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Bericht von der SPIEL'23

Wie jedes Jahr im Oktober pilgern zahlreiche Spiele-Enthusiasten nach Essen, um die SPIEL ESSEN (neuer Name!) zu besuchen. Ich war ebenfalls an einem Tag (Freitag) mit dabei und konnte einige Spieleneuheiten anspielen oder zumindest anschauen.

Die Anfahrt mit der Bahn funktionierte im letzten Jahr definitiv besser. Reihenweise fielen diesmal die Züge nach und von Essen aus, sodass es gar nicht so einfach war, überhaupt zur Messe zu kommen oder von dort wieder weg. Am Ende war es ein langer 22-Stunden-Tag, der mir aber dennoch viel Spaß machte. Und die Fahrt in einem verspäteten Zug ist mir immer noch lieber als nachts auf der Autobahn unterwegs zu sein.

Dieses Jahr waren die Hallen neu organisiert. Die Verlage wurde nach präsentiertem Spiele-Niveau („Gewicht“) gruppiert. Das hatte für mich den Vorteil, dass die Laufwege wesentlich kürzer waren, da ich mich fast nur in Halle 2 und 3 aufgehalten habe. Die Jahre zuvor musste ich viel mehr die Halle wechseln und damit auch mehr laufen.

Die SPIEL App hatte ich zwar zuvor installiert und auch entsprechend Spiele markiert, auf der Messe selbst habe ich die App aber gar nicht genutzt. Mir erschien es viel zu aufwändig, dort die markierten Sachen zu suchen, wo ich doch einfach auf ein Blatt Papier schauen kann. Auf diesem konnte ich sogar farblich noch Prioritäten vergeben, sodass ich sehr schnell sah, wohin ich als Nächstes gehen möchte.

Neu für mich war die Fairplay-Scoutaktion. In den Jahren zuvor habe ich nicht mitgemacht, weil der ständige Lauf mit Handzettel zum Fairplay-Stand mir zu zeitaufwändig war. Dieses Jahr konnte ich mich online registrieren und sogar schon vorab von Spielen die Wertungen eintragen. Ich musste auf der SPIEL nur einmal zum Fairplay-Stand für die initiale Freischaltung. Ob es wirklich viel ändert, weiß ich nicht, aber zumindest konnte ich so einen kleinen Beitrag dazu leisten, von mir als sehr gut empfundene Spiele weiterzuempfehlen.

Wie auch die Jahre zuvor war die BGG-Previewliste die wichtigste Anlaufstelle, um mich vorab über die neuen Spiele zu informieren. 1233 Titel sind dort gelistet. Eingeschränkt auf kaufbare Spiele, die keine Erweiterungen sind, bleiben immer noch 846 Titel übrig. So viele kann sich niemand anschauen und so beschränkte mich auf 32, von denen ich zehn mit höherer Priorität festgelegt hatte. Für die Auswahl habe ich dieses Jahr mitgezählt und exakt 100 Anleitungen von Spielen gelesen. Nächstes Jahr werde ich die Auswahl wohl anhand schnellerer Kriterien vornehmen, weil Anleitungen lesen einfach zu viel Zeit kostet.

Zum Messeende am Freitag konnte ich mir „Cat's Gambit“, „Moorland“, „Sssnake: Flip and Write“, „Balloon Pop“, „Bruxelles 1896: Bello Epoque“, „Rats of Wistar“, „Earth 2053: Tipping Point“, „Come Sail Away“ und „Coffee Rush“ anschauen oder sogar spielen. Zusätzlich gab es als Bonus noch zwei sehr empfehlenswerte Messeneuheiten online auf Board Game Arena: „Maps of Misterra“ und „Faraway“.

Cat's Gambit (Sunrise Tornado, 2023)

„Cat's Gambit“ ist ein simples Solospiel mit einer Handvoll Karten. Als Aufbau lege ich die Königin neben den Kartenstapel und darauf einen Meeple. Dann ziehe ich die oberste Karte vom Stapel. Diese zeigt eine Schachfigur (Bauer, Pferd, Turm, Läufer). Die Karte muss ich ausgehend vom Meeple entsprechend der Zugmöglichkeit der Schachfigur anlegen. Das Raster ist dabei auf 4x4 Felder beschränkt. Die Bauernkarten haben neben ihrer eingeschränkten Bewegung (nur ein Feld orthogonal angrenzend) noch eine Zusatzfähigkeit, die ich nutzen kann. Zusätzlich gibt es „Catken“-Karten, die ich diagonal oder orthogonal möglichst so anlegen muss, dass meine Königin nicht diagonal oder orthogonal von der Karte geschlagen werden kann. Einmal darf meine Königin von einem Catken matt gesetzt werden. Beim zweiten Mal endet die Partie. Diese endet auch, wenn ich eine Karte nicht mehr regelkonform ins Raster legen kann oder – was ich noch nie erlebt habe – nur noch eine Karte im Stapel liegt.

Cat's Gambit
Cat's Gambit

„Cat's Gambit“ hat mir aufgrund seiner Idee, die Schachbewegungen für das Auslegen von Karten zu benutzen, gefallen. Vermutlich, weil ich in der Schule schon sehr gerne das Springerproblem löste, obwohl ich mit Schach selbst weniger zu tun habe. Und eigentlich spiele ich auch keine Solospiele (außer zum Austesten von neuen Spielen), aber „Cat's Gambit“ dauert nur fünf Minuten und ist immer wieder ein ansprechendes Rätsel. Im Gegensatz zu „M.A.R.I.“, bei dem jedes Level eine exakte Lösung verlangt, muss ich mich bei „Cat's Gambit“ auf den Zufall der Karten einlassen, was aber auch für mehr Abwechslung sorgt. Sicherlich kann es sein, dass eine Partie nach drei Karten und 30 Sekunden vorbei ist, aber dafür gelingt es mir in der nächsten Partie vielleicht, alle Karten abzulegen.

