spieletitel vorab kennenlernen dürfen.

Kyoto (Pegasus, 2020)

Ich interessiere mich immer für Spiele, die das Thema „Klimaschutz“ in irgendeiner Art adressieren. Sei es das Schwergewicht „CO₂“ von Vital Lacerda, das kooperative Leichtgewicht „Rettet die Eisbären“ oder der ganz neue Kickstarter „The Spill“. Letztes Jahr kam zur SPIEL.digital 2020 das Spiel „Kyoto“ heraus. In diesem verhandeln fünf Nationen maximal 12 Jahre lang darüber, welche Studien in Auftrag gegeben werden, um das Klima zu verbessern. Können sich die Länder einigen und auf entsprechend Wohlstandsgüter (wie Kreuzfahrten, Kohlekraftwerke, Oldtimer etc.) verzichten und sich auch noch über die Finanzierung einigen, ist alles okay. Nach zwölf Jahren ist das Spiel vorbei und die Nation mit dem größten Wohlstand und Einfluss gewinnt. Falls eine Studie aber nicht erfolgreich abgeschlossen wird, kommt es zu einer Katastrophe: Luftverschmutzung, Erderwärmung oder Artensterben. Ist eine der drei Katastrophen fünfmal eingetreten, ist das Spiel ebenfalls vorbei. Dann gewinnt aber nicht die Nation mit dem größten Wohlstand, sondern die mit dem zweithöchsten Wert.

Um meine Kritik zu verstehen, muss ich die sehr simple Mechanik kurz erklären. Alle Spielerinnen haben (in einem Vier-Personen-Spiel) zu Beginn 15 Millionen Geld und 12 Wohlstandskarten, die schädlich für die Umwelt sind. Es gibt immer eine aktive Spielerin, welche die Verhandlung in der Runde leitet und reihum wechselt. Wenn ich diese Rolle habe, ziehe ich geheim zwei Studienkarten und wähl eine aus und stelle diese meinen Mitspielerinnen vor. Auf der Studienkarte stehen Bedingungen, die erfüllt werden müssen, damit die Studie durchgeführt werden kann. Zum einen muss ein bestimmter Betrag in der Runde gesammelt werden. Zum anderen müssen Wohlstandskarten abgeworfen werden, um beispielsweise eine bestimmte Menge CO₂ zu sparen. Auf der Studienkarte steht auch, was passiert, wenn die Studie nicht erfolgreich abgeschlossen wird (Luftverschmutzung, Erderwärmung oder Artensterben oder eine Kombination davon). Zusätzlich steht auf der Karte eine zweite Katastrophe, die aber nur mir als aktivem Spieler bekannt ist. 90 Sekunden haben wir dann Zeit gemeinsam genügend Geld und Wohlstandskarten auszulegen, um alle Bedingungen zu erfüllen. Gelingt dies nicht, treten beide Katastrophen ein. Gelingt es, wähle ich aus, welche Wohlstandskarten benutzt werden sollen bzw. von wem das Geld kommen soll – falls überbezahlt wurde. Nach 12 Runden bzw. 24 Studienkarten ist Schluss. In die Wertung jeder Nation fallen neben den übrigen Wohlstandskarten und dem Geld auch noch zwei geheimen Agenden, die wir zu Spielbeginn auswählen konnten. Diese geben oft vor, an was wir Interesse haben.

Aber soweit kamen wir nicht. In Runde 5 war das Spiel bereits vorbei, da sowohl die Erderwärmung als auch die Luftverschmutzung fünfmal vorangeschritten war. Der Grund war, dass wir von den fünf Studien nur zwei erfolgreich abschließen konnten. Das „Problem“ war, dass eine Nation (aufgrund ihrer Agenda) konsequent nichts oder extrem wenig zur Erfüllung der Studie beigesteuert hat. Die anderen drei Nationen spielten Karten und Geld, aber oft nicht genug, weil niemand zu viel aufgeben wollte. Dadurch scheiterten drei Studien und das Spiel war vorbei. Ich finde, dass die Realität hierbei extrem gut eingefangen wurde. Denn sehr oft ist es so, wenn mehrere Verhandlungspartner am Tisch sitzen, die eigentlich ein gemeinsames Ziel verfolgen: Wenn einer gar nicht mitmacht, haben die anderen auch wenig Lust viel beizusteuern. Spielmechanisch hat „Kyoto“ dieses Dilemma sehr gut eingefangen. Leider funktionierte das aber bei uns am Spieltisch nicht so ganz bzw. ließ es keine „schöne“ Partie entstehen. Es wirkte bei so kurzer Zeit ein bisschen wie Zufall, wer am Ende auf Platz 2 bei der Wertung steht – und damit dann das Spiel gewonnen hat.