Die Punktevergabe ist mir dabei fast egal. Mich stören auch die teils interpretationswürdigen Texte auf den Bauernkarten nicht. Und die Grafiken finde ich ganz niedlich, auch wenn sie AI-generiert sind und manchmal etwas seltsam aussehen. Das spannendste für mich ist, ob ich es schaffe, den Stapel mit seinen 15 Karten auf die 15 freien Plätze zu verteilen. Laut Autor gelingt ihm so eine perfekte Auslage mit einem Punktwert von 20 Punkten nur in 10 Prozent aller Partien. Mir ist es bisher noch nie gelungen, was mich aber eher anspornt, es nebenbei immer noch einmal zu versuchen. (8,0)

Wertung: (8,0)

#CatsGambit

Moorland (Deep Print Games/Pegasus, 2023)

In „Moorland“ hat jede Spielerin ein anfangs leeres Moor aus 4x4 Karten vor sich liegen. Wir spielen über zwölf Runden. In jeder Runde werden eine Moorkarte mehr als Spielerinnen und eine Pflanzenkarte, die jeweils zwei Pflanzen (in unterschiedlichen Farben) zeigt, aufgedeckt. Reihum wählt jede Spielerin eine Moorkarte und eine Pflanze, die sie ansiedeln will. Die Pflanzenmarker müssen dabei auf eine leere Karte in der eigenen Auslage gelegt werden. Dabei muss ich exakt so viele Pflanzen nehmen (oder keine), wie die leere Moorkarte zeigt, auf die ich sie lege. Habe ich auf eine leere Moorkarte so viele Pflanzen gelegt, wie die Bedingung einer zuvor gezogenen Moorkarte angibt, darf ich diese an deren Stelle legen. Einige Pflanzen siedeln sich dann auf der Karte an, die meisten werden aber weggeschwemmt. Hierzu gibt es auf jeder gelegten Karte Wasserkanäle. Wenn ich die Pflanzen geschickt verteile, kann ich damit die Bedingung einer weiteren Moorkarte erfüllen. Wer zuerst eine Moorkarte an einer der zwölf leeren Plätze legt (vier sind zu Beginn bereits vorbelegt), darf sich aus der Mitte einen Wassertropfen nehmen. Der bringt Punkte oder ich kann damit Pflanzen beliebig verschieben. Kann ich Pflanzen nicht mehr sinnvoll ansiedeln, weil alles belegt ist, muss ich diese als Negativpunkte lagern. Nach zwölf Runden endet die Partie und ich erhalte Punkte für angesiedelte Pflanzen, für Tiersets (unterschiedliche Tiere auf den Moorkarten), für die Mehrheit an Wasserläufern (ebenfalls auf den Moorkarten) und für den längsten Wasserweg. Minuspunkte gibt es für übrige Pflanzen.

Moorland
Moorland

„Moorland“ war eines der Spiele, die ich unbedingt spielen wollte, weil mich der Schwemmmechanismus interessiert hat. Wir wussten dafür am Deep-Print-Stand aber einige Zeit (circa 20 Minuten) warten, in der wir uns mit den am Tisch sitzenden Spielerinnen austauschen konnten. Ich war dabei noch sehr skeptisch, da in den 20 Minuten nur die letzten drei Runden gespielt wurden und es sich gefühlt sehr lange hinzog. Wir setzten uns dann zu zweit an das Spiel und spielten eine Partie in schnellen 30 Minuten herunter. „Moorland“ kann sehr denkanfällig sein. Wenn man es aber ein bisschen aus dem Bauch heraus spielt, kann man dennoch sehr gute Ergebnisse erzielen, ohne alle Möglichkeiten durchzurechnen.

Der Schwemmmechanismus hat mich, wie erwartet, sehr begeistert. Es ist einfach etwas Neues, dass ich Ressourcen nicht einfach nur ausgebe, sondern diese nur woanders platziert werden, wo ich sie erneut einsetzen kann. Es ist sogar so, dass ich absichtlich lieber weniger Ressourcen nehme, weil ich mehr gar nicht verwerten könnte und das Minuspunkte bringen würde. Das erfordert einiges an Planung, wobei ich natürlich nicht weiß, welche Moorkarten mit welchen Anforderungen als Nächstes kommen werden.

So gut das Spiel mechanisch ist, desto weniger kommt das Thema heraus. Das Weiterschwemmen mag thematisch sein, aber eigentlich sammle ich nur Ressourcen, um meine „Aufträge“ damit erfüllen und auslegen zu können. Auch die Tiersets oder Wasserläufer sind nur für Punkte gut und für sonst nichts. Das tut dem Spielspaß aber wenig Abbruch. Ich fand unsere Partie bis zum Ende hin sehr spannend und unterhaltsam.

Und das, obwohl eine Spielerinteraktion fast nicht vorhanden ist. Wir nehmen uns eher zufällig Moorkarten aus der Auslage weg und das Rennen, eine Karte als Erster zu legen, um Wassertropfen zu erhalten, ist nett, aber geschieht eher nebenbei. So stark nebenbei, dass wir sehr oft vergaßen zu prüfen, ob jemand einen Wassertropfen erhält. Aber auch das störte mich weniger, weil ich mit meinem eigenen Puzzle gut beschäftigt war.

Die geringe Spielzeit von nur 30 Minuten erreichten wir, indem wir unsere Karten und Ressourcen wählten und dann simultan diese legten und nur später noch einmal kurz erklärten, was gerade auf dem Plan alles passiert. Das fand ich ein gutes Mittelmaß aus „alle spielen komplett gleichzeitig, ohne auf die anderen zu achten“ und „wir spielen konsequent nur nacheinander, erhöhen dadurch aber die Wartezeit enorm“. Wie oben geschrieben, kann „Moorland“ ansonsten auch sehr denkanfällig sein.

Etwas die Augen gerollt habe ich bei der Erklärung, als es an die Punkte ging. Die fünf Punktekategorien wirkten so, als ob es bei dem Spiel egal ist, was ich tue, da alles Punkte gibt. Glücklicherweise hat sich das nicht bewahrheitet. Es ist zwar ein kleiner Punktesalat, aber ich muss dennoch schon sehr darauf achten, welche Moorkarten ich auswähle. Alles in allem war „Moorland“ für mich das Highlight der Messe – und dennoch habe ich es nicht mitgenommen, weil ich schon genügend andere Spiele im Schrank habe und nicht sehe, dass ich dieses vorschlagen würde. (9,0)

Wertung: (9,0)

#Moorland

Sssnake: Flip and Write (Suncoregames, 2023)

Ich bin unsicher, wieso die Macher das Spiel nicht einfach „Snake“ genannt haben, aber „Sssnake“ ist ein gar nicht so leicht auszusprechender Titel. In dem Flip'n'Write-Spiel spielen wir mehr oder weniger das Computerspiel „Snake“ nach. Konkret hat jede Spielerin einen Plan mit 14x14-Kästchen vor sich. Jede Runde wird eine Karte aufgedeckt. Auf Vorder- und Rückseite stehen Zahlen, die für die Spalte und Reihe stehen. An der entsprechenden Stelle malt jeder einen Apfel hin. Danach bewegt jeder seine Schlange um X Kästchen und verlängert seine Linie entsprechend. Zu Beginn ist X = 4, mit jedem gegessenem Apfel (die Schlange läuft über das Apfel-Feld), vergrößert sich der Wert aber. Bei gewissen Schlangenlängen darf ich mir aus der Auslage eine Fähigkeitenkarte aussuchen. Damit kann ich beispielsweise unter Wasser tauchen oder meine Schlange in zwei Teile aufteilen.

Von der thematischen Umsetzung fand ich „Sssnake“ echt gut, da es das Gefühl des Computerspiels sehr gut einfängt. Was es aber nicht einfängt – und das war das Hauptproblem – ist die Geschwindigkeit. „Snake“ lebte davon, dass meine Schlange immer schneller immer weiter wuchs und ich irgendwann gar nicht mehr so schnell reagieren konnte, um die nächste Ecke noch korrekt zu umfahren. „Sssnake“ dagegen ist ein sehr monotones und langweiliges „Fahre mit einer Linie möglichst alle Kästchen ab“. Es gibt zwar vier unterschiedliche Spielpläne, die leicht geänderte Regeln einbringen, aber eine Partie selbst ist dadurch nicht spannender. Wir brachen nach circa zehn Runden und zehn Minuten Spielzeit ab, weil es einfach nicht spannender wurde. Mein Plan war zu ein Drittel gefüllt und es wäre zwar immer schneller gegangen, weil die Schlange wächst, aber ich hatte keine Lust auf die restlichen zwei Drittel.

Sssnake: Flip and Write
Sssnake: Flip and Write

Ein bisschen problematisch empfand ich auch die Fähigkeitenkarten. Diese nehme ich nämlich nicht zu mir, sondern ich schreibe nur deren Namen auf meinen Plan – und drehe die Karte dann um, um eine neue aufzudecken. Das fand ich sehr blöd, weil die Namen nicht so intuitiv sind, dass ich sofort wüsste, was die Fähigkeit genau erlaubt. So nahm ich in unserer Probepartie nur die Fähigkeiten, bei denen ich es mir merken konnte. Auch nicht so gut waren die beigelegten Bleistifte, da man die auf den bunten Plänen nicht so gut sah. Ich würde daher zwingend zu einem Kugelschreiber oder Filzstift mit entsprechender Deckkraft raten.

Zum Schluss ist das Spiel völlig solitär. Es gibt keine Spielerinteraktion. Es gibt nicht einmal ein Wettrennen, irgendwo als Erstes zu sein. Im Gegenteil handelt es sich um ein Spiel mit Spielerelimination und das Spiel endet erst, wenn alle bis auf einen ausgeschieden sind. Im Normalfall wird das sicherlich innerhalb weniger Minuten passieren, aber in einem Schlechtfall kann es sein, dass jemand so schlecht spielt, dass er früh ausscheidet und dann noch zehn Minuten beim unspannenden Linienzeichnen der anderen zuschauen muss. (4,0)

Wertung: (4,0)

#Sssnake

Balloon Pop (Lautapelit.fi, 2023)

Eine zweite Computerspielvorlage gab es bei „Balloon Pop“, denn hier stand „Tetris“ Pate – nur um 180 Grad gedreht. Alle Spielerinnen haben zehn Handkarten mit Werten von 1 bis 10, von denen acht in einer Partie ausgespielt werden. Jede Runde werden gemäß Anzahl Spielerinnen (= X) je vier Würfel aus einem Beutel gezogen und in X Reihen ausgelegt. Danach wählen alle Spielerinnen eine ihrer Handkarten und decken diese gleichzeitig auf. Die Spielerin mit dem höchsten Wert darf zuerst eine Reihe mit vier Würfeln wählen und danach entsprechend absteigend weiter. Die Handkarte gibt neben dem Wert auch an, wie ich die Würfelreihe auf meinen Plan legen kann: entweder senkrecht oder waagerecht. Manche Karten mit niedrigen Werten erlauben es mir vorher noch Würfel zu entfernen. Die Würfel lege ich entsprechend auf/an die unterste Zeile meines Tableaus. Ich darf die Anordnung der Würfel dabei nicht ändern. Die Würfel selbst stellen Ballons dar, die dann nach oben schweben. Ich schiebe also jeden Würfel so weit nach oben, bis er am oberen Rand oder einem anderen Ballon hängenbleibt. Liegen nun mindestens vier gleichfarbige (weiß gilt als Joker) Ballons oder mindestens zwei Ballons mit Sternchen nebeneinander, platzen diese. Für gleiche Farben erhalte ich die Anzahl Würfel minus zwei Punkte. Für Sternchen Anzahl Würfel minus eins. Nach dem Platzen schweben die restlichen Ballons wieder nach oben und lösen ggf. eine Kaskade platzender Ballons aus. Nach acht Runden endet das Spiel und es gibt noch einmal je drei Punkte für die obersten drei Reihen, wenn diese leer sind. Und je ein Punkt für jede leere Spalte.