In meinen Augen funktioniert das Spiel aber auch nicht so richtig, weil es semi-kooperativ ist. (Eigene Meinung: Semi-kooperative Spiele funktionieren selten richtig gut.) Sobald eine Spielerin merkt, dass sie nicht Erste sein kann, wird sie alle Studien „sabotieren“ und nichts mehr beisteuern. Natürlich können die anderen Nationen die Studien dennoch erfolgreich abschließen, aber vermutlich wird das nicht geschehen, weil sie damit die nicht mehr mitspielende Spielerin gewinnen lassen könnten. Nach meinem ersten Eindruck führt das in einer Partie dazu, dass jeder Zweiter werden will. Und irgendwie sollte das nicht das Ziel des Spiels sein. Wie gesagt, ist die Realität damit in meinen Augen gut eingefangen. Aber die Realität macht halt auch keinen Spaß …

Das Thema finde ich dabei echt klasse umgesetzt. Die Studientexte sind stimmig, auch die eigenen geheimen Agenden sind vielfältig. Schade war nur, dass der Flavortext ein Copy&Paste mit minimal veränderten Parametern ist. Da hätte ich mir noch mehr eigenständige Texte für die Stimmung gewünscht. Auch schade war, dass der angedachte Verhandlungsaspekt gar nicht zum Zuge kam. Eigentlich ist angedacht, dass ich meine Mitspielerinnen bestechen kann, damit sie bestimmte Handkarten ausspielen bzw. wieder zurücknehmen. Vielleicht hätten wir den Bestechungsaspekt nutzen sollen, um die blockierende Nation dazu zu überreden, doch noch eine Karte reinzuwerfen. Ich gebe zu, dass mir solche Verhandlungsaspekte in Spielen selten gefallen, weil mir das Verhandeln einfach nicht liegt (aus dem Grund bin ich auch kein Fan von „Catan“).

Ich hätte nach der ersten Partie gerne eine zweite drangehängt, um zu sehen, wie es sich spielt, wenn wir mal versucht hätten, die Welt nicht zu zerstören. Aber irgendwie war kaum jemand so richtig für eine zweite Partie zu begeistern. Bei mir war das auch eher ein: „Ich würde es gern testen, aber wir können auch was Gutes spielen.“ Und da reiht sich „Kyoto“ bei mir auch in der Bewertung ein: Ich würde es noch einmal spielen und dann versuchen, mehr Studien erfolgreich abschließen zu lassen, sodass tatsächlich zwölf Runden gespielt werden. Einfach nur aus Neugier, wie sich das spielt. Aber danach müsste „Kyoto” vermutlich bei mir auch nie wieder auf den Tisch gelegt werden. (6,0)

Kyoto
Kyoto

Wertung: (6,0)

#Kyoto

Underwater Cities (Pegasus, 2021)

„Underwater Cities“ von Vladimír Suchý habe ich bisher nur ein einziges Mal im September 2019 gespielt. Ich hatte es noch als sehr gutes, aber auch zu viert sehr langes Spiel in Erinnerung. Die Spielmechanik von „Underwater Cities“ erkläre ich hier nicht noch einmal, die kann jeder in meinem damaligen Bericht nachlesen. Nach wie vor hat mir das Spiel sehr gut gefallen. Meine Kritik an den Plättchen, die ich anstelle von Arbeitern lege, hatte sich dadurch erledigt, dass der Besitzer des Spiels schöne 3-D-Modelle gedruckt hatte. Auch die Kritik der fehlenden Ausstanzungen sind in der zweiten Edition hinfällig, da es Double-Layered-Playerboards gibt. Einzig die verbesserten Gebäude mit zwei Plastikscheiben aufeinander tendierten ab und an zum Umfallen.

Das Spielgefühl bis zu einer Produktion war erstaunlicherweise wieder sehr ähnlich zur Erstpartie: Phase 1 mit dem Aufbau der Stadt und Gebäude fühlte sich etwas langatmig an, da die Produktion (in Relation zu später) wenig abwirft. Phase 2 war sehr spannend und interessant, da ich endlich die Ressourcen hatte, um richtig viel zu bauen. Und Phase 3 kam mir eher zu kurz und wenig abwechslungsreich vor, weil klar war, auf welche Ziele ich spiele und die Aktionen nur noch umsetzen musste. Lustigerweise passierte mir der gleiche Fehler wie zwei Jahre zuvor: Ich vergaß, dass es mehr Punkte gibt, wenn man keine Monokulturen an die Städte baut sondern alle drei Gebäudetypen dort verortet. Und so konnte ein Mitspieler, der auf viele Städte und Diversität setzte, mich am Ende knapp mit sechs Punkten Vorsprung schlagen, obwohl ich zwei Spezial-Zielkarten maximal punkteträchtig umsetzte. Aber mit einem Ergebnis von 107:101:96:93 ging die Partie auch denkbar knapp für alle aus.