Balloon Pop
Balloon Pop

„Balloon Pop“ hat von der Geschwindigkeit prinzipiell das gleiche Problem wie „Sssnake“ oben: „Tetris“ lebt davon, dass die Steine immer schneller fallen und ich diese irgendwann nicht mehr sinnvoll platzieren kann. Bei „Ballon Pop“ kann ich dagegen optimieren und taktieren. Ich empfand den Geschwindigkeitsverlust aber nicht als problematisch. Im Gegenteil machte es mir Spaß zu überlegen, welche der ausliegenden Würfelreihen mir passt und ob ich zwingend als Erstes drankommen möchte oder lieber etwas später. Dadurch entsteht auch die einzige Interaktion im Spiel, wenn ich antizipiere, wer wohl was haben will und welche Karte legt. Leider kam dieser Aspekt in unserer Testrunde zu viert nicht so gut zum Vorschein. Ich schaute weniger auf meine Mitspielerinnen, sondern wählte meine Handkarte so aus, wie es mir halt am besten passte. Und irgendwie passte das, was ich dann wählen durfte, auch immer sehr gut. Die Fähigkeiten mit senkrechter oder waagerechter Platzierung und dem vorherigen Entfernen von Würfeln erschienen zwar irgendwie wichtig, aber ich bin mir unsicher, wie viel es wirklich ausmacht. Selbst zum Ende der Partie kam ich nicht in Bedrängnis. In Summe war die Interaktion damit sehr gering, da jeder seine Würfel auswählte, ggf. von der Seite ein „Oh nein, die wollte ich doch.“ kam, und allein für sich vor sich hinpuzzelte. Ob dabei Fehler gemacht wurden, konnte meist nicht mehr verifiziert werden. Natürlich ist „Balloon Pop“ auch sehr vom Zufall abhängig. Ich kann keine richtige Strategie fahren, sondern muss taktisch entscheiden, welche Würfelreihe gerade am besten passt. Und ob ich diese bekomme, ist dann ungewiss.

Mir hat „Balloon Pop“ ganz gut gefallen. Vor allem das Platzen lassen von großen Ballongruppen ist nicht nur punkteträchtig lukrativ, sondern hinterlässt auch ein befriedigendes Gefühl – zumal ich am Spielende tatsächlich nur noch einen einzigen Würfel auf dem Tableau hatte und mit etwas Abstand gewann. Auch das Material ist sehr hochwertig und liegt gut in der Hand. In Summe kam mir das Spiel aber dennoch etwas zu solitär und seicht vor. Da gefallen mir „Blueprints“ oder „Las Vegas“ als Würfeldraft-Spiele etwas besser. (6,5)

Wertung: (6,5)

#BalloonPop

Bruxelles 1893: Bello Epoque (Geek Attitude Games, 2023)

Auf dem Stand von Geek Attitude Games konnten wir uns den Pitch zu „Bruxelles 1893: Bello Epoque“ anhören. Ich gebe zu, dass ich nicht mehr weiß, worum es thematisch geht. Wir bauen irgendwie Häuser und holen die Gunst von irgendwelche Menschen. Mechanisch fand ich aber drei Aspekte interessant: Erstens legt der Startspieler jede Runde neu fest, welcher Aktionsbereich diese Runde aktiv ist. Ich konnte aber natürlich nicht erkennen, ob das überhaupt viel ausmacht und das Spielgefühl groß ändert. Als Zweites hat mir in der Theorie gefallen, dass die Baukosten der Gebäude an einem Ressourcenrad hängen und jede Runde anders bezahlt werden müssen. Das verspricht Variabilität und keine Monokultur, aber auch hier habe ich keine Ahnung, ob das etwas am Spielgefühl ändert. Zum Schluss gibt es noch interessante Mehrheitenwertungen in den Aktionsbereichen, die pro Spalte bzw. pro Areal um eine Schwertlilie herum gewertet werden, sowie eine Mehrheitenwertung auf einem speziellen Brüssel-Aktionsplan.

Bruxelles 1893: Bello Epoque
Bruxelles 1893: Bello Epoque

Leider war kein Tisch frei, denn ich denke, dass „Bruxelles 1893: Bello Epoque“ als Neuauflage von „Bruxelles 1893“ (von 2013) mir ganz gut gefallen hätte. Einziger Kritikpunkt, der mir direkt auffiel, war die grafische Gestaltung. Ich fand sowohl den Arbeitereinsatzplan als auch alles Drumherum als sehr einfarbig und monoton in Gelb-Braun-Tönen gehalten. Das sorgte dafür, dass ich auch nicht lange auf einen freien Tisch warten wollte. (ohne Wertung)

#Bruxelles1893BelleEpoque

Rats of Wistar (Cranio Creations, 2023)

Mit „Nucleum“ hatte Simone Luciani dieses Jahr auf der Messe ein Schwergewicht im Rennen, welches ich gekonnte ignorierte, weil ich es nach der Messe sicherlich irgendwo spielen würde können. Ich interessierte mich dagegen mehr für das etwas leichtgewichtigere „Rats of Wistar“, welches auf Deutsch als „Die Ratten von Wistar“ beim PD-Verlag erscheinen soll.