Wir brauchten dieses Mal ca. drei Stunden, also ca. 40 Minuten pro Spieler plus 20 Minuten Verwaltungszeit. Mein Fazit vor zwei Jahren war: „Beim nächsten Mal dann ggf. nicht mehr zu viert aufgrund der Spielzeit.“ Ich hoffe, dass ich mich bei der nächsten Partie im September 2023 dann auch daran erinnern kann. Ähnlich wie „On Mars“ handelt es sich um ein großartiges Spiel, das mir aber zu lang geht. Ich bevorzuge da lieber Suchý „Nachfolger“ „Praga Caput Regni“ – den ich bisher aber auch nur zu zweit spielen konnte. (9,0)

Underwater Cities
Underwater Cities

Wertung: (9,0)

#UnderwaterCities

Corrosion (Pegasus, 2021)

Über das unknows-Forum kam ich dazu, das neue Spiel „Corrosion“ zu viert auf Tabletopia zu spielen. Das Thema von „Corrosion“ ist, dass wir in unserer Fabrik Arbeiterinnen anstellen können, die uns Zahnräder oder Dampf erzeugen, mit denen wir Maschinen bauen können. Über einen Zeitmechanismus „verrosten“ die Maschinen und Zahnräder aber und sollten deswegen zur rechten Zeit eingesetzt werden.

Zentrales Spielelement in „Corrosion“ ist das eigene Werkhallen-Tableau, auf dem ein Rad mit vier Sektoren liegt (der Startsektor ist die 4). In meinem Zug spiele ich in der Regel eine meine Arbeiterinnenkarten von der Hand, welche es in drei Farben (blau, orange, grün) und unterschiedlichen Werten (am Anfang 1-3, später auch 4) gibt und führe deren Aktion aus. Je nach Wert der Karte (1-4) wird sie in einen anderen Sektor gelegt. Karten mit Wert 3 erhalte ich beispielsweise erst zurück, wenn mein Schichtrad dreimal gedreht wurde. Ein (nicht neuer) Kniff ist, dass meine Mitspielerinnen die gleiche Aktion ausführen dürfen, wenn sie eine Karte der gleichen Farbe, aber mit höherem Wert legen. Als Aktionen auf den Karten gibt es die Möglichkeit neue Arbeiterinnen anzuwerben, Dampf zu produzieren, Zahnräder herzustellen oder Maschinen zu bauen. Die Maschinen gibt es in drei Ausführungen: Einmalmaschinen werden in Sektor 3 gelegt und erst, wenn das Rad dreimal gedreht beziehungsweise die Maschine dreimal verschoben wurde, sodass sie im Startsektor liegt, wird deren Aktion ausgeführt und sie dann abgelegt. Drehmaschinen (unter denen ich definitiv etwas anderes verstehe als das Spiel) werden auch in Sektor 3 gelegt, kommen aber bei jeder Drehung des Rades oder Verschiebung zur Ausführung, werden aber ebenfalls bei der Ankunft im Startsektor abgelegt. Als Drittes gibt es Chrom-Maschinen, die separat gelegt werden, einen dauerhaften Bonus bringen und nie abgelegt, aber überbaut werden können. Die Besonderheit bei Einmal- und Chrom-Maschinen ist, dass diese erst Instand gesetzt werden müssen, bevor sie aktiviert werden können. Alternativ zum Ausspielen einer Karte kann ich auch einfach mein Schichtrad einen Sektor weiterdrehen, um Maschinen schneller zur Ausführung zu bringen und ausgespielte Karten schneller wieder auf die Hand zu bekommen. Daneben gibt es noch Zielkarten, die ich durch eine Einmalmaschine nehmen darf und die mir am Spielende Punkte bringen.

Zum Spielende haben wir es leider nicht geschafft. Das Spiel endet, sobald im Vierpersonenspiel von 36 Siegpunktmarkern nur noch 3 ausliegen oder wenn von den 12 Zielkarten nur noch 3 ausliegen. Nach der guten Erklärung starteten wir ca. gegen 21:30 Uhr. Nach zwei Stunden brachen wir die Partie dann ab, weil kein einziges Ziel genommen wurde und immer noch 28 Siegpunktmarker auslagen. Grob extrapoliert hätten wir als noch ca. 6 Stunden Spielzeit vor uns gehabt. Das ist natürlich unsinnig, denn es wäre vielleicht irgendwie schneller zu Ende gegangen. Aber ein großer Kritikpunkt meinerseits ist es, dass die Spielmechanik sehr wenig dafür tut, dass das Spiel dem Ende entgegenschreitet. Die Siegpunktmarker kommen durch bestimmte Ereignisse (Chrom-Maschine kaufen oder Rad viermal gedreht haben) auf alle Fälle ins Spiel, aber das geschieht so langsam, dass eine Partie theoretisch einen halben Tag gehen könnte. Solche Spiele missfallen mir, weil den Spielerinnen eine Selbstdisziplin auferlegt wird, eigenständig durch bestimmte Aktionen das Spielende forcieren zu müssen. Für alle am virtuellen Spieltisch fühlte es sich so an, als hätten wir etwas falsch gemacht oder irgendeine Regel übersehen. Und das hinterließ ein sehr unbefriedigendes Gefühl. Ich kann mir nicht vorstellen, dass diese Langatmigkeit in den Spieletests nicht aufgefallen ist, und kann kaum glauben, dass dies hingenommen wurde.

Ein zweiter Kritikpunkt meinerseits ist neben der Langatmigkeit die Monotonie des Spiels. In meinen einzelnen Zügen mache ich ziemlich wenig: Ich erhalte mal einen Dampf, dann mal zwei Zahnräder, kann mir irgendwann eine Maschine leisten, dann sammel ich wieder ein paar Runden die Ressourcen für die Instandsetzung, aber eine Einmalmaschine beispielsweise bleibt dann immer noch unproduktiv. Es passiert einfach sehr wenig in dem Spiel und die einzelnen Züge waren mir zu kleinteilig. Und nicht nur das. Weil die Drehmaschinen und Einmalmaschinen beim Erreichen des Startsektors abgelegt werden, sieht meine Werkstatt nach drei Raddrehungen exakt gleich aus wie zu Beginn des Spiels. Der Aufwand zur Beschaffung der Ressourcen und Maschinen steht bei mir in keinem Verhältnis zum Ergebnis der Werkhalle.

Der dritte, große Kritikpunkt betrifft die Folgen-Mechanik. In guten Spielen wie „Puerto Rico“ oder „Race for the Galaxy“ sorgt sie für eine geringe Downtime, da alle Spielerinnen im Spielzug jeder Spielerin unter Umständen etwas tun können. Das funktionierte bei uns in „Corrosion“ aber nicht. Der einfache Grund war, dass ich nur folgen kann, wenn ich eine Karte gleicher Farbe mit höherem Wert ausspiele. Die Karten mit höheren Werten haben aber oft die besseren Aktionen. Das heißt, wenn ich folge, verliere ich dadurch eine eigentlich bessere Aktion. Aber selbst als wir folgen wollten, ging dies oft nicht, da es von der Startkartenverteilung nur ganz selten passiert, dass man folgen kann, wenn zuerst die hohen Karten ausgespielt werden. Nur, wenn jemand eine Karte mit einer 1 oder 2 ausspielt, kann ich mit den Standardkarten überhaupt folgen. Und das war natürlich selten der Fall, weil wir ja die guten Aktionen der höherwertigen Karten ausführen wollten. In unserer Partie funktionierte das Folgen also gar nicht, was mir komisch vorkam, weil es vermutlich eine zentrale Mechanik sein sollte.

Ich habe noch einige andere, kleinere Kritikpunkte, auf die ich aber nicht im Detail eingehe: Die Grafiken der Arbeiterinnen fand ich zu generisch und wiederholend. Die rostenden Zahnräder in den Farbtönen Hell- und Dunkelorange konnte ich oft nur ganz schwer unterscheiden. Die Farben der Arbeiterinnenkarten wirken willkürlich, das hätte man thematischer machen können (bestimmte Farbe = bestimmte Aktionsart; Wert bestimmt die Stärke der Aktion). Es gibt viele Symbole und Detailregeln, ich bin froh, das Spiel niemanden erklären zu müssen.