In „Rats of Wistar“ sind wir intelligente Ratten, welche ihren Bau ausbauen, ein Farmhaus erkunden und Erfindungen tätigen. In den fünf Runden setzt jeder von uns nacheinander je drei Ratten auf einem Aktionsrad ein. Das Aktionsrad besteht aus sechs Segmenten, denen jeweils eine Hauptaktion zugeordnet ist. Zusätzlich zu der Hauptaktion gibt es neben jedem Einsatzfeld auch noch Bonusaktionen, die ich ausführen kann. Die Stärke einer Hauptaktion hängt von der Anzahl meinen Hilfsratten ab, die in den drei Aktionsbereichen um das Rad stehen. Im Wald kann ich so entweder Holz holen oder meinen Bau ausbauen, wofür ich Metall brauche. Im Bau kann ich Metall holen oder neue Hilfsratten freischalten, wofür ich aber vorher den Bau vergrößern muss und was Holz kostet. Und auf der Farm kann ich Erfindungskarten nehmen oder das Haus erkunden. Im Haus gibt es Gastratten, die ich antreffe und zu mir holen kann, sofern in meinem Bau Platz ist. Und es gibt Missionen, die ich erfüllen kann, wenn ich Ressourcen abgebe und/oder gewisse Anforderungen erfülle. Die Anforderungen wiederum sind Symbole, die auf ausgespielten Erfindungen abgebildet sind und unsere Stärke oder Wissen der Rattengemeinschaft darstellen.

Rats of Wistar
Rats of Wistar

„Rats of Wistar“ ist zwar leichtgewichtiger als manch andere Spiele von Simone Luciani, aber es ist kein Leichtgewicht. Alle Mechanismen sind stark verzahnt. Ich gebe zu, dass es mir bereits bei der Erklärung des Spiels schon wieder etwas zu viel des Guten war. Ein Spiel, bei dem ich mit meinen Ratten einfach nur das Farmhaus erkunde, hätte mir völlig ausgereicht. Vor allem die Erfindungen wirken für mich thematisch nicht richtig stimmig, sondern eher mechanisch. In Summe erinnerte mich das Spiel sehr stark an Suchys „Woodcraft“ von 2022, bei der nach meinem Gefühl auch die Mechanismen im Vordergrund standen und nicht die thematische Umsetzung. Das Aktionsrad erinnerte mich auch sehr stark an „Praga Caput Regni“, auch wenn es dort mechanisch anders gelöst ist.

Rats of Wistar – Aktionsrad
Rats of Wistar – Aktionsrad

Zu viert spielten wir nur zwei von fünf Runden, sodass ich keinen vollen Einblick in das Spiel bekommen habe. Die Interaktion hielt sich in Grenzen, wobei wir uns auf dem Aktionsrad schon sehr gut auf den Füßen standen. Ansonsten gibt es theoretisch einen Wettlauf ins Haus, um dieses zu erkunden und Boni abzugreifen. Zumindest in den zwei Runden unserer Testpartie war ich aber der Einzige, der sich ins Haus traute, dafür aber keine Erfindungen tätigte.

Rats of Wistar – Spielertableau
Rats of Wistar – Spielertableau

Ich denke, dass „Rats of Wistar“ ein ganz gutes Spiel ist – aber nicht für mich. Es erfüllt nicht meine thematischen Ansprüche und hat zu viele Mechanismen vereint, die nicht hätten sein müssen. Zusätzlich ist es wieder eines der Spiele mit sehr wenig Hauptaktionen im gesamten Spiel, die dann aber Bonusaktionen nach sich ziehen. Das zusammen kann dann zu einer hohen Downtime führen, auf die ich auch keine Lust habe. (6,0)

Wertung: (6,0)

#RatsOfWistar

Earth 2053: Tipping Point (Crimson Company, 2024)

Über „Earth 2053: Tipping Point“ hatte ich bereits von der SPIEL'22 berichtet. Ich wollte mir den aktuellen Stand des Prototyps anschauen.

Noch immer übernimmt jede Spielerin ein Land. Durch das Ausspielen von Handkarten in ein gemeinsames Raster erhalte ich Boni, die mein Land in neun Bereichen vorwärtsbringen. Die Karten haben dabei Anforderungen, die ich erfüllen muss. Steige ich mit meinem Land zu weit auf, steigt auch die Umweltverschmutzung. Ebenso gibt es Katastrophen, die wir gemeinsam verhindern müssen. Können wir das nicht, müssen wir schwarze Marker auf eine physikalische Wippe legen, die von weißen Markern auf der Gegenseite noch aufgewogen werden. Verschwinden zu viele weiße Marker oder kommen zu viele schwarze hinzu, kippt die Wippe und wir haben das Spiel verloren.

Earth 2053: Tipping Point (Prototyp)
Earth 2053: Tipping Point (Prototyp)

Ich habe mir von den Designern Fabian Fischer und Dario Reinhardt die Unterschiede zum Vorjahr kurz erklären lassen. So werden Katastrophen in das Kartenraster gespielt und müssen dort auf bestimmte Art verhindert werden. Ansonsten wurde viel am Balancing, an den Regeln und der Optik gedreht. Ich werde demnächst die aktuellen Regeln durcharbeiten und habe mich auch schon für eine Testpartie via Tabletop Simulator verabredet. Ich bin gespannt, wie es sich spielt, auch wenn ich die Befürchtung habe, dass die Jungs es nach „Daybreak/e-Mission“ mit einem sehr ähnlichen Thema vielleicht schwer haben werden. Die Crowdfunding-Kampagne im ersten Quartal 2024 wird es dann zeigen. (ohne Wertung)

#Earth2053

Come Sail Away! (Saashi and Saashi, 2023)

Nach „Remember Our Trip“ und „Get on Board“ gab es auch dieses Jahr auf der Messe ein neues Spiel von Saashi und Daryl Chow namens „Come Sail Away!“, welches ich mir anschauen wollte.