Gibt es auch was Gutes? Ja, die Spielidee finde ich nach wie vor interessant. Das Schichtrad mit den Arbeiterinnen, die ich wieder auf die Hand bekomme, erinnerte mich stark an mein Lieblingsspiel „Barrage“. Und auch das Weiterdrehen des Rades, sodass ungenutzte Zahnräder irgendwann verfallen, erinnerte mich an mein zweites Lieblingsspiel „Tzolk'in“. Auch der neue Aspekt, dass es unterschiedliche Maschinen gibt, die zu verschiedenen Zeitpunkten aktiviert werden und teilweise auch erst Instand gesetzt werden müssen, klingt gut und spannend. Aber das hilft leider alles nichts.

Natürlich kann jetzt jemand nach alle den Kritikpunkten sagen „Ihr habt das Spiel auch nicht durchdrungen und zwar nach den Regeln korrekt, aber nach dem Sinn falsch gespielt.“ Das ist natürlich sehr gut in einer Erstpartie möglich. Es führt bei mir aber dazu, dass es keine zweite Partie geben wird und ich niemanden das Spiel auch nur ansatzweise empfehlen kann. (3,5)

Corrosion (online auf Tabletopia)
Corrosion (online auf Tabletopia)

Wertung: (3,5)

Explorers (Ravensburger, 2021)

Die Welle der Roll- oder Flip'n'Write-Spiele nimmt auch dieses Jahr nicht ab. Für die Messe in Essen stehen bereits einige Genrevertreter in den Startlöchern (BGG Preview Liste SPIEL '21), eines davon ist „Explorers“ von Phil Walker-Harding (unter anderem bekannt für die guten Spiele „Bärenpark“, „Imhotep“ und „Cacao“).

In „Explorers“ entdecken ein bis vier Spielerinnen ihre eigene kleine Spielewelt. Auf dem Spielplan sind in einem Raster vier Landschaftstypen und darauf unterschiedliche Symbole (Pferd, Diamant, Schlüssel, Tempel, Apfel, Karotte, Fisch, Landkarte) abgebildet. In einem Zug wird eine Karte aufgedeckt, die zwei Landschaftstypen zeigt, wovon eine markiert ist. Entweder setze ich drei Kreuze in den markierten Landschaftstyp oder zwei Kreuze in den anderen, jeweils angrenzend an vorhandene Wege auf meinem Plan. Erreiche ich bestimmte Symbole, bringt mir das etwas – meistens Punkte am Runden- oder Spielende. So benötige ich Schlüssel, um Tempel zu betreten, oder ich jage und sammle Nahrung oder ich sammle Edelsteine etc. Vier Runden lang wird gespielt, am Rundenende gibt es eine Zwischenwertung für manche Symbole. Am Spielende wird dann zusammengerechnet, was jeder angekreuzt und an Punkten eingesammelt hat.

„Explorers“ gibt es als Online-Solo-Version zum Ausprobieren. Da die Interaktion im Mehrpersonenspiel vermutlich ebenfalls nicht existiert, konnte ich hier also das Spiel gut antesten. Und wie einige andere Flip'n'Write-Spiele fällt es für mich in die Kategorie „tut nicht weh und spiel ich mit“, aber so richtig besonders ist es auch wieder nicht. Die Wahl der Wege finde ich gut, vor allem die Abwägung, ob ich lieber drei oder zwei Kreuze mache. Andere Spiele, wie „Trails of Tucana“, an welches mich „Explorers“ auch sehr erinnert hat, geben da weniger oder gar nur eine Option vor, was ich machen kann. Mit der Landschaft und den drei Kreuzen erinnert es mich auch ein bisschen an „Kingdom Builder“. Durch die zufällige Startaufstellung ergibt sich genügend Varianz, die zusätzlich auch über die zufällig gezogenen Landschaftskarten hereinkommt. Die Regeln sind recht leicht zu verstehen, das Niveau hätte ich leicht über „Trails of Tucana“, aber unter „Welcome to“ angesiedelt.

Ein bisschen Kritik gibt es auch: Grafisch ist eher funktional und das Thema kam für mich auch nicht wirklich heraus. Ich setze nun einmal nur Kreuze auf ein Stück Papier und optimiere dabei meinen Weg anhand der Vorgaben. Auf die Art und Weise würde ich nie ein echte Erkundungstour starten – und auch nicht können, weil ich nicht an X Stellen gleichzeitig meinen Weg fortsetzen kann.

Das schnelle 10-minütige Solospiel war aber in Summe ein netter Zeitvertreib. Als Alternative zu meinem aktuellen Lieblings-Flip'n'Write-Spiel „Welcome to“ könnte ich mir das sogar ab und an vorstellen. (7,5)

Explorers (online)
Explorers (online)

Wertung: (7,5)

#Explorers