In „Come Sail Away!“ sind wir die Kapitäne von Kreuzfahrtschiffen und wollen Passagiere an Bord holen. In jeder der zwölf Runden haben wir dafür zwei Passagierkarten auf der Hand. Diese zeigen zwei bis vier Passagiere in den Farben Schwarz, Blau, Gelb, Rot und Türkis. Eine Person hat noch einen Koffer bei sich aufgedruckt. Von den zwei Karten wähle ich eine, nehme mir die zugehörigen Figuren und gebe die andere Karte nach links weiter. Die Meeple muss ich dann in Mancala-Manier auf meinem Schiff verteilen. Zu Beginn liegen dort zehn Räume und ein großer Mittelraum. Ich lege also den ersten Passagier in einen Raum, den zweiten in einen benachbarten, den dritten in einen dazu benachbarten etc. Die Räume haben gewisse Anforderungen. Es gibt fünf Farbräume, in denen nur die farblich passenden Passagiere untergebracht werden dürfen, sowie fünf Sonderräume, in denen die Farbe frei wählbar ist, ich aber beispielsweise zweimal zwei gleichfarbige Passagiere benötige. Passt ein Passagier nicht zu den Anforderungen, beschwert er sich beim Ersten Maat und bringt Minuspunkte. Wenn ich einen Passagier mit Koffer in den richtigen Passagierraum lege, darf ich auf der Kofferleiste voranschreiten und erhalte entweder mehr Siegpunkte am Spielende, einen freien Passagier zum Einsetzen oder vier extra Passagierräume. Ist ein Raum voll, drehe ich ihn um und erhalte Siegpunkte am Spielende. Bei den Passagierräumen geht die Kofferleiste einen Schritt vor, bei Sonderräumen erhält die Person, die ihn zuerst umdreht, noch drei extra Punkte. Nach zwölf Runden ist die Partie vorbei und Punkte werden gezählt.

Come Sail Away!
Come Sail Away!

Mir hat „Come Sail Away!“ als Puzzle ganz gut gefallen. Die Kofferleiste ist enorm wichtig und man sollte immer die Kofferpassagiere passend legen. Und danach geht es darum, möglichst viele Passagiere passend legen zu können. Uns gelang das so gut, dass es keine einzige Beschwerde beim Ersten Maat gab. Und das war eigentlich schade, denn so schien es mir, dass es keine wirklichen Zwänge in dem Spiel gibt. Das lag aber daran, dass uns eine sehr wichtige Regel falsch erklärt wurde. Gewertete Räume werden nach dem Umdrehen nämlich nicht ignoriert, wie wir es gespielt haben. Stattdessen muss ich diese beim Setzen der Passagiere mit einbeziehen und sie danach als Minuspunkte beim Ersten Maat ablegen. Dadurch ergeben sich dann wirklich Zwänge und interessante Entscheidungen. So will ich manche Räume vielleicht gar nicht zu früh voll machen und werten. Dieser Mechanismus hätte mir sehr gut gefallen, wenn wir es richtig gespielt hätten.

Der Wettlauf um die zuerst umgedrehten Sonderräume gab leider weniger Interaktion als gedacht, da ich den Abschluss oder Nicht-Abschluss bei den Mitspielern nur wenig beeinflussen konnte. Die weitergegebene Passagierkarte konnte ich zwar bestimmen, in der Regel erschien es mir aber wichtiger, das Beste für mich zu tun, anstatt eine unsinnige Karte zu behalten.

Grafisch wurde das Spiel wieder von Takako Takarai illustriert, der einen sehr eigenen und simplen Stil pflegt, der aber sicherlich nicht jedermanns Geschmack trifft. Dafür ist die Symbolik gut gelungen und war immer verständlich. Sehr gefallen hat mir, dass die einzelnen Farben der Passagierfiguren individuelle Formen aufzeigen, die sich an deren zugeordnetem Symbol orientieren. Auf die Art kann man die Meeple gut auseinanderhalten, auch wenn man die Farben nicht erkennen kann.

Für mich war „Come Sail Away!“ ein gutes und solides Spiel, aber keines, welches ich ständig spielen würde. Dazu kam noch ein hoher Preis von 50 Euro, denen die Pappplätchen, die Meeple und die Spielidee nicht gerecht wird. Thematisch und mechanisch gefallen mir „Remember Our Trip“ und „Get on Board“ wesentlich besser. (7,0)

Wertung: (7,0)

#ComeSailAway

Coffee Rush (Korea Boardgames, 2023)

Bei Korea Boardgames haben wir als Letztes noch „Coffee Rush“ angespielt. Erklärt ist es schnell: Jede Spielerin will Getränke-Aufträge für Kunden erfüllen. Zu Beginn starte ich mit zwei bzw. drei Aufträgen, die in Slot 1 und 2 rechts neben mein Tableau gelegt werden. In einer Runde bewegt jeder reihum seine Figur bis zu drei Felder auf einem 4x4-Felder großen Zutatentableau. Die Zutaten aller besuchten Felder kann ich mir nehmen und auf meine drei Tassen verteilen. Enthält eine Tasse genau die Anforderungen einer Bestellung, kann ich diese erfüllen. Ich lege diese dann links oben neben mein Tableau. Habe ich dort zu Beginn eines Zuges mindestens drei erfüllte Bestellungen liegen, kann ich drei abwerfen, um ein Upgrade freizuschalten, was mir eine Besonderheit beim Besorgen der Zutaten gibt. Wenn ich eine Bestellung erfülle, erhalten meine zwei linken Nachbarn je eine neue Bestellung vom verdeckten Stapel und lege diese in Slot 1. Am Ende eines Zuges rutschen alle meine unerfüllten Bestellungen rechts neben dem Tableau einen Slot nach unten. Verlässt auf die Art eine Bestellung Slot 4 des Tableaus, wird die Bestellung storniert und links unten neben das Tableau als Minuspunkt gelegt. Das Spiel endet, wenn jemand fünf stornierte Bestellungen ausliegen hat oder der Bestellstapel leer ist. Zu zweit gibt es die Anpassung, dass jeder mit zwei Meeple startet, aber nur einen davon immer bewegen darf. Und am Zugende kommt automatisch immer eine neue Bestellung dazu.

„Coffee Rush“ besticht vor allem durch seine Komponenten. Die drei kleinen durchsichtige Plastiktassen und die sechs Ressourcen als winzige 3-D-Plastikteile wirken zwar nicht extrem hochwertig, werten das Spiel natürlich dennoch etwas auf. Ebenso haben mir die tollen Illustrationen der unterschiedlichen Getränke gefallen, auch wenn manche doppelt vorhanden sind. Die thematische Umsetzung fand ich auch sehr gut, da die geforderten Zutaten zu den Getränken passten.

Coffee Rush – Komponenten
Coffee Rush – Komponenten

Was mir aber fehlte, war Spannung. Wir brachen nach drei Runden ab, sodass ich nicht weiß, ob das Spiel im Verlauf einer Partie noch an Fahrt gewinnt. Vor allem, wenn immer mehr Bestellungen dazu kommen, die ich nicht erfüllen kann. Für drei Runden war es aber ein sehr eintöniges „Figur bewegen, Ressourcen nehmen, Bestellung erfüllen“. Es kam sehr wenig Spaß in unserer Partie auf. Das lag sicherlich auch an der geringen Interaktion. Auf dem Zutatentableau kommt man sich nur indirekt in die Quere, weil man nicht auf dem gleichen Feld stehen bleiben darf. Darüberlaufen und Zutaten sammeln ist aber erlaubt. Selbst zu viert gab es oft genug Alternativwege, die ich nehmen konnte, um Zutaten zu sammeln. Neue Bestellungen gibt es für mich, wenn meine zwei rechten Nachbarn Bestellungen erfüllen. Das fand ich von der Idee gut, da so auch etwas Druck aufgebaut wird und sich gleichzeitig die Bestellungen automatisch auf die Spielerinnen verteilen. Aber es ist eben Zufall, was ich an Bestellungen erhalte, sodass mir das ggf. gerade passt oder auch nicht.

Coffee Rush
Coffee Rush

Irgendwie habe ich im Nachhinein das Gefühl, dass wir die Partie zu Ende hätten spielen müssen, um das volle Potenzial des Titels zu sehen. Aber ich finde, dann ist es dennoch kein guter Titel, wenn er mich das erste Drittel einer Partie langweilt. (5,0)

Wertung: (5,0)

#CoffeeRush

Maps of Misterra (Sit Down!, 2023)

„Maps of Misterra“ stand auf meiner Interessenliste, aber nicht ganz oben. Auf der Hinfahrt zu Messe im Zug sah ich, dass das Spiel auf Board Game Arena verfügbar war. Also spielte ich einfach dort zwei Partien zu zweit auf dem Smartphone – was mich schnell zum Tablet wechseln ließ, weil das Spiel auf BGA leider extrem schlecht skaliert und auf dem Smartphone auch im Querformat nicht alles sichtbar ist, was notwendig wäre.

In „Maps of Misterra“ wollen wir eine Landschaft kartografieren. Hierfür liegt in der Tischmitte ein zentraler Spielplan mit einem 5x5-Raster, auf dem jede Spielerin einen Kartografen stehen hat. Jeder Spieler hat einen eigenen Spielplan der gleichen Art mit gleicher Ausrichtung vor sich liegen. Wenn ich am Zug bin, bewege ich zuerst meinen Kartografen auf ein benachbartes Feld mit entdecktem Terrain (anfangs ist nur ein Rand begehbar). Danach kann ich aus einer Auslage mit Plättchen, die genau zwei Landschaften zeigen, eines nehmen und benachbart zu meinem Kartografen auf mein eigenes Tableau einbauen – und auch vorhandene Felder beliebig überbauen. Ist das entsprechende Feld des zentralen Plans leer, kommt eine unbestätigte Landschaft dieses Typs dorthin. Liegt auf dem Feld eine unbestätigte Landschaft anderen Typs, wird die vormals unbestätigte Landschaft durch den neuen Typ überdeckt. Liegt auf dem Feld eine unbestätigte Landschaft gleichen Typs, wird die Landschaft bestätigt und fixiert (Plättchen umgedreht) und kann nicht mehr verändert werden. Und wenn eine bestätigte Landschaft dort liegt, passiert gar nichts. Alternativ zum Kartografieren kann ich eine Region an zusammenhängenden Feldern gleichen Landschaftstyps für mich beanspruchen. Hierfür muss mein Kartograf aber auf einer bestätigten Landschaft stehen. Auf die Art führe ich zwei Züge aus und dann ist mein linker Nachbar dran.

Das Spiel endet, wenn eine Spielerin ihren eigenen Plan vollgepuzzelt hat, alle Plättchen aufgebracht sind oder auf dem zentralen Plan alle Felder mit bestätigten Landschaften ausgestattet sind. Dann wird gewertet und ich erhalte Punkte für Übereinstimmungen meines Tableaus mit dem zentralen Inselplan, für eigene beanspruchte Regionen und für meine zwei Zielkarten, die ich mir zu Beginn der Partie aus vieren auswählen durfte.

Maps of Misterra (BGA)
Maps of Misterra (BGA)

„Maps of Misterra“ erinnert extrem an „Remember Our Trip“ von Saashi und Chow (siehe weiter oben). Auch in dem Spiel gibt es einen zentralen Plan, jeder legt lokal Plättchen und kann diese bei Bestätigung auf den zentralen Plan übernehmen. Mechanisch funktioniert es leicht anders, erinnert mich aber sehr stark daran. Was „Maps of Misterra“ nicht schlecht macht, da ich „Remember Our Trip“ gut finde. Durch den Kartografen kommt noch eine weitere Abstraktionsebene mit hinein, da ich nicht überall bauen darf, was mir gefallen hat. Die unterschiedlichen Landschaftstypen haben darüber hinaus noch Fähigkeiten, je nachdem, auf welcher ich stehe. So erlaubt mir die Steppe, den Kartografen noch einmal zu bewegen, mit der Lagune darf ich ein Landschaftsplättchen abwerfen und neu ziehen und mit Bergen kann ich die Plättchen weiter weg auf mein Tableau legen. Mechanisch hat mir „Maps of Misterra“ sehr gut gefallen.

Vor allem die Punktewertung fand ich extrem spannend, da sie ein großes Dilemma aufweist: Gestalte ich mein eigenes Tableau so, dass ich meine Zielkarten optimal erfülle und dadurch viele Punkte hole? Oder kopiere ich lieber das zentrale Tableau möglichst exakt bzw. bestimme die bestätigten Orte und erhalte dadurch Punkte? Am besten schafft man natürlich beides, was aber oft nicht möglich ist. Natürlich ist man dem Zufall unterworfen, welche Plättchen ausliegen. Ich fand die Auswahl dabei aber so groß, dass ich immer etwas fand, das ich nutzen wollte.

Etwas Sorge hatte ich wegen der Interaktion. Es bestätigte sich vermeintlich auch in der ersten Hälfte einer Partie, bei der ein Kartograf nach oben läuft und der andere nach unten. Spätestens dann wird es aber interessant, weil die freien Felder ausgehen. Also überbaut man unbestätigte Gebiete und kommt sich so enorm in die Quere. Es war oft ein wahres Hin und Her, was die Landschaftstypen betraf. Extrem gemein ist, wenn jemand ein Gebiet für sich beansprucht, dessen Felder aber teils noch unbestätigt sind. Dieses mit einem anderen Typ zu überbauen und gleich danach zu bestätigen, sorgt für viel Emotionen auf beiden Seiten des Spielbretts. Die Interaktion ist also wider Erwarten sehr hoch. Meine Befürchtung ist jetzt eher, dass sich der zentrale Plan zu viert so stark ändert, dass man kaum sinnvoll planen kann.

Alles in allem ist „Maps of Misterra“ für mich ein Überraschungshit. Wäre nicht die Ähnlichkeit zu „Remember Our Trip“, würde ich es mir in den Schrank stellen und gerne auftischen, wenn ein Spiel gesucht wird, was leicht zu erlernen ist, aber dennoch eine schöne taktische Tiefe aufweist. (8,5)

Wertung: (8,5)

#MapsofMisterra

Faraway (Catch Up Games/Pandasaurus Games, 2023)

„Faraway“ stand nicht auf meiner Interessenliste, aber es belegte in der Fairplay-Scoutaktion den ersten Platz für die Hallen 1, 2, 5 und 6. Das erfuhr ich aber erst nach der Messe. Glücklicherweise konnte ich das Spiel aber auf Board Game Arena spielen.

Das Spielprinzip von „Faraway“ ist sehr simpel: Jeder hat drei Karten auf der Hand. Davon wählen wir alle ein, decken diese gleichzeitig auf. Die Spielerin mit der Karte mit dem geringsten Wert darf aus der Auslage eine neue Karte ziehen und dann die anderen Spielerinnen entsprechend ihres Wertes. Danach spielen wir wieder alle eine Karte. Ist der Wert der Karte größer als der Wert davor, erhalte ich Bonuskarten zur Auswahl (die Anzahl hängt von bestimmten Symbolen ab) und darf eine davon behalten. Nach acht Karten endet das Spiel und es wird gewertet. Und hier ist die Besonderheit: Alle Karten werden umgedreht und rückwärts von der letzten Karte wird eine nach der anderen aufgedeckt. Für jede Karte wird geprüft, ob ich die Anforderung für die Karte erfülle (habe ich bestimmte Symbole in der Auslage). Wenn ja, erhalte ich Punkte (teilweise auch wieder in Abhängigkeit zu ausgelegten Symbolen).

Faraway (BGA)
Faraway (BGA)

„Faraway“ hatte ich nicht auf meiner Liste, weil anfänglich nur die französische Version bei Boardgamegeek beworben wurde, weil mir die Grafik nicht zusagte und die Anleitung etwas schwer verständlich war. Da ist von Regionen, Zufluchten, Uddu-Steinen, Okiko-Chimera und Goldlog-Distel die Rede. Dabei ist das Spiel so einfach, wenn man das aufgesetzte Thema einfach komplett ignoriert und nur nach den Symbolen schaut.

Und dann ergibt sich ein mechanisches Wunderwerk. Eigentlich macht „Faraway“ nicht viel anders als andere Spiele. Karten ausspielen, die Anforderungen haben und dafür Punkte kassieren. Nur ist eben die Besonderheit, dass ich die Anforderungen erst in der Zukunft erfüllen und nicht bereits haben muss. Dies zu überblicken, ist eine sehr schöne Herausforderung. Zusätzlich sind die Karten mit Werten von 1 bis 68 so clever aufgebaut, dass Karten mit kleinem Wert keine Anforderungen haben, dafür aber nur Symbole und keine Siegpunkte bringen. Karten mit hohem Wert wiederum bringen viele Siegpunkte, haben aber auch hohe Anforderungen. Das ist deswegen clever, weil ich möglichst eine aufsteigende Reihe auslegen möchte, weil die Bonuskarten wieder Symbole, manchmal aber auch Siegpunkte bringen – und nicht umgedreht werden, sondern dauerhaft sichtbar sind.

Ich habe „Faraway“ nicht auf der Messe gespielt, aber es wäre wohl mein Messe-Highlight gewesen, wenn ich dort dazu gekommen wäre. Für mich ist das Spiel in der kleinen Schachtel echt großartig. Den einzigen Abzug bekommt das Spiel für die geringe Spielerinteraktion. Zumindest in meinen Partien schaute ich nicht, ob ich meinen Mitspielern etwas wegnehmen konnte, weil ich viel zu sehr damit beschäftigt war, selbst irgendwie Punkte zu bekommen. Damit landet das Spiel auf meiner Kaufliste, wenn es auf Deutsch verfügbar ist. Und das wird es hoffentlich, denn ich kann mir „Faraway“ als sehr guten „Spiel des Jahres“-Kandidaten vorstellen. (9,5)

Wertung: (9,5)

#Faraway

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